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⊱ ────── ⋅♬ Chapter 5 ♬⋅ ───── ⊰
 
  

Sehr geehrter Herr Min, 

vielen Dank für Ihre Einsendung zu unserer neusten Studio Gibbly Produktion. Wir finden Ihren Soundtrack großartig! So stimmungsvoll er auch ist, passt er jedoch leider nicht ganz zu den Vorstellungen, die wir mit dem Drehbuch verbinden. Deswegen müssen wir Ihnen bedauerlicherweise mitteilen, dass wir uns für einen anderen Bewerber entschieden haben.
Um Ihre Arbeit zu würdigen, würden wir Ihre Einsendung gerne in unserer Bewerberdatenbank hinterlegen und bei einer passenden Gelegenheit noch einmal auf Sie zurückkommen. Bitte geben Sie uns eine zeitnahe Rückmeldung, sollte dies nicht in Ihrem Interesse sein. 

Mit freundlichen Grüßen
Produktionsteam
Abteilung Filmmusik
Studio Gibbly

Yoongi sitzt taub vor dem Bildschirm seines Computers. Die E-Mail hat ihm mit einem Zauberspruch belegt. Es war ein Stupor. Jetzt kann er sich nicht mehr bewegen, sondern nur noch stumm dafür verurteilen, dass er es überhaupt probiert hat. 

Studio Gibbly. Ob er wahnsinnig geworden ist? Das fragt sich auch AgustD, der in einer der hinteren Ecken des abgedunkelten Zimmers steht und verächtlich den Kopf über Yoongis stümperhafte Versuche schüttelt. Agust ist nicht immer da, vor allen Dingen nicht dann, wenn Yoongi ihn braucht. Die Entität seiner Selbst taucht nur dann auf, wenn sie selbst Musik machen möchte oder - alternativ - um sich über Yoongis Versagen zu amüsieren. 

Diesmal amüsiert sie sich über Yoongis Bewegungslosigkeit. Agust wurde natürlich von keinem Stupor getroffen, aber er selbst hätte diese Absage auch niemals bekommen. Er ist zu selbstbewusst, zu begabt, zu genial. Wenn es ihm etwas bedeuten würde, könnte er es auch in der Produktion von Filmmusiken weit bringen. Er würde diese Aufträge bekommen, von denen Yoongi nur träumen kann und für die er sich immer wieder - vergeblich - bewirbt. Aber Agust interessiert sich nicht für solche Dinge. Dinge mit Substanz, die einem dauerhaft ein Dach über den Kopf finanzieren und dafür sorgen, dass man sich etwas Warmes zu essen leisten kann. Eitelkeit ist keine Tugend und Agust hat zu viel davon. Er interessiert sich nur für seine vollgeschriebenen Blätter mit Wut, die dumpfen Beats und die Veröffentlichungen auf Soundcloud, bei denen er niemanden Rechenschaft schuldig ist. 

Als der Computer zu klingeln beginnt (Yoongi hat seinen Status bei Skype immer noch nicht auf unsichtbar gesetzt - zu was ist er eigentlich in der Lage??), löst sich Agust aus seiner Ecke, tritt nach vorne und nimmt den Anruf entgegen. Yoongi würde ihn aufhalten, wenn er könnte, aber er ist immer noch in den Auswirkungen des Stupors gefangen. Es gibt nur eine Person, von der Yoongi auf Skype kontaktiert wird und das ist Lee Minho. Er hat keine Kraft dafür, um sich jetzt mit seinem Arbeitskollegen auseinanderzusetzen. Nicht jetzt. Aber Agust sieht ihn nun mal gerne leiden. 

“YOONZ!”, begrüßt ihn sogleich der immerfrohe Tonfall seines Vorgesetzten. Da Yoongi sein Headset noch nicht trägt, breitet sich das Geräusch in seiner ganzen Wohnung aus. Es beißt sich mit der Melancholie, die an den Wänden haftet. Es ist ekelhaft. “WIR HABEN DEN AUFTRAG!!”

“Alter, schrei nicht so”, unterbricht Yoongi mit emotionsloser Stimme. “Hab’ noch kein Headset auf, du unterhältst die ganze Etage.” 

Seine Augen sind der erste Teil seines Körpers, der wieder in Bewegung gerät. Sie scannen den Raum auf der Suche nach dem verlorenen gegangenen Gegenstand ab. Dadurch, dass Yoongi seine Kopfhörer fast dauerhaft trägt, sobald er die Wohnung betritt, befinden sie sich immer an einem anderen Ort. Diesmal sind sie zum Glück in Reichweite und liegen wieder halb unter dem Kopfkissen vergraben. Agust ist zum Glück so gütig und reicht sie ihm mit einem überheblichen Grinsen. Erst versteht Yoongi nicht - wo kommt plötzlich die freundliche Geste her? - aber dann trifft ihn die Erkenntnis mit voller Wucht. 

Die rechte Schale seiner Over-Ear-Kopfhörer ist abgebrochen. Sie ist nur noch mit einem angeknacksten Kabel mit dem Rest der Kopfhörer verbunden. Der Anblick ist so herzzerbrechend, dass Yoongi nicht mal mehr die Kraft aufbringt, sich lautstark darüber zu beklagen. Er fühlt… nichts. Der Stupor hat sich nun auch auf seine Emotionen ausgeweitet. 

“Fuck…”, ist alles, was er brüchig über die Lippen bringt. 

“Das ist jetzt nicht unbedingt die Reaktion, die ich mir erhofft habe”, plappert Minho fröhlich weiter. Er hat wohl die Äußerung von Yoongi als unorthodoxe Methode aufgefasst, ihn zum Weitersprechen aufzufordern. “Hast du mich eben nicht richtig gehört? Wir haben den Auftrag!! Das Produzententeam war begeistert von deinen Liedern!! Sie - fucking - lieben es!”

“...Und?”, fragt Yoongi, der sich fast gar nicht auf die Worte von Minho konzentrieren kann. Viel präsenter ist der Gedanke daran, dass sein Headset kaputt ist und ob das heißt, dass jetzt auch die Musik kaputt ist und dass er ganz, ganz dringend einen Ersatz beschaffen muss. Hat er dafür noch genug Geld auf dem Konto? Er ist nicht gläubig, aber jetzt gerade fühlt er sich nach einem Gebet. 

“Und das bedeutet, mein lieber Yoonz, dass wir vielleicht auch noch für weitere Projekte gebucht werden. Sie haben mir schon die Drehbücher für die nächsten Produktionen geschickt. Ist das nicht nice, man? Wenn wir bei denen ein Fuß in die Tür bekommen, dann kann’s nur noch vorangehen.” 

“Und dann produzieren wir was? Soundtracks für… Pornofilme?” 

AgustD lacht sich in seiner Ecke kaputt über Yoongi. 

“K-Dramas mit erotischen Elementen”, korrigiert Minho zugleich und klingt dabei auch nur das winzigste bisschen auswendig gelernt. “Aber ist doch scheißegal, oder nicht? Hauptsache ein regelmäßiger Auftraggeber. Verstehst du nicht wie groß das ist??”

“Nein”, sagt Yoongi knapp, schafft es dann endlich sich aus seinem Stupor zu befreien und die Skype-Verbindung zu trennen. Der rote Hörer ist wie eine Erlösung aus einem unerträglichen Zustand. Minhos Worte in der aktuellen Lage sind nichts als Hohn für Yoongi. Eine Zusage von Studio Gibbly wäre groß gewesen. Die Übernahme für die Musikproduktion von einem Pornofilm ist ein Witz. 

Sorry, lügt er in den Chat, Verbindung war weg. 

[Minho]
Du Arsch hast mich weggedrückt!! :P 
Nicht schlimm, ich weiß ja, dass du deine Freude nicht so offen zeigen kannst XD
Ich schick dir gleich die Drehbücher, ja?

Ja, schreibt Yoongi. 

Gerade will er erleichtert ausatmen, weil er die erste Minho-Attacke für heute überstanden hat und endlich seinen verdammten Status auf unsichtbar setzen, als schon wieder etwas zu klingeln beginnt. Diesmal ist es sein Handy und zum Glück nur kurz. Nur eine Nachricht. 

[Jimin]
Hallo Yoongi!!
Kommst du am Samstag in den Club? Ich habe schon mit jemandem gesprochen, der es kaum erwarten kann dich kennenzulernen!! Und du stehst auch schon auf der Gästeliste.
Ich würde mich so freuen!!! - Jimin

Okay, es ist doch nicht nur eine Nachricht, sondern es ist DIE NACHRICHT, auf die Yoongi nun schon seit mehreren Tagen wartet. Um genau zu sein seit dem Zeitpunkt, an dem er sich von dem rosahaarigen Sänger am Platz der vergessenen Musik verabschiedet hat. Natürlich trifft sie genau in dem Moment ein, in dem Yoongi fast gar nicht mehr in der Lage dazu ist einen klaren Gedanken zu fassen. Diese Anfrage dazu sorgt für einen absoluten Overload und was dabei rauskommt ist wohl das traurige Ergebnis von zu viel sozialer Inkompetenz.

[Yoongi]
Mein Headset ist kaputt.

Zum Glück ist Jimin selbst in seinen Fingern mit mehr Empathie gesegnet, als Yoongi in seinem gesamten Körper mit sich rumträgt. Seine Antwort ist anders als die Reaktionen von AgustD oder Minho. Sie macht sich nicht über ihn lustig, sondern sie macht es besser.  

[Jimin]
OMG NEIN, wie scheiße :(( Das tut mir echt leid. Wie ist das passiert? Hast du noch einen Ersatz? Das ist echt mies… :(( Ohne Musik geht GAR NICHTS!!!

  
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Das Blue Moon ist ein ziemlich populärer Club in der Rapszene. Selbst Yoongi kennt ihn. AgustD hat schon öfter von hier eine Anfrage für einen Auftritt oder ein Rapbattle erhalten. Natürlich hat er immer abgelehnt. Deswegen war Yoongi auch noch nie hier. Bis zum heutigen Tag. 

Es ist Samstagabend, kurz vor 22 Uhr. Bereits die Warteschlange ist übervoll mit Menschen und Yoongi bereut es ein bisschen, nicht schon früher hier gewesen zu sein. Aber Jimin hat keine Uhrzeit für ihre Verabredung genannt und er wollte auf keinen Fall zu früh da sein, um nicht wie ein verwahrloster Krüppel zu wirken, der mit seiner Zeit nicht mal am Wochenende etwas anzufangen weiß. Unnötig zu erwähnen, dass genau das natürlich der Fall ist. 

Aber Jimins erster Eindruck von Yoongi ist schon schlecht genug gewesen. Heute hat er sich vorgenommen, alle negativen Aspekte mit einem positiven Gegengewicht zu kompensieren. Als erstes war er dafür schon heute Nachmittag ausgiebig duschen gewesen. Mindestens 30 Minuten lang und er hat sich zweimal die Haare gewaschen. Danach waren sie strohiger als vorher, aber die billige Sprühglanzkur, die Yoongi vor zwei Tagen im Discounter mitgenommen hat, hat tatsächlich ihren Dienst geleistet und jetzt geht es eigentlich. Das Ding auf seinem Kopf ähnelt fast schon so etwas wie einer Frisur. Zumindest hat er bestimmt eine ganze Stunde damit verbracht, verschiedene Styling-Tutorials auf YouTube zu sehen und entsprechende Versuche mit seinem eigenen Föhn zu unternehmen. Das Ergebnis ist zumindest annehmbar und tausende Male besser als die fettigen, versträhnten Haare, die Jimin bei ihrem ersten Aufeinandertreffen an ihm bezeugen musste.

Seine Klamottenauswahl hat Yoongi ähnlich bedacht getroffen. Die Top 5 - Instagram-Männer-Mode-Welt hat ihm zwar nicht viel weitergeholfen (ganz ehrlich, wer hat denn solche Kleidung überhaupt in seinem Schrank?? Er selbst hat nichts mit besonders großer Ähnlichkeit in seiner Garderobe gefunden), aber letztendlich hat auch die akribische Betrachtung der eigenen Kleidungsstücke zu einem Ergebnis geführt. 

Er trägt jetzt eine schwarze ripped Jeans mit großen Löchern an den Knien (selbst reingeschnitten, aber das wird in dem gedimmten Diskothekenlicht hoffentlich niemand bemerken) und darüber ein blaues Hawaiihemd mit aufgedruckten großen Palmen und Wellen. Vielleicht ist die Kombi etwas weird, aber er hat im Internet gelesen, dass ein Hemd eine gute Wahl für eine abendliche Verabredung sei (und das Treffen mit Jimin ist doch eine Verabredung, oder???) und ein anderes hatte er nicht. Zumindest keins, was nicht seit ewigen Zeiten in dem unendlichen Wäscheberg vor sich hingammelt.

Die Zähne hat Yoongi sich auch zweimal geputzt. Aber seitdem hat er bestimmt schon wieder fünf Zigaretten gegen die Aufregung geraucht und vermutlich ist davon nicht mehr sonderlich viel zu merken. Im Discounter hat er aber nicht nur die Sprühglanzkur gekauft, sondern auch Pfefferminzbonbons. Er steckt sich noch schnell eins in den Mund, bevor er an der Warteschlange vorbei Richtung Tür marschiert. Dieser Move ist eigentlich nur was für VIPS, oder? Zu denen zählt Yoongi eindeutig nicht. Die anderen Gäste blicken ihn eher so an, als wäre Yoongi eine Kakerlake. Das Hemd war vielleicht doch eine Scheißidee. Man sieht ihm sicher an, dass er hier nicht hingehört. Aber sein Name steht nun mal auf der Gästeliste und Yoongi will nicht, dass Jimin sich die Arbeit umsonst gemacht hat.

“Name?”, begrüßt ihn der bullige Typ von Türsteher unfreundlich.
Okay, hinten anstellen und jegliche Konfrontation vermeiden wäre definitiv die bessere Alternative gewesen. 

“AgustD?”, murmelt Yoongi unsicher.

“Ist das eine Frage oder eine Antwort?”, gibt der Kerl von sich ohne seinen Blick zu heben. Stattdessen studiert er die kurze Liste vor sich und fährt mit einem Stift die einzelnen Namen entlang. 

“Ein AgustD steht nicht auf der Liste. Stell dich hinten an, Junge”, bellt er ihn an und Yoongi zieht unwillkürlich den Kopf ein. Hat er vielleicht etwas falsch verstanden? Oder hat Jimin sich nur einen Scherz mit ihm erlaubt und will ihn eigentlich gar nicht wiedersehen? Alles in Yoongi sträubt sich dagegen erneut ein Wort mit dem unfreundlichen Türsteher zu wechseln. Aber wie war das nochmal mit der Pussy? Er will doch keine sein. 

“Dann… Min Yoongi, vielleicht?”, versucht er es noch einmal. In der kühlen Nachtluft verklingt sein Name beinah ungehört. 

Die Stimme des Typen vor ihm ist dagegen mindestens so stabil wie sein Kreuz. 

“Wird das hier ein lustiges Namenraten, oder was? Stehst du jetzt auf der Liste oder nicht?”
“Entschuldigen Sie bitte, Jimin hat mich auf die Liste gesetzt und ich weiß nicht, welchen Namen er gewählt hat”, versucht Yoongi sich zu erklären und verbeugt sich dabei mehrere Male im perfekten 90 Grad Winkel nach vorne. Viel tiefer, als die Höflichkeit es vorgeschrieben hätte, aber in all der unangenehmen Aufregung hat er nicht mal mehr seinen Körper unter Kontrolle. Seine Finger knibbeln ohnehin schon wieder viel zu fest an seinen geschundenen Nagelbetten herum. 

Zum Glück verpufft die unfreundliche Attitüde des Türstehers in dem Moment, als er Jimins Namen hört. 

“Aaah, du bist der Freund von Park? Er hat eben noch erwähnt, dass heute Abend jemand für ihn kommen wird. Warte, … warte… Min Yoongi… jap, hier stehts. Sorry, man. Aber es gibt so viele unfreundliche scheiß Pisser, die es einfach auf nen Versuch ankommen lassen wollen und natürlich mit keiner Silbe auf der fucking Gästeliste stehen.” 

“Ja… kein… Problem”, stottert Yoongi verdutzt vor sich hin und versucht gleichzeitig mit dem plötzlichen Charakterwechsel des Türstehers klarzukommen. Mit dem freundlichen Lächeln im Gesicht wirkt er plötzlich gar nicht mehr so bedrohlich. 

“Warum hast du eigentlich zwei Namen?”, erkundigt sich sein Gegenüber neugierig, während er in Klammern ein AgustD hinter Yoongis Namen setzt. Mit einem Zwinkern erklärt er: “Für nächste Mal, weißte. Damit es nicht wieder zu Verwechslungen kommt.” 

“Künstlername…”, erklärt Yoongi lahm und verbeugt sich schon wieder viel zu tief. Warum ist er eigentlich in jeglichen sozialen Interaktionen so eine vollkommene Katastrophe?! Kann ihm nicht mal bitte irgendwas leicht fallen? Wäre das möglich?? Fuck man. 

Sein Gegenüber nimmt ihm sein Verhalten natürlich nicht übel. Die meisten tun das nicht. Nur Yoongi verurteilt sich am liebsten selbst für seine unangebrachten Gesten, die andere gar nicht unangebracht finden, sondern ihnen allerhöchstens als liebenswürdige Eigenart auffallen.
“So höflich…”, lächelt er breit und klopft Yoongi aufmunternd auf die Schultern. “Hab nichts anderes von nem Freund von Park erwartet.” 

“Wir sind keine Freunde…”, erklärt sich Yoongi holprig und vergisst dabei den Satz zu beenden, sodass viel zu viel Bedeutungsspielraum übrigbleibt. Eigentlich will er damit doch nur sagen, dass er und Jimin sich noch gar nicht so lange kennen. Aber das er gerne sein Freund wäre, falls Jimin das denn möchte. Und dass er sich deswegen extra viel Mühe mit seinem Auftreten gegeben hat, aber trotzdem fühlt, dass er es wieder verkacken wird. Einfach, weil er gar nicht anders kann. Wenn du dich selbst so beschissen fühlst wie Yoongi es tut, dann wirst du nie daran glauben, jemand anderem genügen zu können. 

Der Türsteher versteht ihn natürlich falsch und sein Grinsen wird noch breiter. “Aaahhh”, macht er verstehend, obwohl er rein gar nichts durchschaut hat, “na, wenn das so ist…”
Eine bedeutungsschwere Pause, in der er Yoongi aufmunternd zuzwinkert. “Jetzt versteh ich, warum der Kleine heute Abend so aufgeregt war… Viel Spaß ihr Beiden! Lasst es krachen…! Zumindest ab dem Moment, in dem Park Feierabend hat. Bis dahin lenk ihn nicht zu viel ab”, sagt er und schaut dabei so streng, dass Yoongi kurz davor ist seine Unterstützung als Barkeeper anzubieten. Denn das ist es doch, was Jimin hier tut, oder? Zumindest glaubt Yoongi, dass er so etwas bei ihrem letzten Gespräch erwähnt hat.

Er kommt nicht in die Verlegenheit, dass Missverständnis aufklären zu können, weil der Türsteher da schon die Tür hinter sich öffnet und Yoongi mit einem kleinen Schubser an der Schulter hindurch schiebt. “Dann lassen wir Park mal nicht zu lange warten, wa? Nicht, dass der Kleine noch denkt, du hättest ihn versetzt.” 

“Klar.. danke Ihnen… und… noch einen schönen Abend”, verabschiedet sich Yoongi etwas stockend, bevor er den Blick nach vorne richtet und den Türsteher mit den zwei Gesichtern langsam hinter sich lässt. 

Er befindet sich in einem ziemlich leeren Gang, dessen Wände nachthimmelblau gestrichen sind. Vereinzelte LED-Spots bilden kleine Sternkonstellationen, die gleichzeitig als Wegweiser dienen. Es ist nicht derselbe Eingang, für den die Schlange vor dem Club ansteht. Die Musik ist hier noch gedämpft und kämpft sich nur als tiefes Vibrieren in Yoongis Gehörgänge vor. Es ist so dunkel, dass er kaum seine eigenen Füße sehen kann, aber ihm gefällt die Atmosphäre. Irgendwie kommt es ihm so vor, als würde er gerade den Weg in eine andere Dimension bestreiten. Ein anderes Universum. Und vielleicht kann er hier auch ein anderer sein. 

Yoongi muss eine weitere Tür öffnen, bis er sich mitten in Clubgeschehen wiederfindet. Rechts von ihm befindet sich die Garderobe und er zögert keinen Moment, sich von seiner sternenverzierten Lederjacke zu trennen, die ohnehin überhaupt nicht zu dem wilden Hawaiimusterhemd darunter gepasst hat. Er bekommt eine Karte im Gegenzug in die Hand gedrückt, auf welcher die Garderobennummer verzeichnet ist und die für heute Abend sein Zahlungsmittel sein wird.
Nicht, dass er vor hat besonders viel zu trinken. Einen Mutcocktail vielleicht. Für mehr davon hätte er gegebenenfalls auch mal seine Finanzen checken müssen, aber da Yoongi generell eher weniger Geld ausgibt, sollte es eigentlich passen. Für einen kleinen Moment ärgert er sich darüber, dass er ein so wichtiges Detail in seiner Planung nicht bedacht hat. Was, wenn Jimin von ihm erwartet, dass er ihn einlädt? Kann er sich das dann leisten? Muss Jimin überhaupt für Drinks bezahlen, wenn er doch an der Bar arbeitet? 

Ach. Scheiß drauf. Der letzte Auftrag wird wohl genug Geld eingebracht haben und wenn nicht, macht er zur Not halt einen Monat früher schon die Heizung in seiner Wohnung aus. Oder bewirbt sich doch noch mal für eine der besser bezahlten Netflix-Produktionen. Vielleicht klappts ja diesmal. Und selbst wenn nicht… Irgendwie wird das heute schon passen. Er will nicht wieder in Sorgen ertrinken und den Abend nur in seinen Zweifelgedanken verbringen. Er hat den Sternenhimmelgang durchschritten. Er ist jetzt eine mutigere Version seiner Selbst. Hoffentlich.  

Die Bar, an der Jimin arbeitet, ist nicht schwer zu finden. Das Blue Moon besteht insgesamt nur aus einem einzigen, riesigen Raum, an dessen rechter Seite sich eine ausladende Bar ausbreitet. Auch hier sind die Wände in einem dunklen Blau gehalten, die LED-Sterne breiten sich darauf aus wie auf dem Firmament. An der Decke schweben riesige Monde in unterschiedlichen Farben und bilden ihr eigenes Universum. Vorbeiziehende Lichter erinnern an Sternschnuppen und Kometen. 

Die Tanzfläche ist zu der frühen Stunde noch relativ leer. Die meisten Besucher halten sich in der Nähe der Bar auf, besetzen die Hocker davor oder haben sich auf die andere Seite des Raumes verzogen, in der einzelne Sitzgruppen zum Ausruhen und Verweilen einladen. 

Es ist nett hier. Vielleicht hätte AgustD doch die ein oder andere Einladung hierher annehmen sollen, wenn sein Alter Ego sich nicht so vehement gegen Auftritte sträuben würde. Yoongis Blick hätte sich beinahe im Anblick der Sterne verloren, wenn er nicht im nächsten Moment den Grund für seinen Besuch im Blue Moon erblickt hätte. 

Wenn die Diskothek ein Universum ist, dann ist Park Jimin ganz klar sein Zentrum. Er strahlt heller als eine Supernova, was in der schummrigen, nebelverhangenen Atmosphäre eigentlich gar nicht möglich sein dürfte.
Yoongi kann schon aus der Entfernung den blitzenden Schmuck erkennen, der seine Ohren und seine filigranen Handgelenke schmückt.
Er wird von seinem Erscheinungsbild angezogen wie ein schwarzes Loch. Irgendwie ist Park Jimin alles auf einmal und dabei gleichzeitig nie zu viel. 

Als Yoongi näher kommt, fällt ihm zunächst der sanfte Schwung seiner Augenlider auf, die heute durch einen Eyelinerstrich und auffälligen Lidschatten betont werden. Auf seinen Wangenknochen muss er Highlighter tragen oder wie auch immer man das Zeug auch nennen mag. Sein schwarzes Hemd ist durchsichtig. 

Yoongi muss schwer schlucken. Als er mit seinem Brustkorb gegen den Bartresen stößt, kann er Jimins Nippel darunter erkennen. Oder ist das eine fucking Fata Morgana? Hat er nicht heute früher am Abend noch darüber nachgedacht, dass kein normaler Mensch diese Instagram-Outfits im Schrank hängen hat? Nun. Scheinbar ist Jimin kein normaler Mensch. Denn er trägt genauso ein Trend-Outfit und sieht damit absolut engelsgleich aus. Er ist der Hüter dieser Galaxie. Der Ausgangspunkt der Gravitation.

Es muss so viel Umsatz bringen, einen Barkeeper wie ihn hinter dem Tresen stehen zu haben. Die Kunden bezahlen den Eintritt doch schon, nur um ihn in diesen verbotenen Klamotten sehen zu dürfen. Es ist kein Vergleich zu den unschuldigen, eher süßen Outfits, die Yoongi bisher an ihm entdecken durfte. Jetzt sieht er einfach nur ätherisch aus, als wäre er nicht von dieser Welt. 

Auf seinen plumpen Lippen schimmert sündiger Lipgloss. Yoongi möchte ihn probieren und erschreckt sich gleichzeitig vor sich selbst. Solche Gedanken hatte er noch nie. Oder zumindest ist das letzte Mal schon sehr, sehr lange her. 

Jimin entdeckt ihn zuerst. Gott sei Dank. Yoongi hat bei seinem Anblick jegliche Worte, die jemals in seinem Kopf existiert haben, vergessen und hätte absolut keine Ahnung gehabt, wie er hätte auf sich aufmerksam machen sollen. 

“HYUNG!”, begrüßt ihn der andere aufgeregt und lässt alles stehen und liegen, um sich direkt um seinen neuen Lieblingskunden kümmern zu können. Er lehnt sich ein großes Stück über den Tresen und Yoongi beugt sich ihm intuitiv entgegen, als Jimins Lippen seine Wangen auf beiden Seiten zur Begrüßung entlang streichen. 

Fuck. Was ist Atmen nochmal? Er hätte nicht dieses bescheuerte Hemd anziehen sollen. Neben Jimin sieht er aus wie ein Clown. 

“Du bist hier! Ich freu mich sooo, dass du da bist! Hat an der Tür alles geklappt oder musstest du lange warten?”
Jimin spricht sehr laut, damit man ihn trotz der Musik deutlich verstehen kann. Seine Ellenbogen hat er auf den Tresen abgestützt und lehnt sich Yoongi noch ein Stück entgegen. Von seiner Position aus, kann er ihm in den Ausschnitt gucken. Man kann unter dem dünnen Hemd wirklich seine Nippel erkennen. 

Es fällt Yoongi ein bisschen schwer, noch einen klaren Gedanken zu fassen. Und er hat noch nicht einmal was getrunken. 

“Hey… Ja… hat alles geklappt”, beginnt Yoongi lahm, aber er hofft, dass das Lächeln auf seinen Lippen zumindest ansatzweise ausdrücken kann, dass er sich auch darüber freut, Jimin heute Abend wiedersehen zu können. 
“Hab erst den falschen Namen genannt… Hab mich als AgustD vorgestellt, aber scheinbar hast du nur einen Min Yoongi angekündigt…” 

“Oh, das tut mir SO leid, Hyung!”, entschuldigt sich Jimin sogleich und verzieht seine Lippen zu einem verzückenden Schmollmund. Yoongi lächelt ihn verträumt an. Wie kann ein Mensch nur so perfekt sein? 
“Ich dachte, es könnte dir vielleicht unangenehm sein, als AgustD erkannt zu werden… du hast ja unsere Einladungen auch nie angenommen, egal, wie oft ich dir welche geschickt hab’… deswegen bin ich davon ausgegangen, dass du lieber als Yoongi vorgestellt werden willst”, erklärt sich Jimin eifrig. In dem dunklen Licht ist es natürlich nicht zu erkennen, aber Yoongi bildet sich trotzdem ein, dass er einen leichten Rotton unter den Highlighter-Wangen entdecken kann. 

“Die… Einladungen kamen von dir?”, ist alles, was er dazu sagen kann, weil er so viel Rücksicht in seinem Leben nicht gewohnt ist. Wie geht man denn mit Gesten um, die man bisher noch nicht erfahren hat? Er kann doch nicht mal mit Situationen umgehen, denen er schon tausende Male begegnet ist. 

“Na klar”, nickt Jimin bekräftigend. “Also… natürlich musste ich das mit dem Management absprechen und so, aber ich hab gedacht, dass das vermutlich meine größte Chance darstellt, dich irgendwann mal kennenlernen zu können. Deswegen hab’ ich nie aufgegeben.” 

“Das ist… nett von dir”, entgegnet Yoongi steif und blickt angestrengt in eine andere Richtung des Raumen, nur damit er nicht länger wie so ein abgefuckter Perversling in Jimins verbotenen Ausschnitt starrt. Wollte er heute nicht einen guten Eindruck bei dem anderen hinterlassen? Tja. Das kann er wohl vergessen. Nachdem er das letzte Mal vermutlich als Asozialer abgestempelt wurde, wird er heute als notgeiler alter Sack das Feld verlassen. Super gemacht, Yoongi. Ganz ehrlich, du solltest AgustD den Job hier übernehmen lassen. Ist doch klar, dass kein komischer Galaxiegang aus dir was anderes als ‘nen Versager machen kann. Abschaum bleibt Abschaum. Guck ihn nicht so lüstern an! Alter, was ist los mit dir?! 

“Hallo?”, durchdringt Jimins glockenhelle Stimme Yoongis dunkle Gedankenflut. Er schafft es nicht einmal, ihm anständig zuzuhören. Reiß dich endlich mal zusammen, Junge! 

“Ja?”

“Sorry”, entschuldigt sich Jimin, obwohl Yoongi einhunderttausend bessere Gründe dafür hätte. “Du musst mich jetzt vermutlich für voll den fanatischen Oberstalker-Fan halten, aber… ich hab dich einfach nur echt bewundert.. und wollte mich eben bei dir bedanken…. Umso schöner, dass ich jetzt eine viel bessere Chance dafür bekommen habe.” 

“Ach, alles gut. Ich halte dich nicht… für komisch oder so. Mach’ dir keinen Kopf.”
Nicht für komisch oder so?? Herzlichen Glückwunsch Yoongi, der Preis für das beste Kompliment geht heute Abend definitiv nicht an dich. 

Jimin lächelt erleichtert. 
“Willst du was trinken?”, wechselt er elegant das Thema. 

Yoongi zuckt mit den Schultern. Zeit für seinen Mutcocktail! Vielleicht wird es danach endlich besser mit seinem dummen Verhalten. 

“Was bestimmtes?”, erkundigt sich Jimin erneut. 

“Ne, ist egal. Mach mir einfach irgendwas.” 
Hauptsache stark, ergänzt er gedanklich, will dann aber doch nicht ganz so offensichtlich verzweifelt wirken. 

Jimin greift nach den einzelnen Flaschen, als wäre er ein Künstler. Es ist eine eigene kleine Show, die er dabei abzieht und die nicht nur die Aufmerksamkeit von Yoongi auf sich zieht. Direkt neben ihm steht eine kleine Gruppe von jungen Frauen, die Jimin ebenso fasziniert beobachten und hinter vorgehaltener Hand verlegen über den schönen Mann kichern. Wer kann es ihnen verdenken? Jeder wird von der Naturgewalt Park Jimin überrollt. 

“Taehyung ist im übrigen schon da”, erklärt Jimin und schaut Yoongi direkt in die Augen, während er den Shaker kunstvoll um seinen Körper wandern lässt. Die Blicke der anderen Gäste ignorierend. 

“Taehyung?”, erkundigt sich Yoongi. Das war doch der Freund, von dem Jimin letztes Mal gesprochen hat, oder?

“Na, der Grund, warum ich dich heute Abend ins Blue Moon eingeladen habe! Ich hab’ dir doch gesagt, dass ich dir ein paar Leute vorstellen will… Taehyung ist der erste von ihnen! Siehst du den Typen da ganz hinten links in der VIP-Lounge?” 

Yoongi lässt seinen Blick durch den Raum wandern, innerlich dankbar dafür, einen Grund geliefert bekommen zu haben, Jimin nicht länger anzugaffen. 
Die VIP-Lounge ist nicht zu übersehen. Es ist ein extra abgetrennter Bereich, der nur aus zwei riesigen Sitzgruppen besteht. Eine davon ist noch leer. Die andere ist von einem einzelnen Wesen besetzt, dass Yoongi aus der Distanz nicht unbedingt als Menschen identifizieren würde, sondern eher als schönste Statue eines modernen Künstlers. 

“Ja… ich glaub’ schon”, nuschelt er. 

“Das ist Taehyung”, strahlt Jimin begeistert. “Ich hatte dich ja gefragt, ob ich ihm von dir erzählen darf. Und jetzt rate mal, wer komplett ausgeflippt ist! Er ist ein genauso großer Fan von dir wie ich! Er war heute Abend auch direkt als allererstes hier, um dich bloß nicht zu verpassen!” 

“Oh... kaum… vorzustellen.” 
Er blickt erneut zu diesem Taehyung. Er sieht ähnlich perfekt aus wie Jimin, nur auf eine ganz andere Weise. Irgendwie ist es nicht verblüffend, dass gerade die beiden einander gesucht und gefunden haben und sich so wunderbar zu verstehen scheinen. 

Der junge Mann sieht teuer aus. Und irgendwie erhaben. Aristokratisch. Seine Gesichtszüge sind unbewegt und elegant, glatte braune Strähnen fallen ihm tief in die Stirn, das seidene Hemd an seinem Körper ist definitiv von Gucci oder einer ähnlich teuren Marke. Yoongi kann sich nicht vorstellen, dass jemand wie er seine Musik hört. Aber wer ist er schon, um über Äußerlichkeiten zu urteilen? Wenn man ihn ansieht, würde man auch niemals erwarten, dass sich so jemand wie AgustD ebenfalls in seinem Körper aufhält. 

Jimin mixt ihm noch einen zweiten Drink und schiebt beide mit einer flüssigen Geste über den Tresen zu Yoongi. 
“Der andere ist für Taehyung”, grinst er fröhlich. “Sag ihm liebe Grüße von mir, ja? Ich hab’ in zwei Stunden Feierabend, dann werd’ ich euch besuchen kommen… Bis dahin habt ganz viel Spaß! Wenn ihr noch was trinken wollt, dann winkt mir einfach, ok? Ich werd ein Auge auf euch haben!”

Yoongi ist sowas von überfordert. War das ein Zwinkern? Und warum leckt er sich so scheiße lasziv über seine Lippen, die sowieso schon aussehen, als wären sie in flüssige Verführung getaucht? Er muss hier weg und zwar schnell.

Er greift automatisiert nach den angebotenen Drinks und ist froh, sich überhaupt irgendwo festhalten zu können. 

“Danke”, bemerkt er stocksteif und ist froh, dass er sich wenigstens vor Jimin nicht so widerlich tief verbeugt.

“Kann man hier drin rauchen?”, fragt er noch und sein Griff um die Gläser verfestigt sich. 

“Ja”, lächelt Jimin beruhigend. “Hinten in der VIP-Lounge darfst du rauchen. Und mach’ dir keinen Kopf… Taehyung sieht vielleicht ein bisschen speziell aus, aber er ist der liebste Mensch, den ich kenne. Du wirst ihn mögen.” 
“Mhm”, stammelt Yoongi, weil er einfach keine Antwort mehr herausbekommt. Daran zweifelt er auch nicht. Vermutlich wird er Taehyung mögen. Aber für ihn wird Yoongi sicher nicht mehr als eine riesige Enttäuschung sein. Und das ist es, was ihm Magenschmerzen bereitet. 

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