Achter Schultag Part 1

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,,In 10 Minuten sollten wir bei der Brücke vorbeikommen'', erkläre ich Finn.

Da ich ihn vor ein paar Tagen sowieso versprochen hatte, die Stadt etwas zu zeigen, habe ich ihn heute morgen bereits gefragt, ob er sich nach der Schule mit mir treffen möchte. Er hat sofort zugestimmt. Wir sind bereits durchs Zentrum marschiert, ich habe ihm alle möglichen Geschäfte und wichtige Gebäude gezeigt. Nun fehlt nur noch der Fluss. Da dort eine Brücke ist, wo man sich hinsetzen kann, habe ich beschlossen, dass er das Ende unserer kleinen Tour bilden wird.

,,Ich will ja nicht neugierig sein, aber du wohnst ja bereits dein ganzes Leben in derselben Stadt. Hast du nach der Schule vor hier zu bleiben, oder zieht es dich ganz woanders hin? Was möchtest du überhaupt nach dem Schulabschluss machen?''

Nach der Schule ...

Der Gedanke an die Zukunft löst ein angsterfüllendes Kribbeln in mir aus.

Was werde ich tun?

Wo werde ich sein?

Mit wem werde ich sein?

Ich zögere kurz und überlege.

,,Was ich nach der Schule mache, ob ich studieren, eine Ausbildung anfangen oder vielleicht sogar eine Weltreise antreten werde, ob ich hier bleiben werde, steht bei mir noch in den Sternen. Irgendwie freue ich mich darauf nicht mehr in die Schule gehen zu müssen, aber irgendwie fürchte ich mich auch etwas.''

Moment mal, habe ich das gerade wirklich laut gesagt?

Meine Offenheit überrascht mich und schockiert mich zugleich. Dass der Schwall an Worten einfach so aus mir herausbrechen würde, kam definitiv unerwartet. Vorsichtig schaue ich auf und sehe zu meinem Glück keinen Hauch von Belustigung. Stattdessen nickt Finn nachdenklich.

,,Ich verstehe, was du meinst. Veränderungen machen einem manchmal Angst.''

,,Ja'', stimme ich leise zu.

,,Hast du denn irgendwelche besonderen Interessen?'', fragt er weiter.

,,Irgendetwas, das in der engeren Auswahl ist, was du eventuell studieren möchtest?''

,,Was mich interessiert, spielt dabei doch keine Rolle.''

Finn runzelt die Stirn.

,,Wie meinst du das?''

,,Weil ich das Gefühl habe, dass es eine Lüge ist, dass ich das studieren kann, was ich will'', beginne ich vorsichtig.

,,Nach den heutigen Erwartungen sollte man idealerweise Informatik studieren. Aber das interessiert mich nicht wirklich, obwohl ich sehr gut in Mathe bin. Dann gibt es natürlich noch Medizin, Pharmazie, Jura oder BWL. Das spricht mich aber ebenso wenig an.''

,,Aber es gibt doch noch viele andere Studiengänge. Oder auch Ausbildungsplätze.''

Ich nicke und lächle zerknirscht.

,,Ja, das stimmt schon, aber obwohl ich nicht auf das große Geld aus bin, kann ich nicht außer Acht lassen, dass der Kreis der Möglichkeiten immer kleiner wird. Schließlich wird alles digitaler. Einfache Jobs können heute schon von Computern ersetzt werden. Wir müssen kaum noch aus dem Haus, um Dinge zu kaufen oder bürokratische Angelegenheit zu erledigen. Das ist natürlich einfach und praktisch, aber ich frage mich, was mit den Arbeitsplätzen passiert. Für welchen Weg soll ich mich entscheiden, wenn ich weiß, dass viele Berufe vielleicht gar nicht mehr existieren werden?''

Ich beende meine viel zu lang gewordene Rede und schaue betreten auf meine schmuddeligen Chucks. Am liebsten hätte ich ihm diesen Redeschwall erspart, aber mir war selbst nicht klar, wie dringend diese Worte ausgesprochen werden mussten. Nach ein paar Sekunden traue ich mich, vorsichtig zu Finn zu blicken. Sein Blick wirkt nachdenklich. Es war bestimmt zu viel. Sicher hält er mich jetzt für einen Freak. Laurie, das komische Mädchen, welches Angst davor hat, von Robotern ersetzt zu werden. Ich unterdrücke ein Seufzen. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann wäre dieser genau in dieser Sekunde im Erdboden zu versinken.

Das hat man davon, wenn man sich öffnet.

Man fühlt sich beschämt und erniedrigt.

,,Du denkst ganz schön vorausschauend'', sagt er leise.

Ich nicke, weil ich nicht weiß, was ich darauf erwidern soll. Es kommt mir ohnehin schon so vor, als hätte ich viel zu viel von mir preisgegeben. Finn steht mir nun so nah gegenüber, dass mir sein herber Duft entgegenweht.

,,Deine Sorge besteht also darin, keine Arbeit zu finden?'', setzt er erneut an.

Ich schüttele den Kopf.

Warum will er weiter darüber reden?

Interessiert es ihn wirklich, oder will er nur höflich sein?

,,Nein, irgendetwas werde ich bestimmt finden. Aber ..."

Ich stocke kurz.

,,Ob es mich wirklich erfüllen wird, weiß ich nicht.''

Ein Lächeln umspielt seine Lippen. Es ist eines, das verständnisvoll und mitfühlend zugleich ist. Meine Wangen erröten. Ich senke den Kopf.

,,Wer weiß, was alles noch kommen wird'', erwidert er.

,,Das Leben ist zu kurz, um darüber zu grübeln, was das Richtige ist. Mit einem Wimpernschlag kann sich alles ändern. Am Ende ärgerst du dich bloß, wenn du dein Leben nicht ausreichend ausgekostet hast. Wir wissen alle nicht, was morgen ist. Deswegen sollte man jede Chance, die einem angeboten wird, ergreifen und nutzen. Noch hast du all deine Finger und Zehen. Noch kannst du einen Berg besteigen oder mit einem Fallschirm ins Meer springen. Du kannst studieren, was dich interessiert und arbeiten, was du willst. Natürlich gibt es immer Menschen, die dir Beine in den Weg legen werden. Dann musst du sie eben wegschieben.''

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