Fünfter Schultag

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,,Was hältst du von diesem Top?''

Kim hebt ein türkisfarbenes Top mit Spaghettiträgern, was unten in einem auffallenden Stickmuster endet, in die Höhe.

,,Ich weiß nicht so recht.''

Die Spaghettiträger würden meine dicklichen Arme nur noch mehr in Szene setzen.

,,Probiere es wenigstens an. Ich wette es würde dir toll stehen'', versucht sie mich zu überzeugen.

Als nächstes greift sie nach einem weinroten Hemd, dass vorne einen weiten Bandage Ausschnitt besitzt.

,,Beides könnte man super mit einer Skinny Jeans kombinieren.''

Skeptisch lasse ich mir von ihr beide Oberteile und eine schwarze Skinny Jeans in die Hand drücken. Wenn ich mir Jeans gekauft hatte, waren es meistens Baggy Jeans. Sie sitzt einem locker an den Hüften und Oberschenkeln. Automatisch wandert mein Blick zu einem Kleiderständer, der mit Sweatern, dicken Pullis und weiten Hosen befüllt ist. Wirklich verlockend.

,,Vergiss es, Laurie. Wir sind nicht hier, um dir Sachen zu kaufen, hinter denen du dich verstecken kannst'', ermahnt sie mich scharf.

Bei ihrer Figur ist das leicht zu sagen. Schließlich steckt sie nicht in meinem verdammten Körper. Etwas weiter hinten kann ich sehen, wie Alex einen Kleiderständer durchstöbert, auf dem auffallend viele Kleider hängen.

Auf was habe ich mich hier bloß eingelassen?

,,Ich geh schon mal zur Umkleidekabine und probiere die ersten Sachen an.''

Die Tür hinter mir schließend, betrete ich die Kabine. Die Kleidung würde mich nicht in einen anderen Menschen verwandeln. Aber vielleicht ist es auch nicht das Ziel dieser Tour, aus mir einen völlig anderen Menschen zu machen. Vielleicht geht es darum, dass ich meinen Körper in figurbetonter Kleidung lieben lerne und dies mein Selbstbewusstsein stärken würde. Superman ist schließlich nicht Superman ohne seinen Supermanumhang und besitzt ohne ihn keine Superkräfte.

Ich entscheide mich dazu als erstes das weinrote Hemd zusammen mit der schwarzen Skinny Jeans anzuprobieren. Ein paar Sekunden lang starre ich mich einfach nur im Spiegel an. Durch den Bandage Ausschnitt sind viele Hautstellen meines Brustkorbs entblößt. Die Jeans bringt meine fetten Waden und meinen zu großen Allerwertesten noch mal richtig zur Geltung. So kann ich unmöglich die Kabine verlassen. Andere Leute werden mich anglotzen und mit ihren Blicken ,,wie kann die fette Kuh nur so etwas anprobieren'' mir an den Kopf schmeißen.

,,Mach mal schneller, Laurie. Ich will das erste Outfit sehen'', höre ich Kim von draußen rufen.

,,Ich kann so nicht rausgehen'', vernehme ich mich leise wispern.

Alles in mir sträubt sich auch nur einen Schritt nach draußen zu machen.

,,Laurie, darf ich reinkommen?'', ertönt auf einmal Alex tiefe Stimme.

Etwas in mir beruhigt sich automatisch bei diesem Klang.

Soll ich ihn reinlassen?

Alex nimmt mir die Entscheidung ab indem er kurzerhand langsam die Tür öffnet. Ich muss wohl vergessen haben, richtig abzuschließen. Seine Augenbrauen schießen überrascht in die Höhe, als er mich in voller Statur zu Gesicht bekommt.

,,Ich weiß gar nicht, was du hast. Beide Teile stehen dir super'', raunt er mir ungläubig zu.

,,Ich sehe in diesem Outfit aus wie ein Hefeklotz.''

,,Das ist Quatsch. Das stimmt nicht.''

Ich spüre seinen warmen Atem auf meinem Nacken und werde mir bewusst, wie dicht wir gerade nebeneinanderstehen.

,,Ich habe das hier für dich ausgesucht. Vielleicht fühlst du dich darin wohler.''

Erst jetzt bemerke ich, dass er ein dunkelblaues Sommerkleid in seinen Händen hält. Schüchtern nehme ich es ihn ab und drücke es mir fest an die Brust.

,,Wenn es dir auch nicht gefallen sollte, können wir gerne nach etwas anderen schauen. Du sollst dich, mit dem was du anhast, wohlfühlen.''

Beherzt zwänge ich mich in das besagte Kleid, nachdem er die Umkleidekabine wieder verlassen hat. Von draußen kann ich zwei Stimmen miteinander reden hören und vermute, dass Alex sich gerade mit Kim, wahrscheinlich über mich, unterhält. Dieses Mal kann ich mich dazu durchringen, die Umkleidekabine nach einer sorgfältigen Inspektion vor dem Spiegel zu verlassen. Das Kleid schmiegt sich zwar nicht gerade dezent um meine Kurven, jedoch nur gerade so, dass es mir nicht unangenehm ist. Da es eher schlicht ist, kommt es einem nicht komisch vor, es auch ohne einen besonderen Anlass anzuhaben. Das Blau harmoniert mit meinem blonden Haar und schafft einen interessanten Kontrast. Kims und Alex Köpfe drehen sich gleichzeitig zu mir um, als ich vor ihnen stehe.

,,Was sagt ihr?'', frage ich mit klopfenden Herzen.

Kim ist kurz davor ihren Mund zu öffnen, als Alex sie mit einem ermahnenden Blick zum Schweigen bringt.

,,Was hältst du von diesem Kleid?'', fragt er mich stattdessen.

,,Ich finde es wirklich hübsch'', antworte ich entschlossen mit einem echten Lächeln.

,,Dann ab damit zur Kasse.''

Seine grünen Augen blitzen für einen kleinen Moment auf.

,,Es ist nicht nur hübsch, sondern sieht toll an dir aus'', meint Kim begeistert.

Sie legt einen Arm um meine Schulter.

,,Das müssen wir mit einem Stück Kuchen feiern'', verkündet sie grinsend.

***

In einem einfachen Stück Schokokuchen mit Schokoladenglasur stecken ungefähr 235 kcal. Bei einem Stück Käsekuchen sind es 410 kcal. Ein Stück Streuselkuchen mit Vanillefüllung hat ungefähr 265 kcal. Obwohl mir durch die Errechnung der Kalorien klar wird, dass ich mir den Schokokuchen bestellen werde, habe ich ein mehr als schlechtes Gewissen 235 kcal zu verputzen. Mir einen Kaffee mit Milch dazu zu bestellen, ist auf gar keinen Fall eine Option. Alex und Kim scheinen kein Problem mit den vielen Kalorien zu haben. Beide bestellen, als die Bedienung kommt, jeweils ein Stück hausgemachten Käsekuchen mit extra Himbersauce. Dazu trinkt Alex eine Cola und Kim einen Erdbeersmoothie. Um kein großes Aufsehen bei den beiden zu erregen, gebe auch ich meine Bestellung beim Kellner auf.

,,Danach müssen wir dir noch Schuhe kaufen. Was hältst du von hellbraunen High Heels?'', fragt Kim mich, als sie die Karte zu Seite gelegt hat.

,,Ich kann unmöglich auf diesen Dingern laufen, Kim'', wende ich ein.

,,Wie wäre es mit Sandaletten?'', schlage ich als Alternative vor.

,,Einverstanden.''

Es dauert gar nicht lang, als uns Essen und Getränke gebracht werden. Schon beim ersten Probierstück von meinem Kuchen, weiß ich, dass ich nicht die genügende Selbstbeherrschung haben werde, auch nur einen Teil unberührt zurückgehen zu lassen. Dafür schmeckt die bittere Zartbitterschokolade, vermischt mit einer leckeren Kekskruste, die beim Kontakt mit der Zunge schmilzt, viel zu gut. Gabel um Gabel landet in meinem Mund. Den Hunger, den ich den ganzen Tag über noch nicht so richtig gestillt habe, übernimmt die Überhand. Ehe ich mich versehe, ist mein Teller von mir leergefegt worden. Nicht einmal ein einziges krümeliges Stück bleibt zurück. Du hast gerade 235 kcal zu dir genommen, verhöhnt mich die Stimme, die zurzeit sehr viel Spaß daran hat, zynisch auf mein Untergewissen einzureden.

Wie willst du dein ohnehin problematisches Gewicht halten, wenn du haufenweise dickmachenden Schokokuchen in dich hineinstopfst?

Schweinebacke.

Hässlicher Niemand.

Hässliches Stück Dreck.

Mit dir will doch keine Sau was zu tun haben, so abstoßend wie du bist.

Alex ist nur aus Mitleid dein Freund.

Eines Tages wird selbst er vor dir abhauen, dein Vater hat es ja schon vorgemacht.

Deine Mutter hält es nur durch Alkohol mit dir aus und ist zur Schnapsdrossel geworden.

Es traut sich bloß keiner es dir ins Gesicht zu sagen.

Wütend beiße presse ich meine Lippen zusammen.

,,Du bist ganz blass, Laurie. Ist alles okay?''

Kims freundliches Gesicht beäugt mich besorgt. Ich nicke heftig.

,,Ich muss nur kurz auf die Toilette.''

***

Schon im Kindergarten bin ich immer etwas pummeliger als andere gewesen. Meine Pausbacken haben ständig für viel Gelächter bei den anderen Kindern gesorgt. Der Spitzname Raupe Nimmersatt ist mir des Öfteren an den Kopf geworfen worden, als die Erzieherin mal nicht im Raum anwesend gewesen ist. Nicht nur einmal bin ich beim Mittagessen mit herumfliegendem Essen beworfen worden. So gut wie niemand hat mit mir spielen oder mit mir gesehen werden wollen. Nur selten bin ich auf Geburtstage eingeladen worden, zu denen sonst jeder kommen durfte. Das Klauen und Verstecken meines Rucksacks ist zum Running Gag in unserer Gruppe geworden. Die Erzieherin hat zwar von den Hänseleinen mitgekriegt, hat aber nie wirklich etwas unternommen sie zu unterbinden. Als Vierjährige habe ich so ein Verhalten und solche Aktionen mit Humor genommen. Doch je älter ich geworden bin, desto mehr habe ich mir die Sprüche von anderen zu Herzen genommen. James hat das Ganze auf die Spitze getrieben, als er vorletztes Jahr neu in unsere Klasse gekommen ist. Als er noch in unserer Parallelklasse gewesen ist, hat er mich noch nicht auf dem Schirm gehabt und mich in Ruhe gelassen. Schlimm wurde es erst, als er in unsere Klasse gewechselt ist. Ab hat er es sich zu seiner persönlichen Aufgabe gemacht, mich wegen jeder einzigen Kleinigkeit zu Piesacken. Wahrscheinlich aus Angst selbst Opfer von ihm zu werden, haben die meisten seine Angriffe mir gegenüber unterstützt.

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