Zehnter Schultag

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Vor 12 Jahren

,,Hey!''

Ich tippe den Jungen an, der einige Meter weiter vor mir mit seiner Schaufel im Sandkasten buddelt.

,,Was wird das?", frage ich ihn neugierig.

,,Das wird der Graben von meiner Burg'', erklärt mir der Junge, wobei seine grünen Augen vor Stolz aufleuchten.

,,Willst du mir helfen?''

Meint er das wirklich ernst?

Zögernd sehe ich ihn an. Der Junge sieht mich mit einem aufmunternden Blick an, der Mut gibt. Ich setze mich mit meiner Schaufel neben ihn hin.

,,Ich habe dich noch nie hier gesehen, bist du neu hier?'', suche ich das Gespräch mit ihm.

,,Ja, meine Eltern sind mit mir vor drei Tagen hierhergezogen.''

Verstehend nicke ich, wobei ich damit beginne, mit ihm gemeinsam zu buddeln.

,,Das heißt , dass du hier noch keine Freunde hast, nicht wahr?''

Der Junge nickt auf meine Frage hin und schaut traurig zur Seite. Er tut mir unglaublich leid. Ich weiß selbst, wie das ist, wenn man niemanden zum Spielen hat und ganz alleine ist.

,,Ich heiße Laurella und du?''

,,Ich bin Alexander. Freunde von mir dürfen mich aber Alex nennen.''

Während Alex sich um die Burg kümmert und Sand aufeinanderhäuft, arbeite ich weiter am Burggraben.

,,Hast du einen besten Freund, Laurella?''

Ich schüttle betreten den Kopf.

,,Die anderen Kinder wollen nicht mit mir spielen, weil sie sagen, dass ich zu dick bin.''

Kinder können manchmal ziemlich grausam sein. Vor allem, wenn sie es stark auf einen abgesehen haben. Papa sagt stets, dass ich es mir nicht zu Herzen nehmen soll, aber das ist wirklich schwer, wenn alle gleichzeitig auf einen rumhacken.

,,Dann können wir ja beste Freunde sein.''

Alex lächelt mich an und das allein erwärmt mein Herz. Obwohl ich den Jungen kaum kenne, sagt mir mein Bauchgefühl, dass wir beide wirklich tolle beste Freunde wären.

,,Wirklich?''

,,Natürlich. Ich jedenfalls finde dich nicht zu dick und wäre sehr gerne dein bester Freund, Laurella.''

,,Wenn das so ist, gerne, Alex'', lasse ich ihn begeistert von seiner Idee wissen.

Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich das Gefühl, dass jemand außer meiner Eltern mich wirklich aufrichtig mag und genau das ist ein absolut großartiges Gefühl.

***

,,Guten Morgen, Laurie'', werde ich von Susan  begrüßt, als ich in der Küche stehe.

Ich hatte mich dazu entschieden über Nacht zu bleiben, weil Alex mir angeboten hatte, dass ich bei ihm übernachten könnte.

,,Morgen Susan'', erwidere ich ihren Morgengruß.

,,Möchtest du Pankcakes zum Frühstück?''

Beim Wort Pancake meldet sich mein Magen mit einem viel zu lauten Knurren, was Susan auflachen lässt.

,,Das ist mir Antwort genug, ich mache dir gleich einen.''

Susan stellt den Herd an und gibt, als das Öl heiß genug ist, etwas Teig in die Pfanne. Als dieser langsam Form annimmt und goldbraun wird, wendet sie diesen ziemlich geschickt mit einem einzigen Handgriff. Ich weiß, dass ich ihr Angebot eigentlich hätte ablehnen sollen und keine Pancakes essen sollte, weil ich weiß, dass das sehr wahrscheinlich in eine Essattacke enden wird. Dafür sind Susans Pancakes einfach viel zu gut. Susan gibt den fertigen Pancake auf einen Teller und greift nach dem Honig, um ihn damit etwas zu verzieren. Als ich am Esstisch sitze, stellt sie in vor mir ab. Ich greife nach Messer und Gabel und schneide mir vorsichtig ein Stückchen ab. Als ich den ersten Bissen in meinen Mund schiebe, bereite ich mir schon fast automatisch einen Zweiten vor.

,,Ich habe lange nicht mehr mit Anne telefoniert. Sag, wie geht es ihr so? Wie kommt sie mit der Trennung zurecht?''

Wie kann ich auf diese Frage antworten, ohne das Alkoholproblem von Mom anzusprechen?

Ob Alex oder Kim ihr davon erzählt hatten?

Hoffentlich nicht.

,,Ihr geht es den Umständen entsprechend. Sie hat das Ganze noch nicht wirklich verarbeitet'', versuche ich eine möglichst knappe Antwort von mir zu geben.

Ich will mich nicht mit ihr über das Thema Mom und Trinken unterhalten und meine Mutter damit vor ihrer besten Freundin bloßstellen.

,,Ich würde Anne sehr gerne wieder mal besuchen kommen, aber nur, wenn sie das auch wirklich möchte. Wenn sie noch Zeit für sich selbst benötigt, ist das völlig in Ordnung. Ich möchte mich ihr gegenüber nicht aufdrängen.''

,,Ich richte es ihr aus'', verspreche ich ihr.

,,Ich weiß, dass ich nicht viel zuhause bin, weil ich und Collin sehr oft auf Geschäftsreise unterwegs sind. Aber wenn irgendetwas sein sollte oder ihr irgendwie Hilfe benötigt, kannst du sehr gerne auf mich zukommen, Laurie. Zu jeder Zeit. Ihr gehört praktisch schon zur Familie, das weißt du doch.''

Ich glaube, ich habe in meinem Leben noch nie eine so liebe Familie kennengelernt, wie die Lockwoods. Ich bin dem Schicksal unendlich dankbar, dass es mich und Alex zu besten Freunden gemacht hat. Ansonsten hätte ich niemals solche tollen Menschen kennengelernt. Und trotzdem bringe ich es nicht fertig, mich ihr gegenüber anzuvertrauen und von den Problemen, die zu Hause herrschen, zu erzählen. Schließlich geht es hier nicht nur um mich. Ich möchte nicht, dass Susan ein schlechtes Bild von meiner Mom bekommt und ihr gegenüber Vorwürfe macht, weil sie selbst nach Monaten nicht über die Trennung hinweggekommen ist. Wahrscheinlich hat Mom den Kontakt zu Susan so stark reduziert, weil sie nicht möchte, dass ihre beste Freundin mitbekommt, wie schlecht es ihr momentan geht. Und schon wieder sehe ich eine neue Parallele zwischen ihr und mir. Ich bin selbst längst nicht mehr so ehrlich zu Alex, wie ich es noch vor dem Sommer gewesen bin. Ich lasse ihn nicht daran teilhaben, wie es in mir wirklich drinnen aussieht und habe ihm auch nicht von meinen Essattacken erzählt.

Ob ich eines Tages genauso enden werde, wie meine Mom?

Schwach und hilflos, meine persönlichen Ziele vor meinen Augen verlierend?

Mich selbst verabscheuend?

Würde ich mich eines Tages auch vor der Welt da draußen verstecken, weil ich mit meinen eigenen Problemen nicht klarkomme?

Ob Alex irgendwann genug davon haben wird, mein bester Freund zu sein?

Schließlich ist es verdammt anstrengend, eine Person immer und immer wieder vom Neuen aufbauen zu müssen. Wir kennen uns bereits seit zwölf Jahren. Er war damals schon mit mir befreundet, als niemand sonst mit mir irgendwas zu tun haben wollte.

Wird Chloe dafür sorgen, dass ich und Alex tiefe Freundschaft Risse bekommt, weil ich begriffen habe, dass ich eventuell doch Gefühle für ihn besitze?

Das mir Finn langsam mehr und mehr ans Herz wächst, sorgt ebenfalls nicht unbedingt dafür, dass ich aus mir selbst schlau werde.

Verdammt Laurie, was ist den bloß los mit dir?!

,,Danke Susan, ich weiß, dass ich mich immer an dich wenden kann, wenn etwas sein sollte'', antworte ich Susan, nachdem ich aus dem Meer aus Gedanken erneut in die Realität zurückgefunden habe.

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