-~15~- Er redet viel

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,,Hallo Lesley, hattest du einen schönen Urlaub?", fragte ich die brünette Barbie, als ich am nächten Tag in ihr Büro kam.
,,Liv, was verschafft mir die Ehre? Mein Urlaub war in Ordnung. Etwas kurz, aber sonst..." Sie hielt sich selbst in ihrem Redefluss auf und lehnte sich dann in ihrem Stuhl zurück.
Ihr Büro war ähnlich wie meines, nur dass die Pflanzen noch grün und lebendig waren und ihr Schreibtisch wesentlich ordentlicher war.
Lesley hatte die gleiche Position in Ascot wie ich, nur in einer anderen Abteilung und ihre Arbeitsweise unterschied sich deutlich von meiner: Während sie sich hauptsächlich um die Schreibarbeiten kümmerte und ihre Angestellten laufen ließ, war ich etwas aktiver in der praktischen Arbeit. Was von beiden nun besser war, lag nicht an mir zu beurteilen, anders als Lesleys Ansicht, dass wir Konkurrentinnen waren. Seit einiger Zeit stand eine Beförderung zwischen uns, an der sie sehr interessiert war.
Ich hätte ihr gerne verraten, dass ich keine Gefahr darstellte, allerdings musste ich mir erst sicher sein, bevor ich ihr ein Gerücht über mich selbst aus erster Hand geben würde.

,,Was willst du?", fragte sie mit dem süßesten und falschesten Lächeln, das sie hätte aufbringen können.
,,Ich wollte nur wissen, ob du den Schlüssel zu den Ställen seit letzten Montag benutzt oder jemand anderen gegeben hast. Ich muss das Schloss wechseln lassen und frage jeden, der einen Schlüssel hat", erklärte ich mich.
,,Nein, ich war im Urlaub in Brighton und den Schlüssel hatte ich zu Hause liegen gelassen", erwiderte sie schulterzuckend. ,,Ist denn etwas passiert? Gab es einen Einbruch?"
,,Tut mir leid Lesley, so lange ich mir noch nicht sicher bin, darf ich nichts darüber sagen", erwiderte ich nichtssagend und zog entschuldigend die Schultern hoch. ,,Ich werde mich darum kümmern, sobald das Schloss ausgetauscht ist, dass du einen neuen Schlüssel bekommst."
Lesley nickte nur und lehnte sich dann in ihrem Stuhl vor, um die Ellenbogen auf dem Tisch abzustützen und ihren Kopf auf die zusammengefalteten Hände zu legen. ,,Ich hoffe für dich, dass das ganze nichts mit dem Tod von diesem Hengst zu tun hatte. Die Nachricht hat sich in Ascot verbreitet, wie ein Lauffeuer. Das wäre das erste Mal, dass ein Pferd unter Aufsicht getötet wurde. Und es wäre deine Schuld", erklärte sie.
,,Ja, das ist mir bewusst. Auf Wiedersehen Lesley", verabschiedete ich mich und verließ ihr Büro wieder.

Wenn man ihrer Aussage Glauben schenken konnte, war sie es wohl nicht gewesen. Aber etwas in mir wollte, dass sie gelogen und den Schlüssel doch weitergegeben hatte oder selbst früher aus dem Urlaub zurück gekommen war.
Ich musste der Spur weiter nachgehen, doch vorerst musste ich die anderen Verdächtigen überprüfen.

_______

Ich fragte auch noch die restlichen drei Schlüsselbesitzer, wo sie in letzter Zeit waren und was sie mit ihren Schlüsseln gemacht hatten. Zwei von ihnen konnte ich bis auf weiteres ausschließen, doch war ich mir mit meinen Einschätzungen zunehmend unsicherer, da mir der Detektiv bereits deutlich gemacht hatte, dass auch ich nicht besser als der Durchschnitt war, wenn es um sein Fachgebiet, das Deduzieren, ging. Der dritte Schlüsselbesitzer gab an, seinen Schlüssel verloren zu haben. Was allerdings genauso gut eine Lüge hätte sein können.

Jake kam mir durch den Haupteingang entgegen, als ich am Nachmittag gerade Feierabend machen wollte.
Anders als sonst, war seine sarkastische Ader wie weggeblasen, als er mich ohne weitere Begrüßung ansprach, obwohl wir uns heute zum ersten Mal seit der Gala sahen: ,,Hast du Kaden gesehen?"
Irritiert blieb ich kurz vor ihm stehen und musterte ihn. Er war deutlich entnervt, hatte dreckige Hände und eine blaue, zerrissene Jacke mit dem Logo von Ascot darauf an. ,,Nein, den ganzen Tag noch nicht", erwiderte ich deshalb ohne weitere Umredung.
Er stöhnte auf und fuhr sich mit der linken Hand über sein Gesicht, bevor er bemerkte, dass er sich den Schmutz an seine Stirn und Wange schmierte.
Er starrte einige Sekunden auf seine Handfläche, bevor er kurz die Augen schloss und die Hand wieder sinken ließ.
,,Er ist nicht gekommen. Heute nicht, gestern nicht, vorgestern nicht. Er hat sich nicht bei mir oder sonst irgendjemanden gemeldet."
,,Wann hast du ihn zuletzt gesehen?", wollte ich wissen.
,,Am Montag hat er angerufen und gemeint, dass er einen Deal gemacht hätte. Er wollte mir nicht sagen, was, aber er meinte, dass er an diesem Tag nicht kommen würde. Am Dienstag kam er dann allerdings auch nicht, genau wie am Mittwoch und gestern. Und heute." Jake wurde zum Ende seiner Erklärung immer leiser und sah auf den Boden.
Ich atmete tief ein. ,,Okay, ich wollte ins Krankenhaus fahren, um Mr. Holmes zu besuchen, aber ich bin mir sicher, dass John Watson auch dort sein wird. Ich werde mit ihm zu Kadens Freundin fahren und nachsehen, ob es ihm gut geht. Zieh dich um, wasche dich und mach dann auch Feierabend. Ich kümmere mich darum."
Jake nickte kaum merklich und ich legte ihm zum Abschied noch eine Hand auf die Schulter. ,,Ich melde mich, wenn ich bei ihm war. Mach dir keine Sorgen."

_______

Ich traf John auf den Weg zu Mr. Holmes' Krankenzimmer, auf dem Gang. Er trug einen Kaffee und sah müde aus. Seine Kleidung war zerknittert und seine Haare zerzaust.
,,John!", rief ich ihm schon von weitem zu und er hob träge seinen matten Blick.
,,Liv", erwiderte er genauso, wie er aussah und blinzelte ein paar Mal, vermutlich um sich zu fokussieren.
Schnell war ich die letzten Meter an ihn herangetreten und musterte ihn besorgt.
,,Wie geht es ihm?", wollte ich wissen.
,,Ja... Gut. Mmh... Er schläft gerade." John nickte wie zur Selbstbestätigung und sah kurz zu Boden. ,,Der Arzt meinte, dass er unter Gedächtnislücken leidet. Nichts schlimmes, nicht viel aus der Gegenwart. Vielleicht hat er ein paar Namen vergessen und einige Fakten. Er redet. Er redet viel."
Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. ,,Waren Sie die ganze Nacht hier?"
,,Hm? Nein... Das Krankenhauspersonal hat mich nicht gelassen...", erklärte er, ,,...aber ich war die ganze Nacht unterwegs, um für Sherlock sein Obdachlosennetzwerk vorzubereiten."
,,Vorzubereiten? Wofür?", fragte ich neugierig.
,,Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung. Er hat mir irgendeine verschlüsselte Botschaft gegeben, die ich in ganz London verteilt habe", erwiderte John, der nun einen Schluck aus seinem Kaffee nahm.
,,Zugegebenermaßen hatte ich gehofft, Sie hier anzutreffen. Einer meiner Mitarbeiter hat sich seit Dienstag nicht mehr gemeldet. Ich wollte ihn besuchen, aber ich glaube, es wäre besser, wenn du nach Hause fährst. Ich schaffe das schon alleine."
John richtete sich wieder etwas aus seiner gebückten Haltung auf und sah mir fest in die Augen.
,,Nein, schon okay. Ich komme mit."

_______

Einige Zeit später standen wir vor der Tür von Kadens Haus und warteten, hineingelassen zu werden. Er wohnte mit seiner Freundin ein Stück außerhalb von London, was ihn jedoch nicht davon abhielt, jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit zu kommen.
,,Normalerweise wäre Jake jetzt mit mir hier, an deiner Stelle,", schmunzelte ich leicht und drückte erneut auf die goldene Klingel, die schon etwas klemmte, ,,aber er war heute so aufgewühlt, dass ich ihn lieber nach Hause geschickt habe. Er hatte auch eine anstrengende Woche."
John hatte keine Zeit mehr, zu antworten, da nun endlich die Tür geöffnet wurde und eine etwas größere, aschblonde Frau in unserem Blickfeld erschien.
Sie musterte uns erst etwas abschätzig, dann deutete sie jedoch ein Lächeln an und fragte mit einer honigzarten Stimme: ,,Ja bitte?"
,,Hallo, ich bin Liv Carter, Kadens Vorgesetzte bei Ascot. Ist Kaden da? Er hat sich schon eine ganze Weile nicht mehr gemeldet", erklärte ich mich. Anstatt mir zu antworten, sah sie zu John herüber, der sich erst räusperte und dann ebenfalls vorstellte.

,,Kaden ist seit Montag außer Landes", sagte sie dann kühl. ,,Er kann nicht telefonieren, aber ich soll Ihnen ausrichten, dass er kündigt, sobald Sie hierher kommen. Und das sind Sie ja jetzt."
Ich atmete tief ein, brauchte einen Moment, bis ich mich wieder gefangen hatte und antwortete dann: ,,Okay... In Ordnung. Ich... Darf ich fragen, warum er kündigt? Ich muss einen Grund bei dem Kündigungsschreiben eintragen..."
,,Er hat geerbt", erwiderte sie. ,,Wenn Sie möchten, können wir später noch telefonieren, aber momentan ist wirklich ein schlechter Zeitpunkt", fuhr sie dann fort.
,,Kein Problem. Dann telefonieren wir. Vielen Dank", antwortete ich kurz angebunden und nach einer ebenfalls nicht sonderlich zeitaufwendigen Verabschiedung schloss sie die Tür wieder.

,,Er hat nicht geerbt, er wurde bestochen", stellte ich kurzerhand klar und dreht mich auf dem Absatz um, um zurück zu meinem Wagen zu gehen.
,,Woher wissen Sie das?", wollte John wissen, der mir folgte. Der Kies unter unseren Füßen knirschte und die Vögel sangen, da gutes Wetter war.
,,Ich kenne Kaden. Er würde Bescheid sagen, wenn er kündigen wollte und es nicht seiner Freundin überlassen. Außerdem würde er sie doch sicherlich mitnehmen, wenn er auf einmal spontan in den Urlaub fährt? Er ist nicht einfach weggefahren, weil er es wollte. Es war Teil einer Bedingung."
John zuckte mit den Schultern und antwortete dann: ,,Ich weiß nicht, ob ich sie mitgenommen hätte."
,,Das ist Kadens Angelegenheit. Ich mische mich in solche Dinge nicht ein", erwiderte ich und öffnete die silberne Beifahrertür meines Wagens für John, vor dem wir bereits angekommen waren.
Er setzte sich hinein und ich ging einmal um mein Auto herum, um mich auf die Fahrerseite zu setzen und den Motor zu starten.
,,Was machen wir also jetzt?", fragte er.
,,Wir müssen warten, bis Kaden wieder zurück ist. Bis dahin werde ich mit seiner Freundin geredet haben. Ich sage Lestrade Bescheid. Das alles läuft außerhalb meiner Zuständigkeit."

John nickte verstehend. Ich fuhr rückwärts aus der Parklücke und ordnete mich im Stadtverkehr ein.

,,Sherlock hat mir nie erzählt, wie Sie sich kennengelernt haben...", deutete er an und ich musste schmunzeln.
,,Wirklich? Er hat Ihnen nichts gesagt?"
,,Wenn er nicht damit prahlen kann, sagt er mir gar nichts", erklärte mir John.
,,Nun... Die Geschichte ist auch etwas lächerlich", gab ich zu und setzte dann den Blinker, um in eine Querstraße einzubiegen. ,,Ich habe ihn spielen gehört... Mitten in der Nacht, leise, eine schöne Melodie. Ich habe mich ans Fenster gesetzt und mitgespielt", erklärte ich weiter.
,,Davon habe ich gar nichts mitbekommen...", gab John zu und sah mich interessiert an. Ich sah kurz zu ihm herüber und lächelte ihn an, bevor ich meinen Blick wieder auf die Straße vor mir richtete. ,,Wie gesagt, es war mitten in der Nacht."
Ich sah aus dem Augenwinkel, dass John nickte.
,,Und dann?", wollte er wissen.
,,Er hat mich eingeladen."
,,Einfach so?"
,,Er hat mir ein Rätsel gegeben, ich habe es geknackt. Vielleicht war mehr Glück im Spiel als Intellekt, aber es endete darin, dass ich mich vier Stunden lang mit Ihrer Vermieterin unterhalten habe."
John lachte kurz auf.
,,Sherlock hat nicht erwartet, dass Sie sein Rätsel knacken würden?"
,,Nein und als Sie beiden dann kamen, war ich so überrascht, dass ich einfach das Weite gesucht habe", erwiderte ich schmunzelnd.
John lachte erneut leise auf.
,,Er war auch überrascht über Ihr Erscheinen", erklärte er dann und ich warf ihm wieder einen kurzen Blick zu. ,,Wissen Sie, er sagte, wir wären essen gewesen, aber in Wirklichkeit haber ich mir nur Fish and Chips geholt und er hat mir beim Essen zugesehen."

Das hatte ich mir schon fast gedacht. John hatte sich schon öfter als gut für ihn war über die Essgewohnheiten seines Mitbewohners aufgeregt, aber eine andere Sache irritierte mich mehr als die fehlende Nahrungsaufnahme des Consulting Detectives: ,,Er war überrascht?"
,,Zumindest hat er so getan...", meinte John. ,,Er war die halbe Nacht noch ganz aufgedreht."
Ich presste die Lippen aufeinander und nickte.

,,Hören Sie, haben Sie schon Mycroft getroffen?", fragte er dann zögerlich.
,,Ja, wir haben auf der Gala ein paar Worte gewechselt", erwiderte ich.
,,Und? Hat er Ihnen schon über..."
,,...den Reichenbachfall erzählt?", beendete ich seine Frage. ,,Ja, das hat er. Aber ich weiß immer noch nicht, warum."
,,Sherlock wollte es", antwortete John.
,,Ich weiß, aber weshalb? Wir kennen uns gerade mal etwas über eine Woche und sein Bruder verrät eines ihrer Geheimnisse. Ich vertraue dem ganzen nicht", sprach ich das aus, was ich dachte.
,,Ich bin mir sicher, dass Sie es noch erfahren werden", antwortete er, bevor eine Weile Stille herrschte, in der jeder von uns seinen eigenen Gedanken nachhing.

Wusste John vielleicht, warum sein Mitbewohner mich in sein Leben einweihte? Auf jeden Fall hatte er nicht den Drang, es mir zu sagen, was nur zwei Dinge bedeuten konnte: es war nicht schlimm, oder er übertraf das Maß aller Dinge. Letzteres wäre bei dem Detektiv nicht auszuschließen gewesen. Aber jetzt waren wir erstmal auf dem Weg zurück zum Krankenhaus und das, obwohl es schon später Nachmittag war und damit die Besucherzeiten fast vorbei waren. Vielleicht hatte John recht. Vielleicht würde mir der Detektiv seine Beweggründe irgendwann verraten, aber momentan war es, als würde ich versuchen, das Meer mit Eimern ausschöpfen zu wollen, wenn ich irgendetwas von diesem Mann erfahren wollte, was er nicht wollte. Aber vielleicht verhalf mir auch sein momentaner Zustand zu Antworten.

,,Sie meinten, er leidet unter minimalen Gedächtnisschwund. Gibt es noch etwas, was ich beachten muss, wenn ich auf ihn treffe?", fragte ich dann.
,,Nun, er ist Sherlock. Man macht alles falsch oder nichts... Vielleicht ist er emotional etwas aufgeputscht, aber das Cylen, das er verabreicht bekommen hat, wurde noch nicht vollständig erforscht, deshalb können die Ärzte noch nichts so genau vorhersagen. Vielleicht hat es Nebenwirkungen, vielleicht nicht und ich weiß es sowieso nicht, da ich kein Neurologe bin. Sie halten ihn unter Beobachtung", erklärte John.
,,Dieses Cylen... Es ist die Droge, über die Sherlock in der Zeitung gelesen hat, richtig?", wollte ich wissen.
,,Richtig. Wer hätte gedacht, dass dieser Artikel doch noch ganz interessant für Sherlock werden würde", erwiderte John.

_______

Die Frau am Empfang des Krankenhauses wies uns darauf hin, dass die Besucherzeiten fast vorbei waren und dass wir uns beeilen sollten, falls wir noch mit dem Detektiv reden wollten.
Da sein Krankenzimmer im dritten Stock des Gebäudes war, nahmen wir ihren Rat an und hasteten förmlich zu den Aufzügen.
Der Raum lag am Ende des Ganges, ein üblicher Krankenhausgang, weiß, mit graugrünen Akzenten, vielen gleichen Türen, ein paar unbeachteten Stühlen und menschenleer.
Ich konnte verstehen, warum Laurel nicht gern hier war.

Die Tür, die zu Mr. Holmes Zimmer unterschied sich in ihrem Grauton nicht von den anderen, nur die weiß gehaltene Nummerierung ließ etwas Identität zu.

Als John die Tür öffnete und wir hereintraten, fanden wir nicht wie erwartet, den Detektiv in dem Krankenbett vor, sondern auf dem Boden sitzend und meditierend. Er hatte sich im Schneidersitz hingesetzt, seinem Bettende den Rücken zugewandt, die Augen geschlossen und trug noch immer die Krankenhauskleidung, die ihm gegeben worden war, genau wie den Verband um seinen Kopf, der seine Locken nahezu vollständig verdeckte. Links vor ihm lag ein breit ausgestreuter Stapel Papier. Einige Zettel waren aus einer Akte, die leer auf dem Nachttisch lag und deren Inhalt sich nun deutlich unsortiert den Boden mit einigen - und wenn ich einige sage, dann meine ich eine ganze Menge - Notizen des Detektivs teilte.

In der gegenüberliegenden Ecke des Raumes lagen zerknüllte Papiere, weit mehr, als vor dem Detektiv lagen. Alle verteilt um den Mülleimer, der dort vor sich hinwegetierte, aber nicht eines der offenbar ungeliebten Papiere abbekommen hatte.
Mr. Holmes saß mit seinem Profil zu uns und hatte uns noch nicht bemerkt oder es noch nicht für Nötig gehalten, uns Aufmerksamkeit zu schenken. Das Licht von dem Fenster auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers ließ einen dunklen Schatten auf der uns zugewandten Seite seines Gesichtes erscheinen, was seine Haut noch grauer und blasser wirken ließ.

Ich warf John einen fragenden Blick zu, bevor er seufzte und sich in Bewegung setzte, um sich auf die Bettkante zu setzten. ,,Ich schätze, wir müssen warten und hoffen, dass er rechtzeitig wieder zurückkommt", sagte er mit gedämpfter Stimme.
Ich nickte und wollte mich zu ihm setzen, doch ich war nur ein paar Schritte gegangen, als der Detektiv plötzlich seine Augen aufschlug, frustriert aufstöhnte und dann affektiv den größten Teil des Papierstapels vor sich ergriff, um ihn quer durch das Zimmer zu schleudern. Einige Blätter flogen mir bis vor die Füße und ich konnte mehrere hundert Telefonnummern, Adressen und Namen auf einem von ihnen erkennen. Auf einem anderen Blatt waren jede Menge chemische Formeln vermerkt, mit denen ich nichts anfangen konnte und auf einem dritten waren Notizen zu dem Verhalten bestimmter Menschen - Mir allesamt unbekannt.
Ich bückte mich, um das letztere Blatt aufzuheben und überflog es flüchtig, bevor ich meinen Blick wieder zu dem Detektiv wandte, der inzwischen aufgesprungen war und mit den Händen am Kopf im Raum auf und ab lief.

John sah ihm entgeistert zu und versuchte wahrscheinlich die richtigen Worte zu finden.
,,Was ist das hier alles, Sherlock?", fragte er dann und deutete auf die Unordnung auf dem Fußboden.
,,Daten, Fakten, Telefonnummern, alles Mögliche!", rief der angesprochene und warf dabei die Hände in die Luft. Seine Stimme war immer noch rau und seine Ausstrahlung unkontrollierter als sonst.
,,Alles, was ich noch retten konnte. Eine Datensicherung", murmelte er dann weiter.
,,Datensicherung? Wofür?", wollte ich wissen und endlich blieb der Detektiv stehen und starrte mich an.
Ich meinte, dass sich ein bitteres Lächeln auf seinen Lippen abzeichnete, bevor er den Mund öffnete, um weiter zu sprechen: ,,Mrs..." Er zögerte und kniff die Augen zusammen. ,,Liv...", beendete er seine Überlegung und winkte mit der Hand ab, als wäre es egal.
,,Ich bin... Ich bin..." Er fasste sich jeweils mit seinen Zeige- und Mittelfingern an die Schläfen und schüttelte den Kopf, als würde er nach Worten suchen müssen. ,,Mir fehlen einige Informationen. Ich bin..." Wieder stoppte er, jedoch diesmal, weil er es nicht auszusprechen wagte. Er hob den Blick. Seine Stimme zitterte, als er damit herausrückte: ,,Ich bin ausgeschlossen aus meinem eigenen Gedächtnispalast."

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