-~14~- Genießen wir die Ruhe

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Als ich mich am nächsten Nachmittag auf den Weg zu dem Café machte, hatte Lestrade immer noch nicht angerufen. Ich hatte aufgehört, bei jeder Nachricht und jedem Anruf sofort an mein Handy zu springen, nur um festzustellen, dass es nicht der DI mit der erhofften, erlösenden Nachricht war. Die Informationen, die mir John geschickt hatte, hatte ich heute morgen weiter durchgesehen, jedoch waren keine weitere neue Informationen enthalten.

Es war ein kühler Tag, die Sonne schien und die Luft war klar. Der Verkehr war rege in der Baker Street. Ich überquerte die letzte Fußgängerampel, Laurels Mantel trug ich über dem Arm, da sah ich sie schon an einem der Tische sitzen und mir fröhlich zuwinken.
Sie trug ein grünes, langärmliges Sommerkleid, hatte ihre Haare zu einem wilden Dutt hochgesteckt und eine schwarze Tasche hing über ihrer Stuhllehne.
Sie lächelte fröhlich.

,,Hey", begrüßte ich sie, als ich mich zu ihr an den Tisch setzte.
,,Hi Liv, ich habe dir auch schon mal einen Kaffee bestellt." Sie deutete auf die zweite Tasse, die mir näher stand.
,,Danke", lächelte ich. ,,Hier hast du deinen Mantel wieder." Ich reichte ihn zu ihr herüber und sie nahm ihn dankend entgegen, um ihn dann über ihre Stuhllehne zu legen.
,,Warum trägst du eigentlich einen Mantel im Sommer?", wollte ich wissen.
,,Mir ist oft kalt", erklärte sie. ,,Außerdem war der Mantel ein Geschenk, ich trage ihn gerne."
Ich nickte verstehend.
,,Dabei dachte ich immer, dass es in Cardiff kälter wäre, als hier in London", merkte ich an.
,,Ja, in Cardiff war es immer noch kälter. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätten wir wohl in einem wärmeren Gebiet gewohnt, aber Sophie wollte unbedingt nach Cardiff, um ihrer Familie näher zu sein." Sie schmunzelte und schüttelte den Kopf.
,,Aber das ist jetzt nicht so wichtig. Ich sehe dir an, dass du gestresst bist. Willst du mir nicht vielleicht doch von diesem Projekt erzählen, was dir zur Zeit so viele Probleme bereitet?"
Ich zögerte und nahm einen Schluck von dem Kaffee.
Wie schlimm konnte es schon sein, wenn ich ein paar Dinge andeutete? Früher oder später würde es sowieso in die Öffentlichkeit geraten, besonders jetzt, nach dem Vorfall bei der Gala. Und irgendjemanden musste ich einfach davon erzählen.
Ich seufzte und nickte.
,,Gut, aber du weißt: Kein Wort zur Presse. Erst ging es nur um einfachen Wettbetrug. Nichts besonderes, nur ein Fall von vielen", erklärte ich. ,,Es war noch nicht einmal sicher, ob überhaupt ein Vergehen vorlag, aber dann stellte sich heraus, dass es um weitaus mehr ging. Offenbar haben wir zwei konkurrierende Clubmitglieder, beide jeweils mit einem kleinen Netzwerk aus Insidern. Kontaktmännern. Zum Beispiel einen Stallburschen und offenbar auch mindestens einen Tierarzt und ein paar Trainer, aber diese Spur konnten wir noch nicht weiter verfolgen..."
Laurel hörte mir aufmerksam zu und musterte mich besorgt.
,,Jedenfalls kam es zu einem Vorfall... Ein Pferd wurde vergiftet. Wir wissen noch nicht warum. Jemand versucht allerdings, unsere Ermittlungen zu behindern: Als Mr. Holmes und ich gestern die Ergebnisse über die Blutprobe des Pferdes besprechen wollten, ist er umgekippt."
Laurel schnappte erschrocken nach Luft. ,,Denkst du, er wurde auch vergiftet?"
,,Wir gehen davon aus." Ich senkte den Kopf und musterte den Kaffee, der vor mir auf dem Tisch stand.
,,Wie geht es ihm?", wollte sie wissen.
,,Detective Inspector Lestrade wollte mich kontaktieren, wenn er genaueres weiß, aber bis jetzt hat er noch nicht angerufen", erwiderte ich.
Laurel spielte nervös mit dem Hänkel ihrer weißen Keramiktasse. ,,Hoffentlich wird er wieder."
Ich nickte. ,,Danke, dass du gestern angerufen hast. Das hier bringt mich wirklich etwas runter", sagte ich dann und schenkte ihr ein Lächeln.
,,Ehrlich gesagt war ich sowieso hier in der Nähe unterwegs,", gab sie etwas verlegen zu, ,,ich habe nämlich diesen Jemanden nochmal getroffen."
,,Oh! Das freut mich für dich!", lächelte ich.
,,Naja... Wir haben uns gestritten. Beim zweiten Date...", gab sie etwas kleinlaut zu.
,,Oh... Warum-"
Ich wurde von dem lauten Klingeln meines Handys unterbrochen. Schnell kramte ich es aus meiner Tasche heraus und schaute auf das Display.
,,Es ist Lestrade. Tut mir leid", sagte ich.
,,Nein, kein Problem. Geh schnell ran", drängte sie mich.

,,Hallo?", fragte ich und merkte sofort, wie ich mich anspannte.
,,Hallo, hier ist DI Greg Lestrade. Ich wollte nur Bescheid geben, dass Sherlock aufgewacht ist. Das Krankenhaus hat die Besucherzeiten geöffnet, also falls Sie zu ihm wollen..."
Ein Stein fiel mir vom Herzen. Ein großer Stein, ein Fels, ein Berg.
,,Danke, dass Sie anrufen. Ich bin froh, dass er wieder wach ist", erwiderte ich erleichtert.
,,Kein Problem. Ich schätze, wir sehen uns dann im Krankenhaus", sagte er.
Wir verabschiedeten uns und ich legte auf.

,,Gute Nachrichten?", fragte Laurel lächelnd.
,,Er ist aufgewacht!", antwortete ich freudig.
,,Dann los, ab ins Krankenhaus mit dir!", sagte sie euphorisch.
,,Nein, ich kann dich doch nicht... Willst du vielleicht mitkommen?", frage ich unsicher.
,,Ach Quatsch. Alles gut, wir sehen uns schon nochmal wieder und Krankenhäuser kann ich überhaupt nicht leiden. Besuche deinen So-ähnlich-Kollegen."
Ich erhob mich von Stuhl, bestand jedoch noch darauf, die Rechnung zu bezahlen und hechtete dann nahezu nach Hause, zu meinem Auto, um zum Krankenhaus zu fahren.

______

Als ich das Krankenzimmer betrat, waren bereits drei weitere Gestalten da. John saß auf einem Stuhl, neben dem Krankenbett. Er sah müde aus, als hätte er schon eine ganze Weile hier gewartet, und stützte seinen Kopf auf seiner Hand ab. Am Fußende des Bettes standen Lestrade und Mycroft. Der eine im schwarzen Anzug, der andere im grauen Dreiteiler. Ihre Blicke trafen meinen, als ich in der Tür stehen blieb.

Der Detektiv im Krankenbett sah erschöpft aus. Er war blass, seine Locken waren platt gedrückt vom vielen Liegen und er hatte offenbar Schwierigkeiten, seine Augen offen zu halten. Die Stimmung im Raum war bedrückend.

,,Mrs. Carter, Sie haben ein ausgezeichnetes Timing. Wir wollten meinen Bruder gerade fragen, was er schon wieder angestellt hat, aber offensichtlich ist er etwas sprachlos", erklärte Mycroft und deutete mir mit einer sehr kurzen Geste, hereinzukommen und die Tür zu schließen.
,,Was meinen Sie damit?", fragte ich etwas unsicher, folgte aber seiner diktatorischen Bitte und schloss die Tür hinter mir.
Mycroft drehte seinen Schirm in seiner rechten Hand und deutete dann mit der Spitze auf seinen Bruder.
,,Warum erzählst du uns das nicht, Bruderherz?"
Der Detektiv warf ihm einen Brudermord-reifen Blick zu, machte aber keine Anstalten zu antworten.
,,Mmh... Er will uns nicht verraten, warum man in seinem Blut eine fröhliche Mischung aus den verschiedensten Drogen gefunden hat", spottete der Politiker weiter, wobei der Tadel und die Enttäuschung in seiner Stimme nicht zu überhören waren. ,,Wo wollen wir anfangen, Sherlock? Nur bei dem Kokain? Oder dem Propranolol? Dem Cylen? Hast du in letzter Zeit noch mehr genommen? Wo ist deine Liste?"
Ich starrte Mycroft erschrocken an, doch als dieser meinen Blick nicht erwiderte, sondern lieber versuchte, seinen Bruder mit seinem Blick zu verbrennen, sah ich der Reihe nach weiter zu Lestrade und dann zu John. Letzterer sah auf den Boden und schüttelte verständnislos mit dem Kopf.
,,Haben Sie sich das alles selbst injiziert?", wollte ich von dem Detektiv wissen, der mir nun fest in die Augen sah und wehement mit dem Kopf schüttelte.
,,Mein Gott, jetzt sagen Sie doch endlich etwas! Sonst sind Sie doch auch nicht so schweigsam!", rief ich aus und warf die Hände in die Luft.
Er öffnete den Mund, doch es entwich nur ein klägliches Krächzen, bevor er ihn wieder schloss und etwas hilflos zu John herüber sah.
,,Er kann nicht... sprechen", seufzte dieser. ,,Noch nicht. Die Drogen haben sein motorisches Sprachzentrum beeinflusst. Ich denke aber, spätestens morgen wird er wieder Reden können. Genießen wir in der Zwischenzeit die Ruhe."
Der Detektiv schnaubte erbost und verschränkte die Arme vor der Brust, wie ein Kleinkind, was mich zum schmunzeln brachte.
,,Wie schlimm ist es sonst?", fragte ich.
,,Schwer zu sagen", erwiderte der Arzt. ,,Er hat eine noch nicht vollständig erforschte Droge zu sich genommen, dazu noch das Kokain, den Betablocker und den Alkohol von der Gala. Wer weiß, was sonst noch alles."
,,Der Betablocker Propranolol wird in den neusten Studien zur Traumabehandlung durch Vergessen angewendet. Die Ergebnisse sind noch uneindeutig, aber wenn man meinem lieben Bruder Glauben schenken möchte, dann wollte wohl jemand, dass Sherlock etwas vergisst und dieser jemand kommt an die verschiedensten Chemikalien heran. Das hat er bewiesen", erklärte Mycroft nahezu beiläufig, während er auf seinem Handy herumtippte.
,,Es war also ein Anschlag", stellte Lestrade fest, auch wenn es mehr nach einer Frage klang. Mycroft reagierte nicht und so schrieb der DI einfach etwas in seinen Notizblock.
,,Dann sollten wir Owens und Gardener befragen", merkte ich an.
,,Das habe ich bereits bewerkstelligt. Keiner von ihnen konnte es gewesen sein, geschweige denn wussten sie etwas von Cylen", erwiderte Mycroft.

Es herrschte Schweigen um Raum, jeder hing seinen Gedanken nach, bis Mycroft ergeben aufseufzte und seine Lippen zu einem unechten Lächeln verzog. ,,Na dann, wir können sowieso nichts ausrichten, bis Sherlock seine Wortgewalt wiedererhalten hat. Mrs. Carter, John, Lestrade... Bruderherz... auf Wiedersehen."
Damit verließ der Ältere der Holmes-Brüder das Krankenzimmer.
Lestrade räusperte sich. ,,Tja... Ich schätze, ich werde dann wohl auch mal gehen. Ich habe noch ein wenig Arbeit." So ließ er John, Sherlock und mich im Krankenzimmer zurück, nachdem er sich verabschiedet hatte.

Sherlock legte sich wieder etwas entspannter hin und schloss die Augen.

,,Haben Sie eigentlich gestern etwas auf den Aufnahmen gefunden?", wollte ich nun von John wissen.
,,Oh ja! Deswegen war ich gestern auch verschwunden. Tut mir leid. Ich habe eine Frau gesehen, die sich gegen null Uhr dreißig in die Ställe geschlichen hat. Sie hatte die Kapuze über ihren Kopf gezogen, deswegen konnte ich ihr Gesicht nicht sehen, und sie hatte einen Schlüssel."
,,Es haben nur fünf Leute auf der ganzen Anlage einen Schlüssel für dieses Tor und nur zwei von ihnen sind Frauen", erklärte ich.

Sherlock zog, immer noch mit geschlossenen Augen, die Augenbrauen zusammen, schüttelte den Kopf und deutete uns mit einer Geste, den Raum zu verlassen.

John sah zu ihm, rollte mit den Augen und erhob sich dann von dem Stuhl. ,,Kommen Sie, lassen wir ihn in Ruhe denken. Ich lade Sie zu einem Tee in die 221B ein. Wir haben immer noch jede Menge davon."
Ich lachte über Johns Aussage, stimmte aber seinem Vorschlag zu und wir machten uns auf den Weg zur Baker Street.

______

Wir saßen am Küchentisch, jeder mit einer Tasse Tee. Rosie saß auf Johns Schoß und griff fröhlich nach dem Henkel der roten Tasse, die John gehörte und versuchte sie über den Tisch zu sich herüber zu ziehen. John hielt ihren Versuch ab, indem er ihre kleine Hand in seine nahm.
Ich beobachtete eine Weile das Schauspiel und nahm einen Schluck von meinem Tee. Ich fühlte mich etwas unwohl. Kinder waren noch nie mein Ding gewesen.
Eine Erinnerung versuchte die steile Klippe heraufzukriechen, von der ich sie vor Jahren in die Tiefe meines Unterbewusstseins geworfen hatte. Ich schob den Gedanken weg, indem ich die Schlucht verschloss und meine Überlegungen in eine andere Richtung manövrierte.

,,Und Sie denken, dass Sherlock ein gutes Vorbild für sie ist?", fragte ich etwas skeptisch.
,,Sie kommen sogar richtig gut miteinander aus. Sherlock ist ein anderer Mensch in ihrer Gegenwart - er ist ein Mensch!"
Ich lächelte. ,,Sie wird unglaublich schlau werden."
,,Nun, ich hoffe, dass sie doch noch etwas von mir hat", lachte John. ,,Zumindest die Emotionen. Sie sieht ihrer Mutter sehr ähnlich und den Einfluss von Sherlock werde ich möglichst nur auf die guten Dinge reduzieren."
Rosie gab einen glücklichen Laut von sich und griff mit der anderen Hand nach der Tasse, was John auch unterband. ,,Es ist noch zu heiß", erklärte er dem kleinen Mädchen.
,,Wollen Sie sie auch mal nehmen? Sie scheint Sie zu mögen. Sonst ist sie immer so schüchtern", sagte er.
,,Oh ich... Ähm... Ich habe nicht viel Erfahrung mit Kindern. Ich hatte keine kleineren Geschwister und auch sonst niemanden in der Familie, der jünger war", erklärte ich unsicher. ,,Wir müssten jetzt auch weiter über die Aufnahmen sprechen."
,,Ja, okay. Vielleicht das nächste Mal", erwiderte John lächelnd und ließ die beiden Hände seiner Tochter wieder los, die ihre Arme sofort um ihn schlang.
,,Ich äh... Wollen Sie sie nicht... Ich meine, wir werden über ein... Verbrechen sprechen", stammelte ich etwas und deutete auf Rosie.
,,Ich schätze, sie hat schon weit schlimmeres mitbekommen, aber Sie haben Recht, wir sollten es nicht extra provozieren." John stand samt Rosie auf und brachte sie in einen anderen Raum. Die Last fiel förmlich von mir ab.
Einige Minuten später kam er zurück und setzte sich zu mir and den Tisch.
,,Tut mir leid", entschuldigte ich mich.
,,Schon in Ordnung. Mycroft ist von Rosie auch nicht besonders begeistert", erwiderte John.
,,Was? Nein, ich freue mich für Sie, wirklich", sagte ich etwas erschrocken. Ich konnte mir vorstellen, dass Sherlocks Bruder nicht viel mit der kleinen Rosie anfangen konnte, doch meine Intention war eine ganz andere gewesen, als sie loszuwerden, weil ich sie nicht mochte. In dieser Hinsicht konnte ich tatsächlich nicht mit Mycroft verglichen werden. Tatsächlich hatte ich nicht viel Erfahrung mit Kleinkindern, aber die die ich hatte, waren tief in meinem Gedächtnis verankert.

,,Danke", lächelte John. ,,Also... Die Aufnahmen... Sherlock meinte, ich sollte die Schlüsselbesitzer überprüfen, dann gab es aber diesen... Zwischenfall. Weit bin ich also noch nicht gekommen", erklärte er.
,,Ich denke, ich kann das um einiges Beschleunigen. Die Frau, der der Schlüssel gehört, heißt Lesley Weasel."
,,Und die andere Frau, die Sie erwähnten?", fragte John.
,,Naja... Die bin ich", erwiderte ich, kramte kurz in meiner Manteltasche, der über meiner Stuhllehne hing, und hielt dann demonstrativ meinen Schlüsselbund hoch. ,,Ich brauche den Schüssel nicht oft, aber wenn es zu einem Notfall kommt..."
John nickte verstehend. ,,Gut, dann müssen wir diese Lesley befragen."
Zustimmend war ich es jetzt, die nickte. ,,Sie müsste heute aus dem Urlaub wiedergekommen sein. Morgen ist sie wieder in Ascot."
,,Heute ist sie erst wiedergekommen?", fragte John.
,,Vielleicht doch schon früher", antwortete ich.

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