-~47~- Ozean

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Gewonnen. Nicht zurechnungsfähig.

Das Gerichtsgebäude als freier Mensch verlassen zu können, war aber von Anfang an pure Einbildung gewesen. Mein Spiegelbild sprach mich schuldig und der Gram fraß sich durch mein Fleisch bis auf die Knochen.
Ich wusste, dass ich nicht diejenige war, die für den Mord verantwortlich gemacht werden sollte und doch trug ich Mitschuld. Ich war es, die sich auf das berühmte Spiel von Sherlock Holmes eingelassen hatte. Ich war in das Rätsel so tief eingetaucht, dass es meinen Gegenspielern ein leichtes war, den Weg zur Wasseroberfläche zu versperren, sodass mir die Luft ausgegangen war.
Alles drehte sich in mir. Gefühle überschlugen sich und ich hatte keine Chance mehr, sie festzuhalten, sie zu kontrollieren. Rational erklären konnte ich mir schon lange nichts mehr.

Diese unglaublich tiefe Wut in mir, die ich fast als Eigenhass verstehen konnte, projizierte ich auf mein Umfeld. Ich war tagelang auf alle wütend. Auf mich, auf Sherlock, auf John, auf Laurel, auf Pietro... Wenn ich auch nur versuchte, zu begreifen, was ich fühlte, war ich überfordert. Sie alle taten mir leid. Die, die versuchten, trotzdem mit mir umzugehen. Die, die ich belastete mit meiner egozentrischen Lebensphase.
Wolken in meinem Kopf, während ich versuchte, selbst diese Worte zu verarbeiten.

,,Geht es dir gut?"
Laurel saß neben mir auf meinem Bett und hätte ich ihr auch nur eine Sekunde länger in die smaragdgrünen Augen gesehen, hätte ich angefangen, zu weinen. Ich musste wohl ausgesehen haben, als hätte ich eine Umarmung gebraucht, denn schon hatte sie ihre langen Arme um mich geschlungen und ihren Kopf auf meine Schulter gelegt.
,,Rede mit mir", flüsterte sie.

Ich wusste, dass ich ihr gerne gesagt hätte, was ich in diesem Moment fühlte, jedoch wusste ich, dass wenn ich auch nur ein Wort sprechen würde, alles aus mir herausbrechen würde. All die Emotionen, die ich so mühsam hinter einem bröckeligen Staudamm gesammelt hatte.

Ich schüttelte stattdessen kaum merklich den Kopf.

,,Weißt du", brach Laurel die erneut entstandene Stille, ,,ich weiß, dass du glaubst, dass du für Owens Tod verantwortlich bist. Ich will nur, dass du weißt, dass niemand, überhaupt niemand, glaubt, dass du Schuld trägst. Du schweigst jetzt schon so lange. Bitte sag etwas."

,,Ich will ein Meer zwischen mir und meiner Vergangenheit", brachte ich leise hervor und ich merkte, wie Laurel ihren Kopf hob, um mich ansehen zu können. ,,...zwischen mir und allem, was war."
,,Auch ein Ozean wird dich nicht von deiner Vergangenheit trennen können. Aber Worte können es."

Ich sah Laurel erneut an und atmete tief aus.
,,Ich fühle mich so einsam. Ich spüre immer noch eine große Verbundenheit gegenüber Sherlock. Ich weiß, dass wir nicht zusammen passen. Aber ich weiß, wenn wir uns unter anderen Umständen getroffen hätten, vielleicht nur ein paar Jahre früher, dann wäre alles so anders gelaufen..." Ich atmete erneut lautstark und schüttelte den Kopf, als wollte ich den Gedanken abwerfen.
,,Und ich bin so dankbar, dass ihr alle für mich da seid. Vor allem du. Trotz allem. Und ich bin so egoistisch, euch allen meine Probleme aufzubürden und so eine Last zu sein."

Laurel richtete sich nun richtig auf dem Bett auf und sah mich kritisch an. ,,Du." Sie zeigte mit ihrem Zeigefinger auf mich. ,,Du bist für niemanden eine Bürde. Ich bin traurig, dass du so unter all dem leidest. Ich freue mich, dass du jetzt mit mir sprichst. Niemand kann auch nur ansatzweise verstehen, wie du dich gerade fühlst. Auch ich nicht, das weiß ich. Aber ich möchte diese Gefühle mit dir gemeinsam durchleben. Du bist mir wichtig. Egal, wie es dir gerade geht."

Einzig und allein ein schmales Lächeln zeichnete sich auf meinen Lippen ab, denn sagen konnte ich nichts. Ich hoffte, dass Laurel die Dankbarkeit in meinen Augen und in der Stille im Raum bemerken konnte.

,,Sherlock ist ein ganz besonderer Mann", fuhr sie fort, ,,doch er ist nicht deiner. Euch hat eine Aufgabe, ein Spiel, eine interessante Zeit verbunden, aber nicht eure Persönlichkeiten. Du musst dich niemals einsam fühlen. Du musst nur mit mir sprechen. Ich bin für dich da."

Alles in mir brannte bei diesen Worten. Ich wandte meinen Blick von Laurel ab. Sie hatte recht. In all der Aufregung hatte ich Sherlock nicht mal richtig kennenlernen können. Ich liebte die Fassade des Mannes, aber nicht ihn selbst.

,,Aber das ist es nicht, worüber du sprechen willst", merkte sie an und legte eine Hand auf meine.

Die Gedanken, die sich in dieser Sekunde in meinem Kopf bildeten, waren stumpf. Als wäre eine Wand zwischen den Geschehnissen der letzten Wochen und mir.
,,Ich weiß nicht", sagte ich deshalb tonlos. ,,Ich weiß nicht, was ich denken soll."
Auch Laurel schwieg nun, unwissend, was sie sagen sollte.

,,Möchtest du vielleicht etwas unternehmen?", fragte sie vorsichtig.
,,Ich weiß nicht, ich weiß gar nichts mehr. Tut mir leid", erwiderte ich und es tat weh, meiner Freundin nicht entgegenkommen zu können.
,,Ist schon gut." Sie lächelte sanft. ,,Vielleicht brauchst du nur ein paar Tage Ruhe. Das verstehe ich."

Es klingelte an der Tür und Laurel erhob sich von meinem Bett, um den Besucher hereinzubitten oder abzuweisen. Ich wartete derweile.

Nur eine kurze Zeit später kam sie zurück und hinter ihr im Türrahmen stand John. ,,Hey", begrüßte er mich schmal lächelnd und ich erwiderte die Geste.
,,Ich habe deine Nachricht gelesen und wolle vorbeikommen." Er legte seine Hand in den Nacken. ,,Ich will nur, dass du weißt, dass ich dir... Also Sherlock auch, nicht nur ich... Wir beide. Also, dass wir dir keine Schuld an alle dem geben, wollte ich sagen. Du kannst uns weiterhin in die Augen sehen, meine ich. Es waren die Drogen..."
,,Ich glaube, du hast jetzt erstmal genug dazu gesagt", unterbrach ihn Laurel und er nickte zustimmend.
,,Ja, das war genug", sagte er peinlich berührt.
,,Willst du einen Tee?", fragte sie, um die unangenehme Stille zu brechen und er nickte eifrig.

______

Einige Minuten später saßen wir alle an meinem Wohnzimmertisch. Die Ellenbogen auf der Tischplatte abgestützt, jeder eine Tasse in der Hand, der Dampf stieg zur Decke hinauf, während ich immer wieder an der heißen Flüssigkeit nippte. Earl Gray.

So saßen wir da, fast eine Stunde. Einfach nur schweigend. Beobachtend, was die jeweils anderen dachten. Die Stimmung war bedrückend.

,,Ich habe einen Blogeintrag über dich geschrieben. Zumindest den Anfang. Habe ihn dann aber gleich wieder gelöscht", erklärte John und wartete nun meine Reaktion ab.
,,Warum?", fragte ich simpel und erwiderte nun den erwartungsvollen Blick.
,,Es ist echt viel passiert und du hattest einen großen Einfluss auf unser Leben. Vor allem auf Sherlock..."

Mein neues Handy vibrierte und ich warf einen Blick auf den Sperrbildschirm, um den Sender der Nachricht zu identifizieren.

𝙷𝚎𝚛𝚣𝚕𝚒𝚌𝚑𝚎𝚗 𝙶𝚕ü𝚌𝚔𝚠𝚞𝚗𝚜𝚌𝚑 𝚣𝚞𝚛 𝚐𝚎𝚠𝚘𝚗𝚗𝚎𝚗𝚎𝚗 𝙶𝚎𝚛𝚒𝚌𝚑𝚝𝚜𝚟𝚎𝚛𝚑𝚊𝚗𝚍𝚕𝚞𝚗𝚐.

- 𝙼𝙷  

Auch John hatte wohl einen Blick auf mein Handy erhascht und räusperte sich nun. ,,Ja, ähm, Mycroft wollte dir wohl irgendwie helfen. Ich schätze, er war erfolgreich."
,,Er hat mir das Handy geschickt", erklärte ich.
,,Du solltest es wohl auf Überwachungssoftware checken lassen." John lachte trocken. Auch ich musste lächeln.

,,Weißt du, Sherlock und ich haben die wahren Strippenzieher hinter all dem noch nicht gefunden. Willst du vielleicht wieder in unsere Ermittlungen einsteigen?"

Ich zögerte, doch dann nickte ich. Vielleicht war das der Weg aus all dem Leid.

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