9 - Versteckspiel

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng


⊱─ ⋯ ─⊰ TAG 3 ⊱─ ⋯ ─⊰

[Samstag morgens]
  
 

ʝιɱιn

Als ich aufwache, scheint draußen schon wieder die lockende Februarsonne. Der Muskelkater hält sich heute in Grenzen. Und mein Leben ist auf einmal unglaublich spannend geworden.

Für heute war nur noch ein Trainingsraum über Mittag frei. Das heißt aber auch, dass ich mir ganz viel Zeit lassen kann. Und dass ich vielleicht Yoongi erwischen und mit ihm einen Fahrplan für die Bearbeitung von dem Song machen kann. Ich habs gerne klar, dann kann ich meinen Part besser planen.

Als ich ins Bad komme, blinkt mir nicht nur die Waschmaschine fröhlich entgegen. Ich stelle auch fest, dass ich gestern Abend zu sehr in Gedanken bei Yoongi war, um ans Duschen zu denken. Also steige ich jetzt unter die Dusche, schmeiße anschließend die Kaffeemaschine an und hänge dann die Wäsche auf. So hab ich das gleich aus dem Kreuz. Ein Trockner wär ja schön, aber der würde nun beim besten Willen nicht mehr in das winzige Bad reinpassen.

Meine Gedanken wandern zurück zu den letzten beiden Tagen, und ich bekomme schlagartig gute Laune. Es ist so viel schöner, morgens aufzuwachen, wenn man davon ausgehen kann, demnächst einem netten Menschen auf dem Flur zu begegnen. Und ich freue mich wie Bolle drauf, an den Lyrics zu arbeiten und den Song dann einzusingen. Während ich mir mein Joghurt mit Müsli mixe, trällere ich eine fröhliche Melodie vor mich hin.

Hm. Ich könnte mich ja für den Kaffee-Service von gestern revanchieren. Wenn Yoongi an die Uni geht, hat er doch immer diesen ... Thermobecher. Wo ist der denn?
Irgendwann finde ich den Becher bei Nudeln und Reis und muss leise kichern, weil dieser Platz so absurd ist. Dann fülle ich den frischen Kaffee in den Becher, schraube ihn zu und stelle ihn mitsamt Milch und Zucker auf das Tablett. Einer Eingebung folgend, lege ich noch eines von den dezent verformten Grüntee-Mochis dazu. Das alles balanciere ich den Flur entlang und lausche kurz an Yoongis Tür.

Totenstille. Der pennt bestimmt noch. Also öffne ich die Tür einen Spalt und lunze, ob Yoongi wirklich noch im Bett liegt. Da sein Rollo nur halb geschlossen ist, sehe ich seine verwuschelten Haare zwischen Decke und Kissen. Sehr gut. Wo stell ich das jetzt hin? Uff! Hier liegt auf wirklich JEDER waagerechten Fläche was drauf. Ordnung ist das halbe Leben, aber die andere Hälfte ist die interessantere ...

So leise wie irgend möglich parke ich das Tablett auf dem Fußboden, schiebe mit dem Fuß ein paar Klamotten beiseite, ziehe einen stabilen Karton in Yoongis Sichtfeld und stelle das Tablett darauf ab. Ja, das geht so. Schnell schleiche ich mich wieder raus. Bis Yoongi aufwacht, kann ich mich ja mal auf die Gesangsprüfung vorbereiten, Stimmbildung und so ...


𝕐𝕠𝕠𝕟𝕘𝕚

Was für 'ne Nacht. Ich habe kaum ein Auge zugetan. Jedes Mal, wenn ich kurz davor war, einzuschlafen, hab ich Jimins strahlendes Lächeln gesehen. Ich habe gestern kurzzeitig überlegt, ob es sein kann, dass sich Bilder in die Netzhaut einbrennen, wie auf einem zu alten Display, hab den Gedanken aber schnell wieder verworfen. Letztendlich blieb mir nichts anderes übrig, als es zu akzeptieren, auch wenn meine Gedanken dadurch selbst im Traum von Jimin angeführt wurden.

Der nächste Morgen, oder besser gesagt Mittag, ist unbarmherzig und viel zu früh. Trotzdem werde ich wach, und natürlich bin ich in Gedanken wieder bei meinem neuesten Lieblingsthema. Ganz toll. Es reicht ja auch nicht, dass ich von ihm geträumt habe. Wollte ich nicht eigentlich Abstand? Oder wie nennt man das? Kalter Entzug? Wie auch immer ich es bezeichnen soll, mir wird grade klar, dass es wirklich notwendig ist.

Erst nach reichlich Murren und Zetern schaffe ich es, mich im Bett aufzusetzen, und was sehe ich da? Vor meinem Bett steht ein Karton, der da eigentlich nicht hingehört. Und mein Thermobecher, der da noch weniger hingehört. Jimin. Und schon platzt mein Vorhaben, den Vormittag mal nicht an ihn zu denken. Aber ich meine, wer sonst sollte mir Kaffee ans Bett stellen? Moment ... Bett. Scheiße, er hat mich aber nicht gesehen, wie ich schlafe, oder? Hoffentlich habe ich da nicht gerade zufällig seinen Namen genuschelt oder sonst was. Das wäre der absolute Overkill.

Eine gute Sache hat es allerdings. So muss ich erstmal mein Zimmer nicht verlassen. Und habe noch eine winzige Chance, meine Gedanken mal in andere Richtungen zu dirigieren.

Ich schnappe mir den Kaffee und ignoriere dabei die Milch und den Zucker. Ich trinke Kaffee sowieso nur schwarz, alles andere ist Gepantsche. Während ich den ersten Schluck nehme, überlege ich, ob ich mein Zimmer besser abschließen sollte, damit diese peinliche Situation gar nicht nochmal entstehen kann.

Als ich dann allerdings seine Stimme aus dem Nebenzimmer höre und mich daran erinnere, was wir gestern beschlossen haben, fällt mir vor Schreck der Becher aus der Hand.
"FUCK!", fluche ich entnervt, weil dadurch nicht nur mein Shirt nass geworden ist, sondern auch noch meine Decke.

Und das bedeutet, Decke neu beziehen. Was wiederum bedeutet, dass ich den alten Bezug waschen muss, was wiederum bedeutet, dass ich mein Zimmer verlassen muss. Verdammter Mist! Vielleicht ignoriere ich das auch einfach, denn bis heute abend wird das ja wohl trocken sein.

Verdammter Obermist! Viel schlimmer ist, dass ich dadurch jetzt keinen Kaffee mehr habe, bis auf eine winzige Restpfütze.

"Was ein Scheiß Tag!", fluche ich erneut und bereue es im nächsten Moment. Hoffentlich hat Jimin das nicht gehört und platzt hier gleich rein. Ich könnte mich wieder schlafend stellen ... aber das wird er mir wohl nicht abkaufen.

  
  
ʝιɱιn

Ich fress einen Besen, wenn Yoongi gestern gleich geschlafen hat. Ich muss in einer halben Stunde los zum Training, und er hat noch nicht einen Pieps getan. Der war bestimmt noch Ewigkeiten wach wegen der Lyrics oder so.

Ich singe noch einmal eine schwierige Koloratur und packe dann meine Sachen fürs Training. Wie gut, dass Yoongi mir ganz bestimmt nicht weglaufen wird. Der verlässt soooo ungern die Wohnung. Wenn ich wiederkomme, ist er sicher da und wach, und wir können loslegen. Ich hätte die Lyrics gerne bald vollständig. Und einfach seine Intention hinter dem Song mal erzählt bekommen. Dann kann ich meine Choreo noch besser drauf zuschneiden.

In dem Moment, wo ich aus meinem Zimmer komme, höre ich Yoongi laut und vernehmlich fluchen. Definitiv wach. Fragt sich nur, ob ich mich da jetzt kümmern sollte oder nicht. Nach einem Blick zur Uhr beschließe ich, dass Yoongi selber groß ist und mit Sicherheit alleine klar kommt. Nachdem er gestern Abend so geflohen ist, will ich ihm jetzt auch nicht zu Mama-haft rüberkommen. Der braucht ja nach dem Wachwerden immer eine ganze Weile, um dann tatsächlich wach zu werden. Und verträglich ...

Und ich muss die gebuchte Zeit im Trainingsraum nutzen. Also greife ich mir eine Banane, packe mich warm ein und radle zur Uni.


𝕐𝕠𝕠𝕟𝕘𝕚

Ich bleibe einige Zeit still, in der Hoffnung, dass Jimin mich nicht gehört hat. Als ich dann kurze Zeit später die Wohnungstür höre, atme ich erleichtert aus. Er scheint aus dem Haus gegangen zu sein, was gut ist, denn so kann ich mich hier wenigstens frei bewegen, ohne Angst haben zu müssen, ihm in die Arme laufen.

Ich werfe die Decke auf Seite und stelle den leeren Thermobecher zurück auf das Tablett. Nanu? Das fällt mir jetzt erst auf. Jimin hat eins von den verknautschten Mochis dazugelegt. Es sieht ziemlich tragisch aus, und trotzdem schleicht sich ein Lächeln auf mein Gesicht. Jimin ist wirklich eine liebe Seele. Der arme Kerl ... Dass er als Mibewohmer ausgerechnet an mich geraten musste, tut mir Leid. Er kann ja auch nichts dafür, dass ich so schrecklich unbeholfen bin, wenn es um das Zusammenleben mit anderen Personen geht.

Ich seufze schwer, während ich eine gefühlte Ewigkeit das Mochi betrachte, als könne es mir sagen, was ich jetzt machen soll. Ich will mich nicht so dämlich anstellen, aber Jimin verunsichert mich. Er wirkt unmenschlich perfekt in allem, was er tut. Und trotzdem umgibt ihn diese völlig natürlich wirkende Leichtigkeit. Das ist eine fiese Mischung für jemanden wie mich und treibt mich noch in den Wahnsinn!

Und jetzt? Gehe ich ihm wie geplant aus dem Weg und riskiere, mir eine eventuelle Freundschaft und Kooperation zu verbauen? Oder nehme ich all meinen Mut zusammen und versuche es zumindest, mit ihm Zeit zu verbringen? Hab ich überhaupt eine Wahl? Und wenn ja, was bringt es mir? Ich denke sowieso 24 Stunden am Tag an ihn, wahrscheinlich macht das bisschen mehr Kontakt auch keinen Unterschied mehr. Oder?

Kaffee. Erstmal brauche ich eine Tasse Kaffee. Und vielleicht nochmal eine Dusche. Und dann entscheide ich, was ich weiter tue.

Aus der einen Tasse werden am Ende drei. Dadurch lande ich erst anderthalb Stunden später unter der Dusche als geplant, und als ich gerade rauskomme (natürlich ohne mir jetzt klarer über meine nächsten Schritte zu sein), höre ich die Wohnungstür. Shit! Ich brauche mehr Zeit zum Nachdenken! Ich kann Jimin jetzt noch nicht gegenübertreten. Hoffentlich geht er einfach in sein Zimmer. Puh, ein Glück!

Mit einem Handtuch um die Hüften gebunden flitze ich aus dem Bad, als ich mir sicher bin, Jimin nicht zu begegnen. Ich renne über den Flur in mein Zimmer und schließe schnell die Tür. Mein Atem geht stoßweise, Adrenalin rauscht durch meine Blutbahnen. Ich bin so erleichtert, dass ich es, ohne bemerkt zu werden, hierher geschafft habe, dass ich mich frage, was ich hier eigentlich tue. Ich bin doch kein Straftäter, der vor dem Gesetz fliehen muss! Ich schüttel' über meine eigene, völlig überzogene Aktion den Kopf. Das ist schon echt ziemlich erbärmlich. Ich bin froh, dass das hier gerade keiner mitbekommt.

Angestrengt massiere ich meine Schläfen, ehe ich mich aufraffe und etwas zum Anziehen aus dem Schrank fische. Ich sollte hier dringend mal wieder aufräumen ... aber nicht jetzt. Jetzt muss ich mich erstmal um was anderes kümmern. Denn ich bin trotz Kaffee und Dusche genauso schlau wie vorher, aber was habe ich auch gedacht? Dass ich dadurch die Erleuchtung kriege? Bestimmt nicht.

Aber zumindest eins weiß ich jetzt. Wenn ich will, dass dieser Song fertig wird, MUSS ich mit Jimin daran arbeiten. Ich brauche nicht nur seine Ideen, sondern auch seine übernatürlich wohl klingende Stimme. Also wird mir nichts anderes übrig bleiben, als mich meiner eigenen Unsicherheit zu stellen.

Ich gehe zur Zimmertür, als ich mich für einen Moment mutig genug fühle, Jimin zu begegnen. Aber gerade, als ich die Tür öffnen will, klopft es an, und ich kriege den Schreck meines Lebens!

Himmelnocheins ... Jimins Stimme dringt in mein Bewusstsein und da ist mein gesamter Mut auch schon wieder dahin. Wieso bin ich auch so aufgeregt? Meine Güte ...

Okay, jetzt oder nie! Du schaffst das, Yoongi. Nach reichlich eigenem Zuspruch traue ich mich wieder zur Tür, entdecke da aber einen Zettel auf dem Boden liegen. Wo kommt der bitte her?

Schnell nehme ich mir den und lese, was Jimin geschrieben hat. Wieder muss ich schmunzeln, aber diesmal sieht es wahrscheinlich ziemlich freudlos aus. Er ist viel zu lieb, ich hab keine Ahnung, wie ich damit umgehen soll. Gleichzeitig verstärkt sich mein Gefühl, wie erbärmlich ich mich doch verhalte.

Ich stiefel' in die Küche und sehe das Essen dort stehen. Schnell bereite ich mir davon etwas zu und muss nun doch grinsen, weil die Kombination aus Wraps und Bulgogi schon echt sehr besonders ist. Wie Jimin ...
Wenigstens schmeckt seine Kreation, wie ich wenig später feststellen darf. Ich räume den Teller noch eben weg und mache mich frisch gestärkt auf den Weg zu Jimins Zimmer. Dabei lege ich mir mindestens tausend Sätze zurecht, die ich sagen kann, sobald Jimin die Tür öffnet, und weiß trotzdem nicht, welche davon nun die richtigen sind.

Den Rest überlasse ich einfach dem Adrenalin, dass gerade wieder zum Tanz in meiner Blutbahn auffordert.

............................................................

16.6.2021

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro