A Silent Song

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Meine Abgabe für TG's Schreibwettbewerb von Tulaychi und gini1404 zum Thema Nr. 2:

Erzähle die Flucht eines misshandelten Fabelwesen aus der Gefangenschaft der Menschen.

2999 Wörter (ich hab dieses Mal tatsächlich das Limit eingehalten xD)

"~~~" kennzeichnet Sichtwechsel, falls ihr mal verwirrt sein solltet!

___

"Da ist es, unser kostbarstes Exemplar, 815-11. Ein lebendes Exemplar wie dieses untersuchen zu können, ist eine Ehre und wird ein großer Schritt für die Wissenschaft sein." In der Glasscheibe des Aquariums spiegelte sich verschwommen das Abbild eines älteren Mannes im Laborkittel. Seine Stimme klang geradezu euphorisch, als hätte er alleine etwas vollbracht und würde Applaus erwarten.

Doch im nächsten Moment nahm seine Stimme einen bitteren Klang ein. "Nur leider weigert sich dieses Exemplar bisher zu kooperieren. Dieses Biest ist gefährlich, auch wenn es nicht danach aussehen mag, und zäher als wir dachten." 

Als der Mann sich von Aquarium ab und zu mir umwandte, veränderte sich seine Haltung, die zuvor hochgezogenen Schultern sackten nach unten, und ein breites Grinsen zierte sein Gesicht wie eine aufgesetzte Grimasse. "Aber dafür haben wir Sie ja nun hier, Mister Jonsen. Wenn Sie auf der Kommunikationsebene Erfolg haben, bekommen Sie das, was wir Ihnen versprochen haben. Sollten Sie jedoch versagen, wissen Sie, was Sie erwartet."

Bei der unausgesprochenen Drohung fühlte sich meine Kehle auf einmal ganz trocken an und ich musste schlucken. Die Bedingungen waren klar gewesen, es war ein Risiko, doch ich brauchte das Geld. Für meine Mutter.

Bevor ich gedanklich wieder in einen Abgrund rutschen konnte, lenkte ich meinen Blick auf das gigantische Aquarium vor uns. Bisher hatte ich noch nichts außer Wasser entdecken können, kein Lebewesen. Über meinen neuen "Schüler" wusste ich auch noch nicht viel, aber es musste etwas menschenähnliches im Wasser lebendes sein. Vielleicht eine Meerjungfrau? Ansonsten machte nichts wirklich Sinn, schließlich brauchte man für diese Art der Kommunikation Hände.

Am Rande meines Blickfeldes erhaschte ich eine Art Wasserstrahl, der sich rasant näherte. Was auch immer das war, es steuerte direkt auf uns zu und wurde nicht langsamer. Der Kanll ließ mich einen Schritt zurückstolpern, mein Herz setzte für Schlag aus, als ich dachte, die Scheibe würde jeden Moment zerspringen, doch kein Riss zeichnete sich ab.

Über das rauhe Lachen des Wissenschaftlers hinweg, der sich köstlich über meinen Schrecken zu amüsieren schien, nahm ich nichts anderes mehr war als das Gesicht, das sich vor mir zu erkennen gab. Dunkle Haare, die wie ein Schleier um ihren Kopf waberten, helle Haut, katzenartige Augen, Kiemen. Mein Blick wanderte langsam an ihrem Körper hinab, der in grünlich schimmernden Schuppen und einer langen Schwanzflosse endete, nur um kurz darauf wieder zu ihrem Gesicht zurückzufinden.

"Wie heißt sie?", hauchte ich kaum hörbar, meine Stimme schien irgendwie verloren gegangen zu sein. "'Es' heißt 815-11, wie ich bereits sagte", nun schien der Laborkittel-Typ etwas verstimmt zu sein, "aber manche nennen es 'Sereia'. Vollkommen unangemessen, dem einen Namen zu geben, wenn Sie mich fragen." Die Missbilligung war nicht zu überhören, für ihn war dieses wundersame Wesen nicht mehr als ein Tier, vielleicht sogar weniger.

Sereia. In Gedanken wiederholte ich ihren Namen. Wenn ich mich nicht irrte, bedeutete er "Meerjungfrau". Nicht besonders kreativ, aber nichtsdestotrotz wunderschön.

Eine Hand legte sich schwer auf meine rechte Schulter und riss mich aus meiner Starre. "Ich weiß, das Äußere allein könnte einem schon den Kopf verdrehen, auch ohne Stimme, doch lass dich davon nicht täuschen. Sobald dich das Monster in die Finger bekommt, reißt es dich in Stücke. Aber du brauchst natürlich keine Angst zu haben, solange du nicht reinfällst. Viel Glück." Mit diesen aufmunternden Worten ließ man mich allein, nur die Schritte hallten noch eine Weile nach.

Mit einem Kopfschütteln und Kreisen meiner Schultern versuchte ich mich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren und das Gefühl zu verscheuchen, das seine Hand auf meiner Schulter hinterlassen hatte. Wie mir bereits gesagt wurde und er bestätigt hatte, konnte sie - ich würde dieses wunderschöne Geschöpf nicht als "es" bezeichnen - nicht sprechen.

Hören musste sie aber können, nur wusste ich nicht, ob sie unsere Sprache verstand. Ein tiefer Atemzug. Fangen wir einfach mal an, nur rumstehen und sie anstrarren brachte schließlich auch nichts.

Ohne sie aus den Augen zu lassen, sie schien mich ebenfalls genau zu beobachten, legte ich meine rechte Hand flach auf meine Brust. "Mein." Dann strich ich mit Zeige- und Mittelfinger zweimal über meine linke Wange. "Name." Zuerst in schneller Folge, dann ein weiteres Mal langsamer, buchstabierte ich meinen Namen. "Elino. E-L-I-N-O."

Sie verfolgte jede meiner Bewegungen mit einem undurchdringlichen Blick, der mich an eine Katze erinnerte, die auf eine Maus hinabstarrte. Ihr zuvor feindseliger Ausdruck war jedoch nach dem Verschwinden des anderen Mannes verschwunden und wechselte nun der Neugier.

Mit neuem Mut, den ich aus der Tatsache bezog, dass sie noch nicht verschwunden war, wiederholte ich die Geste. Dieses Mal jedoch zeigte ich ihr meine Handfläche, anstatt sie auf meine Brust zu legen und ließ meinen Namen weg. Natürlich konnte sie noch nicht verstehen, dass ich sie nach ihrem Namen fragte und antworten, aber ich hätte gern ihren Namen von ihr gehört.

Von diesem Tag kam ich jeden Tag zu ihr. Stundenlang redete und gebärdete ich mit ihr. Irgendwann fing sie an, meine Gesten nachzuahmen. Jedes Mal hätte ich fast einen Luftsprung gemacht. Sie verstand mich! Zumindest redete ich mir das ein, hoffte es. Ich hatte nicht ewig Zeit und musste Fortschritte vorweisen können.

Was mit Sereia passierte, wenn ich nicht bei ihr war, wusste ich nicht genau, nur dass sie irgendwelche Tests mit ihr machten. Was in diesem Labor ablief, war streng geheim und ich würde micht nicht noch weiter einmischen als nötig. Ich war zwar sowieso schon zu tief drin, aber ich wollte nicht unbedingt mein Leben frühzeitig beenden.

Wie sich herausstellte war meine Schülerin eine Sirene, keine Meerjungfrau, die Seefahrer rettete, sondern sie in den Tod sang. Das war auch der Grund, warum man ihr die Stimme genommen hatte, sonst hätte sie bestimmt schon alle anwesenden Wissenschaftler sich gegenseitig umbringen lassen. Bei dem Gedanken schauderte es mir und doch konnte ich mir so etwas in Angesicht dieser bezaubernden Schönheit kaum vorstellen, wollte es mir nicht vorstellen.

Um nicht daran und an die Konsequenzen meines eventuellen Versagens denken zu müssen, verbrachte ich meine freie Zeit in den Ställen, einer der wenigen Orte, zu denen ich Zugang hatte. Das Gelände durfte ich bis Ende meines "Dienstverhältnisses" nicht verlassen, womöglich lebenslänglich. So vertrieb ich mir meine Zeit mit den Pferden, deren Rücken und Stirn von Narben gezeichnet waren. Einst Einhörner und Pegasi, ihrer Magie und ihrer Freiheit beraubt.

~~~

Dieser neue Mensch schien anders als die anderen zu sein. Seine Augen waren nicht hart und kalt, sein Lächeln nicht voller Gier. Er war so anders, von der Art, wie er redete, bis hin zu den merkwürdigen Bewegungen, die er mit seinen Händen machte.

Erst mit der Zeit wurde mir klar, dass er mit mir redete - sonst war ja auch niemand hier - und dass diese Bewegungen eine Bedeutung hatten. Wenn ich versuchte, sie nachzumachen, strahlte sein ganzes Gesicht förmlich und ich konnte seine Freude riechen. Sie roch so viel besser als seine Angst.

Eines Tages - oder nachts, die Lichter waren bereits längst ausgegangen - kam er mit einem Gegenstand wieder, der an ein Stück Treibholz erinnerte. Ich wusste, dass er sich heimlich zu mir geschlichen haben musste, immer wieder schaute er vorsichtig über seine Schulter, als erwartete er jeden Moment ertappt zu werden.

"Hallo." Er schüttelte seine flache Hand auf Höhe seiner Schulter und ich machte es ihm nach, was ein zaghaftes Grinsen auf seinen Lippen erscheinen ließ. "Für heute habe ich keine Lektion für dich, eher ein kleines Geschenk. Ich denke, hoffe, es wird dir gefallen."

Ich konnte nicht alles verstehen, was er sagte, beobachtete ihn jedoch weiterhin neugierig. Bisher hatte er mich jedes Mal überrascht und ich hatte ein Gefühl, dass dieses Mal nicht anders sein würde.

Er strich mit einer Hand über das Stück Treibholz und in dem Moment, als ein seltsamer Ton erklang, erkannte ich einzelne Haare, über die er gestrichen hatte. Ein weiterer Ton erklang, es folgten unzählige, die sich ineinander vermischten und eine noch nie zuvor gehörte Melodie erschufen. Und dann kam seine Stimme. Er sang für mich.

Seine Stimme hatte vom ersten Moment an einen angenehmen Klang gehabt, doch nun war sie geradezu magisch. Sie erinnerte mich an meine, auch wenn sie um Welten anders klang, und ließ mich unbewusst meine Hand an meinen Hals legen. Singen. Wenn ich doch nur wieder singen könnte.

Diese geheimen Treffen wiederholten sich, ließen mich wieder etwas anderes fühlen als Zorn und Schmerz. Seine Lieder erinnerten mich an ein Leben vor diesem Ort, an mein Zuhause das Meer, meine Freiheit, meine Familie. In meinen Gedanken sang ich mit ihnen und mit ihm, vermischten sich unsere Stimmen zu einem stummen Lied. Unsere Herzen im Einklang mit der Melodie.

Alle seine Emotionen waren gut, er wollte mir nichts böses, da wusste ich. Für seine Mühen war ich dankbar, auch wenn ich nicht wusste, aus welchen Gründen er tat was er tat. Er machte diese Hölle erträglicher, linderte meine Qualen. Doch er konnte sie nicht heilen, nicht aufhalten.

Ich spürte, wie ich zunehmend schwächer wurde, je länger ich von meiner Heimat getrennt war. Selbst wenn die Männer nicht bald meine letzte Lebensenergie aussaugten, würde ich dahinschwinden. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie mit mehr als nur ihren Blicken meinen Körper auseinandernahmen. Ich würde hier sterben.

~~~

Die Arbeit mit Sereia verlief tausendmal besser als ich erwartet hatte und sie lernte schneller als gedacht. Schon nach wenigen Wochen konnte sie einfache Gebärdensprache verstehen und erwidern. Immer öfter kam einer der Männer, die hier arbeiteten, zu uns, um den Fortschritt mit eigenen Augen zu verfolgen.

Trotz ihrem offensichtlichen Unmut zeigte sie sich zeitweilig auch in Gesellschaft kooperativ, wofür ich ein anerkennendes Schulterklopfen erntete. Um ehrlich zu sein war mir das jedoch genauso unangenehm wie ihr. So lernte ich unsere stille Zweisamkeit, wenn ich mich nachts zu ihr schlich, zu schätzen. Die Musik wirkte beruhigend, auf uns beide, wie es den Anschein hatte.

Es erinnerte mich daran, wie mein Vater mich in den Schlaf gesungen hatte, als ich noch klein war. Er erzählte mir einmal, dass er und meine Mutter als sie noch jünger waren in einer Band gespielt hatten. Meine Mutter konnte singen wie ein Engel, hatte er einmal gesagt. Das war vor dem Unfall gewesen. Bevor sie ihre Stimme und einen Großteil ihres Gehörs verlor.

Ich konnte mich an den Klang ihrer Stimme nicht mehr erinnern, ich war noch zu klein gewesen. Doch ich stellte sie mir gerne vor, genauso wie ich mir nun vorstellte, wie Sereia wohl klingen würde, wie sich unsere Gesänge zu einer Melodie vermischten. Manchmal, da glaubte ich sie gar zu hören, ihr stummes Lied in meinem Kopf.

So schön diese Momente auch waren, ich hatte genug Zeit, um sie zu beobachten und die Veränderungen zu bemerken. Sobald ich die Tür zu dem Raum, in dem sich ihr Aquarium befand, öffnete, flitzte sie sogleich auf mich zu oder wartete bereits vor der Glasscheibe. Ihr Erscheinen verlangsamte sich jedoch zunehmend, bis sie nicht mehr wie ein Pfeil durchs Wasser schoss sondern mehr wie ein Fisch durchs Wasser glitt. Immernoch schnell aber nicht mehr übermenschlich.

Ihre Schuppen reflektierten weiterhin das grelle Neonlicht, wirkten gleichzeitig aber matter als gewöhnlich, als würde ihnen ihr eigener Glanz fehlen. Sereia selbst wirkte oftmals müder, nein, erschöpfter.

Anfangs redete ich mir ein, dass es an den teils schlaflosen Nächten lag oder an den Tests, die mit ihr durchgeführt wurden. Als ich nachfragte, wollte mir niemand Auskunft geben, doch ich hatte das Gefühl, dass es nicht nur daran lag. Irgendetwas nagte an ihrer Kraft.

"Sera." Irgendwann hatte ich angefangen, sie so zu nennen. Es war einfach kürzer und leichter zu buchstabieren als "Sereia", so nannte sie mich auch nur "Eli", was mir ganz recht war. "Mit dir stimmt etwas nicht, das merke ich doch. Was ist mit dir?"

Wie jedes Mal wenn ich mit ihr redete, sprach ich zuerst den ganzen Satz aus und zerlegte ihn dann in die Einzelteile der Gebärdensprache. Es gab immer noch Begriffe, die sie nicht verstand, doch sie war unheimlich klug und lernte schnell.

Als ich schon dachte, sie würde mir nicht antworten, hob sie die Hände und gebärdete: "Wasser. Meer. Zuhause." Ihre Augen nahmen einen wehmütigen Glanz an und schienen durch mich hindurch zu sehen, weit weg. Es war sonnenklar, dass sie ihre Heimat, das Meer vermisste. Ich vermisste mein Zuhause auch, aber war Heimweh wirklich alles, was ihr zu schaffen machte?

~~~

Für eine kurzen Moment, einen Wimpernschlag, war ich wieder Zuhause, umgeben von meinen Schwestern, in den Armen meiner Mutter. Im nächsten Moment starrte ich in fremde und zugleich so vertraute Augen, dessen Ausdruck meinen ähnelte. In Augen, die verstehen wollten und es doch nicht könnten, nie würden. Oder vielleicht doch?

Vielleicht gab es noch eine Möglichkeit diesem Ort lebend zu entkommen, eine Chance, eine Hoffnung. Schon seit langer Zeit habe ich nicht mehr gewagt, zu hoffen. Beinahe hätte ich diesen Funken in meiner Brust vergessen, für immer erstickt, doch nun flammte er abermals auf. Es gab Hoffnung, er war meine Hoffnung.

~~~

"Sera, bist du dir auch sicher?" Ein ungestümes Nicken war die Antwort, ihre Augen blitzten so aufgeregt, wie schon lange nicht mehr, um genau zu sein wie noch nie. "Dann wird es wohl Zeit, Abschied zu nehmen, wenn das hier wirklich funktioniert."

Es war erst wenige Tage her, seit Sereia mir gestanden hatte, dass sie nach Hause wollte. Aber nicht nur das, wenn sie noch länger hier blieb, würde sie... sterben. Ein Kloß machte sich abermals in meinem Hals breit. In den Wochen, die wir gemeinsam an diesem schrecklichen Ort verbracht hatten, war sie so etwas wie eine Freundin geworden, womöglich sogar mehr.

Nie konnten wir uns berühren, immer eine Wand aus Glas zwischen uns, doch unsere Seelen waren auf einer bestimmten Ebene miteinander verbunden, das spürte ich. Es war, als wäre ein dünnes Seil zwischen uns gespannt, das uns zueinander zog und doch bei jedem noch so kleinen Schritt zurück reißen könnte.

Mich von ihrem Fluchtplan zu überzeugen, dauerte nicht lange, selbst in den wenigen vergangenen Tagen verlor sie immer mehr an Kraft. Ich konnte nicht einfach nichts tun und still zusehen, wie sie starb! Allein bei dem Gedanken daran fingen meine Augen an zu brennen und es fühlte sich an, als würde jemand mein Herz zerquetschen.

Krampfhaft versuchte ich mich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren, ihre Flucht, ihre Rettung. Am Rand den Auquariums gab es eine Verbindung zum Meer, wir befanden uns hier direkt an der Küste. Laut Sereia war sie durch diese Öffnung hineingelang. Durch Schlitze, die sich immer wieder öffneten und schlossen, strömte Meerwasser hinein oder hinaus. Sie selbst konnte jedoch das Tor davor nicht öffnen, es schien unzerstörbar zu sein.

Im Kontrollzentrum des Labors musste es eine Möglichkeit geben, es zu öffnen. Sie selbst würde dort nie rankommen, aber ich. Nachdem ich Nacht für Nacht die Schichtwechsel des Sicherheitspersonals studiert hatte, war ich bereit. Ich würde Sereia heute Nacht befreien und wenn es das letzte war, was ich tat. An die Konsequenzen meines Handelns wollte ich gar nicht denken.

Zum Abschied legte ich ein letztes Mal meine Hand auf das kalte Glas, sie tat dasselbe auf der anderen Seite und so lagen unsere Hände genau übereinander. Dann nickten wir uns zu und drehten uns um, nur um noch ein allerletztes Mal zu verharren und uns umzudrehen.

Sie war immer noch so wunderschön, mit ihren matt schimmerten algengrünen Schuppen, den im spärlichen Licht grün funkelnden Katzenaugen und dem ebenholzfarbenen Haar, das einen dunklen Heiligenschein um ihren Kopf bildete. Wie ein Engel, ein tödlicher Engel. Mein Engel.

Bevor ich es realisieren konnte, war ich abermals einen Schritt auf sie zu getreten und buchstabierte ich mit meinen Fingern I-L-Y. I love you. "Ich liebe dich." Ich wusste nicht, ob sie meine Worte verstand, vermutlich nicht, aber das Gefühl dahinter bestimmt. Erst vor kurzem hatte sie mir offenbart, dass sie Gefühle riechen konnte. Keine Ahnung, wie das funktionieren sollte, aber sie war nunmal magisch.

"Lebewohl." Bevor wir noch mehr Zeit verschwenden konnten und bevor sie meine Tränen sehen konnte, wandte ich mich und hastete hinaus.

~~~

"Ich liebe dich." Ohne eine Erklärung wusste ich, was seine Worte bedeuteten. Konnte seinen Schmerz, der von seiner Seele, oder seinem Herzen, stammte, in meinem eigenen spüren. Es war der lieblichste Duft, den ich kannte und zugleich doch so bitter. Ich konnte nicht bleiben. Er konnte nicht mit mir kommen. Es war ein Abschied für immer.

Ohne mich ein weiteres Mal umzudrehen, glitt ich durchs Wasser auf die Schleuse zu und wartete. Eine Weile passierte nichts. Als ich schon dachte, er hätte einen Rückzieher gemacht oder wäre erwischt worden, ging das Tor vor mir zischend auf.

Innerlich jubelnd, körperlich zu nichts mehr fähig, als geradeaus zu schwimmen, passierte ich die Stelle, an der vor einem Moment noch das undurchdringliche Tor gewesen war. Er hatte es tatsächlich geschafft.

Schlagartig wurde alles um mich herum Rot, rote blinkende Lampen färbten das Wasser. Direkt hinter mir, nur knapp meine Schwanzflosse verfehlend, schoss das Tor wieder nach unten. Ich saß in der Falle!

Nur keine Panik, versuchte ich mich selbst zu beruhigen und das schrille Pfeifen, das ebenfall eingesetzt hatte, zu ignorieren. Immer weiter schwimmen.

Ich konnte das Meer bereits riechen, die Freiheit lag zum Greifen nah. Da, ein weiteres vergittertes Tor versperrte mir den Weg. Doch als ich schon mit aller mir verbleibenden Kraft dagegen schwimmen wollte, öffnete es sich.

Mit einem kräftigen Flossenschlag war ich draußen. Im Meer! Frei! Mit jedem Atemzug, der durch meine Kiemen strömten, füllten sich meine Lungen mit reinem Salzwasser, das abgestandene Wasser des Labors ausströmen.

Langsam fühlte ich, wie die Kraft wieder in meinen Körper zurückkehrte, doch ich wusste, dass ich erst in meinem Geburtsmeer zu meiner vollen Kraft zurückfinden würde. Mit einem letzten gedanklichen Dank an meinen Retter machte ich mich auf den langen Weg nach Hause.

~~~

"Was hast du getan? Weißt du eigentlich, was du angerichtet hast?!" Das wutschnaubende Gesicht des Wissenschaftlers war nur Millimeter von meiner Nase entfernt, während der mich am Kragen packte.

Als der Alarm losgegangen war, war es bereits zu spät gewesen. Ich konnte nur koffen, dass Sereia es nach draußen geschafft hatte. Sehr wahrscheinlich waren wir erfolgreich gewesen, angesichts seiner Reaktion.

Ich versuchte ein stolzes Lächeln zu unterdrücken und spielte den Unschuldigen. Sie musste mich verzaubert und zu ihrem willenlosen Sklaven gemacht haben, mich traf in diesem Fall doch gewiss keine Schuld.

In Gedanken schickte ich ihr unser stilles Lied, auf dass sie sich auf ewig an mich erinnern würde, so wie ich mich an sie.

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Zugegebenermaßen war die "Flucht" jetzt der kürzeste Teil, aber ich wollte vom Anfang nicht noch mehr wegstreichen und die Worte wurden knapp...

Wie hat euch die Geschichte gefallen?

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PS:

Ich hab mich (abgesehen von dem Thema) nur von diesem Prompt inspirieren lassen:

Eine Sirene ohne Stimme, jap...

Und eventuell ist auch ein bisschen was von dem Buch "To Kill a Kingdom" miteingeflossen, aber da verliert sie ihre Stimme nicht komplett, sondern nur ihre Fähigkeit zu singen. Generell ist die Geschichte komplett anders, ich hab mich NICHT daran orientiert.

Das Buch ist aber sehr empfehlenswert. ;D

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47 von 50 Punkten und somit den 3. Platz erreicht, yay :D

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