-𝟿-

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Endlich überquerten wir den langen Steg auf das Festland. In Split war ich bisher noch nie gewesen und ich bereute es. Ich stellte mir ganz Kroatien immer wie unser Italien vor. Die selben mit Blumen umwobenen Gebäude, Dachziegel in Terrakotta und kleine verwinkelte Gassen.
Doch vor mir taten sich zwei verschiedene Mauern auf. Die erste bestand aus einer Reihe Palmen und die zweite aus altertümlichen Gebäuden, die mich an Griechenland erinnerten.

Ich betrat die weiß gepflasterte Promenade, die vom Nahen noch viel gigantischer wirkte. Die kleinen belebten Ständchen hatte ich vom Schiff aus übersehen. Allerdings duftete es, wie in Italien. Genauer gesagt, wie, wenn ich am Lokal meiner Eltern vorbei spazierte.

Aus der Ferne sah man klarer. Ich, für meinen Teil, vermisste meine Familie und sogar das Bellissimo Verde. Vielleicht hatte ich beides in Vergangenheit nicht genügend wertgeschätzt. Genauso sehnte ich mich nach den schlichten Treffen mit Anto. Oft kritisierte ich sie für ihre belanglose Art einfach in den Tag rein zu leben, doch genau das hätte ich jetzt gebraucht.
Andererseits wurde mir nur noch schmerzhafter bewusst, dass ich Kayden auf keinen Fall als meinen Freund wieder sehen wollte und wenn er mich belogen hatte, dann sogar gar nicht.
Sowas taten Freunde nicht. Ohne Vertrauen, keine Freundschaft...

Der Dampfer stand dort, wie ein Fels, der aus dem Wasser ragte. Steinhart und erbarmungslos, so wie er mir die Wahrheit beigebracht hatte. Ich ließ auf diesem Kreuzfahrtschiff, welches alle so sorglos verließen, um die Stadt zu erkunden, einen Teil von mir zurück.

Mein Blick wanderte hinab auf das Wasser. Wie viele Menschen ihr Leben wohl im Meer verloren? Einer von ihnen war Roel.

Leontes besorgte uns zwischenzeitlich Tickets. Ich wartete, bis er einen seiner Anrufe beendete.
„Ist Roel tot?", fragte ich ihn aus dem Nichts. Er wirkte für den Bruchteil einer Sekunde überrascht. Sein Lippen öffneten sich einen kleinen Spalt, daran erkannte ich es. Doch dann schätzte er ab, so kühl, wie ein Architekt den Winkel eines Daches. So betrachtete er die Höhe des Decks und schien sie mit der Härte des Wassers abzuwägen. Allerdings ging es hier doch irgendwie um ein Menschenleben. Ich begriff nicht, wie Vampire tickten, oder Menschen ihnen gegenüber.

„Es wird dauern, bis er im Wasser das Bewusstsein wieder erlangt und dann eine Möglichkeit findet, wieder an Land zu kommen. Ein Vampir stirbt nur, wenn man ihm den Motor aus der Brust reißt. Selbst ohne Kopf, würde er planlos herum zappeln, bis ihn jemand erlöst."
So viel Details hätte ich dann doch nicht gebraucht, stellte ich unter Gänsehaut fest. Und doch musste ich mehr wissen, um mich der neuen Situation anpassen zu können. Bisher schaffte ich es noch nicht einmal, meinen Kopf davon zu überzeugen, dass es sich bei dem Geschehenen, um keinen Traum handelte.

„Ich habe uns auch schon ein Hotel bis übermorgen gebucht. Unsere Fähre nach Cesena legt übermorgen an", informierte er mich über seine Pläne, worauf er sich meinen rollenden Koffer packte und einfach los marschierte. Es bereitete mir Mühe, seinen großen Schritten zu folgen.
Sowas wie Empathie kannte dieser stählerne Mann nicht. Wahrscheinlich hatte er sich beim Frühstück ganz schön zusammen genommen, um einen Funken davon aufzubringen.

Wir blieben an der wunderschönen Promenade und bogen lediglich zwischen zwei Lokalen in ein Haus ein, welches selbst aus weißem Sandstein erbaut war.
Das Innenleben machte einen Sprung in die Zukunft mit seiner modernen Einrichtung.
Meine Mutter hätte gelächelt beim Anblick der beigen Sitzgruppe, vor der steinernen Wand.
Der Tresen vor dem Leontes nun unsere Karten holte, bestand aus getöntem Glas mit goldenen Leisten an jeder Kante. Ich bewunderte die Einrichtung, die so viele Facetten zeigte.

Meine Augen fielen auf das Portemonnaie, das Leontes in den Händen hielt. Ich nahm meine Beine in die Hand und zückte auf dem Weg meine eigene Geldbörse. Das Frühstück auf dem Schiff hatte ich mir auch, ohne einen Gedanken zu verschwenden, ausgeben lassen.
„Lass mich wenigstens meinen Anteil bezahlen", bot ich an, doch bekam als Antwort nur seine gesenkten Augenbrauen. Er erlangte einen Einblick auf das Bild, welches sich hinter dem durchsichtigen Fach befand. Mio, mein ehemaliger Rottweiler, wie er sich auf dem Rücken wälzte, um nach Streicheleinheiten zu betteln. Sogar ihn hatte ich vergessen. Normalerweise rettete mir ein Blick auf dieses Foto jeden versauten Tag.

„Nein", gab er nur monoton zurück und widmete sich wieder der dunkelblonden Frau hinter dem Tresen. So eine zurückgebliebene Einstellung teile nicht mal mein Vater, der wollte, dass ich möglichst schnell unter die Haube komme, um mein Erbe hinter der Küche, antreten zu können. Um ihm meine feministische Ader zu demonstrieren, griff ich nun selber nach meinem Gepäck. Leontes verdrehte nur die Augen, lief aber ohne Gegenwehr vor.

Wir stiegen in den Aufzug, dessen Wände rundum von Spiegeln bedeckt waren. So starrte er mich aus allen nur möglichen Perspektiven an.
„Was ist so schlimm daran, wenn ein Mann sich, um seine Frau kümmern möchte?" Ich schluckte. Natürlich interpretierte ich zu viel in den Satz, was mir Röte in die Wangen flutete. Er meinte es allgemein, nicht auf mich bezogen. Ich und seine Frau... Da lachte ich ja fast laut auf. Wer würde freiwillig in seinem Schatten stehen, naja außer Fiamma? Die beiden ergänzten sich optisch, wie Feuer und Eis. Ich sah neben ihm aus, wie eine Angestellte, in diesem Moment eine, die seine Koffer schleppte.

„Du nimmst einer Frau damit die Möglichkeit auf eigenen Beinen zu stehen", stotterte ich verlegen. Meine Finger krallten sich dabei in die stützende Stange hinter mir. Er wandte seinen Blick in Richtung des noch verschlossenen Ausgangs. „Meine Frau soll von mir aus drei Firmen leiten, zehn Häuser besitzen und in ihrer Freizeit gerne aus Flugzeugen springen. Wenn sie bei mir ist, nehme ich ihr alles ab." Ich erwischte mich dabei, die Vorstellung zu genießen, von ihm, wie eine Königin behandelt zu werden. Es gefiel mir so sehr, dass ich wie selbstverständlich an ihm vorbei zog, als die Tür sich öffnete, ohne die Koffer auch nur einmal anzusehen. Sein raues Lachen erklang für Sekunden hinter meinem Rücken. Weil er es nicht sehen konnte, grinste ich vor mich hin, bis ich bemerkte, dass ich gar nicht wusste, welche Zimmer zu uns gehörten.

„Begleitest du mich in mein Zimmer, bevor du deins beziehst?", wandte ich mich wieder an ihn.
Nun verzogen sich seine Mundwinkel frech in die Höhe. Ohne was zu sagen, übernahm er die Führung, die mir eine ganze Minute oblag. Meisterhafte Leistung, tadelte ich mich in Gedanken.

Leontes eröffnete uns den Zutritt für genau ein Doppelzimmer. Es bot mehr Platz, als das kleine Räumchen auf dem Schiff, doch nicht genug, um mich von dieser Person zu distanzieren.
Dabei lenkte mich die schöne helle Einrichtung mit den goldenen Akzenten kaum von der Tatsache ab, dass ich mir das imposante Bett vor der gemauerten Wand mit ihm teilen musste.
Ich suchte vergeblich nach einer Couch. „Hätte ich das gewusst, hätte ich darauf bestanden, mir mein eigenes Zimmer zu bezahlen!", schimpfte ich los, während er seelenruhig auspackte.
„Wie stellst du dir das vor? Ich kenne dich seit ein paar Stunden und soll hier mit dir schlafen?!" Ich tigerte um ihn herum, wie ein Wolf, um seine Beute. Dabei raufte ich mir die Haare, biss mir in die Lippen und zeigte damit all meine schlechten Angewohnheiten auf einmal. Fehlte nur noch das Herumspielen an meiner Nagelhaut.

„Es sind nur zwei Nächte und du musst nicht mit mir schlafen." Er weckte einen minimalen Hoffnungsschimmer, der fast im selben Moment wieder erlosch. "Höchstens bei mir.", ergänzte er, nachdem er sich direkt vor mich stellte. Langsam beschlich mich das Gefühl, er genoss es, mich in Verlegenheit zu bringen.

„Ich gehe jetzt duschen und danach gehen wir was essen." Ich salutierte. "Ai ai Captain", um ihm zu demonstrieren, wie sehr mich sein Befehlston langsam nervte. Leontes verabschiedete sich mit den Worten. „Warum nicht immer so?" Er lebte in einer anderen Realität.

Während er sich vermutlich einem kompletten Umstyling unterzog, tat ich das Nötigste. Die Wände waren nicht sonderlich dick. Das Wasser plätscherte und ich kam nicht drum herum, mir vorzustellen, wie die Tropfen seine Haut schmückten. Wie sie seine eisernen Muskeln zum glänzen brachten. Ich biss mir auf die Lippe und schickte den Gedanken dorthin zurück, wo er herkam.

Endlich kam ich in den Genuss eines Spiegels, der meinen ganzen Körper reflektierte.
Vor meinem eigenen ich, stockte ich. Die Erinnerungen brannten sich durch die Spuren in meinen verknoteten Haaren über meine verwundete Haut bis in meine Seele. Roel zeichnete eine Geschichte auf meine äußere Erscheinung. Ich kämmte die Knoten, die seine Hände hinterließen, sorgfältig heraus. Antonella hatte mir das beste Makeup geschenkt, nur gegen die Narbe auf meiner Wange versagte es. Und jetzt zog sich noch ein langer Kratzer unterhalb meines Knies bis hin zu meinem Fußgelenk.

Auch wenn es kaum zu meinem Outfit passte, so wechselte ich die Sandalen gegen Sneaker und hohe Tennissocken, um die letzten Fehler der Vergangenheit in den Hintergrund zu rücken.
Gott, ich sah so seltsam aus, wie ein Deutscher Mann am Strand mit den Socken in seinen offenen Schuhen. Um die sportliche Erscheinung meiner Beine etwas abzurunden, bekam auch mein Kopf eine Basecap.

„Gehst du auf ein Turnier?", wollte Leontes wissen und ich wollte ihn daraufhin einfach nur angreifen.
„Es ist mir schwer genug gefallen, die ganzen Verletzungen abzudecken!", schrie ich aus Verzweiflung, überrascht über meinen ehrlichen Gefühlsausbruch. „Du siehst gut aus, egal was du trägst." Leontes musterte mich durch mein eigenes Spiegelbild, als er ganz routiniert die obersten Knöpfe seines Hemdes schloss.
„Wieso interessiert es dich so sehr, was andere von dir denken? Du hast deinen Kopf auf dem Schiff gesenkt vor jeder Person, die dich schief angesehen hat. Hast du das nötig?" Schöne Worte, die keinen Millimeter Authentizität besaßen. Das weiße Hemd steckte er sich akkurat in die Chino-Hose, die von der Farbe her nassem Asphalt glich.
Selbst die kleinen freien Stellen an seinem Körper wurden von protzigem Schmuck bedeckt. Der Hals mit Ketten, die Ohren mit Ringen, der Arm mit einer dicken Uhr. Er steckte in einer Rüstung, die sein Äußeres, aber auch sein Inneres von der Außenwelt abschottete.

Leontes spazierte einfach aus dem Zimmer. Ich packte mir noch schnell meinen Block ein und rannte ihm hinterher.

„Sag mal, war Roel auch mal ein normaler Mensch mit Familie, Freunden und so?" In meinem Kopf drehte sich alles um diesen Vampir, den ich vor meinen geistigen Augen immer noch fallen sah. Der Gedanke, dass er höchst wahrscheinlich noch lebte, beruhigte und verängstigte mich gleichermaßen. „Ja." Wegen mir hätte, oder war ein Kind, oder ein Bruder, Neffe, was auch immer, tot. Ich rieb mir über die Schläfen, versuchte die Vorwürfe zu verdrängen. „Ein Vampir entscheidet sich selbst, ob er als Täter, oder Mensch behandelt werden möchte. Du hast dich gegen einen Angreifer verteidigt. Wenn du Polizistin bleiben möchtest, solltest du dein Rückgrat trainieren."

Wir liefen mittlerweile über das glänzende Gestein der kroatischen Straßen. Ich wägte die ganze Zeit ab, ob mein Begleiter die Wahrheit sprach. Hatte ich mich richtig verhalten? Nicht ich warf diesen Jungen Mann von Bord, aber Leontes verspürte scheinbar nicht den Hauch eines schlechten Gewissens. Die Routine musste ihn abgestumpft haben, oder sein Leben. Welche Wunden wohl seine Rüstung gebastelt hatten... Egal, wo er lang ging, jeder schaute ihm hinterher, fast jede Frau und einige Männer. „Vampire sind Überlebenskünstler. Wir können nur hoffen, dass es ihm einen Denkzettel verpasst hat", fügte er bei. Er ging also auch fest davon aus, dass Roel noch lebte. Ich atmete erleichtert aus.

Wir, beziehungsweise Leontes setzte sich auf einen Flechtstuhl eines einheimischen Restaurants. Mich verwunderte seine Wahl, denn hier gab es viel edlere Lokale, doch er wählte ein einfaches. Die Sicht auf das offene Meer hinter den gereihten Palmen lockerte jegliche Anspannung. Für einen Moment war ich nur eine Frau an der Küste, welche die Wärme der Sonne in sich aufsaugte.

Der Herr bestellte sich ein mit Käse gefülltes Steak. Ich trank nur eine eiskalte Sprite. Mein Block brauchte Platz auf dem weiß lackierten Holztisch. „Ist das dein Ernst? Du willst wieder arbeiten?" Er warf kurz seinen Kopf in den Nacken. Das ignorierte ich geflissentlich und frisierte dabei meine Haare in einen strengen Pferdeschwanz. „Du bist in einer der schönsten Städte Europas, hast die Hölle durchlebt... Willst du dich nicht ein wenig ausruhen? Hast du Yvette schon angerufen, oder andere Freunde, die dir gut tun könnten?" Er sprach mit mir, als sei ich kurz davor, in die Psychiatrie eingewiesen zu werden.
„Meine Freunde und allen voran Yvette haben mich belogen, also nein! Ich sehne mich gerade nur nach Wissen und das kannst du mir bieten."

Er kaute auf seinem Fleisch, als würde er das Tier, was es einmal war, nochmal töten wollen.
„Also Herr Ogliastra, was können Vampire? Sind sie alle bösartige Wesen? Welche Regeln habt ihr mit ihnen ausgemacht und wer ist Feliz Zovko?", zählte ich alle Fragen auf, die ich mir sorgfältig notiert hatte, in der Stunde, die er zum Duschen genutzt hatte. Leontes kaute ruhig weiter und schnitt sich noch ein weiteres Stück ab. Ich bezweifelte bereits, dass er jemals antworten würde, doch er zeigte sich einmal gnädig.

„Vampire sind Menschen, die mit Vampirgift im Blut gestorben sind. Das Gift haftet an den Fangzähnen. Sie entscheiden, wie jeder andere, ob sie zu Monstern werden, oder nicht. Ihre Sinne sind besser ausgeprägt, genauso wie ihre Kraft.
Menschliches Blut ist ihre schlimmste Qual und größte Abhängigkeit. Ein Biss kann dich töten und nur das Blut des Vampirs, der dich gebissen hat, kann dich heilen. Allgemein heilt Vampirblut jegliche Verletzungen, aber keine Krankheiten. Es kann sie höchstens lindern.
Es gibt keine direkten Regeln. Vampire dürfen nur das, was ihr Gegenüber ihnen erlaubt. Das einzige, was einen Vampir für längere Zeit aus dem Gefecht setzt, ist pures Rizin.
Und zum Schluss, Feliz Zovko gehört die Pharmaindustrie 'MedicoSMart'. Er macht kein Geheimnis daraus, dass er an lebenden Vampiren herum experimentiert und trotzdem beten sie ihn an, wie einen Messias.
So, das reicht", beendete er seine Kurzfassung, die ich mir fleißig notierte.

„Jetzt bin ich dran", riss er mich aus meinem Schreibfluss.
„Hat Roel etwas mit der Narbe an deiner Wange zutun?" Er hatte seinen Teller zur Seite geschoben und lehnte nun mit beiden Ellenbogen auf dem Tisch. Ich hatte während des Schreibens nicht gemerkt, wie nah er mir gekommen war. Sein herrliches Aftershave aktivierte sämtliche hormonelle Vorgänge und der Kampf gegen die Anziehung begann erneut. Wie viele dieser Kämpfe bestritt ich schon in seiner Gegenwart und ich wusste nicht, ob ich wenigstens einen von ihnen gewonnen hatte.

Kaum merkbar, bewegte sich mein Kopf auf und ab. „Er hat eine Glasflasche in der Nähe meines Gesichts zerschmettert, dann ist er geflohen und ich habe ihn gänzlich vergessen, bis er wieder vor mir stand."

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro