19. Kapitel - Lloyd

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Obwohl mich niemand verfolgte – da war ich mir ausnahmslos sicher, denn ich hatte es mehrmals überprüft – fühlte ich mich wie ein Gejagter, der vor Angst schlotterte und mit rasendem Herzen das Weite suchte. Der Wald umgab mich in einem seichten Morgennebel, der meine Unsicherheit nur noch weiter schürte. Vom kalten Dunst umgeben, spürte ich, wie der Hitze meines Körpers durch die Natur entgegengewirkt wurde.

Obwohl ich vom Rennen bereits schwitzte, fuhr mir ein weiterer dieser eiskalten Schauer über den Rücken, als ich erneut die Fährte des Rudels aufnahm, um mich zu orientieren. Ich durfte nicht versagen, denn das Wohl meiner Familie hing davon ab. Carlos tat keine halben Sachen, bei ihm hieß es Ganz oder Gar nicht, ganz gleich um was es sich handelte. Er wollte, dass das fremde Wolfsrudel von seinem Territorium fern blieb? Dann würde er sie töten. Ich war, ohne einen nennbaren Grund, ein Problem für ihn? Dann beseitigte er mich, in dem er mich auf eine lebensgefährliche Mission schickte. Damit löste er sogar gleich zwei seiner Probleme auf einem Streich.

„Scheiße", fluchte ich, als ich über eine Wurzel stolperte und ins Schwanken geriet. Meine Aufmerksamkeit hatte nur für einen Moment nicht meiner Umgebung gegolten und schon sollte ich es zutiefst bereuen. Ich verlor das Gleichgewicht und konnte mich im letzten Augenblick noch an einer Tanne zu meiner Seite abstützen, bevor ich Bekanntschaft mit dem Boden gemacht hätte.

Schweißperlen tropften von meinem Gesicht, die ich mit dem Ärmel meines Pullovers abtupfte. In der nächsten Bewegung landete dieser mitsamt meines Handys im Gebüsch zu meiner Seite. Ich würde beides schon bald nicht mehr brauchen. Außerdem könnte man mich anhand des Handys orten und dies müsste ich unterbinden.

Schnaufend setzte ich meinen Weg fort, zog mir währenddessen mein Shirt über den Kopf und blieb schlussendlichstehen, um mich meiner restlichen Kleidung zu entledigen. Im Laufen ging ich in meine Wolfsform über und das Tier in mir übernahm die Führung. Deutlich gekonnter und präziser geleitete mich mein Inneres zwischen den Baumriesen hindurch an eine Grenze unseres Territoriums.

Ich war noch nie so froh gewesen, die Grenze zu überqueren, wie an diesem Tag. Bisher war ich noch nie so weit in unser Gebiet vorgedrungen, hatte noch niemals eine Grenze in Richtung des Waldes überschritten. Andere waren leicht zu übertreten, denn die Schule lag bereits nicht mehr auf unserem Territorium. Die meisten Werwölfe wohnten am Waldrand und sonst bezog sich der größte Anteil auf den Wald selbst und seine Gebäude, die darin verstreut lagen.

Es war noch früh am Morgen, die Sonne war gerade dabei ihren Rundgang zu beginnen. Der Wachdienst begann früh, aber da mich niemand erwartete, würde mein Verschwinden vielleicht erst am Abend bemerkt werden. So paradox es sich anfühlte und obwohl ich mich dagegen sträubte, sollte ich mir erhoffen, nicht vor dem Sonnenuntergang gesucht zu werden. Es wäre der beste Vorsprung, den ich mir wünschen konnte. Auch wenn es mich traurig stimmte, in dieser Art von meiner Heimat denken zu müssen. Mir blieb schlussendlich nichts anderes übrig.

Die Markierungen des Rudels befanden sich inzwischen an jedem zweiten Baum – zumindest meinem Gefühl nach zu urteilen. Es war mir unangenehm in ihr Revier einzudringen, denn sie würden einen Eindringling sicherlich nicht freudig empfangen, wie ich vermutete. Wir konnten ihr unbefugtes Betreten auch nicht einfach hinnehmen, deshalb ging ich davon aus, dass sie mich bereits gewittert hatten.

Ich erinnerte mich an die Worte meines Bruders zurück, als er mit mir trainiert hatte. Er hatte mir beigebracht, wie ich mich selbst beruhigen konnte. Konzentriere dich auf deine Schritte und lass den Wolf in dir die Führung übernehmen, denn ihm kannst du immer vertrauen, hatte Akio mir bei unserem letzten gemeinsamen Training eingetrichtert. Dies setzte ich nun in die Tat um, damit ich nicht die Fassung verlor und auf der Stelle kehrt machen würde. Die Angst überwog, wenn ich mich zu sehr auf meinen Schmerz konzentrierte. Mein Kopf musste von diesen Empfindungen befreit werden, denn sie würden mich schlichtweg behindern bei meinem Vorgehen.

Innerlich graute es mir, doch meine Angst konnte ich auf ein Minimum reduzieren. Dafür hatte meine intuitive Seite gesorgt. Ganz primitiv hatten sich meine Sorgen und mein Herzschmerz in den Hintergrund drängen lassen und würden dort vorerst verbleiben. Später würden sie zwar über mich herfallen, doch das Szenario, das sich vor mir auftat, ließ sie verstummen.

Es waren Wölfe, zu viele von der Anzahl, als das ich sie in meinem derzeitigen Zustand zählen konnte. Sie lauerten im Dickicht zu meinen Seiten. Ihre leuchtenden Augen verrieten sie zwar, doch das Überraschungsmoment lag auf ihrer Seite. Bevor ich einen Angriff abwehren oder überhaupt reagieren und auswichen konnte, wurde ich durch eine überaus gekonnte Bewegung ins Erdreich gedrückt. Die Luft entwich aus meiner Lunge und ich fiepte leise, als sich die scharfen Klauen in mein Fell stanzten. Sie stachen in meine Haut, zerrissen sie jedoch nicht. In den wachen braunen Linsen und dem alarmierenden Blick konnte ich meine Möglichkeiten abschätzen.

Es gab keine.

Ich unterwarf mich, nicht nur weil sie in der Überzahl waren und es überaus logisch war. Allem voraus übernahm mein Wolf und sicherte unser Überleben aus einem reinen Impuls heraus. Der Alpha über mir – ich war mir seiner Präsenz in den letzten Sekunden nun überaus sicher geworden – knurrte und holte mit der Pfote nach mir aus.

Seine Krallen verfehlten nur um ein Haar meinen Torso und schnitten lediglich mein Fell. Es flogen ein paar Fetzen, wie kleine Federn, zwischen uns, bevor er schnaubte und schließlich von mir herunter stieg. Diese Demonstration von Macht war eindeutig zu viel für mein mickriges bisschen Selbstvertrauen. Der braune Wolf war nicht nur um Weiten größer als ich, sondern auch erfahrener und im realen Kampf erprobt. Gegen ihn hatte ich nicht den Hauch einer Chance.

Ich knickte unter ihm ein, voller Ehrfurcht und Todesangst. Wenn ich zuvor durch Carlos verängstigt worden war, so war dieser Moment ein weitaus schlimmerer und gefährlicherer Albtraum. Mit gesenktem Haupt und meinem Schweif eingeklemmt zwischen meinen Beinen, kauerte ich auf dem Erdboden und wagte es nicht einmal mehr ihm in die Augen zu sehen. Jede meiner Regungen könnte ihn provozieren. Und wenn ich auch nur länger als ein paar Minuten leben wollte, wäre es nicht nur die eine Option, sondern meine einzige. Macht, Autorität oder Anführer zu sein, lag mir nicht. Es lag weder in meinem Blut, noch in meinen Überzeugungen und meiner Persönlichkeit verborgen.

Das Alphapärchen umkreiste mich, ebenso wie der Beta, den ich anhand seiner Präsenz und seines Auftretens leicht erkennen konnte. Die Luna dieses Rudels hatte nicht ansatzweise die Ausstrahlung und Aura unserer. Sie wirkte nicht wie ein Ruhepol, besänftige die Wölfe nicht, sondern schien sie willentlich zu provozieren. Etwas lag in der Luft. Etwas, das noch nicht lange über den Tisch war. Vielleicht ein Kampf, denn ich konnte die Spannungen innerhalb ihrer Reihen problemlos ausmachen. Gab es vor Kurzem etwa einen Machtwechsel? Einen Streit zwischen Anführern?

Dann begriff ich, dass ich wohl nicht der einzige Eindringling war, als ich im Gebüsch, etwas abseits der Lichtung auf der ich mich befand, zwischen zwei Tannen ein gelbes Paar Augen erspähte. Er musste die Ursache für das Knurren und die Anspannung sein. Auf einen Schlag schien ich vollkommen uninteressant geworden zu sein und sie schenkten all ihre Aufmerksamkeit dem fremden Wolf in einigen Metern Entfernung.

Seine Fährte drang bis hier hin zu mir herüber und ließ mich erschaudern. Ein ehemaliger Alpha? Sogar von diesem Rudel, denn die Spur der Zugehörigkeit war noch längst nicht aus seinem Fell gewaschen. Ob dies mein Glück oder meinen Untergang bedeutete, wusste ich nicht, aber ich traute mich ebenso wenig, darüber nachzudenken, wie ich mich traute, einen Muskel zu rühren.

Ich saß mit geneigtem Haupt da, deutlich meine Unterwürfigkeit gegenüber allen Wölfen um mich herum demonstrierend und versuchte einen Überblick auf die Situation vor mir zu erhaschen. Zwar war ich schwach und könnte es mit keinem von ihnen aufnehmen, aber ich war nicht dumm. Wenn man sich unterordnete war man nicht gleich töricht. Mein Verhalten könnte durchaus als feige betitelt werden, doch von meiner Position aus boten sich mir andere Möglichkeiten.

Die gelben Augen bewegten sich auf uns zu. Mir entging nicht, dass dies dem Wolfsrudel zu meinen Seiten nicht gefiel, aber ebenso bemerkte ich, dass der Wolf vor uns humpelte. Durch die Lichtstrahlen, die sich ihren Weg durch die Baumkronen suchten, wurde sein oranges, blutiges Fell in Szene gesetzt. Nicht nur die auffällige Fellfärbung, sondern der beißende Geruch des Blutes, prägte sich schmerzlich in meinem Kopf ein.

Er sah nicht gut aus, schwer verletzt und dazu ein Verbannter. Die Vierbeiner neben mir kannten ihn, wussten wer er war. Vielleicht wussten sie sogar, was er wollte? Wenn mich mein Gespür nicht täuschte, dann war dieser todgeweihte Wolf einige Meter von mir entfernt bis zur letzten Nacht der Alpha dieses Rudels gewesen, das nun vom Pärchen angeführt wurde.

Die Option mit dem Machtwechsel war also durchaus wahr, wenn ich mich nicht irrte. Daran glaubte ich jedoch nicht, es stand für mich außer Frage. Aber was für ein Rangkampf ließ es zu, dass ein Alpha beinahe getötet wurde? Nur damit man seine Position einnehmen konnte? War dies nicht geradezu bestialisch?

Trotz seiner schier unerträglichen Schmerzen lief er ruhig dem Alphapärchen entgegen und versuchte mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Die Beiden fletschten allerdings die Zähne und warnten ihn, nicht einen Schritt näher zukommen.

Sie würden ihn sonst töten. Und er verstand dies.

Doch seine leuchtenden Augen trafen die meinen und ich fühlte weitaus mehr als nur sein Mitgefühl. Es war pure Ruhe, die er ausstrahlte. Obwohl dieser Wolf besiegt, zu Tode gerichtet und verbannt worden war, zeigte er keinerlei Spur von Wut, Zorn oder Missgunst gegenüber seinen Peinigern. Er wirkte vielmehr traurig, beinahe nostalgisch, als er sein Haupt zum Abschied senkte und schlussendlich kehrt machte.

Das Rudel folgte dem Alpha, der sich längst vom orangen Wolf weggedreht hatte, in die entgegengesetzte Richtung. Seine Gefährtin folgte ihm, mitsamt des gesamten Rudels. Eine ältere Wölfin trat schließlich vor mich, während ich nur perplex an Ort und Stelle hockte und diesem Wolf hinterher blickte. Sie wies mich an, mit ihnen zu gehen. Ich war nun ein Teil ihres Rudels, wie es aussah. Ein großes Stück meiner Mission hatte ich damit erfüllt und ich sollte mich freuen, doch in mir zog sich alles zusammen, als ich ihr hinterher lief.

Den orangen Wolf konnte ich bereits nicht mehr sehen, als ich mich ein letztes Mal nach ihm umdrehte. Er war fort.


*****

Hallo zusammen! Tut mir Leid, dass letzte Woche kein Kapitel kam. Diese Woche bin ich allerdings zum Schreiben gekommen, wie man sehen kann. Für die nächsten Freitage versuche ich weiter voran zu kommen, aber ich kann leider nichts versprechen, da ich durch mein Studium aktuell viel beansprucht werde.
Aber ich werde mein Bestes geben und hoffe, dass es euch nicht das Lesen verdirbt, weil es so unendlich lange dauert. Danke fürs Lesen und die Unterstützung!

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