Zivilisation

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Ich erinnere mich nicht mehr, wie es auf dem Meer war. Ich weiß nur, dass Wolfy mich an Land gezogen hatte und mir damit das Leben rettete. Eine Frau, ich kann sie nicht beschreiben, weil ich sie nur verschwommen wahrnahm. Sie schien Angst vor Wolfy zu haben. Sie hob mich auf ihren Arm und brachte mich zu einem Arzt. Ich kannte noch keine Ärzte, also war das alles eine ganz neue Erfahrung für mich. Doch, wo war Wolfy. Der Arzt, der mich untersuchte wurde immer klarer. Suchend und ängstlich sah ich mich um. "Wonach suchst du, kleine?", fragte der Arzt. "Wolfy!", brachte ich mit großer Mühe hervor. "Der Wolf, von dem ich erzählt habe!", erklärte die Frau. Ich nickte. "Die kleine ist mächtig verwirrt!", meinte der Arzt und strich sich seinen Bart. Auf einmal hörte man ein poltern, dann einige Schreie von anderen Patienten. Aber das Tapsen, dass dann kam, kannte ich nur zu gut. Ich strahlte. Wolfy warf die Tür auf und stürzte sich auf mich. Ich sprang von dem Behandlungstisch herunter und umarmte ihn. "Was zum-", brachte der Arzt hervor. Ich hatte erst vor einem Jahr erfahren, dass Wolfy ein Wolf war. Ich hätte nie gedacht, dass ich einen so passenden Namen ausgewählt hatte.

Noch immer trug ich keine Kleidung und der Arzt besah sich, nachdem ich mich beruhigt hatte, mit entsetzen meine Wunden, von denen die eine noch sehr frisch war. Er rief einen Krankenwagen und so wurde ich ins Krankenhaus gefahren. Wolfy durfte mich "Ausnahmsweise", wie die Notärzte es nannten, begleiten. Das Krankenzimmer, in das ich gebracht wurde, hatte zwei Betten. Eines davon sollte Wolfy belegen, aber Wolfy schlief lieber bei mir.

Nach zwei Wochen, in denen ich mich schneller, als jeder andere Patient je zuvor, von so schweren Wunden erholt hatte, brachte man mich in ein Waisenhaus. Ich konnte ihnen nur so viel sagen, dass meine Eltern schon lange Tod waren. Weil ich meine Stimme so wenig benutzte, konnte ich nur wenig sprechen, so blieb diese eine Information auch die einzigste. Sowohl für die Ärzte, als auch für die Polizisten, war ich ein einziges Rätsel.

Ich weiß, diese Teile meiner Geschichte ist schnell erzählt, aber es ist auch nicht so viel passiert. Das Waisenhaus, in das ich gebracht wurde, war ein wirklich modernes Gebäude. Das Haus war gerade erst renoviert worden, erfuhr ich durch ein Gespräch mit dem Leiter des Waisenhauses und meinem Fahrer. Das Waisenhaus lag direkt neben der Schule, in das ich in ein paar Monaten gehen würde. Im Krankenhaus waren mir bereits Klamotten gegeben worden. Ich hatte seit Jahren keinen Pullover mehr Angezogen, so mussten mir die Ärzte helfen. Jedenfalls bekam ich in dem Waisenhaus ein Einzelzimmer, weil ich mich strikt weigerte, Wolfy freizulassen.

Ab jetzt begann eine etwas ruhige Zeit. Die anderen Waisenkinder hatten Angst vor mir. Nicht zuletzt wegen Wolfy und meiner Narben. Aber auch, weil ich nie ein Wort sprach. Die Kinder glaubten, dass ich nicht sprechen könnte, aber das war mir nur Recht. Ich wollte nicht noch einmal mit Menschen in Kontakt kommen. Weil ich das Gebäude nicht besonders weit verlassen durfte, weil die Leiter Angst hatten, ich könnte abhauen, blieb ich in meinem Zimmer. Nur Nachmittags von 3-5 machte ich immer einen Spaziergang mit Wolfy, einfach, um mal an die frische Luft und von den Menschen weg zu kommen.  Dann eines Tages, kurz nachdem ich 6 geworden war, kam ich in die Schule. Es war kein großer Unterschied zum Waisenhaus. Die Leute mieden mich und ließen mich in Ruhe. Nur die Jungs ärgerten mich regelmäßig. Ich sei ein dummes Waisenkind, dass nicht einmal sprechen kann. "Ihr geht mir am Arsch vorbei!", sagte ich daraufhin und kletterte auf den nächsten Baum. Die Jungs hatten sich verdutzt angestarrt. Schließlich dachten sie, ich wäre stumm. Dann kamen sie zu dem Schluss, dass sie sich das nur eingebildet hatten und zogen ab. Der Baum würde in den nächsten vier Jahren meine Pause sein. Ich würde dort nachdenken, zeichnen und meine Geschichte aufschreiben...

Und jetzt? Jetzt bin ich auf dem Gymnasium und sitze in der Mensa. Mittlerweile habe ich das meiste bereits aufgeschrieben. Aber ich trug das Buch dennoch mit mir herum. Dann und wann las ich darin. Im Waisenhaus hatte man mir geholfen, lesen und schreiben zu lernen, wenn auch nur selten und dann durch Zwang. Außerdem brachte man mir das schwimmen bei. Es klingelte. Der Unterricht würde gleich beginnen. Leise stand ich auf und ging in die Klasse. "Am Montag bekommen wir einen neuen Mitschüler!", sagte uns Frau Friedenhoff und starrte in die Runde. Und wenn schon. Noch ein Junge, der meinte, es wäre lustig mich zu beleidigen. Wie sehr ich mich täuschte. Er würde mich keineswegs ärgern, er würde mich hassen, verachten und denken, ich wäre ein Mörder.

An meiner neuen Schule, wusste keiner, dass ich ein Waisenkind war. Das einzigste was sie wussten, war, dass ich stumm war (zu mindestens glaubten sie das), dass ich Mary hieß und einen Wolf besaß. Obwohl ich es vorzog, dass er mein Freund war, nicht, das ich ihn besaß. Wenn er wollte, dürfte er gehen. Aber er blieb bei mir. Er war meine Familie und mein einzigster Freund. Und weil er das war, half er mir hier zurecht zu kommen. Hier in der mordernen, zivilisierten Welt.

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