Achter Eintrag

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Der Mittwoch kam schneller als ich dachte. Gerade erlöste uns der Gong von der letzten Stunde und kündigte das lange Wochenende an. Ich packte noch meine Englisch Unterlagen ein, als Vic noch kurz bei mir stehen blieb.
»Heute Abend 19 Uhr. Ich komm dich abholen«, sagte er kurz.
»Ich muss zum Bus. Bis später.«
Er schien keine Antwort zu erwarten, denn er war verschwunden ehe ich noch etwas sagen konnte.
Ich verließ den Englischsaal als letztes und unsere Lehrerin schloss mit einem gestressten Gesichtsausdruck den Raum ab und eilte schnell in Richtung Lehrerzimmer davon. Ich begab mich in Richtung Hauptausgang. Die meisten Schüler waren schon draußen, aber ein paar waren noch auf den Gängen. Standen noch in kleinen Gruppen und verabredeten sich oder redeten noch mit Lehrern über Noten, Unterrichtsthemen oder einfach nur Smaltalk. Ich achtete gar nicht darauf und lief einfach weiter. An der Haltestelle achtete ich nicht weiter auf die Alberheiten von Simon und den anderen der Gruppe und als der Bus endlich kam, versuchte ich einen Platz vorne zu bekommen, um möglichst nicht bei den Idioten zu sitzen.
»Kannst dich zu mir setzen«, sagte neben mir jemand und ich sah in das Gesicht eines jüngeren Mädchens, die mich freundlich ansah und mit ihrer linken Hand auf den freien Platz klopfte.
»Meinst du mich?«, fragte ich verwirrt.
»Ja. Komm und setz dich schnell. Du blockierst den Gang«, antwortete sie.
Ich setzte mich schnell neben sie und der Schülerstrom lief weiter. Ein paar Leute von dort aus wo ich gestanden hatte fiel mir ein Junge auf, der in etwa das Alter des Mädchens hatte und mit einem sehr unfreundlichen Blick zu ihr schaute. Irgendwas an ihn erinnerte mich an Manuel, er hatte diesen seltsamen, schelmischen Glanz in den Augen. Da wurde es mir klar: er war ihr Mobber. Zum Glück war um uns herum kein Platz und er ging weiter nach hinten durch. Ich wusste nicht recht, ob ich das Mädchen darauf ansprechen sollte. Immerhin war es ihre Angelegenheit und nicht meine.
»Du hast ihn auch gesehen, oder?«, fragte sie mich so, dass ich es selbst kaum hören konnte.
»Du meinst den Jungen in dem blauen Pulli mit dem Hollywood Aufdruck?«, fragte ich zurück und die nickte.
»Kannst du bitte so lange er im Bus ist neben mir sitzen bleiben? Er ärgert mich immer und ich glaube, wenn jemand wie du in der Nähe bist, traut er sich nicht.«
»Klar. Ich kann dich sehr gut verstehen.«
»Du meinst, wenn die ganze Klasse gegen dich ist und dich schikanieren?«, fragte sie und zog ihren Pulliärmel hoch. Ihr linkes Handgelenk war übersät mit blauen Flecken. Es schockte mich nicht, das zu sehen. Stattdessen zog ich als Antwort meinen rechten Ärmel hoch und zeigte ihr die Narben.
»Besser als du denkst«, sagte ich nur dazu.

Nachdem ich ausgestiegen war, winkte mir das Mädchen aus dem Fenster aus zum Abschied zu und ich winkte noch kurz zurück. Zum Glück hatte keiner der Anderen auf mich geachtet, sie waren zu beschäftigt damit schon nach Hause zu laufen. Auch ich trottete über den Bürgersteig in Richtung unserer Wohnung. Das Wetter: bewölkt und windig, wie meine Gedanken.
Nebelig und undurchschaubar, aber immer in Bewegung. Ich dachte über das nach, was das Mädchen mir im Bus über sich erzählt hatte. Im Gegensatz zu mir, wurde sie aufgrund ihrer Tagträumereien und ihrer schier unbändigen Fantasie ausgegrenzt und geärgert. Das die deshalb ein Außenseiter war, damit konnte sie leben, aber warum ihre Mitschüler sie verletzten war ihr ein Rätsel. Wie ich hatte sie versucht mit Lehrern und Eltern einzugreifen, aber wie bei mir: Fehlanzeige.
Nur einmal eine kurze Pause vorm Ärger, dann ging es genauso weiter wie vorher. Aber sie wusste sich auch noch anders zu helfen, anders als ich.
Während ich so in meinen Gedanken versunken war, war ich am Haus angekommen, ging rein und die Treppe hoch. Wie so ziemlich jeden Tag das gleiche Spiel. Als ich die Tür öffnete erwartete mich eine ungewohnte Stille. Mein Vater hatte endlich wieder einen kleinen Job und arbeitete jetzt von Mittags bis in die Nacht. Sollte mir Recht sein. Auf die Hausaufgaben konnte ich zum Glück erstmal getrost verzichten. Ich schmiss den Ranzen in die Ecke meines Zimmers und machte mein Handy und die Stereo Anlage bereit. Ich hatte vor mir Inspiration für den Song von mir, Flo, Ju und Vic zu holen, indem ich Gitarre spielte. Schnell schloss ich meine E-Gitarre in den kleinen Verstärker und verband mein Handy via Bluetooth mit der Anlage. Dann mit ein bisschen Startverzögerung startete ich eine Playlist. Master of Puppets startete und ich war sofort in meinem Element. Ich spielte den Song mit, als hätte ich nie etwas anderes getan. Es schien, als würde die Welt um mich herum verschwinden und um mich gäbe es nur die Musik und meine Instrumente. Hier war ich frei. Es gab keine Schmerzen, kein Scheißleben und keine Idioten. Keine vermüllte Wohnung, kein Geld, dass wir brauchten, keine Ängste... nur Freiheit und Einklang. Das war meine Welt. Hier konnte ich der sein, der ich sein wollte. Ich spielte ein Lied nach dem anderen ohne groß darüber nachzudenken. Down with the Sickness, Highway to Hell, Like a Stone, Smoke on the Water, Stairway to Heaven, The Wall...
Irgendwann dann, da hatte ich plötzlich das perfekte Riff gefunden um den Song abzurunden. Ich stellte die Musik ab und begann damit, an dem gefundenen Riff rumzupfeilen und schon bald entwickelte sich aus den paar Akkorden ein ganzes Gitarrensolo. Ich griff schnell nach Papier und Stift und schrieb es alles auf. Zufrieden sah ich auf meine Arbeit und ließ es mir durch den Kopf gehen. Ja. Das war etwas, worauf ich stolz sein konnte. Mittlerweile war es vier Uhr geworden und mein Magen meldete sich. Doch bevor ich in die Küche ging, schickte ich Flo ein Bild meiner Arbeit. Bevor ich dazu kam, überhaupt mit dem Warmmachen meines Essens anzufangen, musste ich erstmal das Schlachtfeld von Müll aufräumen. Seufzend machte ich mich an die Arbeit. Als ich das ganze Geschirr, die leeren Bierflaschen- und Dosen und dann noch ein bisschen sauber gemacht hatte, vergingen gut 40 Minuten. Wieder einmal staunte ich über unser Talent eine Küche innerhalb kürzester Zeit in eine Müllhalde zu verwandeln. Sad but True. Naja, wenigstens konnte ich endlich etwas essen. Ich begann damit mir die Essensreste von gestern warm zu machen. Dann sah ich mal auf mein Handy. Flo hatte eine neue Nachricht geschickt.

Hab's mal gespielt. Klingt richtig gut! Du kannst das bestimmt noch besser als ich! Komm morgen oder so mal zu mir. Ich schreibe Ju und Vic noch an 😉

Ich lächelte zwar nur über die Nachricht, aber innerlich gab ich mir einen Schulterklopfer. Das war endlich etwas, was ich gut konnte. Schule verkacken, musikalisch durchstarten. Wie so oft einer meiner Gedankengänge. Als das Essen endlich warm war klatschte ich es mir auf einen Teller und aß dann auch endlich mal.

Es war kurz vor 19 Uhr, als Victor klingelte. Ich betätigte den Türöffner und ließ die Wohnungstür offen stehen, damit er rein konnte. Eigentlich habe ich gesagt, er sollte mir einfach schreiben, wenn er unten steht, aber er hat darauf bestanden mich von der Wohnung abzuholen. Nun gut, sollte mir recht sein. Kurz darauf trat er auch ein.
»Hey, was geht!«, rief er fröhlich und sah sich etwas um.
»Ganz nette Wohnung«, merkte er noch an.
»Solange sie nicht von Dreck überflutet ist ist sie in Ordnung«, antwortete ich und überprüfte nochmal, ob ich mein Handy, meinen Geldbeutel und den Haustürschlüssel einstecken hatte. Alles befand sich in meiner Jackentasche.
»Komm, lass uns gehen.«
Ich schloss die Tür ab und zusammen gingen wir raus. Es war schon dunkel und die Straßenlaternen flackerten in der leicht nebeligen Nacht. Wir liefen ohne groß zu Reden zur Bushaltestelle.
»Darius, ich wollte dir noch sagen, dass egal was ist, ich so gut es geht auf dich aufpassen werde«, sagte er mit leiser, aber doch kräftiger Stimme zu mir.
»Okay, das klang jetzt sicher total komisch und kitschig...«
»Naja, immerhin hab ich jemanden zu dem ich kommen kann, wenn etwas ist«, kommentierte ich nur.
»Ich hoffe, es passiert nichts und danach bessert sich zumindest deine Lage etwas.«
»Akzeptieren werden sie mich sowieso niemals«, entgegnete ich nur kühl.
»Sag doch sowas nicht!«, versuchte er mich zu... tja, wie ich das nun nennen sollte, wusste ich nicht. Trösten war es nicht und sonst viel mir kein Wort ein, dass es treffen würde. Hoffnung machen? Keine Ahnung.
»Du bist doch sonst immer so... positiv eingestellt...«, versuchte er es zu erklären, wusste wohl aber nicht weiter. Aber selbst wenn er gewusst hätte, was er sagen wollte, hätte ich ihn hier unterbrochen. Sein Satz ließ Wut in mir hochkommen.
»Sehe ich so aus, als wäre ich immer positiv drauf? Alter! Ich wollte mich vor ein paar Jahren umbringen und hätte es auch durchgezogen, wenn es nicht zumindest zwei Menschen gegeben hätte, die mir Liebe und Zuneigung schenkten! Ihnen wollte ich keine Schmerzen zurückgeben!«, fuhr ich in rasend an und er ging sichtlich überrascht und erschreckt einen Schritt zurück. Warum ich ausrastete, war verständlich, aber trotzdem wusste ich nicht genau, warum ich wütend wurde. Es war ja normal nicht meine Art gleich komplett die Beherrschung zu verlieren. Ich versuchte irgendwie wieder ruhig zu werden, aber mein Ärger pulsierte immer noch in meinen Adern und innerlich sprühte ich Funken.
»Darius...ich wollte dich keineswegs verletzen...«, setzte er an, doch ich schnitt ihm wieder das Wort ab.
»Hast du aber!«
Verdammt nochmal! Komm runter!
»Ich meine es wirklich ehrlich...«
»Du hast ja nicht den Hauch einer Ahnung was ich durchgemacht habe! Du hattest immer Freunde und Familie, die für dich da waren! Mein Vater hat sich nicht um mich gekümmert, meine Mutter ist für mich unerreichbar und Freunde hatte ich auch nie! ...«
Bevor ich noch irgendetwas sagen konnte schlug ich mir die Hände vor den Mund und wagte es nicht sie von dort wegzunehmen, bis ich mir sicher war, dass ich wieder ruhig war. Großer Gott, was war bloß in mich gefahren?! Ich hatte meinen mehr oder weniger einzigen Freund einfach angeschnauzt, ohne es zu wollen! Was war los mit mir?
»Darius? Ist... - Ist alles in Ordnung mit dir?«, fragte Vic vorsichtig, doch alles was ich tun konnte war ein Kopfschütteln zurückzugeben. Nein. Nichts ist in Ordnung, und ganz bestimmt auch nicht mit mir.
»Es tut mir Leid... Ich weiß nicht, was gerade mit mir los war...«, nuschelte ich zwischen meinen Händen hindurch.
»Geht es dir gut?«, fragte er besorgt und ganz ehrlich: ich fühlte mich überhaupt nicht gut.
In meinem Kopf brummte es wie verrückt und irgendein Gefühl, welches ich nicht beschreiben konnte, nagte an meinem Herzen. War es Reue? War es Trauer? Ich fand einfach keine Antwort.
»Du bist ja kreidebleich! Komm, du solltest dich setzen«, entschied der Junge und führte mich zum Bushäuschen und half mir beim Hinsetzen, ehe er sich neben mich setzte. Ich entschied mich auch endlich mal die Hände von meinem Mund wegzunehmen, krallte mich stattdessen aber an der Sitzbank fest.
»Wenn es dir nicht gut geht, solltest du lieber daheim bleiben«, empfahl er mir.
Entschieden schüttelte ich den Kopf:»Dann heißt es doch nur, dass ich gekniffen habe.«
»Das ist doch egal, wenn du wirklich krank wirst!«
Wo er Recht hatte hatte er Recht. Trotzdem wollte ich mich nicht überreden lassen.
»Warten wir einfach kurz ab. Mir geht's bestimmt gleich wieder besser...«, murmelte ich nur.
»Wie du willst, aber sag nicht, ich hätte es dir nicht gesagt«, murrte er nur, sah mich aber besorgt an.
Ich hingegen merkte, mit mir war ganz und gar nichts in Ordnung. Mein Kopf pulsierte und die Schmerzen waren schon an der Grenze zu unerträglich. Woher waren diese Kopfschmerzen nur auf einmal gekommen? Lag das an meinem seltsamen Aufreger? Egal wie auch immer das jetzt passiert war, hoffentlich hörte es bald auf. Nach einigen Minuten des Sitzens und durchatmen merkte ich, dass es schon nicht mehr so schlimm war und als auch der Bus wenig später kam, ging es mir soweit wieder gut. Bis wir da waren, ging mein Kopfweh sicher weg. Vic und ich setzten uns nebeneinander, schwiegen aber die ganze Fahrt über. Ich merkte, dass ihn irgendetwas bedrückte, traute mich aber nicht, ihn darauf anzusprechen. Ich vermutete, er dachte über vorhin nach. Was auch immer gerade los war, ich hoffte, dass es nie wieder passierte. Wir stiegen nach ein paar Stationen aus und liefen das letzte Stück zu Fuß durch das Viertel. Es war auch für eher wohlhabendere Menschen mit den großen Häusern und den gepflegten Gärten. Überall war es relativ ruhig, außer in einem Haus, welches hell beleuchtet war und aus dem laute Musik zu vernehmen war. Das war definitiv unser Ziel. Als wir dann dort waren, erkannte ich nicht sonderlich viel, da es schon relativ dunkel war und das Licht von überall mich eher blendete, statt die Nacht zu erhellen. Als wir an der Haustür klingelten öffnete jemand und plötzlich wurde es schwarz um mich...

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Ich weiß, es hat ne halbe Ewigkeit gedauert bis dieses Kapitel endlich kam, aber ich hatte einfach so unglaublich viel mit der Schule zu tun! 🙇
Aber es hat sich gelohnt zu warten, da sich nochmal so einiges an meinen Noten getan hat (im guten Sinne) und ich teilweise das Kapitel auf den Kopf gestellt habe, um es mir selbst Recht zu machen.
Jetzt in den Ferien (ja, morgen bekomme ich Ferien \^-^/) werde ich VIEL Zeit damit verbringen sämtliche Kapitel aufzuholen 😅
Oben hab ich euch übrigens Down with the Sickness von Disturbed verlinkt.
Und vor allem jetzt wird es erst so richtig mit Darius abgehen 😁

Übrigens, das Mädchen aus dem Bus soll eine Art Reverenz, wohl eher Easter Egg, an ein anderes Buch hier von Wattpad sein. Es ist das Buch "Dream" von der guten Eulendream!
Mona, die Protagonistin, hat nämlich ein ähnliches Mobbingproblem wie Darius und das hat mir nochmal einen extra Ideenflash gegeben. Zudem wollte ich ein bisschen auf das Buch aufmerksam machen, da es einfach eine wahre Augenweide und Lesefreude ist! ❤

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