Erster Eintrag

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Es war, wie immer, ein gewöhnlicher beschissener Morgen. Ich stand um kurz vor sieben auf und sah aus dem Fenster. Kühl und nebelig. Ein typischer Herbstmorgen eben. Seufzend stand ich auf, holte meine Klamotten aus dem Schrank und lief durch den schmalen Flur ins Bad. Später musste ich eindeutig wieder sauber machen. Mein Vater war gestern wieder ziemlich besoffen gewesen und hatte gekotzt. Zum Glück nicht auf den Boden, sondern in die Duschwanne. Naja, duschen fiel heute erstmal aus...
Ich wusch mich kurz, zog mich an und kämmte meine strubbigen, dunklen Haare. Danach ging ich in die Küche um mir Frühstück zu machen.


Sobald ich aber sah, wie die wieder aussah, überlegte ich mir, einfach etwas am Schulkiosk zu kaufen. Hier sah es nämlich wieder aus wie auf einem Schlachtfeld. Überall lag der Müll und Bierdosen und Flaschen standen einfach überall herum. Da ich aber trotzdem hungrig war, kramte ich aus dem Kühlschrank einen Joghurt raus. Während ich aß warf ich einen Blick zum gegenüberliegenden Wohnzimmer. Dort sah es nicht viel besser aus als in der Küche...
Mein Vater lag schlafend auf der Couch und schnarchte vor sich hin, während sich um ihn nur Flaschen von Alkohol stapelten. Mann, da fehlte nur noch das unterernährte Haustier und wir wären so ein typischer Harzer Haushalt. Und als wenn meine Gedanken diesen Morgen nicht noch deeper gehen könnten, überlegte ich ernsthaft mich mal wieder zu ritzen. Allerdings hatte ich mich eher wieder besonnen, als das ich dazu kam. Zudem war eh nicht genug Zeit gewesen dafür. Der Bus kam bald. Ich hätte zwar schwänzen können, aber Probleme hatten wir schon genug.

Ich schmiss den leeren Joghurtbecher in den Müll und lief in mein Zimmer um meine Sachen zu holen. Ich zog meine Jacke und meine Schuhe an, warf meinen Ranzen über die Schulter und nahm meinen Gitarrenkoffer. Die Gitarre würde ich heute für Musik brauchen.
Bevor ich das Haus verließ, nahm ich noch mein Handy vom Ladekabel und steckte es in die Jackentasche zu meinen Kopfhörern. Leise ging ich durchs Treppenhaus, um die Nachbarn nicht zu wecken, nach draußen in Richtung der Bushaltestelle, die ein paar Straßen weiter war. Die Kälte legte sich wie ein kalter Schatten über mich und durch den Nebel konnte man keine hundert Meter weit schauen. An der Haltestelle waren schon recht viele Schüler aus der Gegend da, jedoch stiegen nicht alle in meinen Bus. Von den Schülern meiner Schule sah ich nur Tara, Jonas, ein paar Jungs aus unserer Parallelklasse und vor allem jüngere Schüler unserer Schule, allerdings tummelten sich hier auch Schüler anderer Schulen, die ich nicht kannte.


»Ey, Harzer, geh aus dem Weg oder muss ich nachhelfen!«, feixte jemand hinter mir und ehe ich mich bewegen konnte, wurde ich auch schon von Simon kräftig weggestoßen, sodass ich ins Gebüsch stolperte, und er und Marvin drängelten sich vorbei zu den Anderen.
Und ja. Ich wurde von vielen als Harzer beschimpft. Kein Wunder wenn die Eltern sich verkrachen, die Mutter weit weg zieht, der Vater seinen Job aufgrund seiner Alkoholsucht verliert und du einfach da mit drin bist und nicht rauskommst aus den Vorurteilen und dem Zustand wie du leben musst. Aber warum keiner in irgendeiner Weise mich oder meine Situation verstehen konnte, weiß ich auch nicht. Ich war schon von Anfang an das Opfer auf dem alle rumhackten. Etwas beleidigt trat ich wieder aus dem Gebüsch. Zu dumm, dass das alle gesehen hatten und einige über mich lachten. Oh Mann... Alleine deswegen wollte ich nicht hier sein... Nicht in dieser Schule, diesem Ort oder diesem Leben. In der Zeit, in der meine psychischen Probleme sehr schlimm waren wäre ich fast verhungert und ich hätte mich sogar fast selbst getötet. Hätte keinen gejuckt außer meine Mutter und meinen Musiklehrer.
Aber ich war noch jung und meine Zukunft sah wohl anders aus als meine Vergangenheit. Als der Bus dann endlich kam, stieg ich als Letzter ein und setzte mich auf einen freien Platz im vorderen Teil des Busses. Nachdem meine Hände nun frei waren, griff ich nach meinem Handy und den Kopfhörern und machte meine Playlist an, um den Krach aus dem hinteren Teil des Busses zu übertönen. Ich drehte fast auf volle Lautstärke, damit ich nur noch Beyond the Black lauschen konnte. Ich weiß, ganz laut Musik, vor allem Metal, zu hören, war eher nicht so gut, allerdings war es besser als sich das dumme Gelaber von Hinten anzuhören. Draußen zogen die nebelbedeckten Straßen vorbei und man sah hin und wieder einige Schulkinder, die zur Schule liefen. Auch der ein oder andere Passant ließ sich blicken. Aufgrund des Nebels beschlug die Fensterscheibe bald und einige Schüler malten Smileys und Tic-Tac-Toe Spiele daran. Für mich war das eher uninteressant. Ich sah lieber mit getrübten Blick nach draußen in die kalte, aber schöne Welt des Herbstes. Trauriges und langweiliges Leben bisher, nicht? Wird noch deprimierender und langweiliger, keine Sorge...

Mit der Zeit füllte sich der Bus und bald erreichten wir unsere Schule. Ich nahm meine Kopfhörer aus den Ohren, nahm meinen Gitarrenkoffer und stieg aus und ging über den Schulhof in Richtung des Gebäudes, als...
»Hey, Harzer!«, hörte ich die Stimme von Manuel und ehe ich mich umsah, sah ich nur noch einen braunen Brocken auf mich zu fliegen. Die kalte, klebrige, nasse Masse traf mich an der Backe und platschte nach unten auf den Boden. Die Anderen lachten nur.
»Na, wie hat dir die Schlammbombe geschmeckt?«, fragte Sina schelmisch grinsend.
Mit einem genervten Laut ging ich einfach weiter in das Schulgebäude runter in den Keller. Ich hoffte dort unseren Musiklehrer zu finden, damit ich meine Gitarre verwahren lassen konnte. Glücklicherweiße war der Raum offen und  Herr Weißner war anwesend.
»Morgen Darius. Was kann ich für dich tun?«, fragte der Mann mich ruhig.
»Ich wollte meine Gitarre für später abstellen. Ist das in Ordnung?«
»Nur zu«, nickte er und sah mir nach, wie ich die Gitarre im hinteren Teil des Raumes abstellte. Als ich das getan hatte und wieder auf die Tür zusteueuerte, hielt er mich auf.
»Alles klar?«, fragte er.
Ich blickte seufzend zur Seite.
»Alles wie immer...«
Auch Herr Weißner seufzte und kratzte sich an seinem haarlosen Kopf.
»Du weißt, du kannst immer zu mir kommen, wenn du willst. Ich kann, so leid es mir tut, nichts ändern. Du weißt, es gab schon mehrere Klassenkonferenzen, aber wir können da nichts machen.«
»Ich weiß, dass sie es versucht haben. Wenn was ist, komm ich zu ihnen«, versprach ich und ging raus und hoch zum Klassensaal. Jetzt hätten wir erst mal Religion und ich musste in die katholische Gruppe von Herr Zichner.

Dieser Lehrer war wohl das, was man einen alten, perfektionistischen Spießer nennen würde. Er kam jeden Morgen mit seiner uralten Bibel unterm Arm geklemmt in die Klasse und forderte uns immer auf irgendwelche Verse zu können. Eigentlich war ich keiner Religion zugehörig, also Interessierte mich das alles einen Scheiß, aber ich bin hier rein gekommen, weil der Ethik Kurs voll war und hier noch ein Platz frei war. Warum es mich traf? Keine Ahnung. Ich würde sagen: "Zufall".
Es war eine Minute vor acht als ich mich auf meinen Platz setzte und acht, als ich mein Zeug ausgepackt hatte. Da kam auch schon unser Lehrer. Nach der Begrüßung legte ich einfach meinen Kopf gelangweilt auf den Tisch. Von meiner Backe kratzte ich noch Schlammreste. Das machte mich irgendwie wütend. Seit circa 10 Jahren war ich einfach ein Opfer und ich konnte nichts tun um mich zu wehren...
»Darius!«, donnerte die Stimme von unserem Lehrer vor mir und ich zuckte vor Schreck zusammen. Dann sah ich langsam auf. Die alten, graublauen Augen von Herr Zichner sprühten fast Funken und sein faltiges Gesicht hatte einen wütenden Ausdruck.
»Sag den Vers!«
»Welcher war das nochmal?«, fragte ich vorsichtig.
Böser Fehler...

Der alte Mann packte mich am Arm und zog mich daran hoch, sodass ich aufstand. Dann zog er vor der ganzen Klasse meinen Pulliärmel runter, sodass jeder meine Narben vom Ritzen sehen konnte. Einige lachten, weil ich mehr oder weniger vom Lehrer gedisst wurde, andere sogen scharf die Luft ein vor Schock. Und ich, ich war einfach nur wie versteinert.
»Soso, ziehst also immernoch die Mitleidsschiene. Statt dir selbst Narben zuzufügen um Mitleid zu erregen solltest du lieber mal lernen. Deine Noten werden immer Miserabler.«
Endlich reagierte ich wieder und zog meinen Arm aus seinem Griff.
»Die sind alle alt«, wisperte ich nur vor Scham. Ich spürte, dass mir die Tränen kamen. Verdammt! Ich darf doch nicht im Unterricht heulen wie in der Grundschule oder so!
»Und ich mach das nicht um...«
»Spar dir das Gerede. Ich kenne dich schon seit der Fünften Klasse und du machst das genau aus dem Grund«, hielt er dagegen und wand sich ab.
»Benedikt, bitte.«
Langsam und geknickt setzte ich mich wieder, während ein Junge aus meiner Parallelklasse den richtigen Vers zitierte.
Sogar einigen Lehrern war ich egal. Unfassbar, oder? Ich versuchte mich zu beruhigen und wischte mir die Tränen weg. Ich war doch die letzten Wochen stark gewesen...

Nach der Stunde beeilte ich mich in den Physiksaal ein Stockwerk tiefer zu kommen, bevor ich dumm angemacht wurde. Doch bevor ich den Klassenraum verlassen konnte, wurde ich vom Lehrer zur Seite gezogen. Na toll...
»Darius, warum bist du überhaupt hier, wenn du doch kein Interesse am Unterricht hast?«, fragte er kühl.
»Das wissen sie doch. Ich wurde hier reingesteckt weil im Ethik Kurs kein Platz mehr ist«, sagte ich kleinlaut.
Er seufzte enttäuscht.
»Darius, hier in diesem Kurs haben alle gute Leistungen und ein vorbildliches Verhalten an den Tag zu legen. Du bist hier das schwarze Schaf.«
»Als ob ich hier der Einzige bin der nicht an den ganzen Quatsch aus der Bibel glaubt und schlechte Noten hat...«
Das war eine schlechte Idee gewesen. Herr Zichner war von der Bibel und Gott und so total überzeugt und vor ihm das zu leugnen war ein fataler Fehler, noch dazu, wenn man sowieso das Opfer von allen ist.
»Deine Eltern werden von mir hören!«, zischte er und ich machte das ich wegkam.
Und da ich wegen dem Gespräch auch noch zu spät in den nächsten Unterricht kam, hatte ich gleich wieder ärger am Hals. Nach einer Stunde Deutsch und einer Stunde Mathe war endlich mein Lieblingsfach da: Musik.

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Tschuldigung für die Verspätung 🙇
Oben der Song heißt Songs of Love and Death und ist von der Deutschen Symphonic Metal Band Beyond the Black. Das Kapitel von dieser Woche kommt auch noch.

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