Mittwoch - 8.2 - Dom und eiserner Steg

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Don't forget - it's fiction!

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Ich erzähle den Jungs ein bisschen was Allgemeines über den Kirchenbau früherer Jahrhunderte und frage dann wie gewohnt nach.
"Möchtet ihr gerne reingehen? Ich möchte euch das nicht aufdrücken. Solche Dome sehen auch drinnen toll aus. Aber ihr müsst das wollen."
Ich ernte Kopfschütteln.
„Du hast komische Ideen!"
Jin kontert und zeigt mir einen Vogel.
„Natürlich wollen wir! Und wehe, wir singen nicht!"
Während wir uns zum Eingang begeben, dämpfe ich seine Erwartungen etwas.
„Erstens kann es sein, dass der Dom zu ist. Zweitens kann es sein, dass wir nicht alleine sind. Und drittens ist es mir ganz wichtig, dass das Singen in einer Kirche nicht zum Konzert wird oder als netter Akkustik-Test endet. Singen speziell in einer Kirche ist für mich reines Gebet. Wir müssen abwarten, ob das möglich ist."
Der Dom ist offen, wir gehen durch den Vorraum in das Hauptschiff mit den schlanken, roten Säulen, den schmalen hohen Fenstern und dem zierlichen Kreuzgewölbe in schwindelnder Höhe. Staunend legen die Jungs die Köpfe in den Nacken und versuchen zu verstehen, wie ein so großes Gebäude auf so wenig „Trägern" stehen bleiben konnte. Ich vertröste sie dazu allerdings auf zu Hause, denn wir haben ein Bilderbuch, dass das ganz toll erklärt. Jetzt noch eine Architekturvorlesung auf Englisch - das wird mir zu viel.

Auch hier sind wir alleine. Und ich gehe mit den Jungs langsam durch den Mittelgang nach vorne bis zum Altar unter der Vierung. Wir sind ganz still dabei, nur unsere Schritte sind zu hören. Ich lausche in mich hinein, ob ein Lied in mir klingt. Wie so oft taucht als erstes das Magnificat aus Taizé aus meiner Seele auf. Noch während des Laufens beginne ich, das Lied zu summen, und nach ein paarmal stimmen die Jungs mit ein. Als wir vorne angekommen sind und die Jungs genug das hohe Gewölbe der Vierung bestaunt haben, gehe ich zum eigentlichen Text des Liedes über. Automatisch sortieren sich die vier gewohnten Kanongruppen, während wir im Kreis um den Altar landen. Die Weite des Doms trägt unsere Stimmen und vervielfacht den Klang. Es klingt wunderschön. Ich halte inne und übersetze den Text. Es ist mir wichtig, dass die Jungs wissen, was sie da summen. Dann singen wir wieder, und der wundervolle Kanon erfüllt den Dom mit den tragenden Männerstimmen. Wir drehen uns um und singen in die vier Kirchenschiffe hinein. Ohne Blickkontakt mischen sich unsere Stimmen weiterhin - wir sind aufeinander eingestimmt. Als ich das Gefühl habe, dass Jimin unsere Stimme sicher singen kann, gebe ich ihm ein Zeichen, alleine weiter zu machen, entferne mich ein paar Schritte ins Hauptschiff und stimme dazu den Sekundärkanon an, der sich mit längeren Tönen darüber legt. Und die Jungs haben noch nicht genug. Mit Blicken einigen sie sich, wer weiter singt und wer zu mir kommt. Bald singen wir die beiden Kanonen 8-stimmig übereinander, nun wieder gemeinsam am Altar. Unsere Töne und unsere Herzen schweben mit diesem „meine Seele erhebt den Herrn" zum Gewölbe empor.

https://www.youtube.com/watch?v=kfhvLjJ1wdQ

Es ist ein Genuss, mit so geübten Sängern zusammen zu musizieren. Und so lassen wir unseren Gesang erst nach bestimmt zehn, zwölf Minuten ausklingen. Eine ganze Weile stehen wir einfach still da und lauschen dem Klang in uns nach.
Ich werde euch vermissen!!!

Wir schlendern noch durch den Dom, die Jungs bewundern die alten Skulpturen und Altäre in den Seitenkapellen, lassen sich einige christliche Symbole erklären - soweit ich selbst das weiß - und zünden dann tief in Gedanken versunken Kerzen an. Offensichtlich haben sie keine Probleme damit, sich dieser zutiefst christlichen Symbolik zu bedienen. Licht als Zeichen der Hoffnung ist international und interreligiös. Still und erfüllt verlassen wir schließlich den Dom.

Es ist nun Mittagszeit, und wir suchen und finden in einer Seitenstraße einen Italiener, der offen hat. Dort habe ich die meisten Chancen, etwas Essbares für mich zu finden. Da außer uns keine Gäste da sind, können wir einfach einige Tische für uns zur langen Tafel zusammenschieben und uns ganz ungezwungen benehmen. Der Küchenchef ist wahrscheinlich froh, dass er heute nicht ganz umsonst zur Arbeit erschienen ist, und erfüllt uns alle Extrawünsche. Die Jungs beschließen, nach koreanischer Art einfach ganz viele Gerichte und genug Teller zu bestellen. So kann jeder alles probieren. Und auch Jimin ist hungrig genug, um sich einmal durch die ganze Palette zu testen. Essen wird immer selbstverständlicher für ihn, was uns andere einfach nur glücklich macht. Satt und zufrieden lehnen wir uns zurück. Als es ans Bezahlen geht, zückt wieder einer der Jungs seine Kreditkarte und begleicht die Rechnung.

„Wieviel Energie und Lust habt ihr denn noch? Wir können endlos so weiter machen, aber irgendwann ist man ja nicht mehr aufnahmefähig ..."
Fragend schaue ich in die Runde.
„Ich würde gerne noch ein bisschen bummeln und filmen und dann noch eine kleine Sache sehen, die für die Stadt typisch ist."
Guk meldet diesen Wunsch an, und alle anderen nicken.
„O.K. - dann schlage ich vor, dass wir noch an den Fluss und auf den Eisernen Steg gehen. Die älteste Brücke ist aus dem 12. Jahrhundert, aber ein bisschen weiter weg. Der Eiserne Steg ist aus dem 19. Jahrhundert und ein sehr beliebter Ort für Liebespaare, die dort Schlösser ans Geländer hängen, den Schlüssel ins Wasser werfen und sich ewige Treue schwören."
Diesen Brauch kennen die Jungs aus Korea nicht, und so sind sie sofort neugierig. Wir machen uns auf Richtung Fluss und überqueren wieder den Platz vor dem Römer. Bei dem einzigen geöffneten Souvenirladen bleiben Jimin und Tae dann stehen, während wir anderen weiter schlendern. Sie können uns auf dem Platz ja nicht aus den Augen verlieren. Wahrscheinlich wollen sie ein paar Postkarten kaufen. Bargeld für sowas habe ich allen am Morgen gegeben. An der Nikolaikirche, dem steinernen Haus und dem Historischen Museum vorbei schlendern wir sehr gemütlich zum Mainufer und gehen direkt auf den Eisernen Steg zu. Kurz davor holen uns Taehyung und Jimin wieder ein. An der Brückenmauer bestaunen die Jungs die alten Tafeln, auf denen die Hochwasserstände der letzten Jahrhunderte eingraviert sind. Den Frankfurtern hat schon so manches Mal das Wasser des Mains bis zum Hals gestanden. Dann steigen wir die Treppen hoch.

Der Ausblick in alle Richtungen auf den Main, den Dom, die Bankentürme von „Mainhattan", den Fluss und das Museumsufer ist einfach toll. Aber fast noch mehr freuen sich die Jungs an dem schön geschmiedeten Geländer der eisernen Brücke und an den daran hängenden tausenden von Vorhängeschlössern. Kurz entziffern sie einige Daten auf den Schlössern. Doch ehe ich michs versehe, werde ich von allen Sieben umringt und zu einer Stelle gezogen, wo noch nicht so viele Schlösser hängen. Dort zaubert dann Jimin ein ziemlich großes rotes Schloss hervor.
Diese Schlingel! DAS wollten die also in dem Souvenirshop!
In allen diesen Shops kann man nicht nur diese Schlösser kaufen sondern sie auch gleich dort gravieren lassen. Und genau das haben sie getan.

Feierlich halten sie mir das Schloss und den passenden Schlüssel hin. Ich lese auf der einen Seite:J-Y-H-N-J-T-J, darunter T-M-M-S.
Schlau. So kann niemand außer uns wissen, wer gemeint ist.
Und auf der anderen Seite das Datum 20.-30.3.2018 und „LY" für die Love Yourself-Tour, aber vielleicht auch für das Thema, das uns in diesen Tagen so sehr beschäftigt hat. Ich kann nicht anders. Ich fange an zu heulen. Ich fange an zu fühlen, dass der Abschied übermorgen kein Abschied für immer sein wird. Dass wir nicht 'aus den Augen, aus dem Sinn' sein werden, sobald sie wieder in ihren Alltag eingetaucht sind. Dass wir und ich ihnen wirklich wichtig sind. Und das beschenkt mich grade mit fast unerträglichen Glücksgefühlen.
Geht das - unerträgliches Glück? Das geht!

Die Jungs sind erst sehr erschrocken über meine Tränen, fassen sich aber wieder, als sie mich durch die Tränen lächeln sehen. Nach einer kleinen Diskussion, welches der perfekte Platz für unser kostbares Siegel der Zuneigung ist, öffne ich das Schloss, lege es am Geländer an und lasse es feierlich zuschnappen. Da hängen 'wir' nun. BTS und meine kleine Familie, vereint durch eine lange Woche voller Ängste und Glück.
„Wer von euch kann am weitesten werfen? Ich bin das nämlich bestimmt nicht!"
Ohne zu zögern greift Hobi den Schlüssel aus meiner ausgestreckten Hand und drückt ihn Guk in seine Hand. Der grinst, nimmt Anlauf, holt aus und befördert den Schlüssel weit in den ruhig dahinfließenden Main. Weg ist er.

Nach einer weiteren Fotosession, die sich hier wirklich anbietet, spazieren wir schließlich wieder ans Ufer, vorbei an der St. Leonhardskirche und dem archäologischen Museum zurück zum Großen Hirschgraben, wo unser Auto auf uns wartet. Auf der Heimfahrt ist es sehr still im Auto. Ich spüre von hinten zwei Hände auf meinem Rücken. Hände von Menschen, die mir ganz nahe sein wollen und immer deutlicher fühlen, dass diese Zeit bald vorüber sein wird. Ich weiß auch grade gar nicht, wer da eigentlich sitzt. Für mein Gefühl sind es sowieso sieben Hände.

Zu Hause in der Tiefgarage wird wieder gesungen. Die Jungs fangen einfach an. Am liebsten möchte ich gar nicht weg hier, so schön klingt das. Der Tag in der Heimat meiner Kindheit zusammen mit ihnen war wunderschön und sehr erfüllt. Und wir haben noch einen Tag. Und zwei Abende. Und zwei Morgende.
Und dann ein großes Loch...

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24.11.2018 - 16.6.2019 - 30.10.2019
29.3.2020

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