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Kapitel 4

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          Ich erwachte in einem warmen weichen Bett, was ich ungleich einer kalten harten Zellenpritsche vorzog. Jemand hatte mich erlöst, und Korsage, sowie die drückenden Schuhe entfernt. Meine College-Mitbewohnerin hatte das nach einem betrunkenen Partyabend nicht mehr für mich gemacht. Was nur bedeuten konnte, dass ich nicht magisch zurück in meinen Studiumsjahren gelandet war, sondern meine Erinnerungen etwas anderes zurückhielten.

Jules Stimme, gedämpft durch eine Tür, half ihr allerdings auf die Sprünge.
Jules, der mit mir beim Widerstand gewesen war.
Und bei Nathaniel Cub-...

Oh shit.

Ich biss mir auf die Zunge, als die Worte des Mechanikers ein bisschen verständlicher wurden.
„Wirklich, es war allein meine Idee! Queenie wollte warten und-..."

„Der Grund ist mir gleichgültig. Siehst du nicht die Folgen? Sie liegt vermutlich mit einer Gehirnerschütterung in einer rückschrittlichen Welt und wir haben den Mörder unseres Schutzbefohlenen buchstäblich in sein Haus eingeladen."
Das war Forges.
Und er war nicht zufrieden.

Selbst noch im Halbschlaf verzog ich das Gesicht. Jules sollte nicht die Schuld alleine auf sich nehmen. Es war meine Verantwortung gewesen und ich hatte es versaut. Ich war für solche Abenteuer nicht ausgelegt und verzichtete dankend auf eine Fortsetzung. Vielleicht konnte ich in der Zeitkapsel warten, bis der Captain alles wieder ins Lot gebracht hatte. Dort richtete ich wenigstens nichts an weiterem Schaden an.

Ein merkwürdig scharfer Geruch stieg mir in die Nase. Er kitzelte und zwickte, bis ich es nicht mehr aushielt und mit einem wenig damenhaften Niesen die Augen aufriss.

„Oh, Sie sind wach, Miss!" Die Magd hatte wirklich keinen Grund so überrascht zu tun, wenn sie die Schachtel mit Schnupftabak immer noch in der Hand hielt.

Ich blinzelte, um mich besser in meiner neuen Umgebung zurechtzufinden. Ich befand mich in einem Zimmer mit erstaunlich hoher Decke. In meiner Heimatstadt hätte man ein Vermögen für so ein Apartment gezahlt, doch das Mobiliar war kitschig und alt. Der Schrank war eidottergelb gestrichen, mit weißen Verzierungen wie ein Dessert. In diesem Sinne passte er zu dem hellblauen Kostüm des Mädchens, mit all den Rüschen und den beinahe schon grellen Farben.

Oder kamen sie mir nur so vor, weil draußen auf der Straße alles braun und grau gewesen war? Ich konnte nicht weiter darüber nachdenken, weil mit meinem Versuch mich aufzusetzen auch die Kopfschmerzen zu neuem Leben erwachten und mir gefühlt ein zweites Mal einen Gummistock über den Schädel schlugen. Unter einem leisen Ächzen fuhren meine Finger hoch zu der Stelle und betasteten die empfindliche Haut.

„Warten Sie, Miss. Ich werde Ihnen etwas gegen die Schmerzen holen, nachdem ich Mr. Ives von Ihrer Genesung informiert habe", rief sie mit einem hastigen Knicks aus und eilte zur Tür. Wie sie in diesem bauschigen Irgendetwas an Kleidung durch den Rahmen passte, war mir ein Rätsel.

Ich wäre ihr außerdem dankbarer gewesen, wenn sie ihre Vorhaben in der umgekehrten Reihenfolge durchführen würde, kam allerdings nicht dazu, meine Bitte zu äußern, weil just im nächsten Moment Jules und Forges ins Zimmer gestürmt kamen.

Der Mechaniker war so schnell an meinem Bett, dass ich Probleme hatte ihm mit den Augen zu folgen.
Wenigstens trug er sein schlechtes Gewissen deutlich zur Schau.
„Quee-..." Ein mahnender Blick unseres Gruppenleiters ließ ihn seine Zunge verschlucken.

„Wir sind so glücklich, Euch wieder wach zu sehen, Miss Elizabeth", sprach der an Stelle seines Technikers mit besonderer Betonung auf meinem Namen, die seine aufgesetzte Höflichkeitsform noch befremdlicher machte.

Aha. Ich hatte es schlussendlich also doch in das Haus des Bürgermeisters geschafft. Meine Begeisterung blieb leider aus.
„Forges, es tut mir so leid, wir-...", wollte ich bereits zu einer Erklärung von Jules und meinem kopflosen Verhalten ansetzen, doch er brachte mich mit demselben bedeutungsvollen Starren zum Schweigen, das er vorher auch auf Jules angewandt hatte.

„Es ist an mir, mich zu entschuldigen, Miss. Ich hätte Euch niemals alleine lassen sollen. Was Euch die Rebellen angetan haben, ist wirklich fürchterlich und ich bin untröstlich, dass-..."
Bevor er mehr sagen konnte, wurde ein weiteres Mal an die Tür geklopft.

Die Ahnung wer das war, ließ mich bis auf die Knochen frösteln. Ich war noch nicht bereit. Ich wollte einfach nur heim. Obwohl ich bestimmt für mehrere Stunden bewusstlos gewesen sein musste, waren meine Muskeln schwer wie Blei und mein Gehirn eine zähe, arbeitsunwillige Masse.

Der Mann, der eintrat, passte genauso gut in dieses Zimmer, wie Forges und Jules es nicht taten. Er trug eine dunkelrote gemusterte Weste, eine schwarze Hose und einen Frack in einem ähnlichen Rot. Seine Statur war dabei nicht unähnlich unseres Captains, auch wenn ich den Verdacht hegte, dass die Lackschuhe einen kleinen Absatz hatten. Doch sein auffälligstes Erscheinungsmerkmal war dieser massive Schnauzbart, den er gekonnt nach oben gedreht hatte. Keine Frage, dieser Mann hatte Geld.

„Meine Herren", er nickte meinen zwei Begleitern steif zu, ehe sein schweifender Blick endlich bei mir endete. Etwas in meiner Mitte erzitterte unter der Intensität seiner dunklen Augen. Sie waren fürchterlich still, bohrend und doch aufmerksam. Er ließ sie langsam über meine komplette Erscheinung wandern, ehe er auch mir eine kleine Verbeugung in der Hüfte anbot.
„Miss Eliza, nicht wahr?"

Ich zwang ein schmales Lächeln auf meine Lippen, doch mein Kopf führte ganz spontan eine Säuberung durch, die mir den Zugriff auf sämtliche hilfreichen Antworten versagte. Wie eine unbewegliche Puppe saß ich gegen die Kissen gelehnt und hoffte auf ein Wunder. Der Empfang war nicht der eines Freundes der Familie.

Seine cleveren Augen verrieten ihn, doch er begriff auch genauso schnell, dass ich seine Begrüßung nicht erwidern würde. „Es freut mich natürlich, dass Ihr meiner Einladung gefolgt seid. Als ich Euch das letzte Mal sah, hattet Ihr noch rote Haare."

WAS?
Ich verfluchte, schlecht recherchierte Geschichtsbücher. Ich drückte mich tiefer in die Kissen hinein, in der Hoffnung ich könne einfach Teil von ihnen werden oder sie würden die blonden Locken verschlucken.

Bürgermeister Ives gab mir leider dazu keine Zeit.
„Und welch schreckliches Schicksal Euch widerfahren ist. Ich werde sogleich eine Nachricht an eure Mutter aufgeben und -..."

Dieser Gedanke ließ mich dann doch in Bewegung schrecken.
„Bitte nicht!"

Mein panischer Ausruf entriss dem Bürgermeister das Ende seines Satzes. Für den Bruchteil eines Lidschlages kniff er die Brauen skeptisch zusammen, doch dann ebnete sich sein Gesicht wieder zu einer freundlichen Maske.

Das Problem war, dass das Postsystem in Pria schnell und effektiv war. Es funktionierte mit Dampf, Kapseln und Röhren unter der Erde, die Nachrichten in nur einem Tag durch das ganze Land bewegten.
Ich konnte nicht ohne Zweifel sagen, ob der Mann mich testete, doch ich durfte es auch nicht riskieren. Wusste der Kuckuck, was Forges ihm aufgetischt hatte, dass ich jetzt in diesem Bett lag, doch ich würde die Chance nicht ganz so einfach in die Luft jagen.

„Bitte schreibt meiner Mutter nicht", stammelte ich wenig überzeugend hinterher, „Sie... Ihr... Ihr wisst doch sicher, wie schnell sie sich sorgt. Es wäre mir zu arg, wenn sie mich gleich am nächsten Tag zurückrufen würde."

Hinter dem Bürgermeister trat Jules nervös von einem Fuß auf den anderen. Ich hatte es mir also nicht eingebildet! Der Mann war skeptisch! Die Historikerin in mir fühlte sich herausgefordert. Über Elizabeth Cane gab sogar einen Liebesroman, der vielleicht zwei Leser in seiner gesamten Existenz gehabt hatte. Meine Mom und mich.

„Seit mein Bruder den Unfall bei einem seiner Tiefflüge hatte, sind ihre Nerven sehr angespannt", polierte ich meine vagen Erinnerungen an die tatsächlichen Fakten aus der Geschichte auf.

Etwas in der steifen Miene des alten Mannes tat sich. Es waren nur Details, wie sein Mund sich entspannte oder seine Augenbrauen sich weiteten, doch in meinen Jahren in unterschiedlichen Fandoms, die jede winzige Veränderung im Ausdruck eines Schauspielers deuten konnten, glaubte ich, sowas wie Erkenntnis zu sehen. Das, oder er hatte einen Schlaganfall. Ganz ausgereift war meine Technik noch nicht.

„So wie ich Eure Mutter kenne, wird sie es früher oder später auch so erfahren. Ich hoffe, Ihr steht auch dann noch an meiner Seite und verteidigt meine guten Intensionen", lächelte er. Der Bass seiner Stimme ließ seinen Schnurrbart zittern und der Knoten in meinem Magen löste sich. „Aber was rede ich da! Drei Gentlemen in Ihrem Schlafzimmer, kaum da Ihr eine Sekunde erwacht seid! Wir sollten Euch schleunigst ruhen lassen, damit Ihr uns beim Abendessen mit Eurer Anwesenheit beglücken könnt."

Er tauschte einvernehmliche Blicke mit... mit Jules? Doch keiner meiner Männer hatte Zeit mir eine Antwort zu geben, denn sie wurden von dem wiederkehrenden Hausmädchen förmlich herausgescheucht.

Eine halbe Stunde später hatte auch sie mich ebenfalls wieder verlassen, nachdem sie mir einen Eisbeutel und eine widerlich gelbe Medizin gegeben hatte, die mir eine Gänsehaut bereitete. Jetzt hing ein fürchterlich aufwendiges Kleid in meiner Ankleide, weil die Rebellen anscheinend auch meine Koffer gestohlen hatten. Zumindest glaube das Hausmädchen das. Was auch immer die mit Röcken wollten.
Ich stellte mir Jeter in einer Korsage vor und-...

Ein deutlich zaghafteres Klopfen riss mich aus meiner ernsten Beobachtung von Regentropfen auf der Fensterscheibe. Ich hatte längst Wetten abgeschlossen, welcher zuerst seinen Weg bis zum unteren Rand schaffen würde, doch die spannende Auflösung wurde mir versagt, als Bram in mein Zimmer schlüpfte.
Er sah gerade wie ein Schuljunge aus, der sich zurück ins Schulgebäude stahl.

Mit einem erleichterten Grinsen saß mich wieder aufrechter im Bett. Ich hatte mich bereits gefragt, ob er heim zur Zeitkapsel gegangen war und ob er mich wohl mitnehmen würde.

„Sie sind wach- ich störe doch hoffentlich nicht?" Nervös fummelte er an der Brille herum, doch die Sorge war aufrichtig. Er bemühte sich sogar um ein Lächeln, das seine schmalen Lippen verzog.

Der Versuch zählte. Ich erwiderte es mit einer einladenden Geste, die ihn von der Tür wegholen sollte. „Hier gibt es nicht sonderlich viele Unterhaltungsmöglichkeiten, wenn man nicht gerade auf Schießereien und Fahrerflucht Lust hat."

Allein die Erwähnung solcher Aktivitäten ließen den Mann noch blasser werden. Unsicher trat er näher. „Oh ich denke, so etwas überlasse ich lieber Jules oder Forges. Die sind für derartige Dinge... äh... ausgeschnitten."

Ich nahm mir den kurzen Moment, ihn eingehender zu mustern. Bram sah genau so aus, wie ich mich innerlich fühlte, wenn ich daran dachte dieses Bett zu verlassen. Er schwitzte und zappelte. Seine rabenschwarzen Haare waren ein Chaos und er sprach so hektisch, dass die Worte über seine Zunge stolperten, ehe sie in falscher Reihenfolge den Mund verließen.

„Kein Freund von Zeitreisen?", teilte ich ihm das Ergebnis meiner Analyse mit. Gerne hätte ich ermutigendere Sätze gefunden, doch wo kein Mut war...

Er musste mir nicht einmal antworten. Sein Blick schoss zum Fenster, als erwarte er jemanden dahinter, doch als diese Wirklichkeit ausblieb, ließ er sich auf dem einzigen Sessel vor meinem Bett sinken. „Darf ich, mit Verlaub, eine Frage an Ihre Expertise stellen?"

Ich nickte. Er sah aus, als bräuchte er, mit Verlaub, einen Whiskey. Oder etwas Härteres.

„Glauben Sie... glauben Sie, dass meine Hautfarbe in dieser Welt eine Gefahr für mich darstellt?" Er schenkte mir ein knappes, unehrliches Lächeln als Entschuldigung für was, das ich nicht verstand.

So bitter die Realität war, aber unsere Welt war eine der Wenigen, in denen er historisch gesehen solche Sorgen haben musste. Heute natürlich nicht mehr, mit den ganzen Typ-Änderungs-Studios überall in Detroit, die mich problemlos in eine lila Elfe mit grünen Zehnägeln verwandeln konnten. Wie wollte man in Rassen unterteilen, wenn es keine äußerlichen Merkmale mehr gab, die einen falschen Schluss auf andere Eigenschaften zuließen?

„Diese Stadt ist nur wegen ihrer Lage und unserem historischen Timing mittel-europäisch geprägt", erklärte ich in meiner besten Dozenten-Stimme. Sie kam ganz alleine zu mir, wenn ich von solchen Themen sprach und erinnerte mich daran, dass ich hier nichts verloren hatte. „Es gibt zwar die Möglichkeiten weit zu reisen, doch niemand hat das Geld, um seinen Wohnsitz zu verlassen. Vor zwanzig Jahren hat es hier noch anders ausgesehen."

Bram nickte und kam für einen kurzen Augenblick zur Ruhe, indem er versuchte, seine Gedanken zu sammeln.
„Es ist mir fast peinlich, dass ich mich so aufführe", gestand er schlussendlich.

Mitleidig verzog ich den Mund. Ob er es glauben mochte oder nicht, ich verstand ihn nur allzu gut. Meine Mutter hätte diese Gelegenheit ausgekostet. Die Erfüllung all ihrer Wünsche. Und ich wollte nichts weiter als zurück zu meiner Hauspflanze.
„Warum haben Sie sich überhaupt hierfür gemeldet? Ich bin mir sicher, dass Ihre Talente und Erfindung alle Aufmerksamkeit in unserer Welt benötigen."

„Es ist leider eine verpflichtende Notwendigkeit für alle Zeitforscher mindestens zwei Reisen in andere Welten vorzuweisen, um die finanzielle Unterstützung ihrer Projekte nicht zu verlieren. Ich habe mich schon so lange davor gedrückt, dass mein Bruder sich für mich geschämt hätte. Vielleicht haben Sie einmal von ihm gehört? Thomas Bram?"

Oh, das hatte ich tatsächlich. Und das erklärte auch, warum mir Bram im ersten Moment so bekannt vorgekommen war. Sein Bruder war eine Weile überall in den Nachrichten gewesen. Er hatte mehr Zeitreisen bestritten als jeder andere, hatte großartige Theorien bewiesen, wie zum Beispiel den Butterfly-Effekt und die damit verbundene Entstehung mehrerer paralleler Universen. Es gab sogar eine Trick-Serie über ihn und mehr Actionfiguren als von Captain Amerika.
„Eine richtige Legende in Ihrem Stammbaum!"

Der jüngere Bram konnte sich nur ein halbherziges Nicken abringen, das er hauptsächlich auf die Hände in seinem Schoß fixierte. „Oh ja, das war er. Und dann hat es ihm das K.i.A. eingebracht."

„Key-ei-äi?", wiederholte ich stumpf, weil ich nicht wirklich absehen konnte, wohin uns dieses Gespräch führte. Thomas Bram war irgendwann einfach von der Bildfläche verschwunden und ich hatte mir nie weiter Gedanken darüber gemacht. K.i.A. klang wie eine Diagnose.

Bram erhob sich von seinem Sitzplatz und schob die Brille wieder hoch auf seine Nase. Mit einem unleserlichen Ausdruck wandte er sich zur Tür. „Killed in Action. Sein Team kam eines Tages ohne ihn von ihrer Mission zurück."
Er drückte die Klinke, zog und stockte.

Nathaniel Cub stand davor, die Faust bereits zum Klopfen gehoben. Als er Bram entdeckte, breitete sich ein freundliches Grinsen in seinem Gesicht aus, das seine gebrochene Nase noch schiefer zog. Er nahm die Hand herunter und hielt sie dem Forscher stattdessen zum Gruß hin.
„Es ist mir eine Freunde Sie kennen zu lernen, Mr...?"

„Bram", flüsterte er zurück und drückte sich mit einem beunruhigten Blick einfach an ihm vorbei. Nathaniel starrte ihm noch für einen kurzen Moment verdutzt hinterher, dann tat er es mit einem Schulterzucken ab und betrat mein Zimmer.

„Und? Wie fühlst du dich, Miss Eliza?" Mit einem Plumpsen ließ er sich auf meine Bettkante fallen. Seine Selbstverständlichkeit täuschte mich jedoch nicht über den Affront hinweg. Wenn uns jemand sehen würde!
Er füllte den Raum mit einer ganz anderen Energie aus. Vielleicht lag es daran, dass Bram und ich technisch gesehen nur Kopien unserer selbst waren, doch Nathan wirkte, als wäre er viel anwesender und lebendiger als wir alle zusammen.

Ich wärmte einen dankbaren Ausdruck auf, nach dem ich mich nicht wirklich fühlte. „Ich nehme an, ich sitze meinem inzwischen zweimaligen Retter gegenüber?" Und dem Mann, der überhaupt nicht hier sein sollte.

Nathan hatte das Grinsen eines kleinen Schuljungen, der seinem Lehrer eine Falle gestellt hatte. „Dreimalig! Wenn wir den Gang über die Brücke dazu zählen."

Ich schüttelte den Kopf in leisem Unglauben. Ich war noch nicht einmal einen ganzen Tag hier und ich war schon DREIMAL beinahe ums Leben gekommen! In meinem Apartment war mir das nie passiert. Vielleicht ein einziges Mal, als ich mit der U-Bahn zur Universität hatte kommen wollen, doch wir verglichen hier nicht wilde Eichhörnchen mit rostigen Leitern.

Nathan fuhr unterdessen mit der Geschichte unserer Ankunft hier fort. Anscheinend hatte er mich den gesamten Weg tragen müssen. Und das legte er unter einer Vielzahl von Seitenhieben gegen mein Gewicht aus.
„Jules ist ein gewitzter Kopf, wenn es um glaubwürdige Ausreden geht!", berichtete er, als spräche er über seinen kleinen Bruder, „Hat dem alten Ives erklärt, er wäre ein Freund von Elizabeth Cane und mit ihr zusammen angegriffen worden. Ich habe euch beide gerettet und hierhergebracht!" Er kratzte sich am Kopf, auf dem neuerdings die Schutzbrille fehlte. „Aber der Mann ist ein harter Brocken. Wir müssen alle gesammelt zum Abendessen antanzen. Selbst dieser Forges, der behauptete dein Leibwächter zu sein und erst einmal einen Vortrag über die Vernachlässigung seiner Pflichten bekam."

Ich probierte, seinen Schilderungen so gut wie eben möglich zu folgen, doch die deutlich hörbare Abneigung gegen unseren Teamleiter entging mir nicht.
„Hat Forges etwas zu dir gesagt?", riet ich ins Blaue hinein. Vielleicht wurde er den Erfinder ja los.

Nathan warf mir einen überraschten Blick zu, doch dann tat er meine Sorge mit einer wegwerfenden Handbewegung ab. „Er ist zwielichtig. Nicht, weil er mich wegschicken wollte, ich versteh sein Misstrauen. Aber er ist beinahe zu freundlich zu dem Bürgermeister. Unterhält sich mit ihm über politische Dinge, als wären sie nicht von Belang." Er machte eine kurze Pause und erhob sich von meinem Bett.
„Ich würde ihm nicht trauen, Queenie. Er plant einen Hinterhalt."

Ich unterdrückte ein Seufzen. Bitte mach nicht alles noch komplizierter, als du es ohnehin tun wirst?
„Forges plant keinen Hinterhalt...", ich unterbrach mich selbst, „Also das tut er schon, aber eben... unseren Hinterhalt."

Nathan hob verwirrt die Augenbrauen. „Wir planen einen Hinterhalt?" Misstrauen schlich sich zurück in diese blauen Augen, die beinahe so aussahen, als hätte jemand dahinter ein Licht angezündet. Er vermutete immer noch eigene Interessen hinter unseren Handlungen. Erwartete die Lügen.

„Wie denkst du, werden wir den...", ich traute mich nicht, ernsthaft ein Attentat auf den Bürgermeister in seinem eigenen Heim auszusprechen, „... den Mann ausschalten?"

Den Mann?" Sein Misstrauen wich schrittweise deutlicher Erheiterung, die er unter einer Maske des Entsetzens zu verbergen suchte. Er machte sich geradeheraus lustig über mich! „Queenie, du hast mir nie gesagt wie viele Opfer-..."

„Du weißt, was ich meine!", schnitt ich ihm dazwischen, die Ohren rot vor Ärger.

„Tu ich das? Ich habe so meine Probleme hinter deine eigenen Ambitionen zu sehen", er zuckte mit den Schultern, doch der Schalk saß ihm nur zu deutlich im Nacken.

Ich warf ein Kissen nach ihm, das ihn sogar so weit verfehlt hätte, dass er es aus der Luft greifen musste.
„Forges hat mich für diese Aufgabe rekrutiert. Nicht anders herum. Das heißt, ich bin mir ziemlich sicher, dass er auf unserer Seite ist."

Sofort wurde Nathan wieder ernst. „Ich würde ihm trotzdem nicht trauen. Er sieht aus als...", er kam ins Stocken und sein Blick verlor den Fokus.

„Als hätte er schon zu viele Kriege gesehen?", bot ich ihm meinen ersten Eindruck an und erntete einen weiteren Blick, der irgendwo zwischen Unverständnis und Befremdung lag. Er fand mich merkwürdig.

„Wo sollte er denn bitte Kriege gesehen haben? Auf Bildern? Du kommst wirklich auf die eigenartigsten Ideen", und mit diesem Statement wandte er sich zur Tür, ein leises Lachen auf den Lippen.

Oh, hups.
Pria hatte seit fast zwei Jahrhunderten keine Kampfhandlungen mehr erlebt. Er hatte mich eben abgelenkt. Er und sein Gespür für die Wahrheit. Nathan war ein Fall für sich. Leider wusste ich dadurch immer noch nicht, wie ich ihn loswerden sollte. Und für den Moment fühlte ich mich zu erschöpft, um mir wirklich Gedanken darüber zu machen.
Doch die Erwähnung von Bram bezüglich seines Bruders, machte mich unruhig. K.i.A. Es war eine so nüchterne Bezeichnung für das Ende einer Legende. Forges war sicherlich aus demselben Material. Ein Held für seine Kinder. Und ich wollte ihnen nicht dieselbe Nachricht überbringen, die Brams Familie bekommen hatte.

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"Voted und ich leih euch vielleicht meine Ausgabe von Elizabeth Canes's Biographie aus!"- Queenie.

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