144 - „Ja, ich will" - Sa. 14.9.1571

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Klaas und ich haben gestern Abend gemeinsam sein Vieh und unsere Pferde versorgt und uns dann mit einem Krug Met vors Haus gesetzt. In seinem Stall stehen jetzt wieder drei Kühe und ein Ochse seit meiner Lehens-Landreform. So wie es früher war.
„Und? Aufgeregt wegen morgen?"
Ich habe einmal tief durchgeatmet.
„Und wie! Ich war ein Niemand und habe mich in meine bettelarme, aber wundervolle Krankenpflegerin verliebt. Ihre Seele war der meinen so nah. Und jetzt darf ich sie endlich, endlich mein nennen. Sie und ihre drei Kinder sind das Glück meines Lebens."
„Ihr seid beide besondere Menschen. Mich hat das von Anfang an nicht gewundert. Die Zeit hier war für dich hart, aber heilsam an Seele, Geist und Körper. Du hast dich so verändert. Du hast die Erfahrung machen dürfen, dass die Menschen deines Standes dich nicht verurteilt haben für deine Veränderung. Und dass die Menschen unseres Standes dich nicht abgelehnt haben für das, was du bist."
Ich versank in Gedanken an die Monate, die ich hier in diesem Dorf verbracht habe.

„Und jetzt ab in deine Kammer, der Herr. Morgen wird ein langer, anstrengender Tag!"
Ich musste grinsen. Es fühlte sich so unendlich erleichternd und richtig an, dass diese Menschen mit mir reden wie mit ihresgleichen. Oder wie Karl und Ludo es tun.
Kein Bauchpinseln hier und Hoheit da und Bücklinge dort. Es ist genau richtig so, wie es jetzt ist. Ich verliere nicht meine Würde oder meine Autorität, wenn ich das ganze künstliche Gedöns hergebe.

Klaas hatte mir die Kammer seiner Eltern hergerichtet. An der Wand hing mein Gewand. Eine schwarze Hose und Stiefel, dazu ein weißes Bauernhemd und eine Jacke aus edlem Material, aber mit dem Schnitt, den die Bauern hier tragen und in den Farben gehalten wie Annas Kleid. Sachte fuhr ich mit meiner Hand über den feinen Stoff.
Anna ... Ich werde bestimmt heute Nacht kein Auge zu tun.
Doch kaum hatte ich meinen Kopf aufs Kissen gelegt, war ich auch schon eingeschlafen.

Geweckt werde ich von Bauer Hartmanns Hahn, der dem gesamten Dorf unmissverständlich klar macht, dass die Nacht nun zu Ende ist. Nebenan rumpelt es, als sei Klaas aus dem Bett gefallen. Ich höre es schlurfen auf der Diele, denn - Hochzeit her oder hin - gemistet, gefüttert und gemolken muss werden. Eine Weile später klappert es in der Diele. Klaas macht nun wohl Frühstück. Also ziehe ich mir meine Alltagskleidung an und gehe zu ihm.

„Guten Morgen, Herr Bräutigam!"
Klaas winkt mir kurz zu, bevor er Schüsseln, Teekanne, Becher und Löffel auf den Tisch stellt. Wie ich es von hier gewohnt bin, gibt es Getreidebrei mit Früchten und Kräutertee. Wir lassen es uns in einigem Schweigen schmecken.
„Hast du gut geschlafen, Hannes?"
„Ja, sehr gut. Und wider alles Erwarten auch sehr schnell."
„Na, vielleicht wolltest du einfach schnell wieder aufwachen können."
Wir lachen, und ich denke im Stillen an Jakob, dem so ein Spruch auch zuzutrauen wäre. Heute geht auch sein sehnlichster Wunsch in Erfüllung. Ich darf sein Vater werden. Und diese Freude macht auch mich sehr glücklich.

Nach dem Frühstück kommen Karl und Ludo, um mich zu begrüßen und mit mir die nächsten Stunden zu verbringen. Wir bewegen unsere Pferde, denn auch das muss ja jeden Tag sein. Die abgeernteten Stoppelfelder glühen in der Septembersonne und die Obstbäume auf der Almende tragen schwer. Als wir von weitem eine Kutsche aus dem Wald ins Dorf steuern sehen, machen wir kehrt.
„Das wird Bauer Freese sein. Lasst uns zurückreiten. Ich denke, wir sollten uns auch allmählich ankleiden."

Plötzlich seufzt Ludo auf.
„Wenn ich dran denke, was Clara und ich alles mitmachen mussten bei unserer Hochzeit – dieses ganze Drumrum mit Lächeln und Händeschütteln und wichtig sein und das halbe Herzogtum leerfressen. Das nächste Mal heirate ich hier."
Karl und ich schauen ihn mit großen Augen an und brechen in schallendes Gelächter aus.
„Was ist denn in DICH gefahren, Ludo!?!"
„Ich... weiß nicht. Ich fange an zu verstehen, warum du dieses Fleckchen Erde so sehr liebst, Hannes. Es sind unglaublich freundliche Menschen. Hier ist so viel Ruhe und Frieden. Hier ist nichts aufgesetzt."
„Na, nu mal' den Bauern mal keinen Heiligenschein. Im Dorf kann es auch Hauen und Stechen geben, wenn sich zwei Weiber nicht grün sind oder sich zwei Nachbarn um die Ackergrenze zanken."
„Und außerdem, bester Freund meiner Kindertage. Ich will doch wohl hoffen, dass es dir und meiner geliebten Schwester Clara und euren zahlreichen Kinderlein noch soooo lange gut geht, dass sich diese Erwägungen bitteschön erübrigen."
Nun muss auch Ludo lachen.

Wir bringen unsere Pferde von hinten in Klaasens Stall, reiben sie ab und gehen vor zur Diele. Dort finden wir Klaas, der seine Hände in Seifenlauge badet und verzweifelt versucht, sie nicht ganz so nach Bauer und Ernte und Stallmisten aussehen zu lassen. Karl schaut sich das ein paar Minuten lang an.
„Klaas? Was um Himmels Willen machst du da?"
„Hände waschen?"
„Warte einfach. Mein Kammerdiener kommt jetzt sowieso her, um Hannes zu helfen. Der hilft dir dann auch."
Wenige Minuten später erscheinen Kahn und auch Ludos Kammerdiener mit den Gewändern der anderen und nehmen sich unser an.

Eine Stunde später sind wir alle Vier fein herausgeputzt, frisiert und rasiert, haben saubere Finger und blitzende Stiefel. Allmählich werde ich nervös. Klaas wirft einen Blick auf die Dorfstraße und lächelt.
„Hannes, jetzt ist es soweit. Das ganze aufgebrezelte Dorf begibt sich grade zur Kirche, und Irmel hat mir zugewunken, dass auch Anna fertig gewandet ist. Ich hole tief Luft, nehme meine drei Begleiter noch einmal fest in die Arme, kontrolliere, ob ich die Ringe in der Tasche habe und gehe einfach los. Die drei anderen folgen mir lachend.
„Weißt du jetzt, wie es mir ging, als ich mit der Kutsche schneckenlangsam durch die Menschenmassen zur Kirche fahren musste?"
„Ja, Bruderherz. Jetzt weiß ich das ganz genau. Aber angesehen habe ich dir das schon damals. Vergiss nicht – ich saß neben dir."

Wie oft habe ich diese bescheidene Dorfkirche betreten, ohne zu wissen, wo ich eigentlich hingehöre? Wie viele Lieder habe ich hier gesungen und gleichzeitig auf die andere Seite der Kirche gelauscht, um Annas Stimme zu hören? Wie oft habe ich Susanna oder Jakob auf meinen Schultern von der Kirche nach Hause getragen zu unserer kleinen Kate? Heute trete ich vor Gottes Angesicht, um Anna zu heiraten. Reicher kann Gott seinen Segen nicht ausschütten!

Der Weg zum Kirchenportal ist mit hohen Blumenbögen geschmückt, das Kirchenportal von grünen Zweigen gerahmt, und das ganze Dorf steht und schaut mir entgegen, als ich die Kirche betrete. Ich lasse mir Zeit, denn Anna kann ja frühestens jetzt losgelaufen sein. Ich schaue in die strahlenden Gesichter dieser Menschen, die mich in der finstersten Zeit meines Lebens getragen haben. Als ich vorne ankomme, setzen sich meine Begleiter in die vorderste Bank bei den Männern. Ich dagegen bleibe stehen und schaue mit Spannung meiner Anna entgegen.

Es dauert ein paar Minuten. Da kommen als erstes Jakob, Susanna und Peter zum Portal herein und flitzen mit Jubelschreien auf mich zu. Schnell gehe ich in die Hocke und fange die drei auf. Hinter ihnen kommen Linde und Grete ganz außer Atem.
„Kaum waren wir zur Tür hinaus, sind sie losgerannt, wir konnten sie nicht halten."
Ich lächele sie an und beruhige sie.
„Das wird euch heute noch öfter passieren. Und das macht überhaupt nichts. Sie sollen heute auch ihre Freude haben. Meine Kinder."
Ich zwinkere ihnen zu, und Jakob und Susanna strahlen dabei.
„Und jetzt ab mit euch. Ich brauche hier Platz für eure Mutter!"
Gespielt streng schaue ich sie an. Gehorsam gehen die Drei zu den Mädchen in der ersten Reihe bei den Frauen und krabbeln auf deren Schöße.

Ich richte mich auf und – sehe grade noch, wie Pastor Crüger das Portal durchschreitet. Hinter ihm kommt Clara mit einem Korb voller Blüten, danach folgen Anna und ihr Vater. Ich kann gar nicht sagen, wer von beiden glücklicher aussieht. Ich bin so dankbar, dass wir die Kästchen und damit auch Herrn von Brabeck gefunden haben. Und ich bin so glücklich, dass ich an Annas Gesicht sehen kann, dass noch nie eine Frau ehrlicher ja gesagt hat zu ihrem Mann, als Anna es heute tun wird.

Anna lächelt die Menschen in den Bänken an. Und dann sieht sie nach vorne. Direkt in meine Augen. Ich kann mein Glück nicht fassen und möchte ihr am liebsten entgegenlaufen. Doch dann ist sie bei mir angekommen. Ihr Vater nimmt ihre Hand und legt sie in meine.
„Ich gebe dir das Wertvollste, das ich besitze, Johann."
„Ich weiß. Ich werde Anna hüten wie einen Schatz!"
Herr von Brabeck ist sichtlich gerührt und setzt sich neben Ludo und Karl in die erste Bank. Anna und ich wenden uns zu Pastor Crüger, der uns anstrahlt, als würde er grade seine eigene Tochter verheiraten.

Der Gottesdienst nimmt seinen Lauf, Die Kirche ist gefüllt von fröhlichem Gesang und großer Dankbarkeit. Bewegende Worte stimmen uns ein auf das gemeinsame Leben, auf die gemeinsame Verantwortung und auf – so Gott will - viele gemeinsame Jahre voller Glück. Als Pastor Crüger unsere Hände ineinanderlegt und uns das Eheversprechen abnimmt, sehen wir uns tief in die Augen. Annas „Ja, ich will!" ist das Schönste, was ich jemals in meinem Leben gehört habe. Und als ich ihr mit denselben Worten antworte, schießen uns beide die Tränen in die Augen.

Als Pastor Crüger zu uns sagt:"Hiermit erkläre ich euch zu Mann und Frau", kann Jakob sich nicht mehr halten. Er schießt aus der Bank auf uns zu, springt mich förmlich an und jubelt ganz laut.
„Vater! Endlich habe ich einen Vater."
Da ist es mit der Beherrschung vorbei. Die ganze Gemeinde fängt an zu lachen. Anna und ich fangen an zu weinen vor Glück. Und Pastor Crüger nimmt die Hände von Jakob und mir und schmunzelt uns an.
„Ganz genau, Jakob. Hiermit erkläre ich euch zu Vater und Sohn!"
Als das allgemeine Gelächter wieder verebbt ist, beuge ich mich zu Jakob runter.
„Und du huschst jetzt ganz schnell zurück zu Linde!"
Lange spannt uns der Pastor nicht mehr auf die Folter, er beendet zügig den Gottesdienst und wartet dann. Linde schiebt die Kinder herbei, Clara stellt sich mit dem Blumenkorb dazu, Pastor Crüger folgt und so werden wir aus der Kirche geleitet.

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11.6.2020

https://www.youtube.com/watch?v=1jkUE3-sKPM

Es scheint noch nie jemand ein Kirchenportal mit einem Blumenbogen gemalt zu haben. Ich habe mich halb tot gegoogelt und einfach nichts gefunden. Stattdessen bin ich auf das hier gestoßen. Das ist auch gemalt - mit Sand. Genieße es!

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