Kapitel 4.2 - Folg. Nicht. Den. Lichtern.

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(Na? Wer kennt das Zitat im Titel? :D )

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Aber natürlich blieben wir lange. Und zwar viel zu lange. Leider. Als wir endlich losgingen, war die Sonne schon fast untergegangen und ich beobachtete die langen Schatten, während ich mich fragte, wie ich mich so in der Zeit hatte vertun können. Gut – die Antwort war denkbar einfach: Es war viel Essen da gewesen und noch mehr Trinken und natürlich auch alle möglichen Leute, die ich teilweise schon ewig kannte, aber auch lange nicht gesehen hatte. Seid zwei Jahren kam ich nicht mehr so viel rum oder raus... da hatte man bei einer solchen Gelegenheit tatsächlich viel zu plaudern. Außerdem hatte Rhegis sich so aufrichtig gefreut, uns zu sehen. Es war wirklich schön gewesen...

Und nun war es fast dunkel. Dreck.

Jetzt blieb mir nichts mehr, als das Beste zu hoffen und schnellstmöglich nach Hause zu kommen. Zügig ging ich den Weg entlang, nicht weit von der Stelle, wo Zac und ich uns das erste Mal begegnet waren. Unter anderen Umständen hätte ich die Situation vielleicht genossen aber jetzt versuchte ich mir meine zunehmende Beunruhigung nicht anmerken zu lassen, allerdings erfolglos. Ich merkte selbst, wie meine Hände immer wieder nervös über meine Kleidung fuhren und wie meine Blicke beständig in den dunkler werdenden Wald hinein huschten.

„Senga... alles gut? Ist doch etwas später geworden...", hörte ich schließlich Zacs Stimme dicht hinter mir. Ich schüttelte reflexmäßig den Kopf. „Alles gut. Ich wollte ja auch nicht eher weg...", meine Stimme klang selbst in meinen Ohren hohl, aber was konnte ich tun? Schließlich seufzte ich leise und blieb stehen. „Tut mir leid, dass ich so eine Spielverderberin bin..."

Doch ich kriegte nur ein Schulterzucken als Antwort. „Nicht schlimm-?"

- Hilfe! -

Plötzlich zuckte ich zusammen und hörte ihm nicht mehr zu. Stattdessen lauschte ich in den Wald hinein. Was war das?

Einen Moment lang war ich mir nicht sicher, ob ich es gehört hatte oder nicht und mein Blick flackerte wieder durch die länger werdenden Schatten um uns herum. Aber da war nichts. Es war sicher nur das Rauschen der Bäume, das in meinen Ohren wie ein leises, melodisches Flüstern geklungen hatte. Es war bestimmt nur der Wind. Ich machte mir sicher umsonst Sorgen... ganz bestimmt....

„Senga?"

Aufgeschreckt sah ich zu Zac hinüber, dessen vertraute Stimme mich aus meinen Gedanken riss und der mich fragend ansah. Gerade wollte ich irgendwas Beruhigendes murmeln, als ich es wieder hörte – deutlicher, melodischer.

- Hilfe! -

Diesmal war ich mir fast sicher. Mit wachsender Angst starrte ich wieder in den Wald und wartete darauf, dass meine Augen sahen, was meine Ohren längst wussten.

„Senga? Was zum Henker ist los mit Dir? Sag..."

„Irrlichter", flüsterte ich heiser. „Sie sind hier."

Jetzt begann auch Zac den Wald um uns herum mit seinen Augen abzusuchen, doch genauso ergebnislos wie ich. „Aber-"

„Ich kann sie hören."

„Oh."

Da war er still. Und in der plötzlichen Stille hörte ich nun ganz deutlich, was vorher nur ein Flüstern war:

- Hilfe! -

Oder... Nein... doch nicht. Da war kein Wort mehr. Das war auch absurd, warum sollte eines dieser Monster um Hilfe rufen? Da war nur noch dieser betörende Gesang... nicht einmal das... nicht einmal eine richtige Melodie, sondern vielmehr einfach nur Töne... so hell und klar und wunderschön, dass ich nicht anders konnte als zuzuhören. Meine Ohren lechzten geradezu nach jedem weiteren Klang. Wage war mir bewusst, das Zac etwas sagte, seine Lippen bewegten sich, also musste es wohl so sein. Doch ich hörte ihn nicht. Ich hörte nur noch die Musik der Irrlichter. Sie klang genau wie damals. Seitdem dachte ich oft an sie, träumte sogar von ihr – immer mit Schrecken, wie ich allen immer wieder glaubhaft versichert hatte, auch mir selbst. Von der Sehnsucht nach dieser Musik hatte ich nie jemanden erzählt, nicht einmal Epoh.

Aber so war es: Ein dummer, törichter Teil von mir verzehrte sich seit zwei Jahren danach, die Irrlichter noch einmal singen zu hören. Ich wollte dieses beschwingte, leichte, sorgenfreie Gefühl noch einmal zu spüren... so wie jetzt.

Mein Kopf war leer und irgendwie war ich glücklich. Die Melodie flüsterte mir zu, wie wunderbar alles war. Ich müsse nur hier stehen bleiben und ein bisschen warten. Dann wäre alles... perfekt.

Für immer.

Nein! Das ist Wahnsinn! Nein!

Rasende Panik breitete sich mitsamt dieses einen, klaren Gedankens in mir aus, wie ein Waldbrand im Sommer. Wenn ich Leben wollte, musste ich hier weg.

Ich musste hier weg.

Jetzt!

Weit, weit entfernt hörte ich einen langen, klagenden Schrei. Nur am Rande wurde mir bewusst, dass es mein eigener sein musste, denn meine Kehle fühlte sich mit einem Mal an, als würde sie zerreißen. Irgendwo hinter dem lockenden Gesang der Irrlichter und meinen Schreien hörte ich noch etwas anderes. Eine vertraute Stimme... aber ich verstand nicht, was sie sagte. Es interessierte mich auch nicht. Alles was zählte war, dass ich hier wegkam. Weg, nur weg von der offenen Straße unter dem Abendhimmel, wo die ersten hellen Lichter schon am Himmel blinkten. Hinein in die rettende Dunkelheit des Waldes. Dort war ich sicher, ganz bestimmt.

Doch plötzlich konnte ich nicht weiter.

Etwas packte mein Handgelenk, stark und fest wie ein Schraubstock. Es riss mich zurück. Ich durfte mich nicht fassen lassen! Ich wehrte mich gegen den Griff. Riss an meinem Arm, schlug blind um mich bis ich endlich einen Widerstand unter meinen Händen spürte, in den ich tief meine Nägel eingraben konnte.

Frei.

Weiterlaufen.

Weg von dem Licht, hin zur Dunkelheit.

Wieder war da ein Hindernis, stärker noch als letztes Mal. Es riss mich von den Füßen. Ganz plötzlich spürte ich den feuchten Waldboden in meinem Rücken. Etwas Großes, Schweres lag auf mir, hielt mich an den Händen fest und drückte mich unerbittlich zu Boden.

„Senga."

Da war sie wieder, diese Stimme von fern.

„Shhhh... Liebes, es ist alles gut... Shhh..."

Ich musste hier weg. Ich wollte nicht sterben! Wieder versuchte ich mich mit Händen, Füßen und Zähnen zu wehren, aber es half nichts. Ich wurde weiter zu Boden gedrückt und zur Bewegungslosigkeit verdammt. Aber ich wollte noch nicht sterben...

„Alles gut.... Shhh... Sieh mich an, Liebes... bitte...."

Noch immer hörte ich diese Melodie, die von überall gleichzeitig zu kommen schien. Aber ich hörte auch diese vertraute, ferne Stimme lockende Worte säuseln. Immer und immer wieder wie plätscherndes Wasser, das den Felsen mit der Zeit aushöhlte.

„Shhh... Na komm schon... einen Moment nur, Liebes... Shhh... Sieh mich an.... Bitte..."

Ich sah.

Direkt in seine grau-blauen Augen, die mich nicht mehr losließen während der Strom aus Worten weiter aus seinem Mund ran. Doch ich konnte dem kaum einen Sinn abgewinnen. Der Gesang der Irrlichter hallte noch immer zu laut in meinem Kopf wieder und es gab keine Möglichkeit mehr für mich, irgendwohin zu fliehen. Ich gab auf und mein Körper erschlaffte für einen Moment, ehe ich panisch zu zittern begann.

Ich wollte nicht sterben. Wenn ich hier blieb, würden sie mich holen – uns. „Sie kommen", wimmerte ich leise, ohne dass ich den Blick von seinen Augen lösen konnte. Jetzt, da diese Worte einmal raus waren, konnte ich auch nicht mehr aufhören, sie zu wiederholen: „Sie kommen. Sie kommen. Sie kommen. Sie kommen. Sie..."

„Shshshshhhhh......", machte er wieder und legte mir sanft eine Hand über den Mund, denn ich hatte aufgehört mich zu wehren, mir fehlte die Kraft, weiterzukämpfen. Wie hypnotisiert starrte ich zu ihm herauf und als ich seinem ruhigen Blick nicht mehr standhalten konnte, huschten meine Augen weiter und blieben schließlich an einer Kette hängen, die ihm aus dem Ausschnitt gerutscht war und nun über mir leicht hin und her schwang. Waren das Lichter da hinter den Bäumen? Sie kommen!

Hin und her... mein Herz hämmerte noch immer in meiner Brust und dessen Klopfen in meinem Kopf war fast so laut wie der Gesang der Irrlichter. Sie werden uns holen kommen!

Hin und her... was das wohl für ein spitzer, geschwungen dreieckiger Anhänger war? Das Pendeln beruhigte mich. Schließlich konnte ich wieder seine Worte hören.

„Nein, Liebes. Du rennst zu ihnen."

Was? Ich wollte doch weg...

„Hörst Du mich? Das lasse ich nicht zu. Verstehst Du das? Ich werde Dich nicht zu ihnen laufen lassen. Ich werde Dich nicht gehen lasen."

Er sprach jedes Wort dunkel, langsam und bedächtig aus, als würde er deren Gewicht genau abwägen, um sicher zu gehen, dass sie zu mir durchdrangen.

„Und ich werde sie nicht kommen lassen."

Jetzt endlich, als hätten die Irrlichter ihn gehört, verstummten ihre Stimmen in meinem Kopf und mit einem Mal war es um mich herum wieder so still, wie ein nächtlicher Wald sein sollte. Erleichterung durchströmte mich. Heiße Tränen sammelten sich in meinen Augen und flossen ungehindert meine Wangen hinab.

Sie waren fort.

Jetzt erst nahm Zac seine Hand von meinem Mund und richtete sich langsam wieder auf, um mich wieder freizugeben. „Alles okay, Liebes?"

Ich nickte und fühlte mich hohl und völlig erschöpft.

„Dann komm, gehen wir nach Hause", sagte er und reichte mir seine Hand, die ich dankbar ergriff, um auf die Füße zu kommen.


„Was ist das eigentlich für ein Anhänger, den Du da an der Kette trägst?", fragte ich schließlich nach ein paar Minuten schweigsamen Weges vorsichtig, um überhaupt etwas zu sagen. Zac schaute mich kurz überrascht von der Seite an und zog dann die Kette aus seinem Ausschnitt hervor und über den Kopf hinweg, ehe er sie mir reichte. „Das ist ein Haifischzahn und ein paar Süßwasserperlen." Fasziniert starrte ich auf den Anhänger und die zwei Perlen rechts und links daneben. Das Ding war halb so lang wie mein Zeigefinger, spitz und geschwungen, wie er war, sah er auf eine barbarische Art geradezu majestätisch aus. Ich hatte schon von Haien gehört, auch wenn ich noch nie einen gesehen hatte. Sie waren gefährlich und tödlich und wenn ich mir ein ganzes Maul voll von diesen scharfen, geschwungenen Dingern vorstellte, wurde mir ganz anders.

„Wo hast Du den her?"

„Ich komme ja auch von der Küste, aus den Flusslanden. Eines Tages gab es Sturm und da wurde dieses riesige Vieh angeschwemmt. Als wir es am Morgen fanden, war es tot... Jetzt ist der Zahn so etwas wie ein Glücksbringer für mich." Er zuckte mit den Achseln und nahm die Kette, um sie sich wieder umzuhängen. Dabei streiften seine Hände ein paar tiefe rote Kratzspuren an seinem Hals und er zuckte leicht zusammen. Dunkel erinnerte ich mich an etwas und blickte schuldbewusst auf meine Hände, deren Fingernägel ich schon vor Tagen hatte schneiden wollen und die jetzt teilweise abgebrochen waren. Das hatte sicher weh getan...

„Was war das eigentlich gerade?", fragte Zac schließlich zögerlich. „Du bist plötzlich stocksteif geworden, dann hast Du von Irrlichtern erzählt und bist in den Wald gerannt... und plötzlich waren da vor Dir....Lichter." Er schüttelte sich und fuhr sich unruhig mit einer Hand durch die Haare. „Gruselig.... Wirklich..."

Ich lächelte matt über seinen Gesichtsausdruck, konnte aber meine Beklommenheit noch immer nicht abschütteln. Zac hatte mir wahrscheinlich das Leben gerettet, er verdiente eine Erklärung. Aber wo fängt man an? Am besten mit dem Offensichtlichen. „Irrlichter", begann ich also. „Seit zwei Jahren kann ich sie hören. Damals stand ich am Fenster meines Zimmers und hab nur so in den Wald geschaut und dann... dann waren da Lichter... und Gesang... ich wollte nur noch zu ihnen..."

Einen Zeit lang schwieg ich und lauschte auf das Knirschen, das meine Füße auf dem steinigen Kiesweg verursachten. „Papa hat mich dann aufgehalten. Ich habe mich mit Händen und Zähnen gewehrt, aber er hat mich in eine Kammer eingeschlossen bis es vorbei war. Seitdem bin ich Abends kaum noch draußen." Ich seufzte schwer, als ich an diese erste Zeit zurück dachte. „Damals ging es auch mit Jona zu Ende. Wir konnten es beide nicht ertragen, dass ich mich nachts quasi einschließen muss... aber ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass das auf Dauer helfen wird. Sieht man ja jetzt."

Ich spürte Zacs fragenden Blick mehr, als dass ich ihn sah und schüttelte deprimiert den Kopf. „Es heißt, wer einmal im Leben den Gesang der Irrlichter hört, wird so lange von ihnen gejagt, bis sie ihn letztlich haben. Ich werde mich also für den Rest meines Lebens vor der Dunkelheit verstecken."

Daraufhin sagte er erst einmal lange Zeit nichts. Nach einer Weile seufzte er mitfühlend. „Ach Liebes... Du ziehst die Monster wirklich an..."

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Lichtis Quatschecke:

Sooo ihr Lieben, die ihr es tatsächlich bis hierher geschafft habt. Erst mal: Danke! :D

Das war jetzt auch ein erster Spannungsmoment.... und ich muss einfach fragen:
Was glaubt ihr - lohnt es sich, mehr Kapitel online zu stellen? Wollt ihr weiterlesen? Oder seit ihr froh, dass es nicht noch länger geht?

In diesem Sinne - noch viel Spaß beim weiterstöbern auf Wattpad! :)


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