Bonuskapitel II - Geburtstagswünsche

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Es dauerte nicht lange und ich hatte mich neben Varona und Zac für zwei weitere Geburtstagsgäste entschieden: Ricco und Varon.

Mit keinem sonst hatte ich in den letzten Zyklen so viel Zeit verbracht wie mit diesen vier (auch wenn ich mir Zac dafür nun unbedingt ausgesucht hatte). Und wenn ich ehrlich war, hatte ich Varon und Ricco und ihre Leichtigkeit gern um mich herum. Die Gespräche mit Ihnen waren so unbeschwert, dass ich manchmal fast den ganzen Schlamassel vergaß, in dem ich bis zum Haaransatz drin steckte. Dafür war ich ihnen dankbar.

Nun warteten wir auf Varon. Denn während Ricco seine Trainingsstunden kurzerhand an Koral übergeben hatte, wollte Varon den Kindern erst noch Hausaufgaben mitgeben, damit sie beschäftigen waren, während er sich einen Bunten machte. So, wie es professionelle Lehrer eben zu tun pflegten. Als ich die zunehmend längerwerdende Liste hörte, die Varon den armen Quappen aufgab, seufzte ich innerlich. Meine eigene Schulzeit lag noch nicht so lange zurück. Ich konnte das wachsende Entsetzen fast selbst spüren, das die Kleinen angesichts der länger werdenden Liste, bekamen. Ohne weiter darüber nachzudenken, pflückte ich mir die erste Holzscheibe von meiner Kette und schwamm zu Varon.

>>Lass gut sein<<, flüstere ich in unsere Gedankenverbindung, als ich ihm die Scheibe in die Hand drücke, und meine Fingerspitzen dabei seine Haut streiften. >>Ich wünsche mir, dass die Kinder heute keine Aufgaben bekommen. Nicht von dir und auch nicht von jemand anderen.<<

Ich spürte Varons Lächeln, kurz bevor er die Verbindung unterbrach und seine Hand, samt Holzscheibe wegzog. >>Heute ist euer Glückstag!<<, wandte er sich an seine Klasse. >>Senga hat sich gerade gewünscht, dass ihr ohne Hausaufgaben nach Hause gehen dürft.<<

Schlagartig schaute jedes einzelne der kleinen Gesichter zu mir – alle ausdruckslos, wie ihre erwachsenen Gegenstücke. Und trotzdem brach ein Sturm der Begeisterung in meinem Kopf los, als alle anfingen durcheinander zurufen.

>>Woah! Wie toll ist das denn?!<<

>>Lore hat sie uns geschickt!<<

>>Da kann Varon uns wirklich keine Aufgaben aufgeben?!<<

>>Darf er nicht. Darf er nicht!<<

Varon wedelte energisch mit der Hand. Plötzlich bildete sich eine Art Strömung, die einmal um die Kinder herumzuwirbeln schien und ihm sofort wieder deren Aufmerksamkeit sicherte. War das Wassermagie gewesen? Ich war mir nicht sicher.

>>Sooo<<, setzte Varon wieder an. >>Ihr habt mehr Glück als Verstand. Was sagt man da?<<

Abermals blickten mich alle kleinen Gesichter an und ein einstimmiger Chor aus Kinderstimmen schallte mir entgegen: >>Danke, Senga!<<

Ich lächelte und eine unbekannte Wärme breitete sich in meinem Innersten aus. Zum ersten Mal konnte ich wirklich verstehen, was Varon dazu bewog, mit Kindern arbeiten zu wollen. >>Nicht dafür<<, antwortete ich verlegen und schwamm rasch bei Seite, als Varon die Kleinen mit einem Wink entließ und sie alle davon stürmten – aber erst, nachdem mir jeder Einzelne von ihnen noch einmal zum Geburtstag gratuliert hatte. In dem Moment war ich mir sicher, meinen ersten Wunsch gut eingesetzt zu haben.


>>Und jetzt?<<, fragte Varon gut gelaunt, als wir zu fünft Richtung Herzplatz schwammen.

Einen Moment lang herrschte Stille. Dann fasste ich Mut. Immerhin hatte ich heute Geburtstag: >>Zac hat gesagt, er hat noch ein Geschenk für mich. Das hätte ich gern.<< Ich blinzelte zu Zac und garnierte diese Forderung mit dem hübschesten Lächeln, das ich zustande brachte. >>Nur deshalb hab ich dich aus deinem Latrinendienst geholt.<<

Ricco lachte und klopfte Zac auf die Schulter. >>Da schuldest du ihr echt was. Ich hoffe, dass dein Geschenk es auch wert ist.<<

>>Pfft. Ihr werdet vor Neid die Schuppen verlieren<<, murrte Zac zurück und schüttelte Riccos Hand ab. >>Wartet ihr hier? Dann hol ich es kurz.<< Er wartete gar nicht auf unsere Antwort, sondern war schneller weggeschwommen, als ich ‚Beeil Dich!' hätte sagen können.

Während wir warteten, vertrieben wir uns die Zeit mit Rätselraten, was er wohl mitbrächte.

>>Hmm...<<, Varon musterte mich nachdenklich. >>Ich würde ja ein Buch schenken, wenn es nicht so ungeeignet in diesen – äh – Bedingungen hier wäre. Aber vielleicht was ähnliches?<<

>>Eine Geschichte?<<, fuhr Ricco ungläubig dazwischen. >>Du glaubst, er schenkt ihr eine Geschichte? Echt jetzt? Als ob Zac zu so etwas poetischem in der Lage wäre.<<

>>Soso, Mr. Oberschlau. Was glaubst du denn dann?<<, fragte Varon gespielt beleidigt, bließ die Backen auf und ließ eine große Luftblase aus seinem Mund entkommen. Ich kicherte. Das war das Fischähnlichste, das ich je gesehen hatte.

Ricco runzelte die Stirn. >>Irgendwas Praktisches vielleicht? Einen Dolch?<<

>>Wie viele Dolche hast du Varon schon geschenkt?<<, fragte Varona mit einem mentalen Augenzwinkern in unsere Gedankenverbindung, gefolgt von Varons verzweifelten Seufzten.

>>Zu viele! In allen möglichen Formen und Größen. Ich könnte eine Ausstellung aufmachen, wenn es nur irgendjemanden interessieren würde.<<

>>Ja, Mann – ich hatte die Hoffnung, dass du mal einen davon benutzen würdest! Mit ein bisschen Übung würdest du vielleicht auch kein ganz so hoffnungsloser Fall mehr sein!<<

Ich spürte Varons Augenrollen in unsere Gedankenverbindung, als Ricco seine mangelnden kämpferischen Fähigkeiten ansprach. Doch bevor er etwas erwidern konnte, sahen wir Zac zurückkommen. Und er hatte etwas Großes dabei.

>>Was ist das?<<, hauchte ich zweifelnd. >>Ist das – ein Ast?<<

Varonas glockenhelles Lachen zog sich durch unsere Gedankenverbindung und schreckte mich aus der Betrachtung des Astes hoch, den ich in immer mehr Einzelheiten erkennen konnte, je näher Zac kam. >>Ricco hatte recht. Es ist was Praktisches.<<

Ich zog meine Augenbrauen in unverhohlener Skepsis nach oben. >>Soll ich bei dem Angriff eines Fremdschwarms versuchen, mit diesem ... Bäumchen ... auf jemanden einzuschlagen?<<

>>Ach Senga! Das ist ein Regal!<<

Ich schaute wieder zu dem Ast, dann zu Varona. Dann zu Zac. War ja klar, dass ich von einem Tischler ein Regal kriege. Was hatte ich sonst erwartet?


Die nächste Zeit verbrachten wir damit, das „Regal" aufzubauen. Es stellte sich heraus, dass man dafür ein wirklich tiefes Loch in den schlammigen Flussgrund graben musste. Das klang einfacher als es war. Doch am Ende war es geschafft. Nun hatte ich eine Art selbstgebauten, stark verzweigten Ast in der Größe eines kleinen Baumes in meinem Seegras-Zimmer stehen.

Varona und ich waren zwischendurch auch losgezogen, ein paar engmaschige Netze aus den dunklen Vorratstunneln zu besorgen, in denen der Schwarm die meisten seiner Vorräte lagerte. Die Netze hing ich an den verschiedenen Zweigen des Astes auf und beschwerte sie mit kleinen Steinen, sodass sie trotz der herrschenden Schwerelosigkeit hängen blieben und ihren Inhalt nicht ans Wasser verloren. Zusammen betrachteten wir unser Werk.

>>Und?<<, fragte Zac plötzlich laut, für alle hörbar, während er mich mit ausdruckslosem Gesicht musterte. Trotzdem glaubte ich aus den schnellen Bewegungen seiner kleineren Flossen eine gewisse Nervosität abzulesen. >>Gefällt es dir?<<

Ich versuchte ein distanziertes Lächeln, wie ich es immer bei Giselle gesehen hatte. >>Es ist ganz hübsch.<<

Die anderen lachten.

Für den Effekt stupste ich eines der leeren Netze an, sodass es träge hin und her schaukelte. >>Aber ich hab nicht viel, was ich da einsortieren kann, nicht?<<

Das Grundprinzip des Schwarms „alles gehört allen" erstreckte sich auf fast alle Dinge des Alltags, die in den Vorratstunneln gelagert und bei Bedarf ausgegeben wurden. Nur wenige persönliche Gegenstände bildeten eine Ausnahme. Aber vielleicht würde ich ja noch welche bekommen. Bei diesem Gedanken stockte ich. Wollte ich das?

Als hätte Varon meine aufkeimende Unsicherheit erahnt, wechselte er plötzlich das Thema: >>Und? Weißt du eigentlich schon, was du dir noch wünschen willst?<<

Tatsächlich hatte ich mir dazu Gedanken gemacht. Und die Entscheidung war gar nicht so schwer gewesen: >>Ich möchte heute Nacht die Sterne sehen.<<


Nicht viel später lagen wir am Strand und erholten uns von den Strapazen der Verwandlung – oder zumindest ich erholte mich von den Strapazen der Verwandlung. Die anderen schienen sich aus Solidarität mit dazu gelegt zu haben. „Wie schaffst du das, es so lässig wegzustecken?", murrte ich leise und warf Ricco einen neidischen Blick zu.

Er saß im Sand und stützte sich auf seinen Armen ab, während er zufrieden in die Sonne blinzelte. Mit der dunklen Haut und dem durchtrainierten, sehnigem Körper, war er der Inbegriff dessen, was ich mir früher unter einem Bademeister vorgestellt hatte. Die weißen Zähne, die im Licht blitzten, als er leise lachte, taten ihr übriges, dieses Bild zu verstärken. „Gar nicht", er zwinkerte mir verschwörerisch zu, ehe sein Blick zu seinem Partner wanderte und ein sanfter Zug um seinen Mund sein Gesicht weich werden ließ. „Ich will nur vor Varon nicht doof dastehen, deshalb versuch ich mir nichts anmerken zu lassen."

„Aaaach – so oder so: Du wirst immer mein Held sein!", kicherte Varon leise und ich lächelte, als ich sah wie die beiden sich kurz gegenseitig anhimmelten.

Zac schnaubte. „Oh Ricco – du bist so ein Aufschneider, weißt du das?"

Varon schnaubte auch – eine perfekte Imitation des Lautes, den Zac gerade von sich gegeben hatte. „Witzig, dass gerade du das sagst, Herr von und zu ‚Ich-verneige-mich-nach-meinem-Sieg-vor-meiner-Angebeteten.' "

Außer Zac und mir lachten alle. Ich für meinen Teil spürte die Röte meinen Hals heraufkriechen, als ich an den Wettkampf zurückdachte. Wie ich ihn angefeuert hatte. Wie er daraufhin mit seinem Gegner kurzen Prozess gemacht und sich dann in aller Eleganz vor mir verneigt hatte. Als wären wir allein und nicht noch der halbe Schwarm anwesend.

Ich schluckte und versuchte die Erinnerung rasch wieder zu verscheuchen. Es war Absicht, dass ich nicht all zu oft daran dachte. Immer wenn ich das tat, begannen meine Fingerspitzen verräterisch zu kribbeln und ich bekam das Gefühl, nicht einen Moment länger still sitzen zu können. Also stand ich auf.

„Was hast du jetzt vor?", fragte Varona mit einem schelmischen Grinsen, stand aber dennoch ebenfalls auf, wobei ihre tausend Libellenflügel sanft raschelten. Als wäre das sein Stichwort gewesen, segelte auch Suriki lautlos von einem der Bäume hinunter und nahm auf ihrer Schulter Platz.

Ich brauchte einen Moment, um diesen Anblick zu verarbeiten. Er brachte mich jedes Mal wieder aus dem Konzept. „Ich möchte", ich zögerte, weil ich es selbst nicht so genau wusste. „Ein bisschen Feuerholz sammeln? Dann können wir es uns nachher gemütlich machen?"

Ich hörte selbst, wie unsicher ich klang. Trotzdem standen alle auf, um sich mit mir an die Vorbereitungen für einen schönen Nachmittag beziehungsweise Abend zu machen.


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