Bonuskapitel III - Geburtstagswünsche

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Der Nachmittag war wirklich noch sehr schön geworden. Mit Essen und Spielen, Quatschen und Tratschen, Lachen und Leichtsinn. Tatsächlich war der Tag um einiges besser gelaufen, als ich gedacht hätte, hätte mich jemand vor wenigen Zyklen nach meinem Geburtstag gefragt. Vor allem hätte ich damals niemals geglaubt, dass ich jemals wieder mit Zac allein sein könnte. Doch so war es.

Ricco und Varon hatten sich zusammen mit der untergehenden Sonne von uns verabschiedet, weil sie noch „ein paar Bäume anschauen wollten". Auf der anderen Seite der Insel. Oder so. Ganz sicher. Ich brauchte nicht einmal eine Gedankenverbindung, um die kleinen Gesten und das verhaltene Lächeln, das die zwei sich immer wieder zugeworfen hatten, auf ganz andere Weise deuten zu können.

Was ich dagegen nicht verstand, war Varonas plötzliche Verabschiedung. Als sie die ersten Sterne am Himmel sah, war sie in einer fließenden Bewegung aufgestanden und hatte gemeint, dass sie noch was zu erledigen hatte. Auf mein fragen, hatte sie nur schwach gelächelt und den Kopf geschüttelt. Fragen zu ihrem Volk darf sie nicht beantworten.

Immer, wenn ich diese Antwort bekam, fragte ich mich, wie lange die Eary überhaupt noch überleben konnten, wenn sie den Austausch zu anderen so strikt eingrenzten. Doch das war eine Diskussion, die ich nicht mit Varona führen wollte. So akzeptierte ich ihre Antwort mit einem Nicken, ehe sie mit eleganten Sprüngen zwischen den Baumwipfeln verschwand.

Und nun saß ich mit Zac hier und beide starrten wir mit abwesendem Schweigen in die tanzenden Flammen. Obwohl – ganz so abwesend war es nicht. Immer wieder erwischte ich mich dabei, wie meine Augen zu ihm herüber huschten. Was er wohl dachte? Was sollte ich sagen? Moment! Hatte er gerade in meine Richtung geschaut?

Gestresst fuhr ich mit den Händen über meine Arme. „Ich hol' mir was zu trinken", murmelte ich schließlich leise und sei es nur, um überhaupt etwas zu sagen. „Willst du auch was? Ricco hat auch ein paar Kekse dagelassen."

Über Zacs Gesicht huschte ein Grinsen. „Bist du sicher, dass sie noch gut sind? Für dich würde ich zuerst einen probieren. Wenn ich keine Bauchkrämpfe bekomme, kannst du sie essen."

Ich kicherte leise und stand auf. „Ich werte das als ‚ja' zu beidem."


Als ich kurz darauf mit den Keksen und den zwei Wasserbechern zurückkam, starrte Zac noch immer nachdenklich, fast schon wütend in die Flammen. Einmal mehr überlegte ich, was ihn so beschäftigte, geradeso wie letztens, als ich ihm den Krankenbesuch abgestattet hatte. Doch als er zu mir aufsah, schien er jegliches Grübeln aus seinem Gesicht zu verbannen. Ich lächelte, tat, als hätte ich nichts gesehen und reichte ihm den Becher.

Doch statt das Getränk entgegen zu nehmen, glitt seine Hand an dem Becher vorbei und tippte gegen die Holzscheibe meiner Kette. „Und? Was ist dein letzter Wunsch?"

Ich schluckte bei diesen Worten. Ohne, dass ich sagen konnte, warum, machten sie mich unglaublich wütend. Daran änderte auch sein Lächeln nichts. Dieses langsame Lächeln, das erst von den Augen zu kommen schien, dann an seinen Mundwinkeln zupfte und sich schließlich geheimnisvoll auf seine Lippen legte. Das war das Erste, was mir damals an ihm aufgefallen war. Damals, als ich noch jedes Mal zurück lächeln musste.

Aber mir war nicht mehr nach lächeln. Mir war auch nicht mehr nach spielen. Ich war es alles so leid. Mit einem Mal war der Becher in meiner Hand zu schwer, als dass ich ihn länger halten konnte und so stellte ich ihn einfach neben Zac ab, zusammen mit den Keksen und ging dann zu meinem eigenen Platz zurück. Als ich mich auf die Decke fallen ließ, fühlte ich mich unglaublich kraftlos.

Einen Moment lang zögerte ich noch und stellte meinen eigenen Wasserbecher vorsichtig bei Seite. Schließlich gab ich mir einen Ruck, löste die blau lackierte Holzscheibe von meiner überdimensionalen Kette und wog sie nachdenklich in meiner Hand. Sie schien viel schwerer, als sie sein dürfte. Schwer von den Möglichkeiten, die ich mit ihr hätte, obwohl ich nicht einmal sicher war, ob ich sie wirklich, wirklich wollte.

Dann fasste ich einen Entschluss.

Ich wollte diese Möglichkeiten.

Es wurde Zeit. „Antworten, Zac", bekam ich endlich die Worte über die Lippen, die mir schon so lange auf der Seele brannten. „Ich wünsche mir Antworten von dir."

Mit einer ruckartigen Bewegung, warf ich die Holzscheibe zu Zac herüber.

Sie hätte ihm direkt am Kopf getroffen, wenn er sie nicht aus purem Reflex heraus gefangen hätte. Schlagartig war ihm jedes Grinsen aus dem Gesicht gewichen und er wandte den Blick ab, zurück zu den Flammen, als wäre es plötzlich zu schwer für ihn, mich länger anzusehen. Schließlich nickte er und steckte sich die Holzplatte in die Hosentasche. „Du hast recht. Die hast du verdient."

Ich starrte ihn an. Das war überraschend einfach gewesen.

Ohne mit der Wimper zu zucken erwiderte Zac meinen Blick, dass es mir fast schon unangenehm war. Aber nur fast. Wenn er ein Blickduell wollte, sollte er eins kriegen! Ich lehnte mich mit schmalen Augen ein Stück weit vor. Ich hatte heute Geburtstag! Er konnte mir gar nix!

Plötzlich lachte Zac wieder, nahm sich seinen Becher, den ich neben ihn gestellt hatte, und prostete mir zu. „Ich hab es verstanden. Also sag an: Was willst du wissen?"

Ich sah ihn an und zog demonstrativ beide Augenbrauen hoch. „Wie wäre es mit alles? Von Anfang an."

„Uhhhh – also am Anfang, da waren Magie und Zeit, denen-"

„Zacery!" Wütend schlug ich auf den Boden neben mir und wünschte, es wäre sein Gesicht. Doch leider war da nur die Decke, in die ich mich ohne es recht zu wollen, regelrecht einkrallte. Am liebsten hätte ich Zac meinen Becher an den Kopf geworfen. Aber ich kannte seine Reflexe und wollte nicht sinnlos aufstehen, um wieder Wasser zu holen. Also verlegte ich mich darauf, meine Fragen zu spezifizieren: „Warum? Warum hast du mich entführt? Warum nicht Giselle? Oder – keine Ahnung. Irgendwen, der vielleicht freiwillig mitkommt?" Ich hörte selbst meinen zickigen Tonfall, aber ich konnte und wollte ihn nicht abstellen. Ich hatte mir diese Antworten verdient und ich war es so unglaublich leid, das die Leute ständig meinen Fragen auswichen.

Zac sah mich noch einen Moment lang an. Dann lehnte er sich wieder ein Stück zurück und sah hinauf zu den Sternen am Himmel. „Ich wollte nicht, dass du stirbst."

„Äh – wie bitte?"

„Ach Senga – ist das wirklich so schwer zu glauben?" Jetzt wandte er sich von den fernen Sternen ab und wieder zu mir. Obwohl keiner von uns, seine Position verrückt hatte, kam er mir mit einem Mal wesentlich näher vor, als noch vor wenigen Momenten. Es war verwirrend. „Diese Viecher hätten dich zwei Mal getötet, wenn ich nicht dagewesen wäre. Oder wie Tribald um Jahre altern lassen! Ich glaube nicht, dass sie zeitnah aufgegeben hätte. Dieses Miststück-"

„Nyin", unterbrach ich ihn leise murmelnd.

„Wie bitte?"

„Nyin. So heißt das Irrlicht." Ich wusste selbst nicht, wie ich jetzt gerade auf ihren Namen kam, aber irgendwie war es mir wichtig, über sie als Person zu sprechen. Vielleicht auch nur deshalb, weil es gerade das einzig Sinnvolle war, was mein Hirn zu dieser Erklärung zustande brachte. Der Rest musste erst einmal verarbeitet werden.

„Aha", war alles, was er dazu sagte, ehe er wieder schwieg und ausweichend den Blick über den Boden schweifen ließ. Schließlich griffen seine Hände fahrig nach zwei kleinen, herumliegenden Kiefernzapfen, die dann unruhig von einer Hand in die andere wanderten.

Ein Teil von mir war ihm dankbar dafür. So hatte ich zumindest einen Moment Zeit, meine Gedanken zu ordnen. Ein anderer, weitaus größerer Teil war zutiefst frustriert – und ratlos, wie er diesen Ärger Luft machen könnte. „Zacery!", platze es schließlich aus mir heraus. „Sag mal, hörst du dir überhaupt zu?", jetzt wo ich erst einmal angefangen hatte, zu reden, konnte ich nicht mehr aufhören. „Weißt du eigentlich wie wahnsinnig das klingt? Du entführst mich, reißt mich aus meinem Leben, nimmst mir alles, was irgendeine Bedeutung für mich hat, schleppst mich irgendwohin, wo ich niemanden kenne und mich alle zu hassen scheinen und – und dann hast du die Dreistigkeit mir zu sagen, dass es zu meinem Besten wäre?"

Ich starrte ihn an, doch er sah konsequent weg, senkte den Blick schließlich ganz auf seine Hände. „Was hätte ich denn tun sollen?"

Ich zog die Augenbraue hoch. „Vielleicht ‚Mit mir reden?' Manche behaupten ja, das hilft."

„So? Sagen das manche?", knurrte er plötzlich bissig und warf die zwei Kiefernzapfen mit einer ruckartigen Bewegung ins Feuer. Sofort loderten die Flammen knisternd auf und ein kleiner Schwarm Funken stob wie Glühwürmchen in die Dunkelheit über uns. Doch das schöne Schauspiel täuschte nicht über die Wut in seiner Miene hinweg. „Und wenn ich das getan hätte? Wenn ich dir gesagt hätte, was ich bin. Und das du offensichtlich in Gefahr bist. Wärst du mitgekommen? Wir kannten uns doch gerade mal wie lange? Fünf Zyklen? Sechs?" Jetzt war er es, der mich über das Feuer hinweg herausfordernd anfunkelte.

Ohne mein Zutun wanderte meine Hand zu meiner Stirn und strich überfordert die Falten darauf glatt. Sollte ich jemals nach Hause kommen, Nyin würde nicht mehr viel zu holen haben, so alt wie ich mich gerade fühlte. „Natürlich wäre ich nicht mitgekommen. Weil es jetzt genauso wahnsinnig ist, wie es am Frühlingsquell war." Warum führte ich diese Diskussion überhaupt? Trotzdem sprach ich weiter: „Selbst wenn wir nur mal spaßeshalber annehmen, dass das alles völlig rational ist. Zac! Warum reden wir erst jetzt darüber? Meinst du nicht, dass das eine Erklärung ist, die schon seit – keine Ahnung – Ewigkeiten überfällig ist?!"

Zac schwieg mit zusammengebissenen Zähnen. Statt mir eine Antwort zu geben, suchten seine Hände nur nach neuen Kiefernäpfeln. Er war das menschliche Abbild eines in die Ecke gedrängten Hundes. Trotzdem wollte ich nicht locker lassen. Ich konnte nicht, jetzt, wo ich endlich so dicht daran war, dieses ganze Chaos zu verstehen. Während ich resolut nach einem weiteren Stück Holz griff und es ins Feuer warf, starrte ich im regelrecht ein Loch in den Kopf. „Du hast meinen Wunsch akzeptiert. Jetzt antworte mir auch", forderte ich schließlich ein, was mein Recht war, zu wissen. Ich hätte es schon viel früher machen sollen.

Er schloss die Augen, als hätte ich gerade eine Unmöglichkeit von ihm gefordert. „Ja", presste er plötzlich heraus. „Ja, du hast recht. Ich hätte mit dir reden müssen." Noch während er das sagte, sackten seine Schultern nach unten und seine Hand strich über seinen Nacken. Er sah dabei genauso müde und erschlagen aus, wie ich mich fühlte. „Und ja – ich hätte dich nicht einmal mitnehmen dürfen. Es tut mir leid." Die Kiefernäpfel in seiner Hand knackten, als er sie zerdrückte.

Trotzdem ließ ich in meinem Starren nicht von ihm ab, auch wenn er meinem Blick noch immer auswich. Warum auch? Ich hatte keine Angst vor ihm. Schon lange nicht mehr – ich konnte nicht einmal sagen, wann dieser Umschwung gekommen war.

„Ist es das, was du hören willst?", fast schon war mir, als könnte ich sein Zähneknirschen hören. „Da hast du es: Es tut mir leid! Aber wenn ich dir das früher gesagt hätte. Dann hättest du mich angefleht, dich gehen zu lassen und – und das hätte ich getan. Ich hätte dich gehen lassen. Aber gleichzeitig wollte ich das nicht, weil – weil..."

Ich starrte ihn noch immer an und versuchte seinen Worten irgendeinen Sinn abzuringen. „Aber was ist das für eine Logik?", flüsterte ich verzweifelt. Bei den Göttern, ich würde Tage brauchen, um das zu verarbeiten.

Plötzlich entspannte sich Zac wieder, zwang seine Finger auseinander und ließ die Überreste der Kiefernäpfel achtlos zu Boden fallen. „Eine Realistische", antwortete er eben so leise wie ich, als er mich endlich wieder direkt ansah. „Mir ist es lieber, du hasst mich und bist am Leben, als wenn du mich gut leiden kannst, dafür aber tot bist." Mit diesen Worten stand er auf, nahm seinen Becher und die Kekse, die er mit keinem Bissen angerührt hatte und ging die ersten Schritte, um die Sachen zum Haus zurückzubringen. „Gute Nacht Senga."

Ich starrte auf seinen Rücken, während unser eben geführtes Gespräch endlose Kreise in meinem Kopf zog. Plötzlich sprang ich auf und folgte ihm ein paar Schritte, ohne jedoch ganz zu ihm aufzuholen. Ich wollte nicht weiter mit ihm sprechen. Dazu fehlte mir die Kraft. Aber ich wollte sicher gehen, dass er eine Sache wusste. „Zac?"

„Hm?"

„Ich hasse dich nicht."

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