9. Teil: Kopfzerbrechen

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Der restliche Arbeitstag war eine Qual. Ich konnte mich nicht mehr konzentrieren, hatte nur noch Russells Angebot im Kopf und während mein Körper spürbar erschöpft war, lief mein Hirn auf Vollgas.

Dass jemand an meiner Bürotür klopfte, realisierte ich erst beim zweiten Mal.

„Herein", rief ich ausgelaugt und bettete für einen kurzen Moment meine Stirn auf meinem Handballen.
Ich wollte einfach nur nach Hause und war froh, wenn dieser Arbeitstag endlich ein Ende fand.

„Hallo Mathis", begrüßte Quentin mich freundlich und drückte die Tür mit seinem Schulter zu, da er einen großen Geschenkkorb in seinen Händen hielt.

„Hallo", begrüßte ich den Alpha und beäugte zugegebenermaßen neugierig, was er da hatte. „Möchten Sie unsere Vertragspartner bestechen?", schmunzelte ich und wollte schon aufstehen um den Inhalt besser sehen zu können, doch das ungute Gefühl in meinem Magen ließ mich sitzen bleiben.

„Nein, nein", lachte er und stellte den Korb vor mir auf meinen Schreibtisch.

„Ihnen geht es ja in letzter Zeit nicht so gut.", fing er an und deutete dabei auf den üppigen Korb, „Deswegen habe ich mir gedacht, ich mache Ihnen eine kleine Freude. Verschiedene Teesorten, Schokolade, getrocknete Früchte, Badesalze, eine Duftkerze. Alles, was das Omegaherz begehrt", strahlte er und deutete dabei auf den Inhalt des Korbes, der mich tatsächlich kein bisschen ansprach.
Die Geste an sich war nett, aber dass er dabei auf mein ‚Omegaherz' achtete und meiner Meinung nach nur Weiberkram ausgesucht hatte, störte mich ungemein. Eine Duftkerze? Sah ich aus wie jemand, der Duftkerzen in der Wohnung stehen hatte?

„Seit wann wissen Sie, dass ich ein Omega bin?", fragte ich also und erhob mich schlussendlich doch. Meine Knie wackelten, aber mit der Tischkante direkt vor mir, konnte ich ganz gut stehen.

Quentin musterte mich einen Moment, ehe er antwortete. „Noch nicht allzu lange. Tatsächlich erst kurz bevor ich Sie nach einem Date gefragt habe."

Ich konnte mir nur schwer ein genervtes Schnauben verdrücken und zeigte meinem Gegenüber mit einer Handbewegung an mein Büro zu verlassen. Ich brauchte dringend meine Ruhe, musste nach Hause und dass Quentin jetzt auch noch mit so etwas um die Ecke kam, stresste mich gewaltig.
Beinahe noch mehr als das was Russell getan hatte.

„Quentin, ich bitte Sie jetzt zu gehen." Ich deutete erneut auf meine Bürotür, doch der Alpha rührte sich nicht.

„Mathis, vielleicht liegen Ihre Beschwerde am Stress hier in der Firma. Sie sind ein Omega, die sind hierfür nicht geschaffen. Das hier ist nicht Ihre Branche. Sie sehnen sich doch sicherlich nach einer Familie. Warum gehen Sie nicht mal mit mir aus, Mathis? Dann sehen wir, ob wir zusammenpassen und können eventuell eine Familie gründen. Dann können Sie sich etwas zurücknehmen und wieder zur Ruhe kommen."

Seine Worte triggerten mich ungemein, sodass meine flache Hand fester als erwartete auf meine Tischplatte schlug.
„Was fällt Ihnen ein so über mich und meine Eignung zu sprechen, Quentin? Ich unterstehe mir solche Mutmaßungen. Meine Gesundheit hat rein gar nichts hiermit zu tun", zischte ich wütend und deutete ihm erneut an zu gehen.
Der Alpha war von meiner Reaktion deutlich überrascht, zuckte etwas zurück, ehe er sich zu seiner vollen Größe aufrichtete.

Kurz dachte ich, dass ich den Alpha verärgert hatte, doch er nickte lediglich, drehte sich weg und verließ ohne einem weiteren Wort mein Büro.

Irritiert und völlig perplex, immerhin hatte ich damit nicht gerechnet, sah ich dem Alpha hinterher, der den üppigen Korb auf meinem Tisch stehen hat lassen.

Ich schüttelte nur sprachlos den Kopf, lagerte den Korb auf einen Beistelltisch um und versuchte meine Arbeit noch irgendwie fertig zu bekommen.

Doch nun geisterten nicht nur Russells sondern auch Quentins Worte durch meinen Kopf.

Selbst nach Hause zu kommen und eine Dusche hatten nichts geholfen, sondern meine Spekulation nur noch lauter gemacht.
Mit dicken Wollsocken saß ich nun in meinem Bett, während eine Sitcom lief und ich eine fettige Pizza mit Würstchen und Pommes aß.
Ich wusste, dass dieses Gericht nicht optimal für meinen empfindlichen Magen war, aber ich konnte nichts gegen dieses Verlangen tun.
American Pizza hieß diese spezielle Pizza auf der Karte und während ich dem Gericht sonst nie meine Aufmerksamkeit geschenkt hatte, war es heute so als hätten meine Augen es von selbst gefunden.

Im Schneidersitz war mein Bauch wie auf dem Präsentierteller. Die Wölbung stand so deutlich hervor, dass sogar mein Shirt darauf aufsetzte.
Mittlerweile hatte ich schon beobachtet, dass mein Bauch abends größer aussah als morgens, was mich auf eine schräge Art und Weise freute.
Ich wollte den Bauch sehen. Ich wollte sehen, wie meine Welpen wuchsen und mich immer mehr ausfüllten.
Seltsamer Gedanke, aber aus dem Nichts heraus fühlte ich mich plötzlich so stolz. Stolz auf meinen Körper, dass er so etwas schaffen konnte, stolz auf mich, dass ich der Vater der zwei sein durfte, stolz auf die zwei, dass sie fleißig am wachsen waren.

Ich lehnte mich ein wenig zurück, strich gedankenverloren über meinen Bauch und biss herzhaft in das nächste Pizzastück.

Russell hatte recht. Sobald mein Bauch noch größer wurde, würde ich ihn nicht mehr verstecken können und dann würden unweigerlich Fragen aufkommen, auf die ich keine Antwort hatte oder die ich nicht beantworten wollte.
Früher oder später würde jedoch trotzdem herauskommen, dass ich alleine war und dieser Blöße müsste ich mir mit Russell nicht geben.

Russells Angebot spukte wie wild durch meinen Kopf.
Stellvertretender Geschäftsführer war mehr als ich mir jemals erträumt hatte. Niemals hätte ich auch nur in Erwägung gezogen in so einer Position zu arbeiten.
Dass Russell es mir nun anbot, kam für mich so plötzlich, so unvorhergesehen, dass ich mir seiner Beweggründe nicht sicher war.

Russell wollte Vater werden. So weit hatte ich ihn verstanden.

Aber dass er dafür so weit gehen würde fremde Welpen anzuerkennen?

Wollte ich überhaupt mit jemandem zusammen meine Kinder aufziehen? Oder wollte ich nicht lieber alleine sein?

Im selben Moment entkam mir ein Schnauben. Natürlich wollte ich nicht lieber alleine sein. Ich würde mich über nichts mehr freuen, als eine richtige Familie zu haben.

Quentin hatte mit seiner Vermutung, dass ich mich nach einer Familie sehnte durchaus recht. Ich wollte zwar niemals in meinem Beruf kürzertreten und würde es für eine Familie wohl auch nie tun, aber eine Familie würde mir trotzdem gefallen. Eine richtige Familie, so wie es mit meinen Eltern war.

Mama, Papa und zwei Kinder.
Oder in meinem Fall Papa, Papa und zwei Kinder.

Aber mit Russell?
Würden Russell und ich ein gutes Team abgegeben, wie er sagt? Würde das langfristig funktionieren, immerhin waren Kinder eine Verpflichtung fürs Leben. Wollte ich mein Leben lang an Russell gebunden sein, wenn auch nicht durch einen Biss, aber durch gemeinsame Kinder?

Abermals begann ich über seine Beweggründe zu spekulieren. Er könnte jederzeit mit einem Partner oder einer Partnerin Welpen adoptieren. Die Kinderheime waren voll und selbst wenn ich ihn als Vater meiner Kinder akzeptierte, wären diese Welpen noch lange nicht sein Fleisch und Blut. Damit würde er genauso dastehen wie mit einem adoptierten Kind. Warum also entschied er sich nicht einfach dafür?

Der Alpha war so ein lieber Kerl, immer nett und freundlich. Er behandelte seine Mitarbeiter gut und obwohl unser Betriebsklima sehr locker war, sprang keiner aus der Reihe, weil jeder vor Russell Respekt hatte. Aber keinen Respekt aus Angst, sondern weil Russell in allen Belangen eine wahre Führungskraft war.

Ich konnte mich mehr als nur geehrt fühlen, dass Russell mich überhaupt in Betracht zog, immerhin wäre Lukes genauso dafür qualifiziert wie ich. Dass Russell aber noch dazu privat zusammenarbeiten wollte um die Kleinen aufzuziehen, ließ meine Brust vor Stolz anschwellen.

Könnte es vielleicht sogar sein, dass Russell wirklich eine Beziehung mit mir eingehen wollte? Dass wir eine richtige Familie bilden konnten?

Ein blödes Grinsen bildete sich auf meinen Lippen.
Eine Beziehung mit Russell wäre schön.
Niemand musste wissen, dass Russell nicht wirklich der Vater war.
Und meinem Bruder könnte ich sagen, dass er der Mann war, der leibliche Vater.

So schnell wie mein Grinsen kam verschwand es auch wieder als ich abrupt den Kopf schüttelte.
Ich kannte Russell nur aus der Arbeit. Ich wusste nichts privates über ihn und nur weil wir uns zwischenmenschlich ganz gut verstanden, hieß das noch lange nicht, dass eine Beziehung auch klappen würde.

Egal wie, musste ich Russell sowieso erst besser kennenlernen, bevor ich seinem Angebot zustimmte. Ich konnte nicht einem so gesehen wildfremden Mann ins Boot holen.
Zwar wäre es mit dem leiblichen Vater in meinem Fall nichts anderes, aber wenn ich nun schon die Wahl hatte, dann musste ich mir Russell schon genau ansehen.

Vielleicht hatte er ganz andere Erziehungsmethoden mit denen ich nichts anfangen konnte. Vielleicht hatte er unrealistische Anforderung in die Kleinen. Vielleicht wollte er ihren Lebensweg von klein auf bestimmen und sie damit in einer Art goldenem Käfig gefangen halten.

Meine Gedanken vermiesten mir irgendwie die Pizza, sodass ich das angebissene Stück zurück in den Karton legte.

Vielleicht wurde Russell von seinen Eltern geschlagen und wollte das bei seinen Kindern so fortsetzen.

Panik schwappte sofort durch meinen Körper und ehe ich mich versah, wählte ich bereits seine Handynummer und hielt mir das Gerät abwartend ans Ohr. Nebenbei dribbelten meine Finger nervös auf meinem kleinen Bäuchlein.

Nur einen Augenblick später nahm Russell den Anruf entgegen.

"Hallo Mathis, ist alles in Ordnung?" Russell klang besorgt, offenbar hatte er nicht erwartet, dass ich mich noch am selben Tag melden würde, aber man hörte deutlich, dass er versuchte nicht allzu sehr danach zu klingen. Irgendwie fand ich es charmant, dass er sich um mich sorgte.

"Hallo, ja. Wurdest du von deinen Eltern geschlagen?", ratterte ich nervös herunter und biss mir abwartend auf die Wangeninnenseite als ich zum Ende gekommen war.

Ein raues Lachen entfloht Russell daraufhin, ehe er verneinte. "Ich wurde nicht geschlagen. Wie kommst du auf sowas?", fragte er hörbar amüsiert, als ich erleichtert den Atem ausstieß.

"Ich bin nur am spekulieren", antwortete ich mit heißen Wangen und fokussierte meinen Bauch, der in dieser zurückgelehnten Position noch deutlicher hervorstand.

"Über mein Angebot?", fragte Russell interessiert und irgendwie war ich mir sicher, dass er lächelte.

"Ja, jein. Über deine Erziehungsmethoden", gab ich ehrlich zu. "Was wenn wir uns nicht einig sind?", sprach ich meine Gedanken aus und biss mir abermals auf die Wangeninnenseite.

"Meine Eltern waren sich über ihre Erziehungsmethoden auch nie einig und ich würde behaupten, dass aus mir etwas geworden ist", schmunzelte Russell und man hörte im Hintergrund wie eine Tür geöffnet wurde. "Warte kurz, Mathis. Lukes, ich gehe", rief mein Vorgesetzter, ehe man Lukes und eine Frauenstimme synchron "Tschüss" sagen hörte.

"Du warst bei Lukes?", fragte ich überrascht und wollte mich im nächsten Moment wieder dafür entschuldigen. Russells Privatleben ging mich nichts an, solche Fragen sollte ich nicht stellen.

"Ja. Seine Frau lädt mich oft zum Abendessen ein, weil sie findet, dass es traurig ist, wenn ich nur alleine zuhause sitze." Russell lachte. "Ich kenne Lucy schon seit der Uni. Wir sind sehr gut befreundet und als sie dann Lukes, ihren Gefährten, gefunden hatte, haben Lukes und ich uns auch recht gut angefreundet", erzählte Russell, während man hörte, dass er gerade auf die Straße hinausgetreten war.

"Du bist zu Fuß unterwegs?"
"Ja, ich bin auf dem Heimweg. Zurück zum Thema. Ich denke, es ist wichtig, dass man sich in ein paar grundlegenden Dingen einig ist, aber in jeder Angelegenheit auf einen Nenner zu kommen ist schwierig, wenn nicht sogar unmöglich."

Ich nickte zustimmend. Da hatte Russell durchaus recht.

"Sie dürfen ihren gesamten Lebensweg selbst entscheiden. Ihnen wird nichts vorgeschrieben. Nicht welche Schule sie besuchen, nicht welche Sportart oder ob sie an die Universität wollen oder nicht. Sie dürfen alles selbst entscheiden."

"Da stimme ich dir zu", antwortete Russell und ließ mich damit erleichtert aufatmen. Das war schon mal gut.

"Sie werden nicht geschlagen. Egal, was sie anstellen. Egal, wie schlimm. Gewalt ist keine Lösung", orderte ich mit harter Stimme und musste dennoch schmunzeln, als Russell zustimmend meine Worte wiederholte.
"Gewalt ist keine Lösung."

Soweit so gut. Das war zumindest mal ein Anfang.

Ich wollte ihm gerade erklären, dass ich mir erst einmal nochmal meinen Kopf machen musste, bevor ich eine endgültige Entscheidung treffen konnte, doch Russell durchquerte offenbar gerade eine Gruppe von Passanten, denn man hörte zahlreiche Stimmen im Hintergrund. Jemand sprach zufällig im vorbeigehen von Schokofrüchten, was meine hungrigen Welpen natürlich gehört hatten, denn im nächsten Moment knurrte mein Magen laut. Mein Mund reagierte schneller als mein Hirn und als ein "Mmmh Schokofrüchte" über meine Lippen kam und Russell daraufhin rau zu lachen begann, schoß mir augenblicklich die Schamröte in die Wangen.

"Soll ich dir welche bringen? Hier im Park ist ein Stand", bot Russell netterweise an.

Das Angebot war wirklich nett, aber dann würde Russell hierher kommen, mich abermals nur spärlich bekleidet sehen und dann würden wir das Gespräch wohl in Person fortsetzen. Wollte ich das?

"Ja, bitte", entschied mein Mund für mich, bevor ich meine Gedanken überhaupt zu Ende denken konnte und gluckste zufrieden, als Russell begann mir die verschiedenen Optionen vorzulesen. Nachdem ich ihm gesagt hatte, was ich wollte, legten wir auf, damit Russell problemlos einkaufen konnte.
Kaum war der Anruf beendet, sprang ich umständlich aus meinem Bett, verräumte die halb gegessene Pizza und zog mir ansehnliche, dennoch bequeme Klamotten an, die meinen Bauch etwas kaschierten und bereitete mir noch einen Tee zu, bevor ich es mir auf dem Sofa bequem machte.

Wenn Russell und ich schon ein Gespräch führen würden, dann in meinem Wohnzimmer und nicht wieder in meinem Schlafzimmer. Es war mir immer noch unangenehm, dass Russell mich in mein Bett tragen musste, da brauchte ich ihn nicht gleich ein weiteres Mal in mein Schlafzimmer einladen.

Es dauerte überraschenderweise nicht allzu lange, bis Russell an meiner Wohnungstür klingelte und mir breit entgegen lächelte, als ich ihm die Tür öffnete.

"Guten Abend, Mathis", lächelte der Geschäftsmann und reichte mir seine Errungenschaften, damit er sich seinen Mantel ausziehen konnte. Seine Schuhe stellte er nach meiner Anweisung ins Schuhregal, ehe er mir in die Küche folgte, wo ich gleich die Tüte öffnete, um den Inhalt begutachten zu können. Erdbeer-, Trauben- und Bananenspieße mit unterschiedlichen Schokoladenüberzügen. Von Vollmilch bis zu weißer Schokolade war alles dabei.

"Mmmh", schwärmte ich als ich einen Erdbeerspieß mit Vollmilchschokolade heraus zog und mit genüsslich geschlossenen Augen hineinbiss.

Russell lachte leise und bediente sich ebenfalls an einer der Köstlichkeiten.

"Ich finde es wichtig, zumindest eine gemeinsame Mahlzeit als Familie zu haben."

Ich sah überrascht von meinem Spieß auf und starrte Russell sprachlos an. Familie? Dachte er an eine Familie? Mit mir? Mit meinen Welpen? Eine richtige Familie? Mit zusammenziehen und so? So richtig richtig?
Obwohl ich es naheliegend war und ich mir schon viele Gedanken darüber gemacht hatte, erwischte es mich eiskalt es nun auch aus Russells Mund zu hören.

"Eine Familie?", fragte ich tonlos und hörbar schockiert.
Ich war nur geschockt, weil ich das niemals erwartet hätte, nicht, weil es mir nicht zusagte.

Russell griff meine Reaktion jedoch völlig falsch auf. Sein kleines Lächeln verging und er nickte nur mit neutralem Gesichtsausdruck.

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