Kapitel 4

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„Ich kenne diese Gegend", stellte Alyn fest, als wir eine kleine Anhöhe erklommen hatten, hinter der sich noch nicht bestellte Felder und grüne Wiesen Seite an Seite an sanft ansteigende Hügel schmiegten. Am Wegesrand blühten ein paar Blumen und der Himmel war frei von Wolken. Im Westen begann ein kleines Wäldchen und hinter uns plätscherte ein Bach. Hätte ich nicht um die gegenwärtige Bedrohung gewusst, wäre ich wohl für eine Weile durch die idyllische Gegend gestreift und hätte mich an ihr erfreut.

„Das ist das Land meiner Familie", fuhr Alyn fort und riss mich aus meiner Gedankenwelt. „Das dort hinten ist der Bauernwald."

„Wieso heißt er so?", wollte Rosena verdutzt wissen.

Alyn stockte kurz. „Irgendwann haben sich darin einmal ein paar Bauern versteckt."

„Aber warum denn?"

„Damals nach dem Verrat des schwarzen Edelsteins folgte eine Zeit der Unruhe. Unglückliche Zufälle wie Missernten und der Ausbruch der schwarzen Pest, sowie eine instabile Regierung - wenn man sie so nennen kann - die damit beschäftigt war, über diese Tragödie hinwegzukommen, führte dazu, dass die einfachen Menschen sich übergangen fühlten. Aus diesem Grunde kam es zu den sogenannten Bauernkriegen. Damit die Stabilität im Reich wiederhergestellt wurde, ließ der Große Diamant diese Aufstände mit großer Brutalität niederschlagen. Einige der Aufrührer flüchteten in diesen Wald. Die Verfolger jedoch zögerten. Ihnen war dieses nahezu undurchdringliche Dickicht aus Bäumen, Büschen und Sträuchern nicht ganz geheuer. Jedoch gab es ein paar Mutige oder Törichte, die den Wald allen Instinkten zum Trotz betraten. Sie wurden nie wieder gesehen. Der damalige Herzog von Sarkand, zu dessen Territorium der Wald gehörte, schaffte es durch einiges Verhandlungsgeschick, dass die Belagerung eines Waldes als unsinnig angesehen wurde, woraufhin die Gardisten wieder nach Krylanid zurückkehrten - mit leeren Händen. Was mit den Bauern geschah, weiß niemand, aber unter dem Volk wurde gemunkelt, der Herzog von Sarkand habe daran nicht ganz Unschuld. Zum Gedenken dieser Geschehnisse wurde der Wald fortan nur noch Bauernwald genannt", dozierte ich.

„Von dieser Geschichte habe ich noch nie gehört." Rosena sah mich erstaunt an und auch Alyn warf mir einen überraschten Blick zu.

„Wie kommt es, dass du so genau darüber Bescheid weißt? Selbst meine Familie hat den genauen Hergang vergessen, obwohl sie doch direkt in die Geschehnisse involviert war."

Ich zuckte mit den Schultern. „Ich habe es wohl irgendwo mal gelesen."

Alyn schien mir nicht zu glauben. „Als wir uns anfangs begegneten, hast du nicht einmal einen Sélad erkannt und jetzt weißt du auf einmal Details der seylschen Geschichte, die von der Allgemeinheit bereits vergessen sind."

Darauf wusste ich keine Antwort. „Wir sollten weiter", sagte ich nur.

„Können wir nicht auf der Burg meines Vaters Halt machen? Sie liegt nicht weit von hier."

Ich schüttelte den Kopf. „Nein."

„Warum denn nicht? Ich würde so gerne einmal eine echte Burg sehen", bettelte Rosena.

„Das ist zu gefährlich. Die Oberen werden zwar mehr mit der aktuellen Lage beschäftigt sein, aber ich bin sicher, dass sie weder mich noch Alyn vergessen haben. Sie mögen mir vielleicht ein Jahr gegeben haben, aber es ist doch längst klar, dass sie früher Ergebnisse erwarten. Es war nur eine Finte und sie können jederzeit dahinterkommen, dass der Zauberbann aus irgendeinem Grund gebrochen wurde. Deshalb müssen wir eine derartige Situation nicht auch noch heraufbeschwören, indem wir genau den Ort aufsuchen, den sie mit höchster Wahrscheinlichkeit beobachten. Wir werden ihn meiden."

Ich ließ Farah in einen leichten Trab fallen. Niemand wagte es zu protestieren.

Wir waren noch gar nicht so lange unterwegs, als es zuzog und die Sonne mit einem Schlag hinter immer dicker werdenden Wolken verschwand. Ein leichter Wind kam auf und es wurde merklich kühler.

Ich zügelte Farah und wartete, bis die anderen aufgeschlossen hatten. Sphen hielt inne, den Kopf in Windrichtung gereckt und die Augen geschlossen.

„Was ist los?", wollte Alyn wissen.

„Ein Gewitter", erklärte ich.

„Zu dieser Jahreszeit?"

„Kommt vor. Wir müssen einen Unterschlupf finden."

Alyn lächelte triumphierend. „Ich wüsste da was."

„Ich weiß nicht..." Ich zögerte, betrachtete den dunklen Himmel.

„Wir stellen uns unter und reiten sofort weiter, wenn es aufgehört hat zu regnen. Ein Gewitter dauert meistens nicht lang", versuchte sich Rosena an einem Kompromiss.

Widerstrebend stimmte ich zu. Mich mochte der Regen vielleicht nicht stören und Lapislazuli schien ihn sogar vorzuziehen, aber der Rest meiner Gefährten war ausgesprochen wasserscheu. Alyn übernahm die Führung und kam nicht umhin, schwärmerisch von ihrer Heimat zu erzählen.

„Die Hälfte des Jahres verbringen wir in Krylanid, damit mein Vater seinen Pflichten nachkommen kann. Den Rest der Zeit leben wir hier. Die schönsten Tage habe ich hier verbracht. Nur im Winter wird es oft recht kalt, sodass wir uns zu dieser Jahreszeit überwiegend in unserem Stadthaus aufhalten. Mein Vater..."

Während ich ihr lauschte, ließ ich meine Gedanken schweifen. Es war mir alles andere als recht, die Burg aufzusuchen, aber anscheinend schienen uns die Götter dorthin treiben zu wollen. Gesetzt der Fall, sie kontrollierten wirklich das Wetter. Aber wer wusste das schon.

Als die ersten Tropfen fielen, tauchte die Burg in der Ferne auf. Wir trieben die Pferde zur Eile, ehe das Unwetter richtig losbrach. Der alte Bau lag auf einem kleinen Hügel und um ihn herum befand sich nur Wiese. Jeder musste uns von Weitem kommen sehen. Fast rechnete ich damit, mit Pfeilen und Bolzen beschlossen zu werden, aber nichts regte sich. Als wir die Pferde vor dem Burgtor anhalten ließen, schalt ich mich einen paranoiden Narr.

Das Tor war fest verschlossen, aber Alyn pochte energisch dagegen. Noch immer rührte sich nichts und ich konnte mein ungutes Gefühl nur schwer verbergen. Dann jedoch wurde auf Augenhöhe ein kleines Sichtfeld geöffnet und gab den Blick frei auf ein zu einer Fratze des Misstrauens verzogenes Gesicht. „Ja?"

Alyn trat vor. „Ich bin's, Gerold." Das Feld schloss sich und ich legte unwillkürlich die Hand auf den Krieger, den ich mir wie ein Schwert angehängt hatte, während die Tänzerin auf meinen Rücken geschnallt und unter meinem Umhang verborgen war.

Dann öffnete sich das Tor und ein strahlender Mann wurde sichtbar. „Euer Ehren, niemand hat mit Eurem Besuch gerechnet. Ich bitte untertänigst um Verzeihung für dieses Verfehlen."

Alyn winkte ab. „Lass es gut sein. Das sind Freunde. Sie sind allesamt unkonventionell, also hör schon auf, mich so zu nennen."

Sie schwang sich von Turrim und schloss den Mann in ihre Arme. Dieser zögerte kurz, dann erwiderte er die Umarmung. Er war von kräftiger Statur, sodass seine hochgewachsene Herrin zierlich in seiner Gegenwart wirkte. Das einfache Lederwams betonte seinen breiten Brustkorb, aus dem zwei muskulöse Oberarme wuchsen. Sein Gesicht wirkte ungeschliffen. Als hätte ein Bildhauer nicht genug Zeit gehabt, sein Werk zu vollenden. Sein Lachen nah ihm jedoch einiges von seiner bedrohlichen Ausstrahlung und ließ ihn freundlich erscheinen.

Schließlich löste Alyn sich. „Darf ich dir meine Begleiter vorstellen?" Sie nannte unsere Namen der Reihe nach und Gerold schenkte uns ein breites Grinsen. „Die Freunde meiner Herrin sind hier jederzeit willkommen."

„Wir würden gerne die Nacht hier verbringen und das schlechte Wetter aussitzen. Haben wir genug freie Betten und Boxen für die Pferde zur Verfügung?"

Gerold runzelte die Stirn. „Ich weiß nicht, Herrin. Dazu solltet Ihr, ich meine, solltest du besser den alten Vogt fragen."

„Würdest du ihm Bescheid geben?"

Die Wache verbeugte sich eilig und verschwand durch das Tor, das den Vorhof, in dem wir uns befanden, mit dem Rest der Burg verband.

Farah tänzelte unruhig auf der Stelle. Sie schüttelte den Kopf und ich schwang mich von ihrem Rücken. „Können wir uns irgendwo unterstellen, ehe wir alle bis auf die Knochen durchnässt sind?" Es hatte wenig Sinn, Schutz vor dem heranziehenden Unwetter zu suchen, nur um dann im Freien auszuharren.

Alyn, die sich skeptisch umgeblickt hatte, wirkte, als hätte ich sie aus tiefer Konzentration gerissen. „Was?... Ja, natürlich. Folgt mir."

Sie führte Turrim, auf dessen Rücken immer noch Lapislazuli saß, zu dem Tor, hinter dem Gerold verschwunden war. Isa folgte dem Hengst bereitwillig und Wladi, der einen Narren an Rosena gefressen hatte, klammerte sich an der jüngeren Frau fest. Er fühlte sich im Sattel nicht wirklich wohl.

Hinter dem Tor befanden sich rechterhand die Stallungen, in die Alyn uns führte. Die meisten Boxen waren leer und ich bemerkte, dass sie das deutlich irritierte. „Was ist los?", fragte ich.

„Die Pferde. Es sind nur so wenige Pferde da. Was ist mit all den anderen geschehen?"

Eine raue Stimme beantwortete ihre Frage, auf die sonst keiner von uns eine Antwort wusste. „Sie wurden beschlagnahmt. So wie unsere Waffen, unsere Vorräte und alles was nicht niet- und nagelfest war."

Die Stimme gehörte einem alten Mann, der gebeugt auf uns zukam. Mühselig verneigte er sich vor Alyn. „Meine Herrin."

„Steht doch auf, Valen. Solltet Ihr Euch nicht ausruhen, anstatt uns hier zu empfangen? Wo ist Kevin?"

„Er wurde eingezogen, Herrin. Ich habe seine Aufgaben übernommen, schließlich habe ich einst ebenfalls dieses Amt innegehabt."

Alyn runzelte die Stirn. „Das würde mein Vater nicht gutheißen."

„Das ist nicht auszuschließen. Aber Herrin, Euer Vater ist weiterhin verschwunden. Hätte er nicht eine Liste mit Anweisungen, sowie wichtige Dokumenten hinterlassen und genügend Vermögen hinterlegt, wären Eure Ländereien längst in die Hände gieriger Herrschaften gefallen. So konnte Kevin die Angestellten weiterhin bezahlen."

Lapislazuli beugte sich von Turrims Rücken zu mir hinab. „Er drückt sich für einen einfachen Mann äußerst kompliziert aus. Ich dachte, die Unverständlichkeit nimmt mit dem Grad eures Ranges zu, aber offenbar habe ich mich geirrt."

Nur meine jahrelange Ausbildung verhinderte, dass ich lachte. So zuckte nur mein Mundwinkel. „Ich denke, er hat möglicherweise zu viel Umgang mit diesen betuchten Herrschaften gepflegt. Er scheint mir jedoch ein anständiger Kerl zu sein."

Lapislazuli richtete sich wieder auf.

Aus dem Augenwinkel hatte ich die Unterhaltung zwischen dem alten Mann und Alyn beobachtet, die von unserem kurzen Gespräch nichts mitbekommen hatten. Alyn war immer blasser geworden. Valen sprach gerade. „... niemand etwas sagen. Von offizieller Seite heißt es, er habe sich aus dem Staub gemacht. Als würde Euer werter Herr Vater so etwas Niederträchtiges auch nur in Erwägung ziehen."

„Nein." Alyns Stimme zitterte leicht und ich legte ihr meine Hand auf die Schulter, um ihr Beistand zu spenden. Sie räusperte sich. „Nein. Mein Vater ist nicht verschwunden. Er wurde vor etwa einem halben Jahr des Nachts von den Le'Hag verhaftet und in die Perdille geworfen."

„Das ist unfassbar. Seid Ihr Euch dessen sicher? Bitte verzeiht meine ungeheure Frage..."

Sie winkte ab. „Natürlich. Ich war selbst dabei, als sie ihn mitgenommen haben."

„Sie haben Euch nichts getan? Seid Ihr unversehrt?"

Alyn nickte. „Ich konnte entkommen, dank Senns Hilfe."

Sie wies auf mich und der alte Mann musterte mich mit scharfen Augen, die in seinem faltenreichen Gesicht umso deutlicher herausstachen. „Ich denke, ich spreche für alle, wenn ich sage, dass wir Euch sehr dankbar für diese Unterstützung sind, junger Herr. Danke, dass Ihr unsere geliebte Herzogin zurückgebracht habt. Sagt, was Ihr für Euren Verdienst verlangt."

Verdattert starrte ich den Mann an, der meine Hand ergriffen hatte und nun fest drückte. „Ich..." Mir fehlten die Worte.

Alyn sprang mir hilfreich bei. „Er hat mir nicht deswegen geholfen. Außerdem werde ich nicht bleiben. Ich werde morgen mit Senn weiterreisen."

Valen starrte mich kritisch an. „Wie lautet Euer voller Name?", fragte er schließlich.

Ich zögerte. Fast wäre mir mein Geburtsname über die Lippen gekommen, denn auch wenn ich vielleicht keine Titel besaß, war er doch eines der wenigen Andenken an meine Eltern. Einst hatte ich ihn abgelegt, aber trotzdem weiter gehütet. Wieder überbrückte Alyn die unangenehme Stille, die sich ausbreitete. „Er heißt einfach nur Senn."

„Herrin. Ihr gedenkt doch nicht... Ich meine, Ihr habt doch nicht..." Er beendete den Satz nicht. „Würdet Ihr mir einen Moment unter vier Augen gewähren?"

Alyn warf einen entschuldigenden Blick auf uns. „Ihr könnt schon einmal die Pferde in die Boxen bringen. Auswahl gibt es ja genug. Ich werde dann wieder zu euch stoßen."

Niemand widersprach und ich wiederholte ihre Wort auf Skarsch, damit auch Sphen sie verstehen konnte.

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