Eine Lura-Vision

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          Bachar erwartete uns auf einem Thron im kleinen Nebensaal, von dem ich nicht einmal gewusst hatte, dass er existierte. Vielleicht weil ich Yessi noch nie mit genug Zeit zum rumsitzen und regieren erlebt hatte. Es war kein großer Saal, nicht zu vergleichen mit der Opulenz, die ich aus Eslaryn kannte, mit all ihrem Gold und Marmor, den riesigen Fenstern und den seidigen Vorhängen.

Aber ich brauchte einen kurzen Moment, ehe ich wirklich Bachar auf dem verzierten Thron sah. Gemütlich hatte er die Beine ausgebreitet und balancierte ein breites Schwert auf seinen Knien, das von seiner letzten Nutzung nicht ganz gereinigt worden war. Es sah fremd in dem hellen Zimmer aus, zwischen den verzierten Holzschnitzereien und dem dicken, hellen Teppich, der Spuren von seinen schlammigen Stiefeln trug.

Liona stellte sich rechts hinter ihn, als sähe sie all das nicht. Als wäre sie ein Gast in ihrem eigenen Heim. Erleuchtet von zwei kleinen Kerzenhaltern hinter dem Thron und einem kleinen Kronleuchter über ihr, dessen Licht sanft flackerte. Ihre Miene vollkommen passiv, während ihre kühlen blauen Augen erst über Yessis Gestalt und dann über mich glitten.

Yessi fand zuerst seine Stimme wieder, beachtete nicht einmal die Schönheit der geschnitzten Säulen oder die verzierten Fensterbögen, die seine Vorfahren Jahrzehnte an Arbeit gekostet haben mussten. Er sah nur den Eindringling auf den hellen, an Stellen abgewetzten Polstern. Und weil er nicht die Arme verschränken konnte, wie er es sonst so gerne tat, machte er sich stattdessen ein bisschen größer und neigte den Kopf zur Seite, ein spöttisches Lächeln auf dem Gesicht, das so viel gefährlicher war.
Hast du mich rufen lassen, um dich zu ergeben?"

Bachars Grinsen war faul, langsam und offenbarte eine Reihe ungesund aussehender Zähne, die eine merkwürdig blaue Färbung aufwiesen. Behutsam strich sein Daumen über den verzierten Knauf seines Schwertes, als streichle er ein lebendiges Wesen. Ein hungriges Biest.
Du hast ein großes Mundwerk für einen Mann, der seiner Hinrichtung entgegenblickt."

Meine Finger zuckten, im unterdrückten Wunsch, einen dieser blauen Zähne aus seinem Mund zu holen. Ich starrte das getrocknete Blut auf der Klinge an und fragte mich unwillkürlich, ob ich seinen Besitzer wohl kannte.
„Hoffentlich habt Ihr auch einen Galgen für mich, denn in der Sekunde, in der ich aus dem Weinkeller entkomme, werde ich euch heimsuchen, für was Ihr Andrew angetan habt." Ich sagte es zuckersüß wie ein Dolch mit Veilchengeruch.

Lionas Blick schnappte zu mir, als hätte sie es auch gerochen. Ihr sonst so feines Gesicht verzog sich prompt zu einer Fratze, ihre Finger in den blauen Stoff ihres Kleides gekrallt, als wolle sie es in Fetzen reißen. Aber zu meiner Enttäuschung kreischte sie nicht. Sie starrte nur auf mich nieder, als wolle sie mich in Einzelteile filetieren lassen und sagte schließlich sehr leise: „Halt die Klappe, Hexe. Oder ich lasse dir die Zunge herausschneiden."

Ich lag also gar nicht so falsch mit dem filetieren.

Sie hatte einen Schritt nach vorne gemacht und es war Bachars große Pranke, die sie mit beachtlicher Sanftheit zurückhielt. Sein Blick für einen kurzen Moment weich und verständnisvoll, ehe er sich wieder uns zuwandte. Oder besser gesagt: Yessi.
„Es wird Zeit, dass du ihr Respekt beibringst, oder ich werde ihr noch viel schlimmere Dinge antun als deinem Steward."

Ich verpasste die Implikation, die mir trotzdem eine Gänsehaut über den Rücken jagte, weil sein Ärmel bei der Geste zurückgerutscht war. Nur ein kleines Stück, aber entweder trug Lionas Onkel sehr merkwürdige Tätowierungen, oder aber-...

Ich machte instinktiv einen Schritt zurück.

Yessi bemerkte davon nichts. Er stand neben mir, das Kinn gereckt und eine Augenbraue erhoben, als trüge er keine Fesseln, sondern stattdessen die passende Krone zu dem Thron vor uns. Seine rötlich-braunen Haare passten zu dem Holz der Intarsien, als wäre er aus dem selben Baum, demselben Land geschnitzt.
„Wenn du mit den Konsequenzen leben kannst. Sie ist die Schwester des Königs aus Eslaryn."

Bachars Lächeln wackelte nur für einen Moment wie verdorbener Gries.
„Und das letzte Mal hast du mir erzählt, sie wäre eine heilige Heilerin Kaars."

„Ich habe nie behauptet, dass sie nicht lügt."

Sein Lächeln wackelte noch einmal, lenkte meine Aufmerksamkeit auf die tiefen Ringe unter seinen Augen, die sich violett verfärbten und einen starken Kontrast zu seiner Haut bildeten. Er sah... müde aus? Ungesund?

Als könne er meine Gedanken hören, seufzte Bachar und sein Blick wanderte hinter uns.
„Dann hoffe ich doch, dass du gewillter bist, mir die Wahrheit zu sagen", mit seinem Fingerwink setzte sich hinter uns einer der Soldaten in Bewegung, die uns hierher gebracht hatten. Ich musste zugeben, dass ich ihre Anwesenheit momentan vergessen hatte, bis einer der beiden sich hinter mich stellte und mir die Klinge seines Schwertes an die Kehle presste.

Mein Herz stoppte voreilig.

Aus winzigen zufriedenen Augen beobachtete Bachar meine Reaktion. Registrierte, wie ich die Luft anhielt, mich an meinen eigenen Fesseln festklammerte, als könne ich so die Erinnerungen fernhalten, die mir über das Rauschen meines Pulses fürchterliche Prognosen für mein Ende zuriefen.
Bedeutsam sah er wieder zu Yessi.
„Wo ist das rote Buch, Yessaia?"

Yessi knirschte mit den Zähnen. Es war alle Reaktion, die ich von ihm wahrnehmen konnte, ohne den Kopf zu drehen.
„Ihr müsst spezifischer sein, unsere Regale haben viele rote Bücher."

„Spiel keine Spielchen mit mir. Das Buch deines Stewards- wo ist es?"

Im Augenwinkel sah ich, wie Yessi die Fäuste ballte.
„Vielleicht hättet Ihr meinen Steward am Leben lassen sollen, wenn Ihr darauf eine Antwort möchtet."

Oh, er war wütend. Ich spürte es wie Hitze von ihm abstrahlen. Als die Person, die regelmäßig seinen Ärger anfachte, kannte ich mich damit aus. Und ich wusste, dass Bachar auf Granit biss, wenn er dachte-...

„Schneidet sie."

Ich hatte nicht genug Zeit, um meine Panik noch zu steigern und dafür war ich befremdlich dankbar. Der Schnitt kam trotzdem und öffnete nicht nur meine Haut, sondern auch eine Schleuse zu den Bildern, die ich eigentlich verdrängen wollte. Der Regen und die nasse Erde. Yessis Rufe-..

Ich schnappte nach Luft, als die Erinnerungen sich wie Steine in meinen Brustkorb legten. Der Soldat musste mich an der Schulter packen, um mich aufrecht zu halten- was rückblickend eine wirklich peinliche Reaktion auf einen kleinen Schnitt war. Ich konnte mir nur nicht helfen.

„Lasst sie in Ruhe!" Yessis Ruf klang, als hätten sie ihn ans andere Ende des Zimmers gezerrt. Obwohl er direkt neben mir Anstalten machte, dem anderen Soldaten die Nase zu brechen. Er warf sich in seine Fesseln und steckte zwei Hiebe ein, ehe sie ihn wieder unter Kontrolle hatten.

Im letzten Eck meines Verstandes, zwang ich mich meine Atemzüge zu zählen, so wie er es mir beigebracht hatte. Zwang mich, die Regentropfen an der Scheibe zu hören. Das Knirschen der alten Sitzpolster als Bachar sein Gewicht verlagerte.

Ich konzentrierte mich auf den Geruch von Holz und Salz. Auf die rauen Fesseln an meinem Handgelenk und dem Gefühl von warmen Tropfen, die meinen Ausschnitt hinunter rannen.

Bachar lehnte sich auf dem Thron nach vorne.
„Wo ist das Buch?"

Yessi hielt inne. Starrte erst den Soldaten hinter mir, dann Liona und schließlich Bachar an, als führe er eine mentale Liste seiner nächsten Opfer. Als er schließlich den Mund öffnete, war seine Stimme kontrolliert. Zu kontrolliert.
„Ich weiß nicht einmal, von welchem Buch Ihr redet. Wieso braucht ihr es so dringend?"

Bachar sackte wieder zurück und für einen kurzen Augenblick glaubte ich, violette Adern durch seine Schläfe pulsieren zu sehen.
„Schneide sie noch einmal. An einer anderen Stelle."

Der Soldat legte seine Klinge an meinem Oberarm an und der Stoff meines Kleides musste ein weiteres Mal seit meinem Aufbruch von zuhause daran glauben. Es brannte fürchterlich und ich stieß eine Reihe von Moiras liebsten Redewendungen aus. Aber mein inneres Zählen stockte nicht. Der psychische Effekt blieb aus und ich blieb präsent.

Ein Muskel in Yessis Kiefer sprang, aber seine Stimme blieb eben. Als liste er Fakten auf.
„Ihr werdet das bereuen."

„Wegen ihrem Bruder?", Bachar machte ein Geräusch, das ich von frischgebackenen Müttern und Hundebesitzern kannte. Liona verzog den Mund, als hätte sie dieselbe Assoziation.

Nur Yessi blieb ungerührt. Er sah zu dem blutenden Schnitt in meinem Arm, nie wirklich meinem Blick begegnend. Plötzlich vollkommen ruhig.
„Wegen mir."

Bachar schnaubte.
„Du hattest schon immer einen schlechten Frauengeschmack."

„Ohne Zweifel, aber was das mit ihr zu tun hat..."

Ich spürte mehr, wie Liona zusammenzuckte, als dass ich es wirklich sah. Ein Schatten flüchtete über ihr Gesicht und sammelte sich in ihren Augen, als söge sie das Licht der Fenster auf. In einer filigranen Bewegung legte sie ihre Hand auf den Arm ihres Onkels.
„Schneidet sie tiefer. Am Hals. Trennt die Narbe auf."

Mein inneres Zählen stoppte abrupt. Ja- das würde ich nicht schaffen.

Und zu meinem Glück wusste Yessi das ebenfalls.
„Stopp." Er wollte eine Bewegung auf mich zu machen, wurde allerdings aufgehalten und in dem kurzen durcheinander schaffte es mein Soldat nicht, herauszulesen, ob er wirklich auf die Nichte seines Herren hören sollte. Yessi kassierte einen weiteren Hieb in den Bauch, den er beeindruckend gut wegsteckte und nur ein bisschen atemlos fortfuhr: „Ich habe wirklich keine Ahnung von welchem Buch ihr redet, aber sie ist vielleicht die Einzige, die Andrew heilen kann, um ihn zu fragen."

Das lies zumindest Bachar innehalten. Inzwischen war ich mir sehr sicher, dass immer wieder eine violette Substanz durch seine Adern pulsierte. Zäh und träge. Wie ein Fremdkörper in seinem Blut.
Aber er sah nicht krank aus, als er sich von dem Thron erhob.

„Wenn er es nicht weiß, werde ich sie töten. Noch langsamer. Noch schmerzhafter", Schritt für Schritt kam er auf uns zu, bis ich die Adern auch im Weiß seiner Augen sah. Die bläuliche Verfärbung in seinem Haaransatz und seinen Fingernägeln. Sein Atem roch süß und gleichzeitig bitter, „Und werde sie dir in Streifen zurückbringen. Bevor ich auch dein jämmerliches Dasein beende."

Ich hielt die Luft an, halb weil seine Ausdünstungen die Luft vor uns verpesteten, halb weil ich erwartete, dass er seine Drohungen doch sofort umsetzen würde. Aber als er schließlich seine Hand hob, wurde ich zurückgezerrt. Rückwärts aus dem Raum heraus.

Ich traute mich erst wieder einzuatmen, als wir zwei Gänge weiter waren und dunkle Flecken durch mein Sichtfeld sprangen.

Yessis besorgter Seitenblick verriet mir, dass er all das sehr wohl bemerkt hatte.
„Bist du in Ordnung?" Er hatte mit Absicht die Sprache gewechselt, aber sie klang rauer hier draußen. Hitziger als sonst.

„Wie hoch sind unsere Chancen, dass er uns auch mit dem roten Buch töten wird?"

Er warf mir einen sehr unamüsierten Blick zu und seine Fingergelenke knackten verdächtig. Wir waren tot, wenn wir hier blieben. Egal wie nützlich ein Gespräch mit seinem Bruder wäre. Egal wie viele Informationen Liona uns über den Mann im See vorenthielt- wir mussten hier fort.

Ich nickte, bis mein Hals wieder wehtat.
„Dachte ich mir." Es war sinnlos darüber zu brüten. Interessanter war doch, dass Bachar von jemanden vergiftet wurde. Aber von einem Freund oder einem Feind?

Wir verließen das Hauptgebäude und erreichten den Nebeneingang des Weinkellers. Regen fiel auf meine Haut und brachte mich für einen winzigen Moment zu friedlicheren Zeiten zurück. Zu Momenten, in denen ich mit Yessi hatte Lachen können.

Mit einem winzigen Grinsen sah ich ihn von der Seite an.
„Du findest also, dass ich nicht die schlimmste Frau in deinem Leben bin?"

Mein Soldat befreite einen Schlüssel von seinem Gürtel und öffnete die Kellertür. Unsanft wurde erst Yessi und dann ich hinein gestoßen und sofort mit einem Knall die Tür wieder verriegelt.

Yessi nahm sich für seine Antwort Zeit, bis sich unsere Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten. Bis er sicher die Stufen wieder runter nehmen konnte, wo Koch uns bereits mit offenem Mund erwartete.
„Du bist auf Platz drei. Die anderen Zwei haben beide versucht, mich umzubringen."

Und mir war es beinahe gelungen. Unabsichtlich natürlich.
Aber das sagte ich nicht. Stattdessen starrte ich meine Hand an, die wieder sanft zu leuchten begonnen hatte. Sie erinnerten mich an den Stein, den Jac mir damals geschenkt hatte- blass aber unbestreitbar magisch. Nicht das Leuchtfeuer, das sie bei dem Mann ausgelöst hatte und auch die Schmerzen waren erträglicher. Aber sie hielten sich beständig, wanderten meinen Arm hoch, in meinen Kopf und-...

Ich wusste nicht, wann um mich herum nicht mehr der Weinkeller war, sondern ein eine Ruine. Wann Yessi, Koch und Kaar verschwunden waren und vor mir ein Mann ohne Haare hockte und mich aus violetten Augen musterte, so dicht vor meinem Gesicht, dass ich seinen Atem spürte als er sagte: „Es wird Zeit für eine Unterhaltung, Kaliee."


Lasst euch nicht irritieren, ein kleiner Nachtrag/ Einschub.

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