3. Schreck lass nach

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Ich nehme Willbur wieder auf den Arm und bringe ihn vorsichtig zurück in mein Zimmer, direkt unter mein Bett, wo es dunkel, warm und gemütlich für ihn ist. Doch er grummelt und brummelt immer noch weiter vor sich hin. So böse und gereizt als wollte er mich gleich beißen. Aber das hat er noch nie getan. Er verkriecht sich lustlos in sein Fetzen-Nest, das er sich unter meinem Bett aus einer riesigen Menge Kuscheltierinnereien und großen Stoffresten zusammengebastelt hat.

Die Kuscheltiere haben früher alle mir gehört, aber ich hab ja Willbur, falls der es sich denn einmal gefallen lässt mit mir zu Kuscheln. Warum also ein dämliches Stofftier, das nichts sagen und nichts tun kann, an die Brust drücken, hab ich mir gedacht und sie ihm alle zum Spielen geschenkt. Willbur hat sie dann aber lustigerweise allesamt auseinander genommen, um zu gucken was da überhaupt drin ist und sich ein Nest aus den Fetzen gebaut, in dem er nun immer schläft.

Doch er sieht im Moment gar nicht müde aus, nur motzig. Und das kann ich nun wirklich nicht verstehen.

„Was ist los mit Dir, Willbur? Bist Du krank?", frage ich ihn flüsternd, als ich zu ihm unter das Bett krieche. Monster haben nämlich sehr empfindliche Ohren, besonders wenn ihnen was weh tut und sie deshalb knerbelig sind. Doch er grollt nur schon wieder so komisch zur Antwort – auf monsterisch diesmal. Ich muss ganz genau hinhören, um ihn zu verstehen:

Krr'hauch -aram bellam-bellam!"

Das heißt: „Rutsch mir doch den Buckel runter!"

Huch, denke ich erschreckt. Ist er etwa sauer auf mich? Aber warum denn?

„Hab ich Dich vorhin vielleicht geärgert?", frage ich ihn, nun doch ein bisschen unsicher geworden. Schließlich wollte er ja nicht freiwillig raus gehen.  „Wenn ja, tut es mir wirklich furchtbar Leid, wirklich!", versichere ich ihm noch einmal hastig. „Lass uns doch einfach was anderes spielen, wenn Du nicht ausfahren willst, oder nur ganz, ganz viel Schokolade essen oder auch Bonbons - Nein, halt ich hab's!

Du darfst es Dir jetzt aussuchen, was wir machen wollen, okay?", schlage ich ihm erleichtert über meinen guten Einfall vor. Schließlich muss ja nicht immer ich der Bestimmer sein, denke ich zufrieden und ehrlich gesagt mag ich es sogar auch viel lieber, wenn Willbur vorschlägt, was wir spielen sollen. Das wird dann nämlich immer sehr lustig, weil er ja zaubern kann und ich nicht.

Doch Willbur will heute auch nichts anderes mit mir spielen oder irgendwas zum Spielen vorschlagen. Er springt nur wieder grummelnd aus seinem Bett, kriecht noch tiefer ins Dunkel hinein, bis ganz nach hinten an die Wand, wo ich ihn kaum noch sehen kann und murmelt dort ganz leise weiter vor sich hin: „Gahrrrauch-rahr'hambell errem-baharr Grukell'-aramm!"

Die Worte kenne ich doch, denke ich verwirrt. Aber was sie genau bedeuten hab ich gerade mal vergessen. Da hilft nur eins. Ich krieche wieder unter dem Bett hervor und gehe an meinen Nachttisch. Dann krame ich eiligst in meiner geheimen Schublade seitlich hinter dem Tischchen herum, wo ich mein graues Notizbuch, in das ich immer Willburs Monsterisch-Worte eintrage, versteckt habe. Ich  suche mir mal eben schnell die richtige Übersetzung für das Aufgeschriebene raus. Es ist gar nicht so einfach jedes einzelne Wort im Buch zu finden, obwohl ich alles richtig ordentlich und alphabetisch geordnet habe, wie in meinem Schulbuch.
Ich schreibe mir nacheinander die Worte auf eine freie Stelle im Buch, spiele noch ein bisschen damit herum, dass ein ganzer Satz daraus wird, lese es nun wirklich schon schwer besorgt durch...

ACH... DU... DONNER...! Nein, nein, nein! Das darf einfach nicht wahr sein, denn wisst Ihr was? Willbur hat eben tatsächlich zu mir gesagt: „Ich muss bald für immer weg gehen!"

„WAS?", rufe ich nun also schrecklich bestürzt und krieche dann so schnell ich nur kann wieder zu Willbur unter mein Bett. Er schmollt noch immer ganz hinten in der finstersten Ecke herum.

„Du kannst doch nicht einfach so von mir weg wollen, Willbur! Ich dachte, wir sind Freunde!"

Haram-scharra Karam-schacrra! Wirum'warum zu- zi-da!", brabbelt er nur wieder laut auf jammernd zu mir rüber und schlägt dabei äußerst dramatisch die Hände über dem Kopf zusammen.

Diese Worte habe ich jetzt auch ohne mein Buch verstanden „Ich muss in die Welt der Monster zurückkehren. Ich habe keine Aufenthaltserlaubnis mehr."

„Aufenthaltserlaubnis?", frage ich Willbur absolut verwirrt. Ich wusste gar nicht das Monster so was brauchen. „Heißt das, Du musst nun für immer zurück ins Land der Monster, weil Du nur so und so lange hier bei mir bleiben durftest?", frage ich ihn entsetzt.

„Ja", flüstert er nun wieder ganz leise und auf Deutsch.

„Nein!", rufe ich erschrocken.

„Du kannst da überhaupt nichts gegen tun und ich auch nicht.", erklärt er mir nur noch ganz, ganz traurig.

Endlich kommt er wieder ein bisschen weiter nach vorne gerutscht und setzt sich direkt vor meiner Nase auf den überbreiten Barbie-Mann-Popo, wobei er die ganze Zeit über den Kopf hängen lässt. „Es tut mir wirklich leid, Lilly.", flüsterte er noch einmal leise zu mir hoch.

Er spricht jetzt zwar wieder deutsch mit mir, doch lieber hätte ich es, er spräche monsterisch und würde dafür nicht so was Schlimmes zu mir sagen, finde ich.

„Aber Willbur, sag doch, warum musst Du denn unbedingt weg gehen?", flüstere ich den Tränen nahe und knie mich vor ihn hin. „Du kannst nicht einfach so von mir fort, das geht nicht!"

„Das trifft alle kleinen Monster unter den Kinderbetten, Lilly.", murmelt Willbur nun weiter und diesmal so ausdruckslos als wäre unsere Freundschaft schon jetzt aus und vorbei. „Du bist jetzt fast acht Jahre alt, dann ist das so. Und nur damit du's weist, ich will ja gar nicht von hier fortgehen aber ich muss!"

„Momentchen mal!", sage ich plötzlich mit heftig klopfendem Herzen. „Heißt das etwa, Du darfst nur so lange hier bleiben bis ich acht Jahre alt geworden bin?", flüstere ich erschaudernd. „ Das ist aber doch schon übermorgen!"

Willbur nickt traurig. „Morgen oder Übermorgen muss ich gehen.", seufzt er zutiefst betrübt. „Dann können wir nie wieder zusammen spielen, Lilly. Ich werde in die grausame, dunkle Monsterwelt zu den fiesen Monstermachern, zurückkehren müssen."

„Zu den Monstermachern?", unterbreche ich ihn schon wieder verwirrt. „Ja, wer sind denn die, Willbur? Von denen hast Du mir doch noch nie etwas erzählt." Ich überlege ganz kurz. „Können wir denen nicht einfach sagen, dass Du hier bei mir bleiben willst, weil wir inzwischen so gute Freunde geworden sind?"

Willbur sieht mich nur wieder mit hängenden Barbiemannschultern an und seine schwarzen Augen klappen kurz zu, während er noch einmal leise seufzt.

„Nein, das geht nicht!", erklärt er mir schließlich leise grummelnd. „Die lassen mich nicht. Und wenn ich nicht spätestens an Deinem achten Geburtstag wieder in der Monsterwelt bin kommen die hierher, mich holen. Richtige Riesenmonster sind das Lilly, fünf Meter groß oder noch mehr. Das kannst du Dir gar nicht richtig vorstellen. Und hier bei Euch zu Hause willst Du die garantiert auch nicht haben. Und wenn sie mich erst eingefangen und zurückgebracht haben, bestrafen die mich dafür, dass ich ihnen nicht gehorcht habe. Nein das geht nicht. Da gehe ich doch lieber freiwillig zurück und keiner weiß, dass ich überhaupt hier war.", spricht er so endgültig, dass es mir im Herzen weh tut.
„Aber Du musst Dich nicht sorgen, Lilly, wirklich nicht.", spricht er nun noch grummeliger weiter. Und ehrlich Mal, das kapier ich nun wirklich nicht mehr. Ich soll mich nicht sorgen? Hat Willbur jetzt eine Meise, oder was?
Doch schon spricht er weiter, noch jämmerlicher als vorher, noch grummeliger und motziger. „Wenn ich fort gehe, wirst Du mich nämlich gleich auf der Stelle vergessen, Lilly und auch nie, nie wieder an mich zurück denken oder mich vermissen. Du wirst groß werden, erwachsen werden. Du wirst keine Monster mehr kennen und auch nicht mehr an uns glauben, so wie all die anderen Kinder das tun. Und ich, ich werde einfach ein kleines Monster bleiben, nur eben irgendwo anders, wahrscheinlich in der Monsterwelt. So lauten nun mal die Regeln!"

„Ich pfeif auf diese dummen Regeln!", brülle ich ihn nun doch noch zornig aufbrausend an. „Du sollst bei mir bleiben!", heule ich dann aber doch noch los und drücke Willbur dabei ganz fest an mich.

„Ich weiß, aber ich darf nicht.", höre ich ihn leise an meinem Hals flüstern. Er scheint auch schon fast zu weinen. Und weinen, also, das tut Willbur nun wirklich nie!

Meine Gedanken rasen mir im Kopf herum, noch während ich ihn endlich wieder los lasse und langsam aufstehe.
Was soll ich nur tun? Ich kann ihn doch nicht so einfach gehen lassen, nur weil er das sagt. Beste Freunde gehen nicht einfach fort und lassen sich auch gar nicht erst gegenseitig weg gehen. Beste Freunde halten immer zusammen, egal was da auch kommt.

Da habe ich plötzlich eine richtig gute Idee.

„Willbur, ich hab's! Ich komme eben einfach mit Dir mit!", sage ich schon wieder ganz munter zu ihm.  „Wenn Du fort gehst und erst mal wieder in diese andere Welt gehen und Dich da vielleicht irgendwo melden musst oder so... Wir können ja vielleicht ein oder zwei Tage da bleiben, über meinen Geburtstag weg und dann schnell wieder zurück nach Hause gehen. Dann haben wir die miesen Monsterregeln doch ganz bestimmt eingehalten, okay? Und dann muss ich dich auch nicht vergessen. Dann bin ich ja schon über acht Jahre alt..."

Nein, Nein...Nein! Du kommst nicht mit mir mit!", unterbricht er mich plötzlich genauso streng und barsch wie unser Herr Lehrer in der Schule das immer tut, wenn der einen richtig schlechten Tag erwischt hat. Seine Traurigkeit ist wie weggeblasen, er ist bloß noch wütend. Und wenn Monster wütend werden, dann laufen sie ritze weiß an.

Oh, Oh!!!

„Das kannst Du nicht tun, Lilly! Das lass ich nicht zu!", tobt er jetzt wie ein lautstarker Wirbelwind durch mein Zimmer hindurch. Schnell springe ich auf die Füße und schaue ihm voll Erstaunen nach. So hat Willbur sich wirklich noch nie zuvor benommen. Er schmeißt mit einem wirklich gewaltigen Zauber all mein Sachen durcheinander, die beiden öden Puppen aus den Regalen fliegen hoch durch die Luft, meine Schulsachen, mitsamt Rucksack, geradewegs zum zersplitternden Fenster raus, die Bücher flattern, sich von selbst entblätternd, zu Boden und mein Schreibtisch knallt im selben Moment gegen den Türrahmen und von da ab wieder zurück, quer durch den Raum hinüber an die gegenüberliegende Wand.

„Auweia...", murmele ich unwillkürlich und bringe mich schnell mit einem beherzten Sprung auf mein Bett in Sicherheit, als der Teppich unter meinen Füßen hinter den Schulsachen her zum Fenster raus in den Garten runter fliegt und meine Buntstifte mich nur um Haaresbreite verfehlen und laut klackernd an der Wand zerbröseln. Aber am schlimmsten sieht nun wirklich mein Schreibtisch aus, dessen traurige Überreste laut knarzend und ächzend in sich zusammenbrechen.

Das wird Oma aber ganz bestimmt gar nicht gefallen, dass mein Schreibtisch gerade zu Bruch gegangen ist, denke ich noch bestürzt. Schließlich hab ich ihn noch gar nicht so lang.

„Willbur! Hör sofort auf!", schimpfe ich ihn erschrocken aus, als ich ihn endlich aus einem Wust von zerknüllten und wild herum flatternden Bücherseiten hervorbrechen und ihn wild kreischend an mir vorbei sausen sehe.

Er bleibt dann auch tatsächlich und Gott sei Dank mitten im Zimmer stehen und atmet so schnell wie ein Marathonläufer, der gerade eben erst ins Ziel geschossen ist. Und er ist immer noch schneeweiß vor Wut. Doch warum er nun so furchtbar wütend ist, will mir einfach nicht in den Kopf hinein. Ich hätte doch noch viel mehr Grund als er, so zu brüllen und zu schimpfen. Er hat mein ganzes Zimmer kaputt gemacht, Gewitter die Axt!

„Was ist nur los mit dir?", überlege ich laut und zornig rufend. „Nur weil ich sage, ich komme mit Dir mit, rastest Du jetzt so vollkommen aus? Ich will doch nur, dass wir zusammen bleiben, bis mein achter Geburtstag vorbei ist. Dann kehren wir einfach wieder zusammen zurück und alles ist gut!"

Willbur kratzt sich nun ziemlich ratlos aussehend am Kopf und scheint angestrengt zu überlegen, was er mir nun noch sagen soll. Schließlich meint er wieder ganz, ganz leise:

„Lilly, Du verstehst das einfach nicht. Du kannst nicht mit mir in die Monsterwelt gehen, denn die Monstermacher, in der Welt der Monster, also, die machen Monster.", murmelt er schließlich unbehaglich blickend zu mir hoch.

Was heißt das denn nun schon wieder? denke ich verdutzt. „Das sagt doch schon der Name, dass Monstermacher Monster machen!", knurre ich ihn  schließlich ärgerlich an. Hält der kleine Meiserich mich jetzt etwa schon für blöd?

Willbur aber scheint seine Worte wirklich ganz ernst zu meinen. Er zieht ein Gesicht wie hundert-, ach was, tausend Jahre Regenwetter und kommt mit hängenden Schultern wieder zu mir hin geschlurft, fegt gleich vor mir mit einem Blasezauber ein paar Blätter zur Seite und setzt sich dann hart plumpsend neben mich auf den Popo. Langsam beginnt sein Haar wieder Lila zu werden. Also lässt die Wut

wohl endlich nach - wenigstens etwas, denke ich mürrisch und lasse mich nun ebenfalls hart zu Boden plumpsen.

„Du kapierst einfach gar nichts, Lilly. Du willst es nicht kapieren!", wirft er mir motzig vor.

„Na, dann erklär's mir doch endlich mal richtig!", motze ich lediglich lautstark zurück.

Da kommt mir ein klitzekleiner aber für meine Welt abgrundtief erschütternder Gedanke in den Sinn.

„Oh Willbur!", rufe ich und meine auf einmal schon alles so richtig zu verstehen. „Vielleicht vermisst Du ja Deine lieben Eltern in der Monsterwelt und hast nun Heimweh nach ihnen und willst deshalb von mir weg gehen?"

Über seine Mama und seinen Papa haben wir nämlich noch nie gesprochen. Doch natürlich ist mir klar, dass er ja irgendwo Eltern haben muss. Schließlich ist er bestimmt nicht schon als fertiges Monster vom Himmel runter gefallen. Doch Willbur schüttelt nur wieder heftig den Kopf und sieht mich gleich wieder so verflixt kreuzunglücklich an, dass es mir noch einmal im Herzen weh tut.

„Ich habe da keine Eltern.", erklärt er mir nieder-geschlagen nuschelnd. „Niemand hat dort Eltern, Lilly. Alle sind unglücklich, die so klein sind wie ich. Glaub mir! Du bist meine Familie, Lilly. Meine Freundin. Sogar die Aller-Allerbeste, die ich jemals hatte. Doch Du kannst nicht mit mir mit kommen. Wenn Zarroch Dich in seine gemeinen, gierigen Finger kriegen würde..., das könnte ich echt nicht mit ansehen."

„Wer ist denn bitte Zarroch?", frage ich nun schon wieder ziemlich verdutzt. „Ist das auch ein böser Monstermacher?"

Willbur seufzt ganz leise auf, krabbelt mir dann einfach auf den Schoß und hockt sich auf mein Knie. Das macht mir nichts aus, denn Willbur ist ja federleicht und klein. Sein winziger Fuß malt Mini-Kreise auf den Boden.

„Er ist der größte und mächtigste Monstermacher aller Zeiten, Lilly.", erklärt er mir schließlich voller Angst. „Ein grausamer Riese, der über das Land der Monster herrscht, seid Anbeginn der Monsterwelt."

„Aber Willbur...", versuche ich es jetzt wieder mit Vernunft. „... kann man denn wirklich gar nichts gegen diese Monstermacherregel tun, dass man weg muss, wenn das Kind bei dem man wohnt acht wird? Gibt es denn wirklich überhaupt keinen Ausweg mehr für Dich?"

Meine Oma sagt immer für jedes Problem das man hat, muss es auch eine gute und richtige Lösung geben. Und wenn Oma das sagt   - dann ist das auch so!

Tatsächlich druckst Willbur nun plötzlich herum, zuckt mit den Schultern und murrt dann schließlich quengelig weiter: „Nein. Oder doch... oder nein, eigentlich eher nein, Lilly.", stottert er wirr vor sich hin. Ich zwinge ihn mich anzusehen, so wie Oma das immer bei mir macht, wenn ich nach Ausflüchten suche und ihr die Wahrheit nicht eingestehen will. Und bei mir wirkt es genauso gut wie bei Oma, zumindest bei Willbur, wenn ich ihn so angucke. „Echt, Lilly!", quengelt er und bemüht sich aus meinem festen Griff zu befreien, doch ich halte ihn fest und ich lass ihn nicht eher los, als bis er mir nicht gesagt hat, welchen anderen Weg es noch für ihn geben kann, basta.

„Es ist wirklich nichts Richtiges, Lilly.", meint Willbur schließlich nur wieder schwer aufseufzend und verdreht entnervt nachgebend die Augen zum Himmel hinauf. „Da ist nur so eine wirklich ur-uralte Legende, dass es angeblich einen Ausweg für uns Monster aus den Regeln des obersten Monstermachers gibt, also so einen dämlichen Zauberspruch den man Zarroch aufsagen kann, wenn man lieber in der Menschenwelt bleiben und dort leben möchte, aber das ist nur Humbug, glaub es mir. Das ist eine hübsche Geschichte, um noch mehr Kinder in die Monsterwelt zu locken, denn nicht ein einziges Mal in eintausend Jahren, seid Anbeginn der Monsterwelt also, hat es auch nur eins der Kinder tatsächlich geschafft seinen Monsterfreund zu befreien. Sogar die, die wirklich noch vor ihn hin getreten sind, zusammen mit ihren Monstern, haben's nicht geschafft, oder sie haben vielleicht auch nur nicht das Richtige zu ihm gesagt, wer weiß? Es ist aber auch so schon unglaublich schwer in die Festung des Obermonsters rein zu kommen und die Wachen sind so riesig und stark und gemein. Sie erwischen Dich meistens schon lange vorher und bringen Dich dann gefesselt und geknebelt zu ihm. Und dann wird man in ein kleines Monster verwandelt, Lilly und kehrt nie wieder nach Hause zurück."

„Heißt das etwa...? Oh Willbur!", flüstere ich traurig „Warst Du also auch einmal ein Kind, so wie ich? Ein Junge? Und bist dann nur von dem bösen Monster-macher in ein kleines Monster verzaubert worden?"

Er nickt nun ganz traurig.

Oh jemine! Also das ist ja nun wirklich ein Riesen- Schlammassel, denke ich betroffen.

Und es will mir auch wirklich kaum in den Kopf hinein, Willbur war einmal ein echtes Menschenkind?

- Mein Willbur?

„Es ist schon mehr als vierzig Jahre her, dass ich verzaubert wurde.", berichtet er mir nun ganz traurig. „Ich wurde noch nicht einmal acht Jahre alt. Bin es streng genommen immer noch nicht, denn wir Monster werden ja nicht mehr älter, wenn wir erst mal zu kleinen Monstern gemacht worden sind. Damals musste mein eigenes Monster, Fennrin, auch wieder zurück in die Monsterwelt gehen. Ich hatte ihn damals noch nicht sehr lange unter meinem Bett, nur ein paar Wochen erst und dachte, er wäre mein bester Freund. Doch er war nur ein gemeiner, kleiner Halunke, ein Kinderanlocker der Monstermacher und hat mich, als wir dann dort, im Reich der Monster angekommen waren, gleich an die Kinderjäger verraten und zu dem bösen Zarroch bringen lassen. Der hat mich dann in ein kleines Monster verwandelt und das war's!"

Und jetzt wird mir auch klar, warum Willbur nicht will, dass ich mit in die Monsterwelt komme. Denn wenn ich da mit hingehe und die Kinderjäger finden mich, werde ich vermutlich auch zu einem Monster gemacht werden. Es ist natürlich das Willbur das nicht will, schließlich ist er mein bester Freund. Und Freunde lassen einen nicht in so eine grausige Falle rein laufen. Freunde tun alles, damit dem anderen Freund nichts Böses passiert.

Da ruft Oma plötzlich von unten herauf:

„Lilly! Abendbrot!"

„Bring mir ein paar Teewurstbrote und saure Senfgurken mit, wenn noch welche da sind.", brummelt Willbur nur wieder  kreuzunglücklich, windet sich aus meinen nun wie steif gefroren anfühlenden Fingern heraus und schlurft zurück unter mein Bett, wo er sich auf sein Nest schmeißt, seufzt und wieder leise auf monsterisch vor sich hingrummelt: „Werden wohl meine letzten Teewurstbrote sein, die ich jemals im Leben esse..."
Und das gibt mir nun doch wieder ziemlich stark zu denken.

Ganz langsam verlasse ich mein Zimmer, gehe noch langsamer und nachdenklicher die Treppe runter, ohne überhaupt irgendwas was dabei zu sehen.
Nur noch ein Gedanke kreist unaufhörlich durch meinen Kopf:

Willbur wird garantiert von hier abhauen.

Und zwar nicht erst in zwei Tagen, wenn ich acht Jahre alt werde, sondern vielleicht schon heute Nacht. Einfach weil ich jetzt bescheid weiß und weil er weiß das ich ihn nicht einfach so gehen lassen werde.

Er wird in die Monsterwelt zurückkehren. Und dann...

ja dann habe ich keinen besten Freund mehr. Dann habe ich überhaupt keinen einzigen Freund mehr auf der Welt. Und das  - kann ich auf keinen Fall zulassen.

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