Kapitel 13: Ochsen und Ohren

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Einige Wochen zuvor:
Ehrfürchtig sanken die Orcs und Goblins vor dem neuen Champion auf die Knie. Das erste Mal seit vielen Generationen war wieder ein Schamane mächtig genug geworden, um über alle Herausforderer zu triumphieren. Auf dem Körper des ehemaligen Häuptlings, dort wo vorher noch sein Kopf mit den mächtigen Hauern thronte, schwelte nur noch der übriggebliebene Stumpf seines Halses. Der neue Champion schleuderte den Kadaver in die Menge, wo er mithilfe von Magie in einer Blutfontäne explodierte und die umstehenden Orcs benetzte. Ein mächtiges Brüllen folgte, in das alle Anwesenden grölend einstimmten. Dieser Schrei aus tausenden Kehlen war selbst in einer Entfernung von hundert Meilen noch als beunruhigendes Wispern zu hören.

***

Jarrik, der die Nacht über gewacht hatte, weckte Mara im ersten Morgengrauen. Sie brauchte einen Moment, in dem sie verwirrt blinzelte, bis sie begriff wo sie war und blickte sich dann erstaunt um. Dichter Nebel, der in der Morgensonne rotgolden schimmerter, lag auf der Ebene und hüllte alles in eine andächtige Ruhe und Stille. Als hätte die Welt den Atem angehalten und alles wäre in weiche Watte gepackt. Jarrik erfreute sich an ihrem Staunen, bevor er sie sanft ermahnte, ihre Sachen zu packen und aufzubrechen.

Die Decken waren schnell zusammengerollt und verstaut und einen Happen Trockenfleisch und einige Schlucke Wasser aus dem Trinkschlauch später, waren die beiden wieder auf dem Weg, der sie in Richtung Südwesten nach Fingaard führen würde. Sie waren etwa eine halbe Stunde unterwegs, als der Nebel begann zu verschwinden und sich in einiger Entfernung etwas aus dem Dunst schälte. "Versteck dich am Waldrand" zischte Jarrik Mara zu, übergab ihr noch sein Bündel und den Umhang, bevor er in einem fast lautlosen Trab loslief. Mara war erstaunt wie leise er war, obwohl er sicher doppelt so schwer und mehr als einen Kopf größer als sie war.

Jarrik kam dem Etwas, das sich als ein Ochsenfuhrwerk herausstellte, schnell näher. Mit einem leisen Schmatzen zog er die frisch geschliffene und geölte Schwertklinge aus ihrer Umhüllung und fast genauso leise fraß sich die Schneide durch Haut und Knochen. Erst als die behelmten Köpfe der zwei soeben mit einem Hieb enthaupteten Goblins scheppernd zu Boden fielen, wurden die übrigen neun auf ihn aufmerksam. Doch bevor die schmächtigen Wesen reagierten konnten, hatte Jarrik schon zwei weitere mit kurzen Stößen in die Brust durchbohrt.

Nun brach ein Geschrei und ein Gejaule los unter den Goblins, die von dem Paar erschlagener Ochsen, das sie gerade ausweideten, abließen und sich wild auf Jarrik stürzten. Der hatte sich ein paar Schritte zurückgezogen, suchte einen festen Stand, holte Luft und ließ sein Talent sich entfalten. Vier Sekunden später atmete er wieder aus und sieben weitere Goblins lagen regungslos am Boden. Einer der Goblins, die er anfangs durchbohrte hatte, lebte noch, aber Jarrik machte ihm ein schnelles Ende.

Dann rief er Mara herbei, die zögernd näherkam, es sich dann aber nicht nehmen ließ nochmal einen der toten Goblins zu treten. Jarrik verstand das und grinste sie nur an, worauf sie errötete und sich sichtlich für ihr kindisches Verhalten schämte. "Sieht aus als hätten sie dem Karren hier aufgelauert, aber vom Kutscher ist keine Spur zu sehen" teilte Jarrik seine Beobachtung mit, um das Thema zu wechseln und es für sie nicht unangenehm werden zu lassen.

Auch Mara besah sich die Szenerie: Ein typischer Ochsenkarren, die Ladefläche bis auf ein Bündel leerer Leinensäcke leer und davor zwei Ochsen geschirrt. Oder zumindest das, was einmal zwei Ochsen waren. Die Goblins hatten begonnen die Kadaver zu plündern, Fleisch herausgeschnitten und in den Eingeweiden gewühlt, welche zu beiden Seiten der Ochsen verteilt lagen. "Da können wir wohl nicht mehr viel ausrichten" meinte Jarrik, als er gerade ein Stück Stoff der Goblins nutze um das Schwert vom Blut zu befreien, bevor er es wieder in die Scheide schob, "und hätten wir gestern Abend Feuer angebrannt... hätten sie uns sicherlich bemerkt". Mara blickte ihn mit großen Augen an. Plötzlich war sie ziemlich froh, Jarrik bei sich zu wissen.

"Lassen wir ... 'sie'... hier einfach liegen?" fragte Mara nervös. "Klar, die Ochsen bringen wir hier nicht weg und die Goblins gehen wohl auch nirgendwo mehr hin..." antwortete er schulterzuckend "... Gegen Abend sollten wir am Wegscheid-Posten ankommen, da sagen wir den Soldaten oder dem Vogt Bescheid, mehr können wir hier nicht tun.". Jarrik nahm sich sein Bündel von Mara, warf es über die Schulter und nickte ihr auffordernd zu, dann marschierten sie weiter. Jarrik schien unbekümmert, während Mara immer noch über das soeben erlebte nachgrübelte.

"Wie hast du das gemacht?" durchbrach sie die Stille. "Was meinst du genau?" fragte Jarrik verwirrt zurück. "Na das eben mit dem Schwert, ich konnte dir kaum mit den Augen folgen" präzisierte sie. "Achso... ich habe ein Talent für Schwertkampf." war seine Antwort. "Was ist das, Talent?" wurde Mara neugieriger. Jarrik blieb verdutzt stehen: "Du kennst das Wort nicht?". Mara schüttelte den Kopf. Jarrik seufzte und ging weiter, während er es versuchte zu erklären. "Kennt ihr es, wenn jemand etwas so gut kann, dass es wie Magie anmutet? Ein Töpfer dessen Waren nicht zerbrechen? Ein Steinmetz unter dessen Händen selbst härtester Stein wie Wachs erscheint?" fragte Jarrik. Mara nickte, von so etwas hatte sie schonmal gehört. "Ich kenne Geschichten von einem Schmied in Fingaard, der sowas wohl kann. Die Leute sagen er hätte eine Gabe.". Jarrik brummte: "Also Gabe? Wo ich herkomme wird es Talent genannt. Das ist eine Art unbewusste Magie, die in Gegenstände oder Tätigkeiten fließen kann. Und bei mir ist es eben der Schwertkampf, es ist dann für mich als würde ich die Luft anhalten und Magie atmen, die Bewegungen fallen mir dann leichter und ich bin auch schneller, aber mein Körper hält das nur begrenzt aus. So richtig erklären kann ich es auch nicht, ich bin kein Gelehrter..." versuchte sich Jarrik an einer Erklärung.

"Das klingt... interessant. Es ist so ganz anders als Hexenmagie." erwiderte Mara. "Diese Blutmagie, die auch deine Mutter beherrscht?" fragte Jarrik, was aber mehr nach einer Feststellung klang. "Genau. Je größer das Opfer, desto stärker die Magie, also in etwa wie bei dir: je mehr du es nutzt, desto erschöpfter wirst du." mutmaßte sie. "Ja und damit so anders als die Künste der Magier, die ihre Kräfte wirken lassen können solange sie konzentriert sind und Magie zur Verfügung steht." führte Jarrik das Gespräch weiter. "Du weißt ja gut Bescheid, kennst du einen Magier?" war Mara weiterhin interessiert. "Ja, Levin, ein Nichtsnutz von einem stümperhaften Magier ...  und mein bester Freund..." antwortete Jarrik leicht wehmütig "... und der Grund wie ich hier gelandet bin.". "Oh..." meinte Mara nur und erstmal schweigend setzten sie ihre Reise fort.

Wie geplant erreichten sie am Abend dann den Wegscheid-Posten, der im Osten von Fingaard an der Weggabelung lag, an der sich die Handelsstraße zwischen Fingaard, Sundheim und der Hauptstadt kreuzten. Er bestand nur aus einem Gasthof, vier Wohnhäusern und einer Wachstube, an der immer eine Rotte der Gaard mitsamt ihrem Feldwebel stationiert waren.

Aufgrund der Vorfälle führte ihr Weg daher direkt zur Wachstube, vor der ein sichtlich aufgebrachter Mann in einfacher Kleidung sich wortreich und laut beim vor ihm stehenden Feldwebel aufregte. Als sie näherkamen, hörten sie schon die ersten Worte: "Du hast doch schon wieder gesoffen, wir rücken sicher nicht aus weil du Hirngespinste hast. Wenn du noch dümmer als deine Ochsen bist, ist das nicht unser Problem!" spie ihm der Feldwebel, mit vor Aufregung gerötetem Gesicht, entgegen "... jetzt glaubt mir doch endlich, das waren sicher Hunderte, sie kamen von überall und sind über mich hergefallen, ich konnte mich nur knapp retten!" regte sich der Mann auf und stapfte trotzig mit dem Fuß auf und wollte sichtlich weiterjammern.

Da legte Jarrik seine Hand schwer auf die Schulter des Mannes und sagte nur: "Es waren elf. Du kannst dein Fuhrwerk jetzt abholen, aber du wirst neue Ochsen brauchen.". Der Mann sprang erschrocken davon und Jarrik lachte auf. Der Feldwebel fragte erstaunt: "Da waren also wirklich Orcs und Trolle auf dem Weg?". "Nein, nur elf Goblins." gab Jarrik bereitwillig Auskunft. "Wo sind die Goblins hin? Geflohen? In welche Richtung?" hakte der Feldwebel nach, doch Jarrik schüttelte nur den Kopf. "Liegen genauso tot wie seine Ochsen neben dem Karren." und deutete dabei auf den davonlaufenden Kutscher, der offensichtlich geflohen und hierhergerannt war.

Es schien als würde der Feldwebel Jarrik jetzt erst genauer ansehen. Unscheinbare Kleidung, nicht viel mehr als die eines Bauern oder einfachen Arbeiters, aber das Schwert an seiner Seite sprach eine andere Sprache. Sein Blick huschte kurz zu Mara. "Du willst mir also erzählen, ihr zwei hättet alleine elf Goblins erledigt?". Da hakte Mara ein, deutete auf Jarrik und sagte: "Nein, das war er allein, ich hab nur zugesehen." Ungläubig blickte der Feldwebel von Jarrik zu Mara und von Mara zu Jarrik. "Ihr wollt mich verarschen? Hast du ihre Ohren dabei als Beweis?" fragte er sicherheitshalber nach.  Jarrik blickte ihn verständnislos an: "Wieso ihre Ohren?". "Es gibt ein Kopfgeld auf jeden Goblin oder Orc, zum Beweis muss man das linke Ohr vorzeigen. Die Ohren der Kreaturen sind klein, lassen sich gut trocknen und leicht mitnehmen." antwortete der Feldwebel und blickte sie nachdenklich an.

Dann, als hätte er einen Geistesblitz wurde er plötzlich emsig und rief zwei seiner Soldaten zu sich und diskutierte halblaut mit ihnen. Die beiden verschwanden anschließend hinter der Wachstube, nur um dann zu zweit auf einem Maultier reitend davonzutraben. Der Feldwebel trat nun deutlich jovialer auf und wandte sich wieder an Jarrik und Mara: "Wir überprüfen das, morgen früh wissen wir Bescheid. Ihr könnt solange im Gasthaus einkehren. Kommt morgen einfach wieder." Er grüßte und wandte sich wieder ab.

"Die werden sich die Ohren holen und über den Zusatzverdienst freuen" meinte Mara und Jarrik nickte nur. "Wir haben eh nicht mit dem Geld gerechnet, worüber also aufregen. Soldaten sind für gewöhnlich auch nicht überbezahlt" sagte er nur schulterzuckend, bevor sie sich zum Gasthaus begaben. Die äußerst freundliche Wirtin, eine grauhaarige Witwe, mit Haaren auf den Zähnen, brachte ihnen eine warme Speise, etwas verdünntes Bier und bereitete ihnen zwei Betten im Schlafsaal vor. Da sie die einzigen Gäste waren, machte es ihnen nichts aus, dass es keine einzelnen Zimmer gab.

Kurz vor Sonnenaufgang wurden die Beiden durch Lärm aus der Gaststube geweckt. Mara wirkte zunächst etwas panisch, aber da Jarrik so ruhig blieb, beruhigte auch sie sich. Warum Jarrik, auf die Frage was wohl los sei, nur grinste, verstand sie erst, als sie an seiner Seite den Gastraum betrat. Er hatte wohl schon geahnt was los war. Auch auf ihrem Gesicht machte sich ein Grinsen breit, als sie das Schauspiel, das sich ihnen bot, erblickte.


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