KAPITEL 10 - TRISTAN (2)

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DAS SCHLOSS VON ISMATHIEL, IN DEN EHRENWERTEN HALLEN DER GILDE DER MAGIER

   „Hast du deswegen ihren Vater fortgeschickt?", unterbrach ihn Tristan und deutete auf die vielen Schriftstücke auf dem Tisch.
Lucideon riss den Kopf hoch, taumelte auf seinen Lehnstuhl und hatte die Augen weit aufgerissen.

   Immer langsam, alter Junge, ermahnte Lucideon sich in Gedanken und atmete tief durch, ehe er Tristans Blick begegnete. Furcht stand darin, aber auch Bedauern und Sorge. Tristan schluckte und spürte, wie Lucideon unter der Last dieses alten Geheimnisses erzitterte.

Sofort hatte der Prinz ein schlechtes Gewissen, weil er den alten Zauberer mit dieser Frage regelrecht überfallen hatte, doch musste er alles über Vivianne wissen, sollte sie jemals Lilliana unterrichten.

   „Er war der einzige, der neben mir von den Prophezeiungen wusste und sich damit beschäftigt hat. Einige von diesen Versen stammen von ihm, aber ich haben ihn nicht fortgeschickt, um mehr zu suchen, nein. Alain ist freiwillig gegangen", sagte Lucideon nach einer Weile.

Eine traurige Erinnerung an jenen Tag überkam ihn und riss Tristan mitten hinein in die Vergangenheit. Für einen Moment steckte Lucideon in dessen sieben Jahre jüngerem Selbst. Alains Miene war ausdruckslos, als er auf seine schlafende Tochter hinabsah. Lucideon stand neben ihm, stützte sich auf den Bettpfosten, weil er seit Tagen nicht mehr geschlafen hatte. Er beneidete Vivianne um die Ruhe, die sie jede Nacht bekam, doch gab es für den Zauberer in diesem Moment Wichtigeres. Alains Entscheidung, die der Seher eine Woche zuvor getroffen hatte, wog schwer auf Lucideons Schultern. Er wusste genau, was Viviannes Vater aufgab, um den Tallions zu helfen, um allen Welten zu helfen, und es tat ihm unendlich leid, dass Alain seine Tochter zurücklassen musste.
   „Manche Dinge erfordern, dass man sich selbst das Herz herausreißt, und es trotzdem tut", hörte Lucideon Alain sagen. Obwohl er direkt neben Lucideon stand, kam die Stimme seines Freundes von weiter Ferne. Ein Echo der Vergangenheit.

Tristan erschauderte, als ihn der Scherz und die Traurigkeit dieser Erinnerung vollends erreichte, doch musste er sehen, was mit Viviannes Vater geschehen war.

   „Schwöre mir, alter Freund, dass du auf sie Acht gibst, während ich fort bin. Halte sie aus allem raus, so lange du kannst." Alains Stimme war, anders als sein Gesicht, voller Gefühle. Angst und Schmerz, Hoffnung und Traurigkeit. Lucideon legte dem Seher eine knöchrige Hand auf den Arm und nickte. Tristan spürte Lucideons Entschlossenheit, dieses Versprechen einzuhalten, doch lange würde es nicht mehr anhalten.

Langsam verblasste die Erinnerung. Zurück blieb nur das schlechte Gewissen und die Angst, Alain nie wieder zu sehen, die sich nun auch in Tristan festsetzte. Er wusste genauso gut wie Lucideon, dass sich schon so mancher Mensch in den Schatten der Welten verirrt hatte und nie zu seiner Familie zurückgekehrt war. Lucideon konnte bloß hoffen, dass die Zukunft den Seher vor Gefahren warnte und ihn sicher nach Ismathiel zurückbrachte, wann auch immer das sein mochte.

   „Ich weiß, du machst dir Vorwürfe, dass du ihn einfach hast gehen lassen, aber es war seine Entscheidung", sagte Tristan in die Stille hinein, die Lucideon nach dieser Erinnerung ergriffen hatte.
Der Zauberer nickte, auch wenn die Worte ihn nicht wirklich aufmunterten. Wenigstens hatte Tristan es versucht. „Sie weiß nicht, weshalb er gegangen ist. Lange Zeit hat sie jeden Abend auf ihn gewartet, aber Alain ist seitdem nicht zurückgekommen", fuhr Lucideon mit seiner Erzählung fort. „Vielleicht wird es Zeit, dass sie die Wahrheit erfährt. Vielleicht ist es gut, dass sie nun doch in all das hineingezogen wird."

Tristan nickte und sandte etwas Magie, um Lucideons Gemüt zu beruhigen, doch wehrte er sich dagegen. Wie schon so oft.
   „Nicht, Junge. Lass mir meinen Schmerz. Hin und wieder braucht man ihn, um sich an das wirklich Wichtige im Leben zu erinnern", bat Lucideon und seufzte tief.

Tristan brach seine Verbindung zu Lucideon ab, trennte sich von all den Gefühlen, die den Zauberer wie eine dichte Gewitterwolke umgaben. Kaum hatte er das letzte bisschen abgestreift, fühlte er eine seltsame innere Leere. Meistens befiel sie Tristan, wenn er besonders viele fremde Gefühle in sich aufgenommen hatte. Es schmerzte ihn, er dürstete nach mehr, doch brauchte das niemand zu wissen. Lucideon und die Tallions hatten schon genug Sorgen. Ein schneller Themenwechsel war nun angebracht, damit Lucideon ihm nichts anmerkte.

   „Wann kann sie anfangen?", wollte Tristan wissen und vertrieb damit zumindest teilweise den Kummer, den Lucideon bei der Erinnerung an Alain empfand.
   „Vermutlich sofort. Ich werde sie freistellen, damit sie so viel Zeit wie möglich mit der Prinzessin verbringen kann. Es wird deiner Cousine gut tun, auch jemanden zu kennen, der nicht zu eurer Familie gehört. Oder euren Feinden."

Bei dem Gedanken an Emilia wurde Lucideon wieder schlecht. Seine Magie antwortete, zumindest das wenige bisschen, das noch davon übrig war, und flammte erneut in seinem Inneren auf. Tristan wusste, wie schlecht Lucideon auf Emilias Vater und deren ganze Familie zu sprechen war. Ganz gleich, wie oft Tristan ihm erklärt hatte, dass von Emilia keine Gefahr ausging, vermutete der Zauberer hinter ihrer Anstellung bei den Tallions dennoch eine Verschwörung.

   „Wenn dieser Schuft ihr auch nur ein Haar krümmt ...", murmelte Lucideon und hielt inne, als er Tristans warnenden Blick auf sich spürte.
   „Urteile nicht über jemanden nur wegen seines Namens, Lucideon", mahnte Tristan, doch wollte der Zauberer nicht hören. Die Wut auf Tandron Blysar, Emilias Vater, war zu mächtig. Und Tristan konnte ihn nur zu gut verstehen, nachdem er in Emilias Gedanken gesehen hatte, zu was dieser Menschenmann in der Lage war.

   „Am Ende ist Blut immer dicker als Wasser, Jungchen. Das wirst du noch früh genug lernen. Und jetzt geh! Das Prinzesschen wird dich sicher schon vermissen." Mit diesen Worten sandte Lucideon etwas seiner Magie aus, um die Tür zu öffnen. Ein unmissverständliches Zeichen für Tristan, zu gehen.
   „Wie du meinst", murmelte er und wandte sich bereits zum Gehen. „Danke, Lucideon. Für deine Hilfe und für Vivianne", fügte er auf der Türschwelle hinzu, ehe sich die Tür mit einem leisen Klicken hinter ihm schloss und Lucideon wieder allein im Halbdunkel seines Arbeitszimmers saß.

Tristan spürte trotz der geschlossenen Tür, wie der Zauberer sich in einer weiteren Erinnerung verlor. An den Tag, an dem er sein Arbeitszimmer bezogen hatte, vor ... wussten die Mächte wie lange es her war. Alles war leer gewesen, als Lucideon mit beschwingtem Schritt das Zimmer abgemessen hatte. Damals war er noch jung gewesen, ein paar Jahrhunderte vielleicht. Kaum älter als die Könige nun. Und jetzt saß er dort, ein Greis mit einem Zimmer voller Wissen, das doch keinem zu nutzen schien. Und nun war es Tristan, der Mitleid hatte.


NÄCHSTES UPDATE FOLGT AM 17. JANUAR 2018

Hallo ihr Lieben!

Ich hoffe, euch hat dieses etwas kürzere Tristan-Kapitel gefallen. Am Mittwoch geht es dann mit Vivianne weiter. Bald wird es dann so richtig magisch, wenn wir einen meiner Lieblingsteile dieses Buchs erreichen :)

Ich tanze gerade happy durch die Wohnung, weil die Geschichte schon über 1.200 Reads hat. Das ist echt der Wahnsinn! Vielen, vielen Dank euch allen 😘

Kleines Update zur Wattpad-Störung: Die ist noch immer nicht behoben. Laut Twitter wollen sie wohl diese Woche Upgrades fahren, die die Probleme beheben sollen. Wann genau das stattfinden wird und wie lange die Seite down sein wird, weiß ich nicht. Ich hoffe einfach, dass sie das endlich in den Griff bekommen. Und wie die Tallions zu sagen pflegen: Die Hoffnung siegt immer! 👑💎

Kate

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