Von Offenbarungen und Geheimnissen

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„Er will den Verox finden", wisperte Acarion. Und wiederholte dann, lauter: „Ron ist aufgebrochen, um den Verox zu finden."

Es war so dumm. Es war das dümmste Manöver, das Ron hatte einfallen können. Auf freiem Feld, mit vielen Möglichkeiten, sich zu verbergen, war ein einzelner Verox drei einfachen Männern unglaublich überlegen. Sie würden diesen Fehler alle mit dem Leben bezahlen.

Acarions ungewisses persönliches Schicksal verblasste vor der Aufgabe, Lehrion und die anderen von der Wahrheit zu überzeugen.

„Ihr müsst mich losbinden", sagte Acarion, lauter. Vergessen war die sachliche Eindringlichkeit, mit der er es bisher versucht hatte. „Ron und die anderen werden sterben, wenn ihr es nicht tut!"

In diesem Moment veränderte sich das Licht, das durch Berans Fenster und unter der Tür hindurch gedrungen war. Es verlor seinen silbrigen Glanz und nahm stattdessen eine blutrote Färbung an. Die Umrisse der Gegenstände in der Gaststube verschwammen und schienen unwirklicher zu werden.

Der rote Schleier war nicht mehr zu erkennen. Lehrions Blick huschte kurz zu den Fenstern hinüber und konzentrierte sich dann wieder auf Acarion.

„Das ist ja eine schöne Strategie", sagte er, die Stimme schneidend wie eine Klinge. „Wir sollen dich gehen lassen, während alles darauf hindeutet, dass du unseren Gastgeber umgebracht hast?"

„Und du uns keine bessere Erklärung anbieten kannst", fügte Lina hinzu.

Etwas an ihren Worten führte dazu, dass Acarion der Geduldsfaden riss. Vielleicht wurde Ron gerade in Stücke gerissen.

„Natürlich habe ich eine bessere Erklärung!", fuhr er Lehrion an. „Yara wird von einem Verox heimgesucht! Das ist der Grund, warum Ron nicht hier ist. Ihr alle habt die verschreckten Gesichter der Leute gesehen. Es hatte nichts mit dem zu tun, dem wir auf der Reise begegnet sind. Wie würdet ihr euch fühlen, wenn immer mehr von euren Nachbarn sterben, urplötzlich und ohne sichtbare Verletzungen. Ihr würdet ahnen, womit ihr es zu tun habt." Er machte eine kurze Pause. „Aber ihr würdet es nicht zugeben wollen. Weil ihr zu viel Angst habt."

„Aber warum", sagte Lehrion gefährlich leise, „bist du dann noch am Leben? Wieso hat der Verox dich nicht in Stücke zerrissen, bevor er abgehauen ist?"

Hätte Acarion die Hände frei gehabt, hätte er sie frustriert in die Luft geworfen. „Ich weiß es nicht! Vielleicht hat er Angst bekommen. Vielleicht dachte er, er hätte mich schon erwischt. Ist das so wichtig?"

„Vielleicht ist es wichtig, wenn sich herausstellt, dass du mit ihm gemeinsame Sache gemacht hast. Oder, was ich noch eher glaube, dass er gar nicht existiert." Ein schmales, widerwärtiges Lächeln lag auf Lehrions Lippen. „Immerhin wissen wir, dass du auch vorher schon dein Wissen vor uns verborgen hast."

„Das ist doch lächerlich!", fuhr Acarion ihn an. „Ich habe versucht, Beran zu Hilfe zu kommen."

Als Alenas angeblicher Lehrmeister zu einer Antwort anhob, bedachte er ihn mit dem giftigsten Blick, den er aus seiner unwürdigen Position heraus zustande brachte. Er genügte, um Lehrion zum Schweigen zu bringen.

„Wie hätte ich in so kurzer Zeit die gesamte Gaststube in ihre Einzelteile zerlegen sollen? Wie hätte ich Berans riesige Hunde umbringen sollen und das Ganze noch dazu in nahezu vollkommener Dunkelheit? Eure Argumentationskette strotzt vor Logiklöchern, die so groß sind, wie das Loch in Rons Kopf sein muss, wenn er auf die Idee kommt, nachts einem ausgewachsenen Verox hinterherzurennen!"

„Also schön", sagte Vion unvermittelt. „Ich glaube dir."

Mit großen Schritten ging er um Acarion herum, der erleichtert aufatmete. Immerhin.

„Lass mich nur kurz –"

Ohne weitere Erläuterung streifte Vion die Handschuhe von Acarions Händen. Noch während das geschah, überkam Letzteren das Gefühl, dass eine Falle zuschnappte. Instinktiv riss er die Hände zurück, doch es war zu spät. Er wusste, dass das Fackellicht nun direkt auf seine Hände fallen würde. Und die ringförmigen Tattoos, die sie zierten.

Vion fluchte und den Bruchteil eines Herzschlags später spürte Acarion das kalte Metall eines Messers an seiner Kehle.

„Umdrehen", knurrte der Schausteller und er gehorchte ohne Widerspruch. Fast glaubte er, die Tätowierungen zu spüren, als würde das Licht der Fackeln auf den fünf schwarzen und den vier goldenen Ringen brennen.

„Neun Ringe", sagte Lehrion, in dem gleichen selbstgefälligen Tonfall, der bei Acarion regelmäßig zu Brechreiz führte, wenn Breson ihn verwendete. „Eine weitere Lüge."

Eine seltsame Mischung aus Gefühlen wallte in Acarion auf und vermischte sich mit der Sorge um Ron. Wut. Gegen wen gerichtet, konnte er nicht sagen. Enttäuschung. Und am beschämendsten: Angst. Sicher, dass niemand der anderen sein Gesicht sehen konnte, schloss Acarion kurz die Augen.

„Du bist nicht von der Magierakademie geflogen", folgerte Lehrion genüsslich. „Niemand, der das tut, erreicht jemals den neunten Ring. Nach dem siebten ist Schluss. Und wer diese Ringe tatsächlich verdient hat, muss sich auch in keiner armen Reisegruppe verstecken."

„Meine Verschwiegenheit diente eurem Schutz genauso wie meinem! Ehrlichkeit hätte Wellen geschlagen, die wir nicht hätten abschätzen können", stieß Acarion hervor, sich der Klinge an seinem Hals schmerzhaft bewusst. Es war die Wahrheit. Wäre er mit diesem offensichtlichen Zeichen seines Standes hausieren gegangen, hätten viel mehr Leute erfahren, wohin er unterwegs war. Vielleicht hätte es Versuche gegeben ihn aufzuhalten ... oder sich ihm anzuschließen. Ihre Reisegruppe wäre ein verlockendes Ziel für Überfälle geworden. Von den anderen Gründen ganz abgesehen.

Zum ersten Mal meldete Alena sich zu Wort. Das Gefühl von Verrat lag in ihrer Stimme. „Das hier ist das Abzeichen für jemanden, der in die höchsten tavagarischen Machtkreise aufgestiegen ist. Warum solltet Ihr diesen den Rücken kehren?"

Unsanft riss jemand Acarions Hände nach oben, was durch die Tatsache, dass sie hinter seinem Rücken zusammengebunden waren, beinahe dazu führte, dass ihm die Schultern ausgekugelt wurden. Das Messer an seiner Kehle ritzte seine Haut auf.

Dann stellte Alena noch eine Frage. „Wer bist du wirklich?"

„Das ist doch unwichtig", sagte Vion. Der breitschultrige Schausteller kam nun wieder in Acarions Blickfeld und zwang ihn an den Haaren zurück in eine aufrechtere Position. „Er ist ein Lügner. Er ist mächtiger, als er vor uns zugeben wollte. Wer weiß, was er noch alles vorhatte. Und jetzt ist er aufgeflogen."

Die Augen des jungen Mannes wirkten in dem blutigen Licht des Mondes wie schwarze Löcher.

„Und dennoch", presste Acarion zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, „habe ich Beran nicht ermordet. Sein Mörder ist geflohen. Und Ron ist auf der Suche nach ihm." Weder Vions Griff in seinen Haaren noch der Druck der Messerklinge an seinem Hals lockerte sich.

„Mit jedem Augenblick, den wir hier verschwenden -"

In diesem Moment wurde die Gaststättentür schwungvoll aufgestoßen und ein Schwall roten Lichts flutete herein. Yona stand in der Tür, die dunklen Haare noch wilder als sonst. Etwas wie Stroh hatte sich darin verfangen. Als sie die makabere Szenerie aufnahm, blieb sie wie angewurzelt an der Schwelle stehen.

„Ähm", sagte sie. „Ich glaube, ich bin nicht mehr auf der Höhe der Ereignisse."


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