Kennenlernen

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Shiras p.o.v.

Nervös sah ich zu, wie Tom aus dem Zimmer ging, um mit Alessandro zu reden. Doch über was mussten sie sprechen? Hatte Alessandro etwas gemerkt? Hatte er einen Verdacht? Voller Sorge knabberte ich an meiner Unterlippe. Ich durfte nicht auffliegen. Zwar mochte ich Toms Mate sein, aber wenn sie erfuhren, dass ich aus dem feindlichen Rudel kam….wer wusste schon, was sie dann tun würden? Ich wollte es mir nicht vorstellen.

Tom schien freundlich zu sein, und ich konnte mir auch nicht wirklich vorstellen, dass sein Rudel grausam war, aber wenn ich eins gelernt hatte, dann, dass Grausamkeit viele Gesichter hatte. Ich dachte an Vater, daran, wie er so manche Rudelmitglieder behandelt hatte. Bei dem Gedanken zuckte ich zusammen. Schnell schob ich die Bilder aus dem Kopf, verbannte sie ganz tief in eine dunkle Ecke.
Weder wollte ich an Vater denken noch an die schlimmen Bilder aus der Vergangenheit.

Um mich abzulenken, sah ich mich in Toms Zimmer um. Er hatte einen Schreibtisch mit einem Bildschirm und PC, sowie ein großes Bett mit dunkelblauen Laken. Sein Fenster daneben ließ Licht hereinscheinen und mit der Kommode und dem Kleiderschrank erschien das Zimmer recht klein, doch bot es genügend Platz.

Ich versuchte wirklich, mich durch das Umblicken ablenken zu lassen, dennoch konnte ich dabei die Nervosität und die Frustration nicht ganz abschütteln. Ich hatte keinen Schimmer, über was die beiden da draußen sprachen. Konnte es nicht hören. Hilflosigkeit und Verzweiflung wallten in mir auf, stiegen immer höher wie eine Flut, die alles mit ihr hinfort schwemmen würde. Ich schluckte schwer und tat das erstbeste, was mir einfiel: ich konzentrierte mich auf meine Atemzüge. Atmete tief ein, wobei mir Toms Geruch, der überall in seinem Zimmer hing, in die Nase strömte und beitrug, mich zu beruhigen. Dann atmete ich wieder tief aus, konzentrierte mich ganz und gar auf meine Atmung.

Es half. Zwar waren die Nervosität, die Sorge und Verzweiflung immer noch da, aber nur noch im Hintergrund, als lauerten sie hinter einem Vorhang nur noch darauf, nach vorne zu treten auf die Bühne und sich zu zeigen, ihre ganz eigene Performance hinzulegen.

Das durfte ich nicht zulassen. Ich durfte nicht auffliegen und um das zu verhindern, musste ich mich zusammenreißen, durfte niemandem Grund zum Verdacht bieten. Vor allem, da Alessandro wahrscheinlich schon skeptisch war.

Ich brauchte einen Plan, wenn ich hier überleben wollte. Denn erzählen konnte ich es ihnen nicht. Das stand außer Frage. Denn diese Mörderin - Lilly - musste leiden. Musste büßen für das, was sie getan hatte. Wenn ich ihnen etwas erzählte, auch nur einen Hinweis gab, würde ich damit meine Chance verspielen. Dabei war Rache das einzige, was mir noch geblieben war. Ich hatte keine Mutter mehr. Kein Rudel, keine Familie. Nicht einmal meinen Gesang, mein Gehör. Ich hatte nichts. Ich…Nein. Warte.

Toms Bild tauchte vor meinem inneren Auge auf. Die seelenvollen himmelblauen Augen, in denen immer eine Spur Schalk zu spielen schien. Die leichten Sommersprossen und die kurzen, braunen Haare, die ich nur zu gern berühren würde, um zu sehen, ob sie genauso weich waren, wie sie aussahen. Dieser Mund, den ich nur zu gern küssen würde. Diesen Jungen, den ich liebend gern kennenlernen würde.
Ich hatte viel verloren, ja. Aber ich hatte auch jemanden dazugewonnen. Meinen Seelengefährten.

Der Gedanke schmerzte. Denn ich wusste, ich mochte ihn gewonnen haben, mochte dieses wundersame Geschenk erhalten haben, aber….nicht für lange.
Sobald ich mich gegen Lilly - eine aus ihrem Rudel, ihrer Familie - wenden würde, wäre es vorbei. Alles. Nicht nur das Rudel würde sich dann gegen mich stellen, sondern auch zwangsläufig Tom. Zumindest musste er, denn ich konnte nicht zulassen, dass er für mich alles aufgab, seine ganze Familie verriet. Das war ich nicht wert.

Also würde ich meinen Racheplan gegen Lilly ausführen müssen, ohne dass Tom ins Kreuzfeuer geriet und sich gegen seine Familie stellte, für mich. Ich würde davor mit ihm Schluss machen müssen, sozusagen. Würde mich von ihm lossagen müssen. Allein der Gedanke schmerzte so sehr, dass ich mich zusammen krümmte und auf die Bettkante setzte, bzw. eher plumpsen ließ. Alles in mir wehrte sich gegen diese Entscheidung. Ich grub die Fingernägel in die Arme, als könnte dieser so kleine Schmerz das quälende Feuer in meinem Herzen übertünchen. Doch dem war nicht so. Mir wurde klar, dass es mich alles kosten würde, mich von Tom loszusagen - wenn ich es überhaupt schaffte. Aber es war notwendig, es war zu seinem Besten und allein dieser Gedanke half mir, den Schmerz weit genug beiseite zu schieben, um weitermachen zu können.

Doch als sich plötzlich die Tür öffnete und Tom hereinkam, wobei sein Blick natürlich sofort auf mich fiel, die ich noch immer zusammengekrümmt auf seiner Bettkante saß - da wurde mir klar, dass dies hier alles andere als leicht werden würde. Sein Anblick, seine Präsenz holte diesen Schmerz nur noch hervor, der klagend und verzweifelt seine Krallen in mein Herz schlug, wohl wissend, dass ich bald keinen Seelengefährten mehr haben würde. Ich biss mir wieder auf die Unterlippe, da fragte Tom schon besorgt:

Was ist los? Geht's dir gut? Was hast du?

Er kam zu mir ans Bett gestürzt, kniete sich vor mich hin und nahm meinen Kopf in beide Hände. Sah mir prüfend ins Gesicht, als könnte er dort ablesen, was los mit mir war. Und mit plötzlichem Erschrecken erkannte ich, dass dem vermutlich sogar so war. Wie viel enthüllte meine Miene? Ich brauchte keinen Spiegel, um die Antwort darauf zu wissen.
Zu viel. Sie enthüllte zu viel.

Ich musste schnellstmöglich erlernen, ein Pokerface zu machen, wenn ich hier überleben wollte. Doch zuerst brauchte ich eine passende, logische Ausrede für Tom, der mich noch immer besorgt anstarrte, meine gequälte Miene erblickte, die Unterlippe, die ich blutig gebissen hatte.
Ich versuchte mich an einem beruhigenden Lächeln, was allerdings offensichtlich misslang, denn Tom runzelte nur noch besorgter die Stirn. Schließlich antwortete ich endlich auf seine Frage:

Mit geht's gut, ich ….ich hab nur Krämpfe. Aber das vergeht wieder.

Zum Glück ist mir diese Ausrede noch schnell eingefallen. Und obwohl es mir misshagte, meinen Seelengefährten anzulügen, schaffte ich es. Allerdings nicht ohne den Blick abzuwenden. Hoffentlich wertete er das als Verlegenheit und nicht als das, was es war: ein Anzeichen der Lüge, die ich gerade gesprochen hatte.
Sanft - so unendlich sanft - streichelte er mit dem Daumen über meine Wange und als ich wieder in sein Gesicht sah, konnte ich diesen liebevollen Blick aus seinen himmelblauen Augen kaum ertragen. Denn ich hatte ihn nicht verdient. Nicht, wenn ich ihm so unsäglichen Schmerz zufügen würde, sobald ich mich von ihm lossagte. Ich schluckte schwer.

Ich kann dir eine Wärmflasche holen, meinte er fürsorglich. Kümmerte sich um mich, wie es sich für einen Seelengefährten gehörte. Und ich...ich log ihn stattdessen an und plante, Rache an einem seiner Familienmitglieder zu üben. Mit einem Mal hielt ich es kaum mit mir selbst im Raum aus. Und ich wollte nicht allein gelassen werden, wollte nicht allein sein mit dem Schmerz, den umher wirbelnden Gedanken. Ich brauchte Ablenkung. Und obwohl ich wusste, dass es mehr als unfair war, Tom dafür zu benutzen, bat ich ihn trotzdem, bei mir zu bleiben:

Danke, aber könntest du einfach hierbleiben? Mir etwas erzählen, mich so ablenken?

Meine Stimme klang so schwach, so bedürftig. Wieder biss ich mir auf die Lippen, hieß den Schmerz willkommen und senkte den Blick.
Ich wollte das hier nicht. Wollte ihn nicht so verraten, indem ich nicht die Wahrheit sprach, indem ich Pläne hinter seinem Rücken schmiedete. Aber blieb mir etwas anderes übrig?

Natürlich, meinte er sofort, nahm die Hände von meinen Wangen und setzte sich neben mich.
So ohne die Wärme seiner Handflächen fühlte sich mein Gesicht kalt an. Doch da schlang er schon den Arm um meine Schultern und dankbar sank ich in seine Umarmung - wenn man es denn so nennen konnte, denn wir saßen eher ungelenk da, und doch wollte keiner von uns seine Position ändern, während ich meinen Kopf an seinem Hals vergrub und tief seinen Geruch nach Pfefferminz und Sommer einatmete, der sich so richtig und so gut fühlte als würde er tief in meinem Inneren eine Antwort zu einer stets dagewesenen Frage geben.

Alles in mir fühlte sich hier bei ihm heimisch, wollte Tom nie wieder missen, als wäre er ein Teil meiner Selbst, ohne das ich einfach nicht leben konnte. Ich schob den Gedanken beiseite, denn es würde der Tag kommen, da würde ich nicht bei ihm sein. Da würde dieser Teil von mir fehlen.

Doch ich wollte diese Gedanken nicht hören, musste sie abschalten und sei es nur für einen Moment. Also schmiegte ich mich noch näher an Tom, ließ mich völlig von seiner Wärme durchdringen und seinem Geruch umschmeicheln. Und um das Getöse der Gedanken in mir zu übertönen, fragte ich:

Über was haben du und Alessandro gesprochen? Nichts Schlimmes, oder?

Er drückte mich an sich, sein Kinn ruhte auf meinem Kopf und murmelte zufrieden wie eine Katze:

Nichts Schlimmes. Aber lass uns jetzt nicht über Alessandro reden.
Noch bevor ich protestieren und weiter nachhaken konnte, lehnte er sich plötzlich nach hinten und zog mich so mit sich.
Ich setzte mich ein wenig auf, um ihm ins Gesicht sehen zu können.
Eine einzige Frage stand in seinen himmelblauen Augen, die er sogleich in meinem Kopf stellte:
Kuscheln?

Ich war froh, dass er nicht mehr erwartete. Zwar sehnte sich mein Körper nach dem seinen, aber ich war noch nicht bereit für mehr. Kuscheln hingegen, seine Wärme und sein Geruch, die mich einlullten….nichts hatte ich dagegen. Also lächelte ich ihn zustimmend an und kuschelte mich an ihn. Sogleich legte er den Arm über meinen Rücken und zog mich noch näher heran, als könne er es nicht ertragen, wenn ich auch nur wenige Zentimeter entfernt von ihm lag. Während ich den Kopf an seine Brust schmiegte, steckte er die Nase in mein Haar und atmete tief ein. Für einen Moment lauschte ich nur seinem steten Herzschlag in seiner Brust, der all die bösen Gedanken vertrieb.

Bis Tom plötzlich mit schwerer Stimme meinte:
Ich bin wirklich sehr froh, dich gefunden zu haben, Shira.
Mein Herz stand für einen Moment still, bevor es dann rumpelnd weiter pochte, ein wenig schneller als zuvor. Ich sollte ihm antworten. Sollte ihm das zurück sagen, denn meinen Seelengefährten zu finden ….das war mehr als ich mir jemals erhofft und erträumt hatte. Doch ich konnte nicht. Konnte ihn in dieser Sache einfach nicht anlügen. Denn ich konnte nicht froh darüber sein, ihn gefunden zu haben, wo es doch bedeutete, ihn mit meinem Verlassen so unsäglichen Schmerz zu bereiten.

Um jedoch keinen Verdacht zu erregen, drückte ich ihm einen Kuss auf die Brust und schmiegte mich noch näher an ihn, was ihm offensichtlich zu gefallen schien, denn er brummte zufrieden, ja schnurrte fast.

Ich stattdessen versuchte das schwere Gewicht auf meiner Brust zu ignorieren, versuchte die leise Stimme in meinem Kopf zu ignorieren, die fragte:

Wie oft werden wir wohl noch so nah beieinander liegen?

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