Der Busfahrer Heinz

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Luka schnaubt verächtlich.
"Lieber würde ich mich ins Koma saufen, bevor ich die da küsse!" Er nimmt sich seinen roten Plastik-Becher und gießt sich irgendein alkoholisches Getränk ein. (Ich schätze mal, dass man eben trinken muss, wenn man eine Aufgabe ablehnt.)

Eigentlich will ich Luka gar nicht küssen, aber seine abwertende Reaktion tut so unheimlich weh, dass mir zum Weinen zumute ist und ich spüre, wie ich rot werde vor Scham.

Ich weiß, dass es jetzt eigentlich schon zu spät ist um auf die Toilette zu flüchten, aber hier bleiben will ich auch nicht. Krampfhaft versuche ich nicht auf die Gesichter der anderen zu achten, die mich sicher verspotten und erhebe mich. Ich schnappe mir Nicos roten, noch halb gefüllten Becher und trinke ihn in einem Zug aus. Angewidert verziehe ich das Gesicht und verlasse dann schweigend den Raum. (Natürlich mit meiner Tasche.)

Konzentriert versuche ich die Toilette zu finden, doch Lukas hasserfüllter Blick geht mir nicht mehr aus dem Kopf.

Als ich endlich mein Ziel erreiche, muss ich feststellen, dass sie abgeschlossen ist. Also betrete ich die Treppe um ins erste Geschoss zu gelangen.

Hinter jeder Türklinke, die ich hinunterdrücke, befindet sich ein abgeschlossenes Zimmer, bis ich eine Balkontür finde. Zögernd betrete ich ihn. Vom Balkon aus, kann man auf Nicos Garten blicken. Der Pool ist beleuchtet und ich sehe ein paar Leute, die die Beine ins Wasser hängen lassen.

Ich lasse mich in den Schneidersitz fallen und durchlaufe noch einmal meinen gesamten Tag: Von meiner Ankunft bis zu Lukas offensichtlicher Abneigung, ist alles dabei.

Langsam bahnt sich eine Träne aus meinem Augenwinkel. So eine, die keinen bestimmten Grund hat, sie ist einfach da, wenn einem alles zuviel wird.

Ich taste nach meinem Handy und ignoriere die Tatsache, dass mir langsam kalt wird. Als meine Special-Feeling-Playlist zulaufen beginnt, erfüllt mich ein Gefühl aus Wärme. Spätestens beim zweiten Song beginne ich leise mitzusingen, ich bin sowieso so weit oben, dass mich niemand hört.

Meine Stimme ist nicht sonderlich schön, aber ich liebe das Gefühl zu singen. Mein Körper bewegt sich im Takt der Musik und ich schließe die Augen. Als ich sie wieder öffne, entscheide ich mich dazu, stabil genug zu sein, um nach unten zugehen.

Als dem Augenwinkel sehe ich, wie Luka das Haus verlässt. Ich handel schnell, ich muss mit ihm reden. Meine Jacke kann ich auch noch nachher holen! Ich folge ihm auf die kalte Straße.

"Luka!", rufe ich, doch er bleibt nicht stehen, im Gegenteil er erhöht sein Tempo. Ich beginne zu rennen und hole ihn erst ein, als er an einer Bushaltestelle stehen bleibt.

"Wo willst du hin?", frage ich außer Atem, auch wenn mich das eigentlich gar nicht interessiert.
"Was willst du", er sieht mich nicht Mal an. Seine Stimme klingt gelangweilt.
"Ich-", beginne ich.
"Jetzt pass Mal auf! Kannst du nicht jemanden anderen nerven?!"
"Aber-"
Ein Bus fährt vor und Luka steigt ein, ich folge ihm erneut, der Bus ist komplett leer!
"Aber Nico, Bella und Jasmin finden dich doch auch ganz toll!", beendet er meinen Satz und ich frage mich, warum mich heute alle unterbrechen, um mir falsche Worte in den Mund zulegen. Luka greift, nach der Stange über ihm, während ich mich an der Seite festhalten muss. Er ist nicht so groß, wie Nico, aber ich muss immer noch zu ihm aufsehen.
"Das wollte ich aber gar nicht -"
Leider unterbricht mich Luka wieder und scheint nun wirklich sauer zu sein.

"Weißt du auch warum sie dich so sehr mögen", er setzt das mögen in Anführungszeichen. "Weil Bella beweisen will, dass sie sich geändert hat und selbst du mit ihr klar kommst.  Jasmin ist eine garstige Schlange, aber deswegen noch lange nicht dumm! Sie weiß, dass du spätestens in zwei Wochen wieder eine der Beliebtesten sein wirst.", spottet er. Seine Stimme ist für den Inhalt seiner Sätze ziemlich ruhig und ich merke, dass sie dafür ausgelegt sind, mich zu verletzten und das tun sie!
"Und Nico?! Nico träumt, schon seit du zur Tür rein gekommen bist, davon mit dir zu schlafen."

Autsch! Das hat gesessen. Der Bus hält an und Luka steigt aus, ohne seinen kalten Worten noch etwas hinzu zu fügen.

Ich bin für ein paar Sekunden unfähig etwas zu sagen, geschweige denn mich zu bewegen.

Die Türen des Busses schließen sich wieder.

"Keine Sorge, ihr Freund kriegt sich, schon wieder ein!", höre ich eine Stimme von vorne sagen.
Ich denke einfach Mal, dass sie vom Busfahrer kommt. Ich hangel mich nach vorne (ich denke alle wissen, was damit gemeint ist?).

Da keiner der Plätze besetzt ist, lasse ich mich auf den Sitz schräg hinter ihm fallen.
"Ich bin Heinz Mill, aber nenn mich doch bitte einfach Heinz!"
Ich lächle. "Liva!"
"Also, Liva, wo wollen sie hin?", lacht er freundlich. Ich betrachte ihn im Rückspiegel, es ist ein älterer Mann, welcher Grübchen beim Grinsen hat, was mir direkt sympathisch ist.
"Haben sie keinen bestimmten Plan, wo sie lang fahren müssen?" Und es interessiert mich wirklich!
"Ich bitte sie! Es ist Samstag Nacht, ich spiele hier sowieso nur noch Taxi für irgendwelche Jugendlichen, die nicht mal mehr zahlen können, weil sie so betrunken sind."
"Oh", mache ich, da mir einfällt, dass ich ebenfalls kein Ticket habe.
"Geht aufs Haus!" Heinz wächst mir sofort ans Herz und ich muss grinsen, obwohl mir danach eigentlich nicht zumute ist.

"Wie lange sind sie schon Busfahrer?", frage ich interessiert.
"Eigentlich war ich mein ganzes Leben Ingenieur.", erklärt er.
"Aber man wird ja auch nicht jünger und vor zwei Jahren habe ich das Bus fahren für mich entdeckt."
Ich sehe durch den Rückspiegel, dass seine Augen zu leuchten begonnen haben.

"Was genau mögen sie am Bus fahren?"
"Früher wohnte mein Mann fast eine Stunde entfernt von meiner Wohnung und desswegen bin ich ständig Bus gefahren, da ich das Klima nicht so sehr belasten wollte! Wenn ich Bus fahre, bin ich irgendwie in einem fahrendem, eigenen Universum, alle Probleme exestieren zwar noch, aber irgendwie sind sie weit weg, außerhalb des Busses."

Mich erstaunt seine direkte Ehrlichkeit und ich kann ihn sofort verstehen. Vielleicht ist der Bus für ihn so etwas wie für mich der Hügel.

"Sie sind verheiratet?"
"Ja, ich habe meine große Liebe mit dreizehn in einem Italienischen Restaurant kennengelernt!"
"Das ist ja süß!"
Heinz lacht.
"Geht so, ich war ein ziemlicher Rassist!"
"Und weiter?" Ich bin schon längst in seiner Erzählung gefangen.
Heinz lächelt verträumt.
"Am Ende war es ein ziemliches Missverständnis. Wir sind erst nach Jahren zusammen gekommen. Das ich  einmal einen schwarzen heiraten würde und mir meine Sexualität eingestehen würde, kommt mir manchmal immernoch unwirklich vor!" Er für ein paar Sekunden nicht mehr ganz in dieser Welt zu sein.

"Also wohin müssen sie jetzt?"
Ich nenne ihm meine Bushaltestelle und höre ihm weiter zu, wie er seine Liebesgeschichte erzählt. Immer wieder stelle ich fest, wie seine Augen zu strahlen beginnen, wenn er über seinen Mann spricht. Ich erfahre, dass er immer diesen Bus fährt und ich muss ihm versprechen, dass ich ihn Mal wieder besuche komme.

Auch ich erzähle von meiner Zeit in Dänemark und schaffe es alles, was Luka eben gesagt hat, nach hinten zu drängen.

Die Zeit vergeht viel zu schnell! Als der Bus an meiner Haltestelle hält verabschiede ich mich von Heinz, gehe nach Hause, schließe leise die Tür auf und lasse mich in mein Bett fallen. Eigentlich rechne ich damit in einen traumlosen Schlaf zu fallen, stattdessen träume ich von hasserfüllten, wunderschönen, eisblauen Augen!

'Eigentlich ist kein Schlaf traumlos, wir können uns nur nicht immer an unsren Traum erinnern 

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