Samstag - 60.9 - Durchlaufprobe 14:00 - 15:00 Uhr

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Don't forget  -  it's fiction!

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Konzert-Durchlauf      14:00

Als erstes wärmen sie sich sorgältig auf, dann singt Jimin die ganze Truppe ein. Als ich das höre, geht mir das Herz auf. Ich halte einfach mal unsere kleine Actioncam drauf und hoffe auf eine Aufnahme, die Heike ein bisschen zeigen kann, wie sehr ihre Arbeit mit Jimin Früchte getragen hat.

Dann können wir verfolgen, wie sie Song für Song Auf- und Abgänge simulieren, Aufstellung nehmen, den Sound korrigieren, wie sie unter dem Steg zur Vorbühne flitzen, um dort mit dem Lift hoch zu kommen, wie Backgroundtänzer plötzlich bei uns auftauchen und hier die Treppe hoch- oder wieder runterstürmen. Kwon sabbelt ununterbrochen, damit wir möglichst viel verstehen. Und wir alle können uns gar nicht satt sehen daran, wie ein großes, gut geöltes Uhrwerk ganz gleichmäßig tickt, alle Zahnräder sauber ineinander greifen und jeder immer weiß, was er grade wo zu tun hat.

Als die Jungs einen Moment Pause machen, um wieder zu Atem zu kommen, setzt sich Jimin lachend oberhalb von uns auf den Bühnenrand. Er will uns fröhlich grüßen. Dabei sieht er auch mir ins Gesicht, und ich bin nicht schnell genug mit meinem sowieso eher kläglichen Talent zum Pokerface. Für einen ganz kurzen Moment weiten sich seine Augen, und er schaut mich fragend an. Ich schüttele mit einer winzigen Bewegung den Kopf, will nicht, dass das außer Markus irgend jemand kapiert, wie es mir grade geht. Aber ich weiß – den habe ich nicht täuschen können. Ich bin nach wie vor aufgewühlt, und man sieht das. Zumindest Jimin sieht sowas.

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Portobello Road    14:00

Die Berliner sind coole Flohmärkte ja gewohnt von ihrer Heimatstadt, aber dennoch sind sie hier ganz begeistert. Sie haben sich für 15:30 vor einer kleinen Bäckerei verabredet und streifen nun schon eine Weile in kleinen Grüppchen über den Markt. Vor allem schräge Klamotten, die sich für Auftritte eignen, sind ihre bevorzugte Beute. Und sie werden alle fündig. Verschiedenste Hüte, Tücher und anderer Schnickschnack wechseln die Besitzer.

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das perfekte Geschenk 14:05

Etwa um die selbe Zeit treffen auch Adele und Yuiko am Markt ein. Sie haben sich im Taxi geeinigt, dass sie doch erst bummeln und sich dann ein ungestörtes Plätzchen zum Reden suchen wollen. Yuiko hat Adele außerdem von dem Tipp mit der mechanischen Armbanduhr als Geschenk für Tina berichtet. Also halten sie vor allem nach Second Hand Schmuck und Uhren Ausschau.
„Zeig mir doch nochmal das Fotobuch."
Yuiko holt das Buch heraus, und sie schauen sich einige Bilder von Tina an.
„O.K. Sie ist groß. Sie hat weiße Haare. Sie trägt gerne bequeme Kleidung in Unitönen. Was ich von der Wohnung sehe, ist gemütlich und warm. Sie hat vergleichsweise schmale Handgelenke und lange Hände. Ich würde sagen, die Uhr darf nicht zu streng sein vom Design, lieber rund als eckig, aber auch nicht zu niedlich. Und sie trägt offensichtlich nur Goldschmuck."

Mit etwas genaueren Vorstellungen streifen die beiden weiter über den Markt, bis sie bei einem Uhrmacher ankommen. Er hat einen kleinen Laden an dieser Straße, stellt an den Markttagen aber immer auch einen Stand davor. So kann er besser locken. Adele und Yuiko wissen sofort, dass sie hier richtig sind, denn auf dem Tisch liegen jede Menge alter Uhren.

Als sie dem Mann beschreiben, was sie suchen, bittet er seinen Assistenten, draußen zu bleiben, und geht mit den Damen in den Laden. Die Auswahl ist wirklich groß. Alle Uhren sind generalüberholt und funktionieren. Und so können die Damen frei nach Geschmack auswählen. Und da ist sie – die perfekte Uhr. Klein, rundes Ziffernblatt, aber achteckiges Gehäuse, offensichtlich alt, aber in einem sehr guten Zustand.

Entschlossen zückt Yuiko den Briefumschlag mit dem restlichen Geld von Brighton und will dann ihre Kreditkarte dazu legen, aber Adele hindert sie daran.
„Das lass mal schön bleiben. Da fehlt etwa die Hälfte, und auch wenn dein „Hauptgewinn" bei dieser verrückten Aktion erheblich höher und schöner ist als meiner – wir beide haben durch diese Frau tolle Erfahrungen und einen – das weiß ich jetzt schon – unglaublichen Abend geschenkt bekommen. Also schenken wir auch diese Uhr zusammen. - Wenn du einverstanden bist. Aber ich glaube, dass du dich schon für Kleid, Schuhe, Hut und Co. so in Unkosten gestürzt hast, dass du jetzt nicht nochmal eine größere Summe raushauen solltest.  ...  Richtig?"

Yuiko zögert, und sie kann sich selbst die Frage nicht beantworten, ob es Stolz ist, oder ob sie nicht teilen will, oder ob sie die Uhr lieber zusammen mit Namjoon schenken würde. Aber schließlich gibt sie sich einen Ruck, denn sie weiß, dass Adele recht hat.
„Ja, du hast Recht. Ich habe in diesen zwei Tagen tatsächlich viel Geld ausgegeben. Danke, dass Du das mit mir zusammen machst!"
Und dann bezahlen die beiden gemeinsam die Uhr und lassen sie sich schön einpacken.

Adele überlegt und schaut Yuiko dabei an, während sie den Laden verlassen.
„Möchtest du jetzt noch weiter bummeln, oder sollen wir uns lieber mit einem Kaffee in den nächsten Park setzen?"
Die Antwort kommt prompt.
„Kaffee und Park. In der Reihenfolge."
Beide müssen lachen.

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Albereien    14:30

Wir sind immer noch in der Halle und beobachten die Probe. Da wir allerdings da am Bühnenrand noch den ganzen Abend „eingesperrt" sein werden, laufe ich zwischendurch ein bisschen durch die Halle und stelle mir vor, wie es wäre, hätte ich für Am*dam für einen dieser Ränge Tickets bekommen. Da wäre selbst ein Opernglas zwecklos gewesen. Da oben ist man für eine brauchbare Sicht völlig auf die großen Bildschirme über der Bühne angewiesen. Und das hasse ich ja bei den Youtube-Clips schon so. Ständig wackelt das Bild, ändert sich die Perspektive, hängt irgendwas von der Decke ins Bild, sieht man nur Ausschnitte, wenn die gesamte Choreo grade interessant ist, oder nur einen der Jungs, wenn man viel lieber einen anderen beobachten würde. Auch wir werden sicher immer mal auf die Screens schauen heute Abend. Aber wir sind einfach viel dichter dran und können das meiste direkt genießen. Und darauf freue ich mich nun noch mehr.

Von der Bühne her ertönt lautes Gelächter. Die Jungs sind gut drauf und albern auch ganz viel rum. Als Taehyung zum Beispiel „Singularity" proben soll, muss er sich noch die Schnürsenkel zu binden. Derweil geht stattdessen Jeongguk zu dem Kleiderständer, schlüpft in den Ärmel vom roten Jacket und veralbert Taes Bewegungen. Er dreht seinen Kopf in die falsche Richtung und gibt sich schließlich selbst eine Ohrfeige.

Tae lässt sich theatralisch gegen die nächste Kamera fallen bei diesem Anblick, muss aber doch selbst breit grinsen.

Ich laufe wieder nach vorne und bin dankbar dafür, WIE großzügig wir beschenkt worden sind. Da taucht eine Eun-Mi vom Staff auf und hat – lauter ARMY-Bombs im Arm. Sie verbeugt sich lächelnd vor uns und drückt dann die ganzen Schachteln Kwon in den Arm. Ein paar koreanische Sätze später ist sie wieder verschwunden. Kwon teilt uns mit, dass die Dinger nun uns gehören und wir die vor dem Konzert noch auspacken, in Gang setzen und mit unseren Sitznummern über Bluetooth mit der großen Anlage synchronisieren sollen. Vor allem die Mädels sind natürlich hin und weg. Sie hatten schon überlegt, wie sie nochmal rauskommen, um sich solche Teile kaufen zu können. Und auch Nora freut sich, weil das einfach das schönste Mitbringsel ist, das sie ihrer Tochter geben kann.

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nur Mut    14:45

An der nächsten Seitenstraße stürmen Adele und Yuiko den Starbucks, und dann führt Adele sie zielsicher um wenige Ecken zu einem der zauberhaften kleinen Parks, die auf den ganzen Stadtteil verteilt sind. Manche davon sind privat und abgeschlossen, aber dieser hier ist offen. Sie schlendern hinein und setzen sich auf die nächste Bank. Keine Menschenseele ist hier, die sie stören könnte.

„So, meine Liebe. Und jetzt erzähl mir, was vorhin die Unsicherheit und Sorge in deine Stimme gebracht hat. Wovor hast du Angst? Dieser Mann wird dich auf Händen tragen, bis du darum betteln wirst, selber laufen zu dürfen!"
Yuiko muss lächeln.
Ja, das ist eine gute Beschreibung ...
„Ich ... Ich glaube, ich erzähle dir ein bisschen was über asiatische Kulturen und Erwartungen im Allgemeinen, die K-Pop-Industrie und die Fans von koreanischen Stars im Besonderen."

Schon nach wenigen Sätzen dämmert Adele, dass diese jungen Männer, die sie heute so intensiv, konzentriert und dabei immer fröhlich und positiv erlebt hat, ein unglaublich hartes Leben unter der Lupe führen und ihrer Kultur entsprechend auch immer das Gefühl haben, dass sie das dem Entertainment, dem Staff, ihren Eltern, den Fans und wem noch alles auch schuldig sind.
„Dass Taehyung damals deinen Song gecovert hat, war sein Geschenk an die Fans anlässlich SEINES Geburtstages."

Endgültig fällt Adele aber die Kinnlade runter, als Yuiko ihr erzählt, wie und in welchem Alter diese jungen Menschen gecastet werden, was für Verträge sie unterschreiben, welche Verpflichtungen sie eingehen.
„Westliche Stars haben ein Talent, Glück oder berühmte Eltern, werden selbst berühmt und arbeiten genau so viel, wie sie wollen oder schaffen oder der Geldbeutel verlangt. Asiatische Idols verpflichten sich auf viele Jahre hinaus, arbeiten ohne nennenswerten Urlaub oder schöpferische Pausen, hauen eine Scheibe nach der anderen raus, weil sie bei den jährlichen Award-Shows immer was Neues vorweisen müssen, und nehmen dafür vertraglich festgelegt harte Einschnitte in ihr Privatleben in Kauf. Das beinhaltet auch die Verpflichtung, keine Beziehung einzugehen sondern sich ganz auf den Job und auf die Fans zu konzentrieren. Und diese Fans ..."

„Bitte waaas??? Die haben unterschrieben, dass sie keine Beziehung haben dürfen? Das ist nicht dein Ernst!"
Yuiko zuckt mit den Schultern.
„Doch. Das ist normal. Denn die Stars gehören den Fans. Jede dumme Pute auf der Welt soll ungestört davon träumen können, dass ein Jeongguk oder ein Taehyung oder eben ein Namjoon ihr ganz allein gehören kann. Eine Frau würde dabei nur stören, unter Umständen sogar die Anzahl der Fans drastisch verringern. Dieses Risiko geht kein Entertainment ein."

„Und jetzt hast du Angst, dass eure Liebe einen Nachteil für die Band nach sich zieht? Dass ihr dem Druck nicht stand halten werdet? Dass die Fans sich auf dich stürzen und dir das Leben zur Hölle machen werden? Ach, Mädchen."
Adele stellt ihren Kaffebecher weg und nimmt Yuiko einfach in die Arme.
„Um die Band muss ich keine Angst haben, denn es ist offensichtlich, dass sie alle miteinander einfach nur glücklich sind für ihren Leader. Ich habe nicht einen Kerl, ich habe sieben, die für mich durchs Feuer gehen werden. Sie mögen mich, ich passe da rein, das hat diese Woche hier sehr deutlich gezeigt. Sie würden mir nie einen Vorwurf machen. Auch der oberste Chef des Entertainments hat Namjoon vor allen ganz offiziell gesagt, dass er absolut dahinter steht und keinerlei Einschränkungen fordert. Ich glaube auch, dass unsere Liebe stark genug ist, um dem Druck Stand zu halten."

„Aber?"
Yuiko seufzt.
„Ich habe Angst, dass es Namjoon in andauernde Gewissenbisse stürzen könnte. Für so einen Müll hat er keine Kraft übrig, die soll er lieber in seine Songs oder in mich investieren können, statt sich ständig um mich zu sorgen. Und ich habe tatsächlich Angst vor dem Hass. Weißt du - Hoseok hat eine Schwester, die einen sehr beliebten Youtube-Kanal hatte. Bis sie eines Tages ihren Bruder in Seoul besucht und dabei eine Freundin mitgebracht hat. Die hat sich gefreut, Hobi ganz normal kennenzulernen, sie waren – was weiß ich – einen Kaffee trinken? Irgend sowas Banales! Und Hobis Schwester hat ein Selfie von ihnen allen gepostet. Beide Frauen sind mit Hass überhäuft worden, und sie musste ihren Kanal schließen, weil es nicht mehr möglich war, dort weiter normal zu arbeiten."

Adele kommt aus der Schockstarre gar nicht mehr raus.
„Das heißt, deine Entscheidung, tatsächlich hierher zu kommen und diesen Song mit Namjoon zu singen, bevor du – wenn ich das richtig verstanden habe – überhaupt wusstest, ob er deine Gefühle erwidert UND erwidern darf! Deine Entscheidung war entweder unglaublich naiv, oder du bist die mutigste Frau, die ich kenne."
Yuiko lächelt.
„Danke für das Kompliment. Dann bin ich wohl die mutigste Frau, die du kennst. Als Namjoon mich per SMS gefragt hat, ob ich kommen will, habe ich genau eine Viertelstunde überlegt. Und dann gewusst, dass all das kommen würde, was nun kommen wird. Aber dass ich es mir nie verzeihen würde, wenn ich diese Chance nicht nutze. Ja, ich habe das bewusst in Kauf genommen, und ich werde auch keinen Rückzieher machen. Wir haben hier in London so zauberhafte Stunden miteinander verbracht, haben so viel gemeinsam – die Musik, der Humor – das geb ich nicht wieder her. ... Aber Angst habe ich trotzdem."

Eine Weile schweigen die beiden Frauen.
„Und was war das Zauberhafteste für euch beide in dieser Woche? - Wenn ich das fragen darf!"
Yuiko lacht hell auf.
„Die Kassiopeia, auf die Seite geschubst, kurz, bevor sie in die Themse fällt!"
Adele versteht zunächst mal kein Wort. Aber Yuiko verrät zumindest so viel, dass die Kassiopeia ein W-förmiges Sternbild ist, das morgens - von ihrem Hotelbalkon aus - genau über der Themse untergeht.

Wieder ist es still. Aber die Angst ist weg.
„Adele?"
„Hm?"
Yuiko schaut sie an.
„Danke, dass du diesen Tag mit mir verbringst. Es tut mir gut, dass ich das alles grade noch mal bewusst aussprechen konnte. Ich habe mir selbst zugehört und weiß, dass meine Entscheidung richtig war und ist, dass es sich lohnt, für mein Glück zu kämpfen. Das macht mir Mut. Du machst mir Mut."
Und beide lächeln sich an in tiefer Freundschaft. Als Adele zu diesem verrückten Projekt ja gesagt hat, hat sie nicht im Traum damit gerechnet, dass sie hinterher mit diesen fremden jungen Menschen aus Korea so tief verbunden sein würde.

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19.5.2019    -    21.10.2019    -    3.12.2019
1.6.2020

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