22 - Vergessene Flirtereien

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Als ich Duke zwei Tage nach unserem Kuss wiedersehe, merke ich sofort, dass die Stimmung zwischen uns angespannt ist.

Das Feuer, das sonst immer gelodert hat, ist zu Asche verbrannt und macht Platz für Unbehagen.

„Hey", begrüßt mich Duke kurz angebunden, ohne mir dabei in die Augen zu schauen. Mit all seiner Kraft zwingt er sich ein gekünsteltes Lächeln auf die Lippen, bevor er sich wieder von mir abwendet und schnellen Schrittes zu zwei Gästen, die sich im hinteren Teil des Heaven befinden, verschwindet.

Oh man. Noch unangenehmer geht es nicht, oder?

Damit ich nicht die ganze Zeit an Duke, unseren Kuss und diese blöde Anspannung denken muss, mache ich mich im Aufenthaltsraum für den Tag fertig und stelle mich danach hinter den Tresen, um unsere Coffee-to-go-Kunden zu bedienen.

Nach ungefähr einer halben Stunde, in der ich nichts zu tun habe, betritt ein junger Mann das Lokal, der meinen Blick magnetisch auf sich zieht.

Der Mann muss fast zwei Meter groß sein, denn er passt nur knapp durch die Eingangstür hindurch, ohne sich dabei den Kopf zu stoßen. Er hat breite Schultern, definierte Oberarme und ein Sixpack, das sich unter dem dünnen Stoff seines weißen T-Shirts abzeichnet.

Seine roten Locken kringeln sich auf seinem Kopf und erinnern mich an tanzende Flammen. Besonders fasziniert bin ich allerdings von seinen stechendgrünen Augen und den vielen Sommersprossen, die sich wie Farbkleckse über sein gesamtes Gesicht verteilen.

Ich habe keine Ahnung, woher ich diesen Mann kenne, aber irgendwie kommt er mir bekannt vor. Auch die grüne Collegejacke ruft Erinnerungen in mir hervor, nur leider werden diese noch hinter Gitterstäben gefangen gehalten.

Shit! Warum muss mich mein Gedächtnis ausgerechnet jetzt im Stich lassen?

„Hey ..." Der fremde Mann kommt grinsend vor mir zum Stehen. Sofort umhüllt mich eine Wolke aus Zimt, die mich an die Weihnachtszeit erinnert. „Ich dachte, ich schaue mal kurz vorbei – in der Hoffnung, dass du hier bist."

Oh je. Spätestens jetzt ist klar, dass sich der Mann und ich kennen.

Aber woher? Vielleicht von einer Party?

Mein Gegenüber stützt seine Ellenbogen auf der Theke ab, wodurch er mir noch ein paar Zentimeter näherkommt.

Erst jetzt, wo ich seine Augen nicht mehr nur aus der Ferne sehe, erkenne ich winzige goldene Sprenkel, die sich wie ein Sternenhimmel an dem Rand seiner Iriden säumen.

‚Wow', schießt es mir durch den Kopf.

Warum sind es immer die Männer, die solch faszinierende Augen haben? Das ist unfair!

„Also ... Wie geht es dir, Harlow?" Der Mann linst kurz auf mein Namensschild, auf dem sowohl mein Vor- als auch Nachname stehen, ehe er überrascht die Brauen hebt. „O'Brien? Heißt so nicht ein bekannter Schauspieler?"

Ich seufze, denn diese Frage wird mir jeden Tag gefühlt hundertmal gestellt – manchmal sogar von Rentnerinnen, die die Maze Runner Trilogie kennen.

„Ja, richtig", antworte ich nach einigen Sekunden. „Dylan O'Brien ist mein Bruder."

„Wirklich?!" Mein Gegenüber schaut mich so fassungslos an, dass ich lachen muss.

„Nein, natürlich nicht", zwinkere ich ihm zu. „Wir haben einfach nur denselben Nachnamen. Wäre ich mit ihm verwandt, würde ich bestimmt nicht in so einer langweiligen Stadt wie Silver Fields leben."

Daraufhin schmunzelt der Mann. Für ein paar Sekunden schaut er mir einfach nur in die Augen, ehe er plötzlich von mir wissen möchte: „Warum hast du dich eigentlich nicht bei mir gemeldet? Ich habe seit mehreren Wochen jeden Tag auf eine Nachricht von dir gewartet, aber nie ist eine angekommen."

Wie bitte?

Dieses Mal liegt es an mir, überrascht die Augenbrauen hochzuziehen. Ich spüre, wie mein Körper von nervös kribbelnden Ameisen geflutet wird, weil ich noch immer keine Ahnung habe, woher ich den Mann kenne.

Habe ich vielleicht auf Roccos Abschiedsparty mit ihm gesprochen?

Zum Glück hilft mir der Mann nur einen verzweifelten Herzschlag später auf die Sprünge, indem er mich fragt: „Ist dein Telefonbuch etwa so voll, dass du mir noch nicht schreiben konntest, Miss Autorin, oder gibt es einen anderen Grund dafür?"

Das ist der Moment, in dem sich der Nebel endlich lichtet.

Erinnerungen an meine erste Challenge mit Duke flammen vor meinem inneren Auge auf. Vor ein paar Wochen haben wir versucht, mithilfe eines Anmachspruches möglichst viele Handynummern zu bekommen.

Während Duke diese Herausforderung mit Bravour gemeistert hat, konnte ich nur eine einzige Nummer abstauben – und zwar von dem Mann, der gerade vor mir steht.

Oh Gott, wie war nochmal sein Name?

Theo? Lukas? Ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern!

Um ehrlich zu sein habe ich seine Nummer noch am selben Abend gelöscht, weil es nie meine Intention war, ihn kennenzulernen. Eigentlich dachte ich, dass er meine unernsten Absichten erkannt hätte, aber wie es scheint, war das nicht der Fall.

Was mache ich denn jetzt? Ich kann ihm ja wohl schlecht sagen, dass ich seine Handynummer nicht mehr habe, oder?

„Ähm", kratze ich mich verlegen am Hinterkopf, während ich fieberhaft nach einer Ausrede suche. Glücklicherweise muss ich auch gar nicht lange überlegen, bis ich hinzufüge: „Ich musste mein Handy leider auf Werkseinstellungen zurücksetzen und konnte dir deshalb nicht schreiben."

Innerlich klopfe ich mir selbst stolz auf die Schulter, doch nach außen hin versuche ich meinen unschuldigen Gesichtsausdruck zu bewahren.

„Na, wenn das so ist ..." Mein Gegenüber grinst mich fröhlich und irgendwie auch erleichtert an. „Ich habe kein Problem damit, dir meine Nummer ein zweites Mal zu geben. Vorausgesetzt natürlich, dass du mir dann auch schreibst."

Bei seinen Worten bildet sich ein riesiger Kloß in meinem Hals.

Normalerweise fällt es mir schwer, zu erkennen, wenn ein Mann Interesse an mir hat, doch jetzt gerade sind die Zeichen selbst für mich eindeutig.

Der Mann, dessen Name mir immer noch nicht einfallen möchte, scheint mich wirklich näher kennenlernen zu wollen – warum auch immer.

Da ich ihn nicht vor den Kopf stoßen möchte und es mir in gewisser Weise schmeichelt, dass er mich gutfindet, ziehe ich mein Handy aus der Hosentasche hervor und drücke es ihm wenig später in die Hand.

Ich weiß, dass es gemein und egoistisch klingt, aber vielleicht kann er mir ja dabei helfen, mich von meinen Gefühlen für Duke abzulenken?!

„Hier." Nach wenigen Sekunden gibt mir der Mann mein Handy zurück, sodass ich sofort einen Blick auf seine Kontaktdaten werfe.

Er hat sich als Leo mit einem Pinguinsmiley dahinter eingespeichert.

„Ein Pinguin?", erkundige ich mich neugierig bei ihm.

Leo grinst mich geheimnisvoll an. Dabei funkeln seine Augen so hell, dass man meinen könnte, Sterne würden sich hinter seinen Lidern verstecken.

Wäre ich nicht schon unsterblich in Duke verliebt, dann hätte mich Leo definitiv mit seinen Augen in seinen Bann ziehen können ...

„Was es mit dem Pinguin auf sich hat, verrate ich dir nur, wenn du gemeinsam mit mir auf ein Date gehst", raunt Leo verschwörerisch. „Meine Nummer hast du ja jetzt. Schreib mir spätestens bis morgen Abend, okay? Ansonsten sehe ich mich dazu gezwungen, dich nächste Woche nochmal persönlich an deinem Arbeitsplatz aufzusuchen."

Während mir Leo einmal zuzwinkert, breitet sich ein aufgeregtes Prickeln in meiner Magengrube aus.

Er möchte mit mir auf ein Date gehen?

Abgesehen von Valentin hat mich noch nie ein Mann auf ein Date eingeladen.

Was Leo wohl so toll an mir findet? Vielleicht meinen schlechten Anmachspruch?

Einerseits schmeichelt es mir natürlich, dass Leo Interesse an mir hat, aber andererseits weiß ich ganz genau, dass ich mein Herz an Duke verloren habe.

„Überleg es dir einfach, Harlow O'Brien." Leo stößt sich vom Tresen ab, sodass er wieder aufrecht vor mir steht. Da er fast eineinhalb Köpfe größer ist als ich, muss ich zu ihm aufschauen. „Wir sehen uns – so oder so!"

Leo zwinkert mir ein letztes Mal zu, hebt zum Abschied die Hand und verlässt dann pfeifend das Heaven. Zurück lässt er einen Gefühlswirbelsturm in meinem Kopf, der nichts anderes als Chaos anrichtet.

Leo ist bestimmt ein netter und vor allem humorvoller Mann, aber aktuell glaube ich nicht, dass ich mich auf etwas Ernstes mit ihm einlassen könnte. Solange mein Herz an Duke hängt, wird es unmöglich sein, romantische Gefühle für andere Männer zu entwickeln.

Apropos Duke ...

Als wäre ich nicht schon überfordert genug wegen Leos Auftritt, gesellt sich Duke auf einmal zu mir hinter den Tresen. Eine Mischung aus Neugierde und Skepsis verschleiert seinen Blick, als er neben mir zum Stehen kommt und wissen möchte: „Was wollte der Ginger von dir?"

„Hä?", gebe ich bloß einen unintelligenten Laut von mir, weshalb Duke mit den Augen rollt.

Ich kann ihm ansehen, dass er schlechtgelaunt und genervt ist.

Duke seufzt einmal, ehe er seine Frage präzisiert. „Was wollte der Kerl mit den roten Haaren von dir? Ihr saht ziemlich vertraut miteinander aus."

Ich hätte es nie für möglich gehalten, doch in diesem Moment schwingt ein Hauch Eifersucht in Dukes Stimme mit. Blitze zucken in seinen stahlgrauen Augen und fachen einen Tanz des Triumphes auf meiner Seele an.

Es gefällt mir, Duke eifersüchtig zu sehen, denn das signalisiert mir, dass es ihm nicht egal ist, wenn ich mit anderen Männern rede.

Obwohl Duke nicht mehr mit mir über unseren Kuss sprechen möchte, spricht sein Verhalten gerade für sich.

Duke hat etwas bei unserem Kuss gefühlt – genauso wie ich.

Zwar habe ich keine Ahnung, was genau sich derzeit in Dukes Herzen abspielt, aber ich bin mir sicher, dass die Flamme der Leidenschaft nicht nur in meinem Körper entfacht wurde.

Duke und ich haben eine ganz besondere Bindung zueinander – das scheint der Lockenkopf nun auch endlich begriffen zu haben.

Um Duke aus der Reserve zu locken – eventuell gibt er dann etwas über seinen Gefühlszustand Preis – antworte ich ihm schließlich: „Oh, das war Leo."

Sofort hakt Duke nach: „Und was wollte er von dir?" Der gereizte Unterton entgeht mir natürlich nicht.

„Er hat mich auf ein Date eingeladen", säusele ich möglichst euphorisch. „Süß, oder?"

Anders als erhofft gewinnt Dukes Eifersucht nicht noch mehr an Größe. Stattdessen legt sich ein emotionsloser Schleier über sein Gesicht, der mir eine Gänsehaut verpasst.

„Schön", murmelt Duke. „Das freut mich für dich!"

„Wirklich?", hake ich mit gerunzelter Stirn nach. Auch wenn es riskant ist, füge ich hinzu: „Wenn du nicht möchtest, dass ich mit ihm ausgehe, werde ich das Date absagen."

Ein Funken Überraschung leuchtet in Dukes Sturmaugen auf. Für ein paar Sekunden bilde ich mir ein, Hoffnung in seinem Blick zu erkennen, doch sobald er ein spöttisches Schnauben von sich gibt, kehrt die Kälte in seine Augen zurück.

Duke verschließt sich vor mir – so sehr, wie er es bisher noch nie getan hat.

Unwillkürlich legen sich Ketten aus Stahl um meinen Hals, die mir das Atmen erschweren. Je länger ich neben Duke stehe und von seinen ausdruckslosen Pupillen gefangen gehalten werde, umso unwohler fühle ich mich.

Die Sonne, die bis eben auf meiner Seele geschienen hat, hat sich zu Regen und Gewitterwolken verwandelt.

Wo ist die Eifersucht geblieben, die mir verraten hat, dass ich Duke nicht egal bin?

Jetzt gerade scheint es so, als hätte ich mir dieses Gefühl bloß eingebildet.

„Sei doch nicht albern, Harlow", lacht Duke gekünstelt. „Du kannst tun und lassen, was du willst. Mir ist es völlig egal, mit wem du auf ein Date gehst, wen du küsst und mit wem du in die Kiste springst!"

Dukes Worte fühlen sich wie Messerstiche mitten ins Herz an. Gepaart mit seiner emotionslosen Stimme türmt sich eine Welle aus Übelkeit in meinem Inneren auf.

Lügt er gerade oder sagt er die Wahrheit?

„Du bist Single!" Dukes Augen bohren sich unangenehm in meine. „Ich nicht! Ich bin mit Liana zusammen, die ich über alles liebe."

Bei dieser Aussage kann ich nicht verhindern, dass sich zwei Tränen ihren Weg an die Freiheit erkämpfen.

Ich habe das Gefühl, als würde Duke Benzin über mein Herz schütten und es danach in Flammen tanzen lassen. Der Schmerz, der dadurch entsteht, frisst sich durch meinen ganzen Körper, bis er meine Seele erreicht und diese in Millionen kleine Splitter der Enttäuschung zerfällt.

Duke liebt Liana. Nicht mich.

Diese Worte aus seinem Mund zu hören, gleicht einem Todesurteil.

Am liebsten würde ich im Erdboden versinken und nie wieder zurückkehren, doch Duke lenkt ein weiteres Mal meine Aufmerksamkeit auf sich, womit er mir die Möglichkeit auf eine Flucht wegnimmt.

„Keine Ahnung, ob ich dir falsche Signale gesendet habe, aber ich habe dich nur geküsst, um dich vor deinem psychopathischen Ex Freund zu retten. Ich habe kein Interesse an dir, Harlow. Mein Herz gehört Liana – und zwar nur ihr! Merk dir das, bevor es anfängt, weh zu tun."

Mit jedem Wort sacke ich ein kleines bisschen mehr in mir zusammen.

Auch wenn es mir peinlich ist, habe ich keine Kontrolle über meine Gefühle und muss deshalb tatenlos über mich ergehen lassen, wie die Tränen aus meinen Augen quellen und danach über meine Wangen kullern.

Gott, ich bin so erbärmlich!

Habe ich wirklich gedacht, Duke könnte etwas für mich empfinden? Wie dämlich von mir! Niemand würde sich für eine Harlow O'Brien entscheiden, wenn er stattdessen eine Liana Clark haben kann!

„Geh ruhig auf ein Date mit diesem Ginger", streut Duke noch mehr Salz in die Wunde. „Vielleicht werdet ihr ja glücklich zusammen und zeugt später viele kleine Kinder, die in dieser ungerechten Welt etwas verändern können."

Ich weiß, dass ich mir Dukes Sticheleien nicht gefallen lassen sollte, aber mein Hals ist staubtrocken. Außerdem schnüren mir die vielen Tränen, die nun unaufhaltsam über meine Wangen strömen, die Luft zum Atmen ab.

„Ich stehe euch nicht im Weg, Harlow!" Dukes Augen verfolgen eine Glasperle, die stumm über mein Gesicht rinnt. Kurz zucken seine Finger – so, als würde er die Träne auffangen wollen – doch in letzter Sekunde ballt er seine Hand zu einer Faust.

„Bestimmt tut es uns beiden ganz gut, etwas Abstand voneinander zu haben."

Das ist alles, was Duke noch sagt, bevor er mich allein hinter dem Tresen zurücklässt – weinend und innerlich gebrochen.

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