36 - Blickduell

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Chris hat mit Julia gesprochen. In dem Moment, als seine Textnachricht auf meinem Handybildschirm erscheint, bin ich dennoch zum ersten Mal in meinem Leben unglaublich erleichtert, dass ich für den Vertrieb arbeiten darf und mich nicht bei der Diktatorin aufhalten muss. Die würde mir sicher alle Gliedmassen abhacken wollen.

Meine Augen fliegen über unseren Chatverlauf.

Hey, übrigens

habe mit Julia gesprochen

Am Wochenende

:-O

Und?

Solange Emil nicht dabei ist, ist es ihr "scheissegal", was wir treiben

Okay

Und sonst war sie nicht wütend?

Nein, nicht wirklich

Den Rest, den sie mir an den Kopf geworfen hat, willst du nicht wissen...

Tut mir leid :(

Muss es nicht

Aber schade ist es schon

Was ist schade?

Emil möchte dich eigentlich wieder sehen

Oh hihi

Er hat etwas von höchstem Kissenturm der Welt geredet

Vielleicht ja später mal

Auf jeden Fall :)

Hey, Chris.

Danke. Wirklich

Brauchst mir nicht danken.

Du sollst dich bei der Arbeit wohl fühlen können

Das wäre so oder so unmöglich

Ich bin eigentlich eine geborene Sofa-Kartoffel, die gerne gar nichts tun wollen würde

XD

Wann kommst du?

18:15 Uhr

Bin gleich da

Sei bereit für mich ;)

Hahaha ok

Auch wenn mir doch noch ein bisschen mulmig zumute ist, hat mich Chris beruhigt. Er übernimmt Verantwortung und das schätze ich so sehr an ihm. Ich kann mein Glück nicht fassen. Wie kann es sein, dass so jemand wie mich so jemanden wie Chris geangelt hat?

„Hast du Lust auf ein Feierabendbier?", holt mich Patrick in die Realität zurück.

Wir stehen vor dem Gebäude unseres Arbeitgebers. Heute war wieder ein besonders erfolgreicher Tag für mich.

Schritt für Schritt komme ich meinem Ziel näher. Dabei habe ich noch über einen Monat Zeit, bis ich die Deadline erreicht habe. Mein aktueller Kontostand hat heute die 15'000er Marke geknackt!

Patrick will das zum Anlass nehmen, um mit mir anzustossen.

Seine Hände sind tief in den Hosentaschen vergraben und er blickt zu Boden. Die Lippen sind zu einer dünnen Linie geformt, denn er weiss, was meine Antwort sein wird. Wir haben mein Ziel – mittlerweile ist es unser gemeinsames Ziel – noch nicht erreicht und bis dahin muss er warten. Aber eines muss ich diesem Kerl schon lassen. Aufgeben gehört nicht zu seinem Vokabular. Er wird es immer wieder probieren.

Ich blicke ihm freundlich in die Augen.

„Nein, Patrick. Ich bin heute noch zum Eis essen verabredet. Aber danke", lehne ich sein Angebot höflich ab.

„Ich kriege also meine Verabredung wirklich erst bei Zielerreichung?", fragt er.

„Jap."

Er zieht die Schultern hoch und seufzt. „Tja, schade. Ich werde es bis zum Schluss versuchen."

„Tu das."

Wir lachen ab unserer ewigen kleinen Zankerei. Es hat sich mittlerweile zu einem Spiel zwischen uns entwickelt, wo er mir in jeglichen komischen Situationen immer dieselbe Frage stellt, auf welche meine Antwort auch immer die Gleiche ist. Es ist beinahe schon zu einem Insider zwischen uns geworden.

Patrick richtet sich seine Krawatte, die von unserem anstrengenden Tag locker von seinem Hals hängt. Ich muss zugeben, er ist von allen Verkäufern wahrscheinlich der Einzige, der mit Krawatte gar nicht mal so schlecht aussieht. Alle anderen Schlipsträger verabscheue ich. Ihn mag ich aber so allmählich.

„Ist was?", frage ich verdutzt, denn Patrick mustert mich so eindringlich, dass mir kalt wird.

Warum starrt der mich so an? Habe ich ihn angeglotzt?

„Du hast da etwas." Er beugt sich leicht zu mir vor und streckt die Hand aus. Meine Lider blinzeln aufgeregt, als er mit dem Zeigefinger über meine Wange streicht und die Hand dann wieder zu sich zieht. „Eine Wimper!"

„Achso", murmle ich und führe meine Hand an die Stelle, an welcher Patrick mich noch soeben berührt hat.

Warum prickeln meine Wangen?

„Du hast einen Wunsch frei!", sagt er und streckt mir den Zeigefinger, auf welchem meine schwarze Wimper liegt, vor die Nase. Ich schrecke mit dem Kopf etwas zurück.

„So ein Schwachsinn, Patrick." Ich winke ab, allerdings hat das zur Folge, dass mir Patrick seinen Finger nur näher ins Gesichtsfeld streckt.

„Blasen, Emma! Du musst blasen!", befiehlt er.

Ich verdrehe meine Augen. Warum steht der auf sowas? Das ist doch was für verliebte Pärchen und das sind wir definitiv nicht. Zwischen uns gibt es keine Gefühle.

„Ich werde jetzt sicher nicht auf deinen Finger pusten."

Er legt den Kopf schief. Sein Blick wird fordernder.

„Komm schon. Du kannst doch wohl noch eine Wimper von meinem Finger blasen. Es ist ja nicht so, dass ich hier was Unanständiges von dir verlange."

Das Grün in seinen Augen glitzert wie ein Smaragd und für einen Moment werde ich darin gefangen genommen. Kann mich nicht von dem mysteriösen Wald lösen, der mich ergründet, mich mit diesem faszinierenden Hauch von Hoffnung anblickt. Es ist das erste Mal seit langem, dass ich Patrick so direkt anschaue. Seine Augen haben wirklich etwas Fesselndes. Sie sorgen dafür, dass meine Beine Wurzeln schlagen wollen.

Ich will ihm antworten, will ihm einen Kommentar an den Kopf werfen, aber meine Zunge ist lahm geworden. Da richten sich seine zwei Jadesteine auf etwas, das hinter mir sein muss. Patricks Gesichtszüge verfinstern sich augenblicklich. Seine Hand mit meinem Wunsch lässt er fallen.

„Emma, da bist du ja!", höre ich Chris' tiefe Stimme, die mich endgültig aus meiner Starre herausholt.

Eine Hand schlingt sich von hinten um meine Taille und ich werde an den starken Körper meines Feuerwehrmannes gedrückt. Chris' angenehmer Geruch nach Leder umhüllt mich.

„Oh", kann ich noch sagen, da zieht er mich fester an sich, sodass sich seine Finger in mein Fleisch bohren. „Hal–"

Ehe ich mich versehe, schenkt er mir einen Kuss. Es geht so schnell, dass ich nur verwirrt blinzeln kann. Unser erster Kuss in aller Öffentlichkeit. Mit Publikum.

„–lo?" Seine weichen Lippen lösen sich von meinen.

„Hi", begrüsst mich Chris und lächelt mich an, dann wendet er seinen Blick zu Patrick und deutet mit dem Kinn auf ihn. „Und wer ist das?"

Die Frage ist eindeutig an mich gerichtet. Chris' Tonlage klingt aber abfällig, als passe ihm irgendetwas nicht. Ich löse mich aus seinen Krallen, damit ich zu Atem komme. Warum musste der mich so packen?

Da sich die beiden nicht kennen, beginne ich mit der Vorstellungsrunde.

„Chris, das ist Patrick, mein Arbeitskollege vom Vertrieb. Patrick, das ist Chris. Mein ..."

Ich zögere, denn ich weiss eigentlich nicht, was Chris für mich ist. Der Mann meines Lebens? Mein Feuerwehrmann? Mein Date? Meine Affäre?

„Freund", antwortet Chris mit einer Bestimmtheit, die mir die Haare zu Berge stehen lässt.

Hat er mir mein „Schatz" von letzter Woche also doch nicht übel genommen. Gut zu wissen, denke ich mir. Ich kann mich gar nicht so richtig über diese Tatsache freuen, denn plötzlich ist die Luft geladen. Die Männer starren sich an, als duellierten sie hier gerade um ihre Ehre.

Patrick mustert Chris von oben bis unten, seine Mundwinkel sind missbilligend nach unten gerichtet. Erst sagt er nichts, aber dann streckt er ihm die Hand entgegen. Sein abschätziger Blick versteckt er allerdings nicht. Es ist sehr deutlich, dass Patrick keine Sympathien gegenüber Chris hegt.

Was auf Gegenseitigkeit beruhen muss, denn Chris wirkt genauso wenig amüsiert über diese Begegnung, wie sein Gegenüber. Erst als er nach Patricks Hand greift und sie kräftig schüttelt, merke ich, wie angespannt Chris ist. Die zwei zerdrücken sich fast die Hände.

„Freut mich", sagt Chris und in meinen Ohren klingt das fast wie ein Knurren. Seine Muskeln am Kiefer zucken.

„Ebenfalls."

Patrick zieht seine Hand zu sich zurück und streicht sie an seiner Hose ab. Hat der etwa schwitzige Hände bekommen oder überprüft er nur, ob er noch ein Gefühl in seinen Fingern hat? So wie Chris Patricks Hand zugedrückt hat, würde es mich nicht wundern, wenn es ihm einige Knochen verschoben hat.

Chris' Körpersprache ist einschüchternd. Er hat sich neben mir aufgebaut und wirkt irgendwie grösser, als sonst. Ich kann ein Schmunzeln nicht unterdrücken, denn ich sehe ganz klar, was hier vor sich geht. Seine dunklen Augen funkeln bedrohlich.

Er lässt den Blick von Patrick ab und wendet sich mir zu.

„Und? Hast du Lust auf Eis, Schatz?", fragt er und legt seinen Arm um meine Schultern.

Das Schatz am Ende des Satzes betont er so provokativ, dass meine Augen ungewollt zu Patrick wandern, um seine Reaktion zu sehen. Der knirscht sichtlich mit den Zähnen. Chris will ihn ärgern und es scheint wunderbar zu klappen.

„Äh ja", murmle ich.

„Ich will euch nicht länger aufhalten", sagt Patrick und verabschiedet sich mit einem Kopfnicken von uns. „Geniesst ihr euer Eis. Ich freue mich auf unser baldiges Abendessen zu zweit, Emma. Bis morgen!"

Er schenkt mir dieses schelmische Augenzwinkern. Ich könnte schwören, ich hätte Chris' Knöchel knacksen gehört, denn der ballt seine Hände zu Fäusten. Leicht überfordert mit dieser Situation blicke ich Patrick hinterher, wie er sich die Krawatte wegen einer Windböe an den Körper drückt und dann um die Ecke verschwindet.

„Was für ein Penner", höre ich Chris neben mir grummeln.

Ich drehe mich zu ihm um und boxe ihn in den Oberarm.

„Hey, was sollte das? Du hast dich aufgeführt wie ein Teenager!"

Chris zuckt nur mit den Schultern und richtet sich seine schwarze Lederjacke. Seine Kiefermuskulatur ist für meinen Geschmack noch immer viel zu angespannt, sein Blick zu düster.

„Der Kerl gefällt mir nicht."

„Ach komm jetzt", stöhne ich. „Das ist nur ein Arbeitskollege."

Es war in meinen Augen überhaupt nicht nötig, so das Revier zu markieren, wie Chris das gerade demonstriert hat. Ich ahne schon, welch dummen Kommentare ich mir morgen von Patrick wieder anhören darf. Was für ein Idioten ich mir da denn geangelt habe, et cetera und blablabla.

„Da ist irgendwas faul an dem. Die Art, wie der dich angeschaut hat."

Chris verschränkt die Arme vor sich und kneift die Augenbrauen zusammen. Wenn ich es nicht besser wüsste, dann würde er mir mit seiner Körpersprache genauso Respekt einflössen, wie er es eben mit Patrick getan hat. Ich lege meine Hand besänftigend auf seine verkrampften Arme.

„Chris."

„Was denn?"

Seine dunklen Kaffeebohnen richten sich auf mich, aber werden augenblicklich eine Note heller.

„Patrick ist harmlos", versichere ich ihm, denn mittlerweile denke ich das tatsächlich von meinem Arbeitskollegen. Der hat sich die letzten Wochen sehr kooperativ gezeigt. Ich habe keinen Grund mehr, einen Groll auf ihn zu hegen.

Chris schüttelt allerdings den Kopf.

„Der sieht nicht harmlos aus. Der sieht eher nach der Sorte Typ aus, der zu weit gehen würde, wenn ihm die Gelegenheit gegeben wird."

Ich schaue ihn ungläubig an. Besser ich verrate ihm jetzt nicht, wie weit Patrick bei mir schon einmal gegangen ist. Dass es tatsächlich fast passiert ist. In Patricks Bett. Chris würde nicht verstehen und es sicherlich nicht gutheissen, dass ich mit dem Kerl, der sich betrunken auf mich gestürzt hat, jeden Tag zusammenarbeiten muss.

„Ach was", sage ich und winke ab.

„Was meinte der eigentlich mit Abendessen zu zweit?", hakt Chris nach und senkt den Kopf, um nach meinem Blickkontakt zu suchen.

Ich weiche seinen forschenden Augen aus, denn das ist mir jetzt mehr als unangenehm. Diese kleine Nebensache, in die ich mich selbst reingeritten habe. Seufzend versuche ich ihm den Hintergrund dieser Tragödie zu erklären:

„Das ist so eine Abmachung, die wir getroffen haben. Dafür, dass er mich beim Verkaufen so tatkräftig unterstützt, gehe ich mit ihm abendessen. Es ist schon so lange her, seit wir die getroffen haben ... und ...", stottere ich.

Chris kneift die Augenbrauen zusammen und mahlt mit dem Kiefer. Diese Information scheint ihn nicht zu erfreuen.

„Nur du und er?", bohrt er weiter.

Ich schlucke leer und nicke.

„Ja. Es ist bloss ein Essen unter Kollegen. Und das tun wir auch wirklich nur, wenn ich mein Verkaufsziel erreicht habe. Tut mir leid ...", entschuldige ich mich, denn jetzt fühle ich mich schuldig, als hätte ich ein Verbrechen begangen.

Mir wird es immer unangenehmer. Dieses doofe Date, das ich verhandelt habe, bevor die Dinge mit Chris ernster wurden, kann ich nicht zurücknehmen. Deal ist Deal. Dennoch kann ich Chris' Unmut nachvollziehen. Ich fände es auch nicht toll, wenn er mit irgendeiner Gans abendessen gehen würde.

Er schaut mich lange an.

„Okay", sagt er dann, was meinen Kopf in die Höhe jagen lässt.

Wie okay?

Chris' Gesichtsausdruck entspannt sich. Er lächelt mich an, was meine Verwirrung nur vervielfacht. Will er mir jetzt keine Eifersuchtsszene bieten? Ich wollte mich schon darauf gefasst machen, aber Chris bleibt ruhig. Die ganze Anspannung von vorhin ist plötzlich wie weggeblasen.

„Bloss ein Abendessen unter Kollegen, um deinen Erfolg zu feiern. Alles klar", wiederholt er meine Aussage.

Ich blinzle ihn perplex an.

„Stört es dich also nicht?", hake ich nach, denn sein Verständnis verwirrt mich. Sowas kenne ich nicht.

Er seufzt.

„Doch, natürlich stört es mich. Aber ich habe mich nicht einzumischen. Ich vertraue deinem Wort und ganz besonders deinen Taten, Emma", antwortet er und zieht mich an der Hand näher zu sich heran.

Ich lehne meinen Oberkörper an seinen und blicke zu ihm hoch. Es gefällt mir, wie es ihm nichts ausmacht, in aller Öffentlichkeit seine Zuneigung mir gegenüber zu zeigen, als seien wir ein echtes Pärchen.

„Tu mir einfach einen Gefallen, ja?", fügt er an.

Mein Kopf hört ihm kaum noch zu, denn alles, was ich registriere, sind seine endlos weichen Lippen, die so nahe sind, dass ich deren Geschmack beinahe schon kosten kann – kosten will.

„Welchen?", hauche ich meine Frage.

„Wenn der dich anmachen sollte, trittst du ihm in die Eier."

Ich muss laut auflachen.

„Nach deiner kleinen Machtdemonstration hier wird er das sicherlich nicht mehr wagen", sage ich und stehe auf die Zehenspitzen, um meine Lippen auf seine zu drücken.

„Das will ich doch hoffen", raunt er in den Kuss hinein.

✵✵✵

Hallo allerseits

So, die beiden Herren haben sich nun endlich persönlich kennengelernt. Keine Liebe auf den ersten Blick, wie es scheint ;)

Hiermit möchte ich nochmals eine kleine spicy-Warnung für das nächste Kapitel abgeben, selbst wenn ich damit die Hanldung spoilere:

Kapitel 37 wird wieder recht explizit. Wer das nicht mag, überspringt das Kapitel bitte einfach.

Hab euch lieb!

Eure Fleur

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