- 4. Kapitel -

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

Die Frage hallte in meinem Kopf wider und schnürte mir abermals meine Brust zu. Auf ihr folgte die Antwort, welche sich einen Weg in meine Gedanken bahnte und doch vor Harry verborgen blieb.
Ich konnte ihm nicht erzählen, dass ich ihn angelogen hatte und was letzte Nacht wirklich geschehen war.
Mein schlechtes Gewissen brachte mich noch um den Verstand. Mühsam presste ich die Lippen zusammen und blieb regungslos auf dem Sofa sitzen.

Einen Moment war es still. Zumindest solange, bis Harry sich rührte und den Schlüsselbund auf dem Glastisch ablegte, welcher ein klirrendes Geräusch von sich gab.
„Louis, du weißt, dass ich Lügen nicht ausstehen kann!", machte er mir klar und sog geräuschvoll die Luft ein.

Seine Augen bohrten sich in mein Gesicht, doch sah ich stur zu Boden und machte keine Anstalten ihm zu antworten.
Ich hörte meinen Herzschlag in meinen Ohren pochen. Es war ein Kampf mit Worten, welche meinen Mund verlassen mussten und wollten.
Doch ich hielt sie zurück. So lange, bis ich die Niederlage meiner Selbstbeherrschung einsteckte und leise durchatme: „Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht anlügen, aber ... Aber ich konnte nicht anders. Du weißt nicht, wie es ist, wenn man eine Sache mehr als alles andere bereut, aber es nichts ändert. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich dafür hasse!"

„Wofür?", fragte Harry bemüht ruhig nach, doch spürte ich sofort seine Angst.
„Als ich gestern in diesem Club war ...", fing ich an und knetete meine Hände, um das Zittern meiner Finger zu verstecken.
„Ich habe jemand kennengelernt. Wahrscheinlich ist das sogar zu viel gesagt. Ich kenne nicht einmal ihren Namen ... Vielleicht hat sie ihn genannt und ich habe ihn wieder vergessen, vielleicht aber auch nicht. Ich weiß es nicht mehr. Ich weiß nur, dass sie auf mich zu kam und ..."

Meine Stimme brach ab. Ich schluckte schwer. Ein Schluchzen drang in meine Kehle und schnürte mir die Atemwege zu.
„Nicht jetzt", flehte ich im Stillen. Es reichte schon aus Harry von dieser Nacht zu erzählen. Heulend in seine Arme zu sinken, hätte die Sache nur noch schlimmer gemacht. Ein bisschen Stolz trug ich auch nach dieser Tat noch.

„Ihr habt euch geküsst?", fragte Harry weiter nach. Seine Stimme klang geduldig, hatte fast etwas Therapeutisches.
Es beruhigte mich zu wissen, dass er selbst darauf kam und nicht sofort ausflippte. Doch da es nicht bei einem Kuss geblieben war, konnte sich sein Verständnis schnell ändern.
Das entscheidende Wort verließ meine Lippen, während ich noch immer auf dem Sofa saß und mit leeren Blick zu Boden starrte: „Auch..."

„Auch?", forschte Harry nach und sah mich so durchdringend an, dass der Blick selbst im Augenwinkel die Wirkung hatte, die er sollte.
„Verdammt!", entfuhr es mir, während ich mir durch das Gesicht fuhr. Im selben Moment zuckte ein Blitz durch den Raum und ließ uns beide zusammenfahren.

Er erhellte das Wohnzimmer, er erhellte Harrys entsetzte Blicke, den leise vor sich hinspielenden Plattenspieler, die Bilderrahmen im Regal, welche uns alle zusammen zeigten und auf welchen Eleanor ebenfalls verewigt worden war und er erhellte die Wahrheit über diese Nacht, die im Raum schwebte und für immer da sein würde.

„Ich war durch und betrunken und dann bin ich mit ihr mit gekommen. Wir sind zu ihr gefahren und ...", sprudelte es aus mir heraus, als hätte dieser Satz nur darauf gewartet das Tageslicht zu erblicken.

„Sag mir, dass das nicht wahr ist!", entgegnete Harry ungewöhnlich laut und erhob sich schwungvoll. Noch immer den Mantel tragend, begann er auf und abzugehen. Immer und immer wieder dachte ich, er würde etwas sagen wollen, doch scheinbar fand er nicht die richtigen Worte.

„Weißt du eigentlich, was du Eleanor damit angetan hast?", fragte er schließlich nach und verharrte.
Er sah zu mir herunter und fuhr sich durch das Gesicht. Bei ihm hatte ich noch die größte Hoffnung gehabt, dass er mich verstehen würde, doch diese wurde mir nun wie alles andere auch noch genommen.

„Ja man, ich weiß!", zischte ich wütender, als geplant und verspürte den Drang ebenfalls aufzustehen.
Doch meine Beine hingen schlaff und nutzlos vom Sofa und würden kaum mein gesamtes Gewicht tragen können.

„Ihr wart doch so glücklich", hauchte Harry irgendwann in die Stille hinein. Seine Fassungslosigkeit war ihm deutlich im Gesicht geschrieben. „Und jetzt machst du einfach alles kaputt? Ich dachte echt, du hättest aus deinen Fehlern gelernt, Louis!"

Wieder kehrte Stille ein. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Er hatte recht. Ich hatte alles, was wir uns über Jahre aus Kummer und Glücksgefühlen aufgebaut hatten, kaputt gemacht. Aber was sollte ich darauf erwidern?

„Hast du ihr am Telefon gesagt, dass ich hier bin?", fragte ich auf einmal nach, um auf seine Aussagen nicht antworten zu müssen.
Ich schämte mich dafür, dass ich es nicht einmal schaffte ihren Namen laut auszusprechen.

„Natürlich habe ich das!", meinte Harry barsch und verschränkte seine Arme vor der Brust.
„Oder glaubst du, ich lasse sie unwissend zurück, wenn sie sich solche Sorgen um dich macht? Sie dachte, dir wäre sonst was passiert!"
Seine verständnisvolle Art hatte sich endgültig verabschiedet und zurückblieb nur noch Enttäuschung und Wut, die ich beide schon genug gegen mich selbst hegte.

„Scheiße, wenn sie weiß, dass ich hier bin ...", sprach ich meine Gedanken laut aus und geriet ins Stocken.
Bei dem Gedanken, dass sie hier an der Tür klingelte und auf meine Erklärung wartete, wurde mir ganz übel.
„Harry, du musst mir helfen", flehte ich meinen besten Freund an und schaffte es endlich mich zu erheben. Hilflos blieb ich stehen und schenkte ihm bittende, auffordernde Blicke.

„Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich dir auch noch dabei helfe?", fragte Harry jedoch ironisch nach und schnaubte verächtlich.
Aus irgendwelchen Gründen erkannte ich ihn kaum wieder. Normalerweise war er immer auf der Suche nach Harmonie.
Doch eine Eigenschaft hatte er schon immer gehabt: Er war auf der Seite der Schwächeren.
Und in diesem Fall schien sein Mitleid zu Eleanor größer zu sein, als das Verständnis zu seinem besten Freund.

„Man, du tust so, als hätte ich jemanden ermordet! Glaubst du etwa, mir geht es gut damit?", schrie ich nun fast, wobei ich wusste, dass er meine Wut nicht verdient hatte.
Dennoch war sie da und nicht mehr zu zügeln.

„Du hast dir das alles eingebrockt, also sehe zu, wie du mit den Konsequenzen klarkommst!", entgegnete Harry kälter, als ich es ihm zugetraut hätte.
Ich sah ihn fassungslos an. Das war verdammt noch mal nicht fair von ihm. Waren Freunde nicht dafür da, um sich in schwierigen Situationen zu unterstützten?

„Du bist so scheiße!", platzte es irgendwann aus mir heraus. Ich lief um den Sessel herum zur Tür und verließ den Raum. Bevor ich zur Haustür stürzen konnte, griff ich die Wohnzimmertür und schlug sie so stark ins Schloss, das sie begann zu klirren.
Vor meinem geistigen Auge sah ich, wie Harry darüber erschrocken zusammen zuckte, sich verzweifelnd durch die Haare fuhr und es ihm alles andere als gut ging.

Doch das war mir gleich. Zielstrebig lief ich in den Flur und erreichte kurze Zeit später die Haustür, die mich von dem tobenden Unwetter trennte. Doch bevor ich die Klinge herunterdrücken und in den Regen laufen konnte, stockte ich. Vielleicht war ich sauer auf Harry. Vielleicht wollte er mir nicht helfen. Und vielleicht war das auch sein recht.
Aber dennoch sollte ich wohl dem Gefühl nachgehen, dass ich jetzt nicht alleine sein wollte.

Der Gedanke einsam in meinem Haus zu sitzen, zu warten, bis Eleanor anrief oder Harry sagte, dass sie bei ihm geklingelt und nach mir gefragt hatte, war unerträglich.
Ich biss auf meine Lippe, machte kleinlaut kehrt und verschwand im Gästezimmer, in der Hoffnung das mir wenigstens Harry verzeihen würde.

In der Dunkelheit und nur das Geräusch des Regens in den Ohren lag ich eine ganze Weile auf dem Bett und regte mich nicht.
Da ich die Vorhänge zu gezogen hatte, sah ich keinen Unterschied zwischen meinen geöffneten und geschlossenen Augen. Es war alles stockdunkel. Sowohl um mich herum, als auch in meinen Inneren.

Die Stimmen unseres Streites kreisten noch immer durch meinen Kopf und so übertönte ich sie mit Musik.
Ich nahm mein Handy, stellte es schnell in den Flugmodus, strich die Nachrichten beiseite, die neu dazu gekommen waren, rief mir im Stillen „Feigling" zu und machte Musik an.
Da ich keine Kopfhörer dabei hatte und Harry nicht unter die Augen treten wollte, ließ ich sie leise neben mir laufen.

Doch desto mehr ich mich auf sie konzentrierte, je mehr verlor ich mich in ihr.
Irgendwann machte ich sie lauter, ohne es zu merken, bis sie schallend und klar den Raum erfüllte und bis zu Harrys Ohren reichen müsste.
Zuerst war es laute und wilde Musik.
Musik, die meistens Liam hörte, wenn es ihm nicht gut ging. Oft hatte sich Zayn ebenfalls diesem Musikgeschmack angeschlossen, während wir anderen nicht viel damit anfangen konnten.
Doch heute brauchte ich etwas Lautes, etwas Wütendes, etwas Wildes.

Ich kannte nicht einmal die Titel der Lieder, geschweige denn die Interpreten, doch ließ ich sie in mein Ohr schallen, bis meine Gedanken ruhiger wurden.
Mit meinen Gedanken wurde auch die Musik ruhiger, die irgendwann in meine persönliche Playlist überging, die ich immer dann hörte, wenn ich allein war und Zeit für mich brauchte.
Desto ruhiger und trauriger die Songs wurden, je mehr verflog die Wut in mir und zurückblieb einzig und alleine eine Leere.

Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war.
Mein Magen knurrte und schrie nach Essen. Doch ich ignorierte seine Schreie und übertönte sie mit der Musik.
Erneut dachte ich eine Kette aus verschiedensten Gedanken, als es plötzlich an der Tür klopfte. Zaghaft. Unsicher.

Vermutlich hatte Harry sich schon zuvor vor die Tür gestellt und versucht seine Hand dazu zu überreden zu klopfen.
Nur hatte er es offensichtlich erst jetzt geschafft. Ich gab keinen Mucks von mir.
„Louis?", fragte Harrys von der Tür gedämpfte Stimme nach.

Ich löste meinen Blick von der Zimmerdecke und drehte mich zur Wand um, bevor er hereintreten konnte. Gerade noch rechtzeitig, wie sich herausstellte. Denn im nächsten Moment ging bereits die Tür auf und die Deckenbeleuchtung wurde angestellt.
Ich blieb schützend zur Wand gedreht liegen, sodass Harry unwissend darüber war, ob meine Augen offen oder geschlossen waren.

Er murmelte etwas in den Raum, das von der Musik verschluckt wurde.
Da ihm das scheinbar auch Bewusst war, kam er auf das Bett zu gelaufen und stellte die Musik aus. Er stand hinter mir. Ich hielt den Atem an.
Auf meinem Gesicht klebte der Rest aus salzigen Tränen und meine Augen mussten so verheult aussehen, als hätte ich eine Nacht nichts anderes getan.
Ich wollte nicht, dass er mich so sah. Keiner sollte mich jetzt sehen.

Beruhigt atmete ich aus, als er sich wieder von dem Bett entfernte und irgendwo hinter mir zum Stehen kam.
„Es tut mir leid, dass ich so unfair zu dir war. Ich weiß, was du gerade durchmachst!"

Am liebsten hätte ich mich umgedreht und meine Meinung darüber gesagt.
Harry hatte keinen blassen Schimmer, wie es sich anfühlte, wenn man sich sein ganzes Leben verbaute. Er war viel zu sensibel und moralisch, um in eine solche Situation zu geraten.

Gerade als ich diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, sprach Harry weiter: „Und ich weiß auch, dass du mir diese Worte nicht glaubst, weil du das Gefühl hast, dass dich niemand auf dieser Welt versteht. Aber du sollst wissen, dass ich für dich da bin!"
Ich wusste nicht, ob es an meiner Überforderung oder doch an meiner Übermüdung lag, doch ließen seine Worte erneut Tränen in meine Augen steigen.

„Ich stehe vielleicht nicht hinter deinen Taten, aber immer noch hinter dir, Lou", hauchte Harry nun fast und wartete scheinbar auf eine Antwort.
Einige Zeit war es still. Ich starrte die Tapete an, verfolgte ihre Skizzierungen. Harry hatte sich entschuldigt. Jetzt war ich an der Reihe. Nur brachte ich noch immer kein Ton heraus.

Irgendwann ertönte hinter mir ein Seufzen. „Wenn du noch Hunger kriegst, gehe ruhig an den Kühlschrank. Und wenn du reden willst oder Gesellschaft brauchst, dann weißt du ja, wo du mich findest ... Und damit du dich nicht wunderst: Morgen Vormittag wollte Liam noch einmal vorbeischauen."

Ich ließ die Worte auf mich einprasseln und ignorierte die stille Aufforderung zu antworten.
Vielleicht würde mich ein Ausstehender dafür verachten, dass ich seine Gastfreundschaft nicht annahm und ich unhöflich war.
Doch wer soeben seine Liebe des Lebens aus eigener Schuld verloren hatte, würde vielleicht verstehen, dass diese Sachen keine Präsenz mehr hatten.

„Ich mache mir Sorgen", führte Harry sein Selbstgespräch weiter und hoffte dadurch meine Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich verfolgte die Linien an der Wand, die ein Muster bildeten, ehe sie wieder in ein schlichtes Weiß übergingen. „Du musst mit Eleanor reden, ob du willst oder nicht. Das bist du ihr schuldig"

Ich zuckte zusammen. Das war meine erste Reaktion, die er von mir bekam, während ich in seinem Gästebett lag und ihm nichts als meine Ignoranz zurückgab.
„Verpiss dich!", drang es aus meiner Kehle und hinterließ ein bitteres, entrüstetes Kratzen in meinem Hals.

Ich rollte mich weiter zusammen, zog meine Beine an. Mein Kopf schien noch ein Stück weiter ins Kissen zu sinken, während neue Tränen die alten überdeckten, meinen Nasenrücken herunterliefen und an meinen Mundwinkeln vorbei geräuschlos auf das Kissen fielen.
Er war wieder da. Ich schmeckte ihn ganz deutlich. Der salzige Geschmack aus Tränen und Fehlern.

Ich wusste nicht, was Harry tat, wie er sich fühlte, was er dachte oder sagen wollte. Ich wusste nur, dass irgendwann das Licht ausging, die Tür geschlossen wurde und mein schlechtes Gewissen begann gnadenlos auf mich einzuschlagen.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro