7- "Was man nicht für Frauen tut."

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"Herbstgeister: Herbstgeister sind in der Regel körperlose Wesen, die sich von den Schuldgefühlen von Menschen ernähren. [...] Ihren Namen verdanken sie ihrem häufigen gruppenartigen Vorkommen in hochstehenden Feldern, kurz vor der Ernte. Sie locken ihre Opfer mit Fragen über deren traumatischen Erlebnisse bis hinunter in ihre unterirdischen Grotten. [...] Herbstgeister sind nicht domestizierbar, werden aber hin und wieder als eine Art Wachhund von Genträgern verwendet. [...]" 

(Hillows Ausgabe von Professor Samun Hunts "Über Magische Lebewesen" S. 133 mit Randgekritzel: 'Nacats Boxenlabyrinth')

✥✥✥

          Ich war in meinem Leben noch nie so lange alleine gewesen. Erst begleitete mich Garcy und eine ganze Stadt voll Menschen, deren Aufmerksamkeit ich fürchtete. Dann Amila und Maze und eine ganze Schule, deren Aufmerksamkeit ich mir wünschte. Und zum Schluss Calean und der Zirkus.

Doch wenn ich in den Wald vor mir hineinsah, dann war ich das erste Mal allein. Niemand wanderte auf dem steinernen Weg, um den sich die Bäume herumbogen. Keiner störte den Schnee vor mir oder auf den knochigen Ästen.

Der Bural Wald. Ohne Lebewesen war er zeitlos. Als würden Echos aus der Zukunft und der Vergangenheit einander jagen, in vergebenen Versuch die atemlose Stille zu füllen.

Ich streckte mich und knackte mit den Fingern. Sollte ich nur ein einziges Echo dort drinnen finden, das nicht zu meiner Stimme passte, würde dieses Abenteuer abgebrochen werden. Außerdem sahen die Bäume... platziert aus. Nicht gepflanzt- dafür waren sie zu alt und verwurzelt- aber gleichzeitig... magisch.

Ich kniff die Augen zusammen. Und wenn sich nur ein einziger Baum bewegte-...

Nichts. Der Wald vernahm meine wortlose Drohung und verhielt sich vorbildlich, wie ein natürlicher Wald es tun würde.

Rein ging ich trotzdem noch nicht. Stattdessen hockte ich mich im Schneidersitz auf seine Schwelle und schloss die Augen. Bewusst atmete ich die Kälte des Schnees ein, konzentrierte mich auf die zarte Berührung des Windes auf meiner Haut.
Ich verbannte Garcy aus meinem Kopf. Ließ den Wind sie forttragen. Maze, Hillow und Calean folgten einige Herzschläge später.

Nacat sperrte ich mit mehr Gewalt aus. Seine Pläne für die Zukunft würden nicht umgesetzt werden, wenn mir das hier nicht gelang. Dann hatte ich genug Zeit, um mir über andere Dinge Sorgen zu machen.
Jetzt brauchte ich mehr Ruhe.

Konzentriert presste ich meine Fingerspitzen aneinander, wie ich es bei dem Gedankenleser aus Nacats Zirkus gesehen hatte und tat einen letzten Atemzug.
Nyam. Ich wusste nicht warum, aber aus irgendeinem Grund machte ich meine Stimme in meinem Kopf tiefer. Und außerdem hallte sie. Ich weiß, wo Prinzessin Lyanna ist.

Stille antwortete mir. (Ich hatte dem Wald ja den Mund verboten). Ungeduldig wartete ich darauf, dass Nyam sich in meinem Kopf zeigen würde, wie er es zuvor getan hatte.
Vielleicht hatte ich einen ungünstigen Zeitpunkt erwischt?

Die Prinzessin hieß doch Lyanna, oder?

Vorsichtig öffnete ich ein Auge und spähte auf die Schneelandschaft vor mir. Ich wusste nicht, warum ich erwartet hatte, dass ich irgendwelche Veränderungen finden würde. Aber da war genauso wenig, wie in meinem Kopf.

Ich war immer noch alleine. Und mein toller Plan, den ich mit so viel Energie gegen Calean verteidigt hatte, scheiterte.
Nur wegen diesem blöden Halbel-

Gib mir zwei Tage und ich treffe dich auf der ersten Lichtung, zu der dich der Bural Pfad führen wird.'

Ich zuckte zusammen, als hätte er mir von hinten auf die Schulter getippt.
Bural Pfad? Was war der-...

Nyam seufzte und eine Welle der endlosen gelangweilten Ungeduld schwappte von seinem Ende zu mir herüber. Ich verspürte prompt das Bedürfnis, mit den Augen zu rollen.
‚Der Weg hinter dir.'

Oh. Danke. Ich drehte mich zu dem steinernen Weg um. Eigentlich war dieser Treffpunkt meine Idee gewesen. Ein Wald, in dem wir definitiv nicht gestört werden würden. Ein Ort, an dem das Netz der alten Magie so ungleichmäßig verteilt war, dass Nyam sich kaum auf seine übernatürlichen Kräfte verlassen könnte.

Aber wie ich zwischen die Bäume spähte, bekam ich eine grobe Vorstellung, warum die Magie ungleichmäßig verlief. Hier wartete etwas anderes, Mächtigeres. Und ich hatte beschlossen einen Halbelfen in seinem Wohnzimmer zu bestehlen.
Für Garcy. Und für Hillow und Calean.

Mühsam befreite ich mein Bündel mit Proviant vom Schnee und warf es mir über die Schulter. Vor mir breitete sich der gewundene Pfad aus, einladend und hell. Es wäre zu schön, wenn er so bleiben würde, nicht wahr?

Zögern brachte nichts mehr. Nacheinander setzte ich einen Fuß vor den anderen. Meine Gedanken auf das kommende Treffen konzentriert. Was ich mit der Waffe anstellen würde, wenn ich sie erst einmal hatte, war etwas anderes.

‚Du kannst sie nicht gegen Nacat verwenden', hatte Calean gesagt. Aber...wie gefährlich konnte das schon sein?

✥✥✥

Ich träumte von Garcy, wie sie lachend über ein Feld rannte und Irrlichter jagte. Wir hatten einen Wettbewerb, wer mehr von ihnen in einem Glas fangen könne. Ich war heillos unterlegen, weil ich mit meinem einen Augen sinnlos in der Luft herum ruderte, als einem einzigen Irrlicht zu nahe zu kommen.

Im Mondschein hielt Garcy inne, ihre weißen Haare von einem unsichtbaren Wind bewegt.
„Wenn ich gewinne, wirst du mich leben lassen? Oder muss ich wie alle anderen sterben?"

Ich wusste, wovon sie sprach, weil es mein Traum war. Ich wusste auch, dass ich träumte und dass ich ausgerechnet davon träumte, weil ich mich in den wachen Stunden weigerte, über diese Entscheidung nachzudenken.

„Wenn ich die Waffe habe, werde ich einen Weg finden, dem Wunschdomteur das Handwerk zu legen", erwiderte ich, weil das der Satz war, den ich mir seit Tagen einredete. Ich würde einen Weg finden, wie alle überleben würden.

„Maze hätte ihm die Magie entziehen können", gab Traum-Garcy unschuldig zurück, „Calean hätte einen guten Plan gehabt, wenn du dich nur für ein Opfer entschieden hättest. Dann würde ich leben und niemand wäre in Gefahr."

Urgh. In solchen Momenten hasste ich mein Unterbewusstsein.
„Ich will niemanden opfern. Ich will, dass alle überleben."

Traum-Garcy blinzelte langsam und entließ zwei Irrlichter aus ihrem Glas in den sternenbehangenen Himmel.
„Sidra und Amila sind bereits tot", enttäuscht sah sie in ihr Glas hinein, „Wie viele von ihnen willst du noch hergeben, bevor du eine Entscheidung triffst?"

Ich erwachte, schwer atmend und mit schwarzen Locken auf meiner Stirn klebend. Die Lichtung um mich herum drehte sich, als würden die Bäume tanzen, obwohl ich es ihnen definitiv verboten hatte.
Desorientiert richtete ich mich auf, eine Hand gegen meinen hämmernden Schädel gepresst.

Ich saß am Fuß eines Baumes, zwischen zwei großen Wurzeln. Und wenn ich nur lange genug auf das Moos vor meinen Füßen starrte, dann wurde alles um mich herum ruhiger. Niemand bewegte sich hier draußen, außer mir. Nicht einmal Schnee war in das Innere des Waldes gefallen.

Hier hatten die Sträucher Blätter und einige Blumen sogar Blühten. Die Luft war milde und machte mich unkonzentriert und träge. Kein Geräusch, außer meinem heftigen Atem, wanderte zwischen den Ästen hindurch.

Immer noch schwindelnd, kam ich auf die Beine, eine Hand haltsuchend nach dem Baumstamm ausgestreckt. Das war kein normaler Traum gewesen. Irgendetwas hier draußen spielte mit mir.
Meine Erinnerungen wanderten zurück zu den Stimmen in Mr. Nacats Abstellraum und den Dingen, die sie mir zugeflüstert hatten.

„Du hast uns niemals besucht."

Mit Ruck fuhr ich zu der Kinderstimme herum, sicher, dass ich immer noch träumte. Meine Augen fanden ein kleines Mädchen in heruntergekommenen Straßenkleidung, mit bloßen Füßen im Moos. Blut quoll aus tausend Wunden, die lange versiegt sein sollten.

Ich musste mich übergeben, ehe ich die Chance hatte, mich wegzudrehen. Es war das Mädchen, das ich umgebracht hatte.

„Du erinnerst dich an sie?", lautlos glitt sie näher auf mich zu, bis sich jedes meiner Nackenhaare aufstellte, „Man nennt uns Herbstgeister."

Keuchend wischte ich mit dem Handrücken über meinen Mund. Ich hatte von Herbstgeistern gehört. In meiner Stadt warnten die Feldwirte einander vor den geisterhaften Stimmen, die sich in deinen Ohren einnistete. Normalerweise blieben sie allerdings gestaltlos. Sinnlos in meinem Fall, weil ich das kleine Mädchen niemals sprechen gehört hatte.

„Normalerweise leben wir von deinen vergangenen Schuldgefühlen", nickte das Mädchen, jetzt mitten in der Lichtung. Wenn ich mich nur stark genug konzentrierte, sah ich ihre unscharfen Konturen und die winzigen Fehler in ihrem Gesicht. Dinge, an die ich mich nicht gut genug erinnerte, als dass sie daraus ein Bild konstruieren konnte.

Unbewegt starrte sie mich an.
„Du hast deine Eltern getötet, um Garcy zu retten. Du hast Garcy zu einer Waise gemacht und von der Welt weggesperrt. Vorzügliche Erinnerungen, die verblassen gegenüber der Schuld, die du noch auf dich laden wirst-...", sie leckte sich über ihre Zähne, „Du könntest damit einen ganzen Clan meiner Sorte für mehrere Monate ernähren."

Ihr hoffnungsvoller Ausdruck, ließ mich mit den Kiefern knirschen.
„Ich habe noch keine Entscheidung getroffen!", fuhr ich sie an, „Du kannst unmöglich wissen-..."

„Es macht keinen Unterschied", zwitscherte das Mädchen dazwischen, „Ob du deine wehrlose Schwester ihrem Schicksal überlässt, oder einen Großteil der Menschheit verdammst, du wirst nicht mit dir leben können."

Und genauso schnell, wie er gekommen war, verpuffte mein Ärger auch wieder.
„Du hast recht." Ich würde nicht mit mir leben können. Garcy war für Jahre alles gewesen, wofür ich gelebt hatte. Die Schuld dieser Entscheidung, von meinen Händen zu waschen, würde mein ganzes Leben brauchen. Und länger.

„Warum beendest du es nicht gleich?"
Ich hatte nicht bemerkt, wie das Mädchen näher an mich heran gerauscht war, einen eifrigen Ausdruck in ihren Augen, „Ich könnte dir dabei behilflich sein. All deine Sorgen von dir nehmen."

Die Haare fielen vor mein Gesicht, als ich den Kopf nach vorne fallen ließ. Ihr Schatten gab mir einen winzigen Moment alleine mit meinen Gedanken zu sein. Auch, wenn ich das nicht wirklich war. Niemals frei in meinem Kopf.

„Du würdest Calean einen sauberen Abschluss geben", schlug das Mädchen dicht neben meinem Ohr vor.

Sie erschreckte mich so damit, dass ich versehentlich durch sie hindurch wischte und sie sich einige Schritte von mir entfernt neu materialisieren musste. Ich schüttelte den Kopf.
„Wenn ich aufgebe, wird niemand Mr. Nacat aufhalten. Oder Calean in den Hintern treten, wenn er-..."

Niemand wird den Zirkusdirektor aufhalten!", heulte das Mädchen auf und stürzte auf mich zu, dass ich in meinem Versuch, ihr auszuweichen, auf dem Po landete. Ihre Zähne verformten sich zu spitzen Krallen, die kurz vor meinem Gesicht in die Luft schnappten.

Schützend riss ich die Arme hoch, doch sie war bereits über mir.
„Sie alle werden sterben wegen dir! Weil du nicht-..."

Ein Ast schwang durch ihre Erscheinung hindurch und verwischte das Mädchen wie ein Bild aus Nebel. Sie zischte und fauchte, doch als wir beide einen Blick auf denjenigen erhaschten, der sich hinter ihr aufgebaut hatte, verflüchtigte sie sich in dünne Luft.

Calean atmete schwer, als wäre er mit dem Knüppel in der Hand durch den ganzen Wald gesprintet. Seine Augen waren weit aufgerissen und die Haare zottelig.
„Hat sie dich berührt?"

Warum war er hier? Er hatte es mehr als deutlich gemacht, dass er mir hierbei nicht helfen würde. Dass ich das hier alleine durchstehen musste. Warum war er also immer da, wenn ich in Schwierigkeiten geriet?

„Gwinn!", er schnippte vor meiner Nase in die Luft, wie ein ungeduldiger Lehrer, „Hat sie dich berührt?"

Etwas benommen griff sich seine ausgestreckte Hand und ließ mich auf die Füße ziehen.
„Nein." Der Herbstgeist würde nicht für mich zurückkommen.

„Gut, dann hab ich ja genug Zeit, dir den Kopf zu waschen. Bist du vollkommen übergeschnappt?", seine Hände fanden meine Schultern und er begann mich zu schütteln, bis meine Zähne aufeinander schlugen, „Du bist alleine in den Bural Wald gegangen? Hat dir niemand beigebracht, dass-..."

„N-Nein", unterbrach ich ihn und seinen Anfall von Beschützerinstinkt. Mir hatte sowas niemand gesagt, weil ich nicht in einer verdammten Schule aufgewachsen war. Und der Bural Wald lag weit genug von meiner Heimat entfernt, dass sich die Städter nicht über seine Gefahren unterhielten.

Ertappt ließ er mich los und brachte mit einem ungemütlichen Räuspern zwei Schritte Platz zwischen uns. Seine letzten Worte an mich, bevor ich gegangen war, kehrten zu mir zurück, hingen zwischen uns wie der Schatten meines schlechten Traums. Eigentlich hatte ich angenommen, ihn nie wieder zu sehen.

Ich knetete meine Finger, den Blick hilfesuchend zu meinem kleinen Reisebündel werfend.
„Was machst du hier, Calean?" Nicht, dass ich undankbar war. Aber wenn er hier war, um mich umzustimmen, würde ich nicht noch einmal mit ihm streiten. Ich ertrug es einfach nicht.

Und als ich den Kopf hob, um in Caleans Gesicht nach meiner Antwort zu suchen, sah ich darin das Spiegelbild meiner eigenen Verzweiflung. Egal, was er gesagt hatte, er war nicht bereit aufzugeben.
Unsicher tat er wieder einen Schritt auf mich zu, der Ausdruck flehend.
„Gib mir einen guten Grund, warum ich hier sein sollte. Sag mir die Wahrheit: Hast du irgendwelche Gefühle für mich?"

Etwas schlug die Luft aus meinen Lungen und ich wäre beinahe weggeknickt. In einem Versuch, meine eigenen Gefühle für ihn zu verbergen, drehte ich mich fort. Doch er hatte mich erreicht, und ließ es nicht zu.

Seine grauen Augen brannten Löcher in meine Seele, die sich danach sehnte, sich in seinen Armen zu verkriechen. Aber Nacats Fluch bleckte hinter seinen Schultern die Zähne.
Eine Träne löste sich aus meinen Wimpern und rollte hinunter zu meinem Kinn.
„Calean, ich kann nicht darüber..."

Ungeduldig nahm er mein Gesicht zwischen seine Hände, verzweifelt versucht mich, zur Ehrlichkeit zu zwingen.
„Bitte. Ich flehe dich an."

Ich wollte den Kopf zu schütteln, doch er wiederholte seine Worte.
„Gwinn, ich weiß du bist ein guter Mensch und du würdest mir sowas nie antun. Das war immer deine Stärke. Was dich so besonders gemacht hat. Denkst du nicht, ich habe die Wahrheit verdient?"

Aber er hatte es nicht verdient dafür zu sterben. Ich wusste, wie viel es ihn kostete, so verwundbar vor mir zu sein.

Den Mund fest verschlossen, sah ich ihm in die Augen, strich mit meinen Fingern eine dunkle Strähne aus seiner Stirn und verabschiedete mich innerlich von meinen Träumen. Von unserem glücklichen Ende.

Und es war Zeit, dass Calean ebenfalls Abschied nehmen durfte. Von dem Wunsch, nicht alleine auf dieser Welt zu sein. Seine grauen Augen wanderten über mein Gesicht, lasen mich besser, als Amila es jemals gekonnt hätte, mit allen magischen Fähigkeiten, die ihr gegeben waren.

Er spürte meine Trauer, meine Schuldgefühle. Und noch ehe ich Zeit hatte einen weiteren Atemzug zu tun, beugte er sich zu mir herunter und küsste mich.

Für den Bruchteil eines Herzschlages spürte ich lediglich seine Lippen auf meinen und das Versprechen, das sie gaben. Seine Hände hielten mein Gesicht gefangen, zogen mich auf meine Zehenspitzen, ihm entgegen.

Dann brach die Welle aus fürchterlichen Folgen über mir zusammen und ich stieß ihn von mir, als hätte ich mich verbrannt.
„Willst du dich umbringen?" Die Worte waren aus meinem Mund, bevor ich die Kontrolle über meinen Körper zurückerlangt hatte.

Unter Horror starrte ich ihn an, wie er zurück stolperte, desorientiert und verwirrt.
„Wa-...?"

Mein Herz pochte so laut, dass ich fürchtete, das magische Zeichen seines Todes zu verpassen. Wie eine Glocke die-...

„Ich hoffe, ihr habt mich nicht für eine Darstellung aus meinem Versteck geholt." Nyam stand zwischen zwei Bäumen gelehnt, beide Hände in den Hosentaschen vergraben. Die Lider vor Langeweile halb geschlossen, beobachtete er, wie Calean mich aus zusammengekniffenen Augen musterte.

Ich dagegen spürte mein Blut aus meinem Gesicht verschwinden. Jeden Moment. Jeden Moment würde es zu spät sein.

Calean legte den Kopf schief, öffnete den Mund und schloss wieder.

Noch ein Augenblick verstrich.

Die Brauen zusammen geschoben, starrte er vor sich hin, mir keine eindeutigen Signale sendend, ob er nachdachte oder plötzlich mysteriöse Schmerzen hatte. Mit einem Ruck wurden seine Augen rund. Er wollte sie zu mir sehen, doch stattdessen fiel sein Blick auf den wartenden Halbelfen.

Weil ich nicht reagierte, sondern ihn weiter anstarrte, als müsse er gleich in Flammen aufgehen, räusperte Calean sich. Ein winziges Grinsen stahl sich auf seine Lippen, als hätte er mir die Wahrheit von meinen gestohlen. Entspannt wandte er sich an den Halbelfen.
„Ich hätte gern meine Waffe zurück."

Nyams Blick fiel auf mich, als er sich von seinem Baum löste und in die Mitte er Lichtung schlenderte.
„Ist das so? Und ich wette, du willst mir dafür einen Handel anbieten, Nebelflüsterer."

Warum passierte nichts? Der einzige Grund, warum Calean unwohl aussah, war mein intensiver Blick in seinem Rücken. Reichte ein Kuss nicht, um den Fluch auszulösen?
Mit gerunzelter Stirn folgte ich ihm hinüber zu Nyam, der mich amüsiert musterte. Keine Frage, er war mal wieder in meinem Kopf.

Ich schnitt eine Grimasse in seine Richtung und verlegte mich dann weiter darauf, einen entspannten Calean anzustarren. Ein Kuss war rein technisch kein Liebesgeständnis. Vielleicht war das eine Lücke im Fluch, oder-... Meine Gedanken stoppten so prompt, dass ich über meine eigenen Füße stolperte. Was hatte Maze noch gleich gesagt?

Die Erinnerung verdoppelte meinen Herzschlag. Meine Finger bebten von den Möglichkeiten, die sich plötzlich vor mir auftaten. War ich wirklich so dumm gewesen?

Hilfesuchend sah ich den Halbelfen an, der Mühe hatte seine Mundwinkel im Zaum zu halten.
„Wer von euch beiden möchte mir denn verraten, warum ich ausgerechnet euch die Waffe geben sollte? Ich könnte sie auch genauso gut für meine eigenen Zwecke-..."

„Sie würde dir nicht geben, was du suchst", unterbrach Calean ihn, „Ich dagegen weiß gewisse Dinge. Dinge, die dir helfen."

Nyam warf ihm prompt die Waffe zu. Ich hatte nicht einmal genug Zeit zu sehen, wann er sie aus seiner Hosentasche gezogen hatte. Noch hätte ich sie so lässig gefangen, wie Calean. Der Halbelf zwinkerte ihm zu.
„Was man nicht für die Frauen tut."

Calean würdigte den Kommentar mit keiner Antwort, sondern beugte sich stattdessen vor, um dem Herold des Königs etwas zuzuflüstern, das über das aufgeregte Rauschen in meinen Ohren vollkommen an mir vorbei ging.

Nyam nickte, auch wenn er nicht zufrieden aussah. Und Calean wandte sich an mich, um mir den silbrig pulsierenden Stein zu reichen. Er hatte eine leuchtende Aura, die sich unregelmäßig ausdehnte und zusammenzog, als wäre es ein Lebewesen zwischen uns. Ehrwürdig nahm ich es in die Hände und spürte ein Schub eigener Magie meine Sinne schärfend.

Hastig beugte ich mich vor und gab Calean einen dankbaren, wenn auch flüchtigen Kuss auf die Wange. So weit so gut. Stolz wog ich den Gegenstand.
„Zeit, Nacat seine Waffe zurückzubringen."

✥✥✥

"Seid ihr bereit?" - Gwinnibär

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