9-Lichtschutzfaktor 50

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"Sag mir bitte, dass du heute doch noch ins Wasser kommst!"

Erschrocken drehe ich mich der tiefen Stimme hinter mir zu, entdecke Harry, der mit großen Schritten auf mich zu kommt und nun neben mir weiter zum See geht. Während ich viele, schnelle Schritte nehmen muss, nimmt er einen und schafft trotzdem mehr Weg als ich.

In einer kurzen Jeans und einem roten Top, mein Buch in meiner linken Hand haltend, und dazu gemütliche Sandalen tragend, begebe ich mich weiter zum Wasser, indem Niall und Liam schon schwimmen. 

Die Sonne scheint herrlich durch die Blätter der Bäume, wärmt meine Haut.

Alles wirkt so friedlich und ruhig um uns herum. Hell, friedlich und beruhigend. 

Ich könnte für immer hier bleiben, würde morgens mit einem Kakao und einem guten Buch mich auf die Veranda setzen, der Sonne ab und zu beim Aufgehen hinter den Bäumen zusehen. Tagsüber würde ich am See liegen und den Enten beim Schwimmen zusehen. Wanderungen durch den Wald und bis dahinter würde ich unternehmen. Abends lasse ich es mir dann im Wohnzimmer am Kamin gutgehen.

Das wäre ein perfektes Leben.

Jedoch gehört mir das Haus nicht und ich könnte es mir niemals leisten können. Und meine Mom würde innerhalb einer halben Stunde vor der Haustür stehen, mir etwas von Verantwortung, Universität und Erwachsen werden predigen.

Mit einem Schulterzucken antworte ich Harry: "Wahrscheinlich nicht."

Verwirrt dreht er seinen Kopf zu mir. Die grünen Augen mustern mich aufmerksam, liegen auf meinem Gesicht, weshalb ich meinen Kopf zu Boden sinke. Warum musste ich meine Badesachen vergessen?

Der Mann neben mir trägt ein schwarzes Shirt und schwarze Badeshorts, raschelt mit seinen nackten Füßen durch die Blätter des Waldbodens. Auf seinem Kopf befindet sich eine Sonnenbrille, welche einige Haare aus seinem Gesicht hält. Die braunen Locken wirken durch die Sonne an einigen Stellen heller.

"Wieso?", harkt er weiter nach, worauf ich nur genervt antworte: "Weil ich nicht will. Belass es doch dabei!"

Eine Braue hochziehend kontert er: "Bleib ruhig. Ich frage doch nur, da ich es komisch finde, wenn jemand in seinem Urlaub nicht baden geht, obwohl er einen großen Pool vor der Haustür hat."

Die grünen Augen wandern zu dem Wasser.

Amüsiert schnaubend entgegne ich ihm: "Ziemlich lustig, dass ausgerechnet diese Aussage von dir kommt."

Gestern Abend konnte ich nicht sofort einfach einschlafen. Ich lag noch eine Weile im Bett und ließ die Worte des Mannes durch meinen Kopf gehen. Warum fühlt er sich wie eine Schachfigur? Was meint er damit?

Harry stellt für mich ein großes Rätsel dar.

Er kann nett sein, offen und locker, aber im nächsten Moment wirkt er mysteriös und verschlossen, so als sei jede Person des Planeten sein Feind. Und mit solch schnellen Wechseln kann ich nicht gut umgehen.

Schon als Kind besaß ich meine Probleme damit, wenn mein Dad im Training plötzlich ernst wurde und mir mit einem anderen, schärferen Tonfall Anweisungen gab. Ich wurde dann immer unsicher, fühlte mich eingeschüchtert. Es hat sehr lang gedauert, bis ich sein Handeln bei den Übungen verstand und seine Gründe akzeptierte.

Aber Harrys Anlass für seine Stimmungswechsel kenne ich nicht.

"Ich versteh schon", seufzt er und bleibt stehen. "Freya, ich-" 

Da ich nicht stehen bleibe eilt er mir nach und greift forsch nach meinem Handgelenk der Hand, in der ich nicht das Buch halte. Doch entziehe ich ihm die Hand schnell gekonnt und laufe weiter. 

"Freya, warte doch mal kurz!", ruft der Lockenkopf mir nach, setzt sich wieder in Bewegung. "Freya!"

Kopfschüttelnd nehme ich auf der Decke im Schneidersitz Platz, das Buch lege ich in meinen Schoss. "Nein, Harry! Du kannst mir keine Vorwürfe machen, während ich gestern Abend ruhig reagiert habe und mich sogar entschuldigte."

Ich weiß, dass man für eine gute Tat niemals etwas Gutes im Gegenzug erwarten soll. Das hat mein Dad mir immer beigebracht.

Ich werde aber nicht seine Ausbrüche hinnehmen und nicht hinterfragen, während er mich bei meinen durchlöchert.

"Tut mir leid", stöhnt der Mann genervt. Energisch zieht er sich sein Shirt über den Kopf, bevor er neben mir auf einer der Decken Platz nimmt. "Es tut mir leid, wenn ich dich mit der Frage verletzt habe."

Seine Bauchmuskeln sind im Sonnenlicht genau zu erkennen, weshalb ich meine Augen unauffällig über die tättowierte Haut des Mannes streifen lassen. Er ist ziemlich gut gebräunt, zudem muskulös gebaut.

Lasse ich mich gerade von einem nackten Oberkörper ablenken?

Die Augen verdrehend sage ich: "Du hast mich nicht mit der Frage verletzt. Sondern deine ungehobelte Reaktion auf meine Antwort!"

Vielleicht nervt mich die Frage, ja. Aber wen würde es nicht stören ständig an seine eigene Blödheit erinnert zu werden. Ich hasse es.

Deshalb nutzt mein Dad beim Training diese auch häufig gegen mich aus. Früher zumindest, als ich noch eine Anfängerin war.

"Wenn du es unbedingt wissen willst", seufze ich, blicke zu dem Lockenkopf, dessen grüne Augen sofort größer werden. Sein tättowierter Oberkörper richtet sich ein wenig auf und die Bauchmuskeln spannen sich an. "Ich habe meine-"

"Hey, ihr Pussies! Wollt ihr noch ins Wasser kommen oder weiter da draußen wie Enten quatschen?"

Klitsch nass steht Niall am Ufer und sieht zu uns. Er tropft vom ganzen Körper, während er sich mit einer Hand durch die blonden, nassen Haare fährt. Auf seinem Unterarm fällt mir dabei ein Tattoo auf, dass aussieht, als hätte es ein Kleinkind gestochen. Oder jemand, der stark betrunken war.

Wer auch immer es war. Es sieht sehr schlecht aus. Die Linien sind krumm und an einigen Stellen unterbrochen.

"Niall!", zischt der Mann neben mir warnend, so als würde der Ire dadurch wissen, dass er stört. Mit einer unauffälligen Handbewegung deutet er auf mich, so als wäre er in einem tiefen Gespräch mit mir gewesen.

Ich bin Niall ganz dankbar.

Zusätzlich kommt der Blondschopf nun ganz aus dem Wasser und direkt auf uns zu, dicht gefolgt von Liam, der ebenfalls das Nass verlässt und unter die Bäume tritt.

"Komm schon Styles, wir alle wollen deinen sexy Body im Wasser sehen", feixt der ältere Mann und grinst dabei breit, ehe er sich direkt neben Harry auf die Decke fallen lässt. Mit einer Faust schlägt er zusätzlich spielerisch gegen die Schulter des nun leicht grimmigen Mannes, der leise ein "Verpiss dich", zischt.

"Freya will den bestimmt auch sehen", fügt der Ire noch frech hinzu, zwinkert mich dabei an.

"Nein, danke", entgegen ich schnell. "Darauf kann ich verzichten", und schüttele meinen Kopf.

Drei perplexe Augenpaare liegen auf mir.

Harry scheint meine Antwort gar nicht zu gefallen. Zumindest guckt er mich nun ganz geschockt an, so als habe ich etwas gesagt, was er nicht erwartet hätte. "Was?", harke ich deshalb nach. "Hat dir eine Frau noch nie gesagt, dass ihr Tag auch ohne deinen nackten Oberkörper gut wird und die Sonne am Abend trotzdem untergehen wird?"

Niall und Liam lachen sehr amüsiert über meine Antwort, freuen sich richtig über das Gesicht des Lockenkopfs, der mich fassungslos anblickt. Seine Bauchmuskeln spannt er jetzt mit Absicht an, so als könne dies etwas an meiner Aussage ändern.

"Das tat ihm bestimmt ganz tief in seinem winzigen Herz weh, Freya", meint Liam, während er mir gleichzeitig einen Daumen nach oben zeigt.

"Ich glaube, du hast ihn kaputt gemacht", scherzt Niall, der mit seiner Hand vor dem Gesicht des Lockenkopfs wedelt. "Harry, bist du noch da?"

Genervt schubst der Lockenkopf den Blondschopf von sich und antwortet: "Ja. Und ich bin nicht kaputt. Nur über ihre Antwort überrascht."

Mir zugewandt raunt Niall: "Er kennt es nicht, dass eine Frau ihn abweist. Ist so eine Kleinigkeit, die es bei uns Zuhause leider nicht gibt."

Verwirrt ziehe ich eine Braue hoch. "Bei euch Zuhause?"

"Jup. Die Frauen stehen da total auf Harry. Die laufen ihm regelrecht nach. Alle wollen sie bloß ihn und leider kennt er das Wort Herzschmerz und Abweisung nicht", erklärt Liam mir. Daraus werde ich aber auch nicht wirklich schlauer.

"Ich habe ja nicht gesagt, dass er nicht gut aussieht", versuche ich es dann vorsichtig.

"Aha", sofort springt der Blondschopf auf und deutet auf mich. "Du findest ihn also auch gutaussehend." Dann meint er an Harry gewandt: "Bitte, ich push dein scheiß Ego. Du schuldest mir was!"

Kopfschüttelnd entgegne ich: "Keiner von euch sieht schlecht aus, okay? Ihr seid alle gutaussehend und seid sicherlich ein Traum vieler Frauen. Aber ich brauch das nicht, damit mein Tag gut wird. Mehr meinte ich gar nicht."

Ein noch viel breites Grinsen bildet sich auf den Lippen von Niall, während Liam alles beobachtet und Harry mir mit einem Kopfschütteln zu verstehen gibt, dass dies ein Fehler war.

Ein großer Fehler.

"Sie findet uns alle sexy. Habt ihr das gehört? Sonst kümmern sich alle immer nur um Harry."

Liam mischt sich ein: "Niall, du hast eine Freundin, welche sich für Harry gar nicht interessiert."

Doch der Ire hört gar nicht, sondern schlägt erneut gegen Harrys Schulter. "Sie findet uns alle sexy. Hast du das verstanden, Styles? Nicht nur dich, obwohl du sie am meisten vollquatscht. Nein, uns alle."

Grimmig streicht Harry sich über die Stelle, welche Niall nun schon zum zweiten Mal schlug. Das wird vielleicht einen blauen Fleck geben und wirkt jedes Mal aufs Neue schmerzhaft.

"Ich unterhalte mich bloß mit ihr Niall", kontert der Mann, sieht mich weiterhin musternd an, so als habe ich etwas gesagt, das ihn verwirrt. "Und jede so wie sie will. Ich brauch die ganze Aufmerksamkeit nicht."

Mit einem lauten Lachen reagiert Niall auf diese Antwort, doch verschluckt er sich dann fast und muss sich laut räuspern. Mit großen Augen blickt er in die Richtung des Hauses, wo wir alle nun unseren Blick hinrichten.

Hailey kommt mit großen Schritten aus dem Haus. Ihre Augen befinden sich hinter einer großen Sonnenbrille, ihre Haare trägt sie zu einem strengen Dutt zusammengebunden. Was Niall so stocken ließ, ist der enge Badeanzug an Haileys Körper.

Der brauntönige Anzug schmiegt sich um ihre Kurven, bedeckt ihre Brüste und umspielt ihren Po. Das Material verläuft um ihren Bauchnabel, sodass eine Hälfte ihres flachen Bauchs zu sehen ist, während die andere von Stoff bedeckt wird. Sie sieht gut aus, so wie immer.

"Heilige Scheiße, Baby, siehst du gut aus", komplimentiert Niall sie, sobald sie bei uns angekommen ist.

"Niall ich schwöre dir, wenn du einen Ständer bekommst gehst du damit nicht ins Wasser", ermahnt Liam ihn. "Du schwängerst noch einen Fisch!"

Bei seinem letzten Satz muss ich prustend lachen, wobei mir mein Buch aus dem Schoss rutscht. Dem konnte ich mich auch noch keine einzige Sekunde zuwenden.

"Pff, Liam. Du bist nur neidisch", hält Niall dagegen, einen Arm eng um Haileys Hüfte legen.

"Ist der neu?", erkundige ich mich währenddessen bei meiner besten Freundin, die mit einem Lächeln nickt. "Sieht sehr gut aus", komplimentiere ich.

"Danke." Sie sieht an mir hinab, da ich nicht wie sie etwas zum Baden trage, deshalb sagt sie nur knapp: "Süßes Top."

Ja, ich habe meine Badesachen vergessen. Daran erinnere ich mich jetzt auch wieder.

"Wer kommt jetzt mit Baden?", ruft Niall laut aus, sieht in unsere Runde, in der nur Louis fehlt. 

Alle außer mir richten sich auf, weshalb ich meinen Blick einfach auf mein Buch senke. Dann wende ich mich eben wieder Sarah und Frank zu. 

"Wartet kurz", hält der Lockenkopf jedoch alle auf. "Wie wäre es, wenn wir heute Nachmittag mal etwas anderes als Baden unternehmen?"

Verwirrt harkt Liam nach: "Und was? Wandern?"

"Zum Beispiel!", stimmt Harry ihm zu und nickt. "Wir könnten uns hier doch einmal umsehen."

Die anderen scheinen dagegen nichts einzuwenden zu haben, ehe sie ins Wasser gehen und ich von der Decke aus alle beobachte.

Gekonnt taucht Harry an einer tiefen Stelle unter das Wasser und zieht ein paar Züge, bevor er auftaucht und ihm nasse Haarsträhnen ins Gesicht hängen. Durch das Wasser auf seinem Körper glänzt seine Haut leicht im Sonnenlicht, welches durch die Bäume strahlt.

Die Tattoos auf seinem Körper kann man von dieser Entfernung kaum erkennen, nur die beiden Schwalben und der Schmetterling sind auffällig. Alles andere wirkt wie kleine Sketche und Kritzeleien auf mich. Die Muskeln auf seinem Rücken sind angespannt, bis sie plötzlich aus meinem Blick verschwinden und ich dafür direkt in seine Augen blicke.

Scheiße!

Mit einem amüsierten Grinsen, bei dem man seine Grübchen erkennt, blickt er zu mir, lacht in sich hinein, während ich verlegen zu Boden blicke. 

Einfach ablenken.

Am besten fange ich mit dem Lesen an.

Sarah und Frank sind wieder zusammen. Das weiß ich noch. Ja. Und Frank ist immer noch eine verschlossene Kiste, die sich Sarah nicht öffnen will, aber Sarah kann darüber hinwegblicken, wofür sie ihr eigenes Wohlbefinden aufs Spiel setzt.

Mehr weiß ich gerade nicht. Warum kann ich mich nicht auf den Inhalt des Buchs konzentrieren?

Langsam und unauffällig lasse ich meinen Blick von den aufgeschlagenen Seiten wieder zum See wandern und beobachte die anderen im Wasser.

Niall und Hailey schwimmen dicht beieinander. Liam scheint einfach nur für sich ein paar Bahne zu ziehen. Und Harry. Der treibt auf dem Rücken, die Arme und Beine von sich gestreckt, die Sonnenstrahlen auf sein Gesicht fallen lassend.

Na, Hauptsache er hat sich gut mit Sonnencreme eingeschmiert.

Warum denke ich so etwas?

Er macht auf mich den Anschein, als würde ihn Sonnencreme nicht groß interessieren.

Dabei ist das sehr wichtig. Aber was interessiert ihn das?

Meine Mom hat mir von Klein auf beigebracht wie wichtig ein guter Sonnenschutz ist. Egal welche Jahreszeit wurde ich zumindest im Gesicht mit Lichtschutzfaktor 50 eingekleistert und über die Gefahren von Hautkrebs aufgeklärt. 

Und warum mache ich mir jetzt Sorgen um Harry?

Schon Hailey hat mich immer ausgelacht wenn ich versucht habe ihr etwas von meiner Sonnencreme bei hoher Sonneneinstrahlung anzubieten, oder wenn ich einen meiner Hüte trug. Ich trage sie nicht mehr häufig. Eigentlich nur Zuhause, wenn ich draußen im Garten bin.

Aber ich freue mich, dass wir heute Nachmittag wandern gehen. Wir werden etwas unternehmen, weg vom See kommen. 

Der See ist schön, aber es nervt mich, dass ich nur am Ufer sitzen kann.

"Ich vermute jetzt einfach mal etwas", ertönt es plötzlich von vor mir, worauf ich erschrocken aufblicke. Klitschnass steht Harry vor mir. "Du hast keine Badesachen eingepackt. Das wolltest du vorhin sagen."

Kurz holt er Luft, feixt dann mit einem frechen Grinsen: "Oder du hast deine Tage. Da finde ich jedoch, sind wir noch nicht nah genug, als das du mir dazu etwas erzählen solltest. Und ich werde dich nicht weiter ausfragen."

Beschämt weiche ich seinem Blick aus, beiße mir verlegen auf meine Unterlippe. Mein Vater hasst es, wenn ich das tue, da es meinem Gegenüber nur meine Unsicherheit bestätigt. Doch schweigend nicke ich auf Harrys Aussage.

"Warum gehst du nicht einfach in deiner Unterwäsche ins Wasser?"

Weil meine Unterwäsche nur weiß ist und jeder die Auswirkung von Wasser auf weiße Kleidung kennt, würde ich gerne einfach antworten, doch entgegne stattdessen nur Schweigen mit einem Schulterzucken.

"Für mich macht es einen Unterschied ob es Unterwäsche oder ein Bikini ist", meine ich dann noch, blicke zu den grünen Augen auf, die mich bei meiner Antwort aufmerksam mustern.

"Mmh." Mehr bringt er nicht hervor, sondern nimmt vor mir auf den Decken Platz. 

Er sagt kein Wort, aber ich bin ihm ziemlich dankbar, dass er sich zu mir gesellt und ich das Buch schließen kann, da ich gar keine Ahnung mehr habe, worum es überhaupt ging.

Wir beide sitzen schweigend unter den Bäumen, die leicht über uns im sanften Wind rascheln. Von einigen Ecken dringt das Summen von Bienen an mein Ohr, während gleichzeitig die Wellen des Wassers zu hören sind. 

Die Natur um uns herum ist so beruhigend und schön zugleich, weshalb ich mein Handy aus meiner Hosentasche ziehe und zum ersten Mal einfach ein Bild von meiner Umgebung schieße. Irgendwie ist dies eine kleine Angewohnheit von mir geworden, dass ich einfach einige Dinge aus meinem Alltag festhalten muss.

Das fing alles an, als ich im Krankenhaus erwachte und mich nicht mehr an meine beste Freundin erinnern konnte. Es gab leider aber auch keine Bilder von uns, die meine Erinnerung hätten auffrischen können.

Seitdem fing ich an immer wieder Bilder mit meinem Handy aufzunehmen, Momente festzuhalten, um mich später daran erinnern zu können.

Am liebsten würde ich auch ein Bild mit den jungen Männern machen, da sie für mich zu der Erinnerung an diesen Urlaub dazu gehören. Doch weiß ich nicht, ob sie so dafür sind. Aber ich könnte es heute auf der Wanderung vielleicht versuchen.

Mir fällt zudem eine Nachricht meiner Mom ins Auge. Ich schrieb ihr gestern Abend schon kurz vor dem Zähneputzen. Nur das Übliche. Das es mir gut geht und alle nett sind. Sie scheint zudem recht unbesorgt, was mich ein wenig überrascht, da sie zuerst sehr besorgt war. Aber scheinbar beruhigen meine regelmäßigen Nachrichten sie.

"Soll ich ein Foto von dir machen?"

Verwirrt und überrascht blicke ich zu Harry auf, der mit einem Nicken auf mein Handy deutet. "Ich könnte dich fotografieren. Damit du dich immer daran erinnerst, was du die gesamte Zeit während dieses Urlaubs gemacht hast." 

Den letzten Satz sagt er mit einem frechen Grinsen, wobei seine Grübchen zum Vorschein kommen. Dankbar nickend reiche ich ihm mein Handy und richte mich etwas mehr auf. Mit einem Schmunzeln nehme ich das Buch hoch. "Das darf ja nicht fehlen."

Wir beide müssen lachen, während er beginnt einige Bilder von mir zu schießen. Ab und zu blickt er dabei über den Rahmen meines Handys und direkt zu mir, worauf ich verlegen seinen grünen Augen ausweiche.

Er scheint einige Bilder zu machen, wechselt sogar ab und zu den Winkel, oder gibt mir kleine Anweisungen, bis er mir irgendwann mein Handy zurückgibt und wir beide wieder schweigen.

"Ich freue mich, dass wir heute wandern gehen", teile ich ihm nach einer Weile mit und sehe freudig auf. "Wirklich. Mal was anderes, als immer nur hier zu sitzen."

Zustimmend nickt der Mann. "Ja, ich finde es auch nicht schlecht. War noch nicht ein einziges Mal mit meiner Familie hier unterwegs. Wird langsam mal Zeit."

Bei der Erwähnung seiner Familie beobachte ich ihn aufmerksam. Er wirkt auf mich ruhig, während er von ihnen erzählt, jedoch auch etwas zurückhaltend, so als würde er seine Worte genauestens wählen.

"Ist deine Familie groß?", frage ich deshalb.

Nickend antwortet er: "Es geht. Meine Schwester würde sagen, dass unsere Familie riesig ist, aber sie ist erst sieben, von daher." Ein Lächeln bildet sich bei den Gedanken an seine Schwester auf seinen Lippen. "Mein Bruder ist bloß von der Familie genervt."

"Darf ich fragen, wie deine Geschwister heißen?", harke ich vorsichtig nach, worauf er nickt.

"Thomas heißt mein Bruder. Wir nennen ihn meistens aber bloß Tommy. Und meine Schwester heißt Ilvy", erzählt er mir voller Stolz. "Sie ist ein Sonnenschein. Sieht in jedem nur das Beste. Hat sie von meiner Mom."

Es ist interessant ihn zu beobachten, wie er von seiner Familie redet und schwärmt. Dabei leuchten die grünen Augen. Er wirkt oft sehr verschlossen und kühl, so als würde er eine Menge Geheimnisse verstecken. Aber bei seiner Familie blüht er richtig auf.

"Ich wünschte ich hätte eine Schwester oder einen Bruder", seufze ich. "Aber meine Eltern wollten nicht einmal einen Hund oder eine Katze."

Ewigkeiten habe ich nach einem Geschwisterchen gebettelt als ich kleiner war. Jemand, mit dem ich meine Geheimnisse teilen kann, durch die selben Probleme gehen und meine Eltern auch ein wenig ärgern kann. Aber sie wollten nicht.

Also versuchte ich es mit einem Haustier. Aber allein bei der Erwähnung einer Katze oder eines Hundes schüttelten sie den Kopf. Ein Hamster oder ein Meerschweinchen waren auch nicht in Ordnung.

"Oh, Geschwister bedeuten auch viel Arbeit und können dir die letzten Nerve rauben." Einfühlsam blickt der Lockenkopf zu mir.

"Ich weiß, aber das wäre es mir wert, wenn ich dafür nicht immer alleine gewesen wäre. Was denkst du, warum ich mit dem Lesen überhaupt angefangen habe!"

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