12. Kapitel

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Natürlich musste die Aqualibrita Roxanne sein. Der einzige Mensch, die sich schon am ersten Tag mit mir angelegt hatte. Diejenige, bei der ich sicher war, dass sie mich schon mindestens zehnmal zurück in die Hölle gewünscht hatte, aus der ich herkam. Gerade sie sollte ich für mich gewinnen und dazu bringen ihre Macht zu unseren Gunsten zu nutzen. Das war einfach nur perfekt. Wenn ich nicht gewusst hätte, wie verdammt wichtig Roxanne in diesem Spiel war, dass Himmel und Hölle schon seit Jahrtausenden spielten, hätte ich glatt vermutet, dass das ein böser Scherz meines Vaters war. Das schien genau sein Humor zu sein.

Aber dieses Mal konnte ich nur mir selbst die Schuld zuweisen. Und mit Raphael hier auf der Erde, war die Sache nochmal um einiges komplizierter geworden. Zumal er schon längst in Roxannes Dunstkreis eingetaucht war und sie und ihre Freunde mit seinem perfektem Jungencharme natürlich sofort um den Finger gewickelt hatte. Wenn sie nur wüssten, was für Abgründe hinter seiner perfekten Fassade lauerten. Meine Gedanken wanderten zurück zu unserer Auseinandersetzung in der Schule. Verdammt, wieso nur musste ich das Thema Elena auf den Tisch bringen? Nur um seine Ich-habe-alles-im-Griff-Fassade zu zerstören?

Ich hatte lange nicht mehr an Elena gedacht. Denn mit Elena kamen auch die anderen so sorgfältig verborgenen Erinnerungen hoch und ein scharfer Schmerz durchzuckte meine Brust. Ich schloss meine Augen und versuchte die grauenvollen Schreie auszublenden, die durch meine Erinnerungen hallten. Fast 300 Jahre war es her und die Erinnerungen an die Schreie waren kein bisschen verblasst. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und öffnete sie wieder, während ich versuchte, mich aus der Vergangenheit zu befreien. Niemals wieder würde ich diesem Bastard mein Vertrauen schenken. Und mein Herz – mein Herz würde ich auch nie wieder auf diese Weise verwundbar machen. Ich atmete tief durch und öffnete meine Augen wieder. Ich brauchte dringend einen Plan! Und dafür brauchte ich mehr Informationen.

Zwei Stunden später rauchte mein Kopf und ich hatte kaum relevante Informationen herausfinden können. Roxanne war ein Phantom. Ich war nicht oft auf der Erde, aber ich war so up to date, um zu wissen, dass eigentlich jeder Mensch in ihrem Alter in den sozialen Medien unterwegs war. Aber bei Roxanne – Fehlanzeige. Ihre Freundin Elea hatte ich relativ schnell auf Instagram gefunden, aber ihr Account war wenig aufschlussreich für mich, da er sich ausschließlich um Bücher drehte. Das Einzige was ich dort herausfand war, dass Elea anscheinend einen wirklich guten Buchgeschmack hatte und dass sie ihre Freunde ständig versuchte dazu zu überreden, in die Welt der sozialen Medien einzutreten. Denn auch Arthur schien sich von Instagram und Co. fernzuhalten. Auch Google und andere Internetseiten schienen mir nicht weiterhelfen zu können.

Ich fand einen alten Zeitungsartikel mit einem Foto von Roxanne, dass schon mindestens fünf Jahre alt zu sein schien, auf dem sie mit zwei Mädchen, einer Frau und einem Mann abgebildet war. Vor ihnen auf dem Boden lag ein detailreich geschnitzter Kürbis, auf dem ein wunderschöner Drache abgebildet war. Während alle in die Kamera strahlten, sah Roxanne beinahe panisch aus, als hätte sie gerade einen Geist gesehen. Die Bildunterschrift lautete: Familie Henson gewinnt den Kürbisschnitzcontest das zweite Jahr in Folge. Als ich daraufhin eine erweiterte Suche zur Familie Henson eingeleitet hatte, erfuhr ich, dass das Ehepaar Henson Pflegekinder aufnahm und selbst keine eigenen Kinder hatte. Sie hatten laut aktuellem Stand drei Kinder offiziell adoptiert, aber Roxanne gehörte nicht dazu. Was mit Roxanne nach der Aufnahme des Fotos passiert war, ließ sich nicht herausfinden. Auch als ich das Foto aus dem Zeitungsartikel durch die Bildersuche laufen ließ, kamen keine weiteren Ergebnisse zu Roxanne heraus, auch wenn die Familie Henson noch ein paar Mal in der Zeitung auftauchte.

Corfield war ein kleines Städtchen, in dem nicht viel Aufregendes passierte, weshalb sich die kleinsten Neuigkeiten rasend schnell zu verbreiten schienen, aber über Roxanne schwieg sich das Internet beharrlich aus. Frustriert klappte ich den Laptop zu und beschloss, dass ich mir für heute genug Kopfschmerzen bereitet hatte. Zudem war ich erschöpft davon, dass ich wieder einen ganzen Tag lang meinen mentalen Schild hatte hochhalten müssen, um die Gedanken der Menschen um mich herum auszublenden. Wenigstens hatte ich jetzt eine Theorie dazu, warum ich Roxannes Gedanken nicht hören konnte, nachdem ich herausgefunden hatte, dass sie die die Aqualibrita war. Mir war zudem aufgefallen, dass wenn ich in ihrer Nähe war, auch die Gedanken von anderen Menschen nur noch fetzenweise zu mir herüberdrangen. Vermutlich fungierte sie als eine Art Störsender, der diese Fähigkeit blockierte. Vielleicht war das auch einer der Gründe, warum ich unterbewusst ihre Nähe gesucht hatte, bevor ich wusste, wer sie war.

Bei ihr musste ich meinen Schild nicht konstant aufrechterhalten. Sie war eine Pause für meinen Kopf, obwohl sie mich gleichzeitig mit dem verbalen Schlagabtausch herausforderte. Das war erfrischend. Es war eine Weile her, dass mir jemand widersprochen hatte, der nicht Himmelswesen oder mein Vater war. Menschen spürten in der Regel unterbewusst, welche Gefahr ich für Sie darstellte und hüteten sich davor mich zu verärgern. Aber Roxanne schien es völlig egal zu sein, wer ich war. Denn ich bezweifelte, dass sie nicht fühlte, mit wem sie es zu tun hatte. Sie hatte sich nur dazu entschieden es zu ignorieren.

Fast spürte ich wie so etwas wie Bedauern in mir aufsteigen, dass sie ein Teil meiner Aufgabe hier auf der Erde darstellte. Sie war ein interessanter Mensch und der Gedanke, auf wie viele Arten mein Vater ihren sturen Charakter brechen könnte, wenn er sie in die Finger bekam... Ihr Gesicht vermischte sich mit den Erinnerungen an ein anderes Mädchen und die Schreie in meinem Kopf fingen aufs Neue an. Ich zwang mich dazu, diesen Gedanken beiseitezuschieben.

Es war nicht so, dass ich eine Wahl bei der ganzen Sache hätte. Roxannes Schicksal war besiegelt gewesen, in dem Moment, in dem sie geboren worden war. In diesem Spiel waren wir alle nur Figuren – nur mit dem Unterscheid, dass sie als Einzige entscheiden konnte, auf welcher Seite sie spielen würde. Und ich musste mir einen Plan zurechtlegen, wie ich sie überzeugen konnte unsere Seite zu wählen.

Meine Gedanken wanderten zu dem Vorfall heute in der Cafeteria, der bewiesen hatte, dass ich mich beeilen musste. Ihr Kräfte hatten längst begonnen sich zu entwickeln. Auch wenn ich es nicht geschafft hatte, allzu viel über Roxanne herauszufinden, hatte ich vor einer Weile einen Sucherdämon damit beauftragt, alle Informationen über Aquaelibritae zusammenzutragen, die er finden konnte. Da mein Vater sich nicht dazu herabgelassen hatte, mir mehr als ein paar vage Infos zu geben, wollte ich mich selbst informieren.

Die erste Aqualibrita war erschaffen worden, als mein Vater damals in Ungnade bei seinen Brüdern fiel und aus dem Himmel vertrieben wurde. Legenden zufolge soll bei dem großen Kampf von meinem Vater und seinen Brüdern das Blut von allen Erzengeln geflossen und wurde von einem Himmelswesen heimlich vermischt und zu einer todkranken, schwangeren jungen Frau auf der Erde gebracht, die dadurch geheilt wurde. Das Kind, dass sie gebar wurde die erste Aqualibrita. Ihr Einfluss sorgte dafür, dass die Hölle entstand, in die mein Vater sich zurückzog und so das Gleichgewicht hergestellt wurde. Die wahren Aquaelibritae waren alle weiblich. Die männlichen Erben in dieser Linie erschienen alle nur als Träger, obwohl auch sie wenige Gaben aufweisen konnten. In einem bekannten Fall, war zum Beispiel eine Aquaelibritae als zweieiiger Zwilling zur Welt gekommen und ihr Bruder hatte ihre Gaben verstärken können.

In jeder Generation kamen nur eine Handvoll an Aquaelibritae zur Welt – so viele wie gebraucht wurden. Das hieß, dass auch Frauen einfach nur Trägerinnen des besonderen Gens sei konnten, ohne eine Aqualibrita zu sein. In der Regel blieben die Aquaelibritae ein Leben lang unwissend und übten nur einen Bruchteil ihrer Gaben unbewusst aus. So passierte es beispielsweise häufig, dass sie in ihrem Umfeld Ungleichgewichte in Beziehungen aufdeckten. Bei starken Gefühlsausbrüchen konnte es manchmal auch vorkommen, dass sich ihre Gaben ins Gegenteil verkehrten und sie Chaos schafften, anstatt ein Gleichgewicht herzustellen. Der wirklich wichtige Anteil ihrer Gaben offenbarte sich nur, wenn ein großes Ungleichgewicht irgendwo herrschte.

Dies waren alle vertrauenswürdigen Informationen, die ich hatte herausfinden könnten. Es gab noch mehr zu den Aquaelibritae, aber in vielen Punkten widersprachen sich die Quellen zu stark, die der Sucherdämon für mich aufgetrieben hatte. Vor allem zu der Prophezeiung von der mein Vater gesprochen hatte, hatte ich frustrierenderweise nicht viel herausfinden können. In fast allen Quellen wurde von ihr gesprochen, aber die Informationen waren allenfalls vage.

Das Einzige was ich wusste war, dass die Aqualibrita von der in der Prophezeiung die Rede war, die Macht hatte, dass Schicksal der Welt zu verändern. Und dass das Meiste was ich über die Aquaelibritae wusste sich nicht auf sie übertragen ließ. Natürlich nicht. Denn wieso sollte auch irgendwas an diesem Auftrag einfach sein? Mit einem Knall klappte ich meinen Laptop zu und packte die Dokumente und Bücher in eine Schublade, damit ich sie nicht mehr sehen musste. Für heute hatte ich genug gegrübelt. Mit Roxanne würde ich mich erst morgen wieder befassen.

Alles war dunkel. Ich hatte Angst im Dunkeln, aber ich durfte keinen Mucks von mir geben. Denn wenn mein Vater das hörte würde er wütend sein. Wenn er wütend war machte er mir noch mehr Angst, als die Dunkelheit, also presste ich meine Lippen aufeinander. Überhaupt war es meine Schuld, dass ich hier gelandet war. Ich wusste doch, dass ich mich nicht mit den Seelen abgeben durfte. Das mochte mein Vater genauso wenig, wie wenn ich ängstlich war. Er sagte, dann das wäre alles die Schuld meiner Mutter, dass ich so verweichlicht war. Einmal hatte ich gewagt ihn zu fragen, was mit Mama passiert war. Die Narben, die mich diese Frage gekostet hatten, hatten mich davon abgehalten noch einmal zu fragen. Trotzdem fragte ich manchmal, wie meine Mutter wohl aussah. Ob sie die gleichen Locken hatte wie ich? Waren meine Augen, der Grund, warum mein Vater mich nicht zu lange angucken konnte? Erinnerten sie ihn an sie? Hätte sie mich auch in die Dunkelheit gesperrt, weil ich versucht hatte der Seele ihre Angst zu nehmen?

Manchmal ließ mein Vater mich einen Blick auf die Erde werfen. Wenn er dann beschäftigt war, schaute ich mir heimlich an, wie die Familien in ihren Wohnungen saßen. Ich sah Väter, die mit ihren Söhnen spielten und Mütter die ihnen eine Gutenachtgeschichte vorlasen. Und wenn die Kinder Angst im Dunkeln hatten, dann ließen sie eine Nachttischlampe für sie an und blieben so lange bei ihnen, bis sie eingeschlafen waren. Wenn ich diese Familien beobachtete, bekam ich dieses seltsame Ziehen in der Brust. Es fühlte sich so an als würde jemand an meinem Herzen ziehen, so wie mein Vater mich manchmal an meinen Haaren von den Seelen wegzog, die hier unten ankamen. Es tat weh in meiner Brust. Aber mein Vater sagte, dass ich gar keine Gefühle haben konnte, weil ich der Sohn des Teufels war. "Du wurdest ohne Seele geboren", sagte er immer. "Gefühle sind menschlich. Und du bist ein Wesen geschaffen in der finstersten Höllenglut. Du bist nicht wie die Menschen!".

Ein Schrei drang aus den Tiefen herauf und ich zuckte zusammen. Ich habe keine Angst, sagte ich mir. Ich schloss ganz fest meine Augen und wünschte ich wäre woanders. Meine Gedanken wanderten zu meinem Geheimnis. Als mein Vater mich das letzte Mal zu einem Geschäftstreffen mitgenommen hatte, hatte ich jemanden getroffen. Einen Jungen mit blonden Haaren und blauen Augen. Ich hatte versucht böse und gemein zu sein, weil ich meinen Vater stolz machen wollte. Aber er war trotzdem nett zu mir gewesen. Er hatte mir seinen Geheimort gezeigt und er hatte mir ein aus Holz geschnitztes Schaf geschenkt. Ich hatte es in meinem Zimmer versteckt, wo mein Vater es nicht finden konnte, aber jetzt wünschte ich mir ich hätte es bei mir, damit ich nicht alleine wäre. Es war mein wertvollster Besitz. Hoffentlich würde ich den Jungen irgendwann wiedersehen. Vielleicht würde ich dann seinen Namen erfahren. Vielleicht würden wir Freunde werden. Solange klammerte ich mich an diese wertvolle Erinnerung. Es war vielleicht dunkel hier, aber in meinen Träumen war ich nicht alleine. Das konnte nicht einmal mein Vater mir nehmen. Mit geschlossenen Augen träumte ich mich an einen besseren Ort.

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Well, well, well. Ich dachte es wird mal Zeit ein paar Hintergrundinfos zu droppen und natürlich noch mehr Fragen aufzuwerfen 😌. Ich hoffe ich habe wenigstens ein paar Fragen beantwortet 😅

In Lucas Vergangenheit lauern wohl so einige Geheimnisse. Was genau Raphael da für eine Rolle spielt, werden wir wohl noch herausfinden 😶

Langsam nimmt die Geschichte ein wenig an Fahrt auf. Ich freue mich auf alles, was da noch so kommt.

Wir lesen uns in zwei Wochen 😊

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