II.

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Manons Haus schien, wie aus Eshas dunkelsten Geschichten entstiegen. Eine Festung aus Schwertern und hohen Toren am Ufer eines bodenlosen Sees. Der wettergegerbte Stein der Mauern erzählte von den Jahrzehnten in Reichtum, in denen die Blaubärte ihr Leben verbracht hatten, als sie mit dem Automobil vorfuhren. Die Vishakanya war noch nie in einem dieser modernen Gefährte mitgefahren. Es war gleichzeitig faszinierend und entzaubernd, weil es viel zu laut war und rauchte, als würde es abbrennen. Als sie Manon ihre Befürchtung mitteilte, beruhigte sie Esha, dass das ganz normal wäre und sie keinen Feuertod stürben. Auch wenn dem Automobil die Magie fehlte, war es eine Geschichte wert, die sie hoffte, ihren Schwestern erzählen zu können. Sie würden noch neidischer sein, als sie es bei ihrem schnellen Abschied gewesen waren, weil Esha jene Abenteuer erlebte, von denen sie nur erzählten.

Ein Teil des Zaubers kehrte zurück, als sie vor Manons Zuhause standen. Der Kies knirschte unter den Stiefeln der Blaubart, als sie ausstieg, um Esha die Tür zu öffnen. Das Schloss ragte wie ein verfluchtes Märchen vor ihr auf und warf sein verzerrtes Spiegelbild auf den See. Dieser zog die Vishakanya in seinen Bann. Fasziniert wollte Esha noch nicht hineingehen. Einzig gestört wurde der Spiegel des Schlosses durch zwei Schwäne, die sich in der Seemitte umkreisten. Ihre langen Hälse rundeten sich in einer eleganten Verbeugung zum Wasser und es schien, als würden sie sich vor dem Schloss verneigen.

Esha verübelte es ihnen nicht. Dabei waren die Schwäne ebenso eine Augenweide; einer weiß wie frischgefallener Schnee und der andere schwarz wie Onyx. Sie waren anders als die Schwäne, die Eshas Barke auf den Flüssen beschützt hatten. Doch auf ihre Art wirkten sie ebenso gefährlich. Und weise.

„Kommst du?", fragte Manon hinter ihr und als Esha sich zu ihr drehte, merkte sie erst, dass sie bis an das Ufer des Sees gewandert war. Eine Steinumfassung hatte sie davon abgehalten, hineinzurutschen. Das Gras der kleinen Böschung umschmiegte den Saum ihrer Hose, doch seine Berührung spürte sie nicht. Sie wüsste zu gern, wie es sich anfühlte, ohne die Angst zu haben, es würde unter ihrer Berührung elendig vergehen. Esha sog einmal tief den Duft nach frischer, kalter Luft ein. Zumindest das konnte sie in vollen Zügen genießen.

„Sind das deine Schwäne?", stellte Esha eine Gegenfrage. Manon seufzte und kam über den Schotterplatz zu ihr.

Sie blieb knapp hinter ihr stehen. Weit genug, dass Esha sich nicht bedrängt vorkam, aber nah genug, um Manons Duft einzuatmen. Das süßliche Aroma nach Kakaobutter wisperte ihr Sicherheit zu, weil es sie an Desnas Lieblingssüßigkeit, an Zuhause, erinnerte. Doch darunter lag ein ungewohnter Geruch, den sie nicht zuordnen konnte. Metallisch und ... tödlich.

Jedoch vergaß Esha jede Besorgnis, sobald Manon sprach. Sie hatte noch nie eine so verführerische Stimme gehört. Wie das Gefühl gänzlich in ihrem Honigmilchbad zu versinken. Verbunden mit ihren blauen Augen, die den kühlen Glanz ihrer hellen Haut unterstrichen, konnte sich Esha nicht vorstellen, wie man Manon nicht verfallen konnte. „Sie gehören nicht mir, aber ich dulde sie hier. Schwäne zu verärgern ist nicht klug, doch solange ich sie in Ruhe lasse und der See nicht ohne Futter bleibt, ist es ein annehmbares Miteinander. Jetzt komm."

Esha warf den Schwänen einen letzten Blick zu. Als sie sich umdrehte, hätte sie schwören können, der Schwan mit dem schwarzen Gefieder, schüttelte seinen Kopf. Konnten Schwäne das?

Bevor sie sich noch mehr den Kopf darüber zerbrechen konnte, führte Manon sie durch die hohe Tür ins Innere des Schlosses. Immer wenn, Esha in ihren Geschichten die Behausung eines Blaubarts beschrieben hatte, sprach sie über schmale Gänge, schwarze Wendeltreppen und Räume, deren Fenster mit Vorhängen verhangen kein Licht hereinließen. Unnahbar und gefährlich. Aufregend.

Aber Manons Heim war anders. Über ihren Köpfen hing ein Luster, dessen unzählige Glühbirnen das Entrée und die beiden wuchtigen Treppen in warmes Licht tauchten. Mehrere Türen gingen zu verschiedenen Räumen ab, doch keine war verschlossen. Die nächste gewährte den Blick auf ein Sitzzimmer, das aus allen Nähten zu platzen schien mit Nippes, Zierfiguren und Statuen. Hinter einer anderen Tür verbarg sich die Küche, in der mehrere Köche und Köchinnen eifrig kochten und buken. Sie schienen ein Festmahl für mehrere Hundert Gäste zuzubereiten, der Menge an Speisen nach zu urteilen.

„Erwartest du noch Gäste?" Esha ging an der Küchentür vorbei und betrachtete die Gemälde, die an den Wänden hingen. Es waren so viele, dass kaum etwas von der Tapete durchschien. Hauptsächlich Porträts der unterschiedlichsten Menschen. Frauen und Männer, die die Betrachterin verklärt anlächelten. Manon ging knapp hinter ihr, ohne sie zu berühren. Esha fühlte, wie die ihre Hand hob und knapp über ihren unteren Rücken hielt, ohne sie dorthin zu legen. Ach, könnte sie es doch tun! Die Vishakanya unterdrückte ein Seufzen.

„Nur dich. Aber verdienen wir nicht, unser Treffen zu zelebrieren? Deswegen habe ich Wort vorausgesandt, dass ich Begleitung mitbringe und wir einen Ball für uns zwei veranstalten."

Esha hatte gerade das Bildnis einer jungen Frau, die einen Schlüssel an ihre Lippen hielt, als würde er ihre Geheimnisse versperren, betrachtet, doch wirbelte bei Manons Worten herum. Die Blaubart wich einen Schritt zurück.

Esha merkte an: „Das scheint mir etwas zu übertrieben." Manon lächelte nur verschwörerisch. Da die Köchinnen und Köche schon so fleißig waren, kam wohl jeder von Eshas Einwänden zu spät. Sie verdrehte die Augen. „Bring mich zu meinem Zimmer, dann kann ich mich auch darauf vorbereiten", verlangte sie.

Manon verbeugte sich mit einem amüsierten Blick in ihren blauen Augen.


Manon führte sie in den Ballsaal. Vorhänge in demselben Traumblau wie Manons Haar waren vor die Fenster gezogen und sperrten die Außenwelt aus. Fingen sie in ihrer eigenen kleinen Geschichte aus Kerzenhaltern, einer Banketttafel voller Köstlichkeiten und Seidengewändern ein, die Esha bei jeder Bewegung umtanzten. Manon, in einem Anzug aus Dunkelrot und Schwarz gehüllt, hielt der Vishakanya ein Teller mit silbernen Vierecken hin, die leicht nussig rochen. „Eine unserer Köchinnen versicherte mir, das wäre eine Delikatesse im Bharat-Viertel."

„Cajú Katli", hauchte Esha und sie nahm eine der Süßigkeiten an sich. Sie biss hinein und die süße Weichheit zerschmolz auf ihrer Zunge. Ihre Lider flatterten zu. Genauso wie Schwester Tamani sie für sie als Kind zubereitet hatte. Und doch ... Sie nahm noch einen Bissen. Cajús, Butter und ... Zimt? Aufregung kribbelte in ihrem Gaumen über diesen neuen Akzent. „Kompliment an die Köchin. Ich liebe sie!", sagte Esha zwischen zwei Bissen.

Manon lachte, als die Vishakanya sich vier weitere Cajú Katli nahm und sich in den Mund stopfte. Der Blick der Blaubart wurde sanfter, ihr Lächeln breiter, als sie flüsterte: „Wie schön, eine neue Seite an dir zu sehen."

Esha, sich plötzlich ihrer Situation gewahr, schluckte den Bissen hinunter und legte das letzte Stückchen auf den Teller. „Willst du probieren? Bevor ich alles esse."

„Das hast du doch schon." Manon lachte, nahm aber die Süßigkeit zwischen ihre Finger und biss ab.

Esha protestierte: „Fast. Eins ist ..." Die Vishakanya beäugte, wie Manon die letzten Krümel von ihren Fingern schleckte. „ ... war noch da."

Manon leckte sich über ihre Lippen und Esha senkte den Blick zu ihrem Bart. „Du hast da ..." Ihre Finger zuckten vor, doch sie hielt noch rechtzeitig inne und deutete auf Manons Bart, an dem etwas Silberfolie hing. Manon fuhr sich darüber. Esha nickte und wandte sich um. Bei der Blaubart war es allzu leicht, ihre giftige Berührung zu vergessen und die Erinnerung traf sie doppelt so hart. Sie ging zu den Vorhängen, immer darauf bedacht, Manon den Rücken zuzukehren.

Esha hörte die Blaubart seufzen und Geschirrklappern, als Manon vermutlich das Teller auf die Festmahlstafel stellte. Hatte sich Esha zuvor noch auf das Essen gefreut, verdarb ihr nun ein Knoten im Magen jeden Appetit. Manon räusperte sich hinter ihr und Esha blieb stehen. „Esha." Ihr Name hatte noch nie so lieblich geklungen, als wäre sie ein Wunder, an dessen Entdeckung Manon kaum noch geglaubt hatte. „Magst du dich umdrehen? Ich habe etwas für dich."

Esha überlegte kurz, es nicht zu tun. Unnahbar zu bleiben, aber ihre Neugier nach Geheimnissen war schon immer zu groß gewesen. Und sie bezweifelte, Manons Stimme je widerstehen zu können. Esha linste über ihre Schulter und Manon hielt einen Schlüssel hoch, der an einer Kette baumelte. Seine Reite war geformt wie ein dreiblättriges Kleeblatt und den Schlüsselhalm überzogen Zierkreise aus falschen Perlen. Ebenso ein Schlüssel war auf all den Gemälden im Entrée gewesen.

„Ich muss für ein paar Tage fort, möchte aber, dass du dich hier wie zu Hause fühlst und zu allen Räumen Zugang hast. Dafür überreiche ich dir diesen Schlüssel." Esha schluckte, ihr Herz flatterte und der Knoten in ihrem Magen löste sich auf. Hatte sie bis jetzt verneinen können, hielt sie mit diesem Schlüssel die Antwort in Händen: Sie befand sich in den Fängen des Blaubartsmythos. Zu dumm nur, dass sie nicht wusste, wie er ausging.

(1443 Wörter)

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