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Mir wurde schlecht. Die Wahrheit erstach mich hinterhältig und direkt ins Herz. Sie schlang sich um meinen Hals und schnürte mir die Luft ab. Mein Herz pochte schwer und für einen Augenblick glaubte ich, es würde stehen bleiben. Mein Brustkorb schmerzte mit jedem Atemzug und ich hatte das Gefühl, zu ersticken.

Seine Worte brannten sich ein.

Ich hätte dich damals, als ich dich gefunden habe, erschiessen sollen.

Sie waren grausam und trafen mich auf etliche Weisen. Seine Worte lösten Gefühle in mir aus, die ich bisher noch nicht gekannt hatte. Gefühle, die ich so nie wieder fühlen wollte. Nie wieder wollte ich, diese Enge spüren und diesen Schmerz, der sich in mir ausbreitete.

Menschen waren grausam, dachte ich. Worte waren grausam.

„Danke für deine Ehrlichkeit", brachte ich über die Lippen.

Ich war erstaunt, dass meine Stimme nicht zitterte. Sie klang gefasst und hart.

Nathan sagte nichts. Scheinbar bereute er seine Worte. Natürlich. Er war nicht der Mensch, der böse Dinge sagte. Er dachte sich seine Meinung, sprach sie jedoch nicht aus. Doch jetzt hatte er es getan und bereute es.

In dem Moment fasste ich einen Entschluss. Menschen brauchte ich nicht. Ich konnte mich ganz gut alleine durchschlagen. Ich musste bloss Camilla finden. Dann würde ich es bis nach Halen schaffen.

Mit einer Hand hielt ich mich an der Mähne fest, mit der anderen schob ich mich etwas zurück. Dabei stiess ich gegen Nathan, der erstaunt Luft ausstiess.

Ungeschickt versuchte ich, das Bein über den Pferderücken zu schwingen.

„Was tust du da?", fragte Nathan leises.

Ich versteifte mich, als er nach meiner Hüfte griff. Er sollte mich nicht mehr anfassen.

„Ich will absteigen", antwortete ich kühl.

Mein Herz zog sich mit jedem Wort weiter zusammen. Eigentlich wollte ich nicht gehen. Ich hatte Angst zu gehen. Doch mit ihm wollte ich keine Sekunde länger zusammen sein.

„Und dann?"

Er liess meine Hüfte los, machte jedoch keine Anstalten, das Pferd zum Stehen zu bringen.

Ich schnaubte.

„Ich werde laufen", erwiderte ich.

Einerseits war ich erstaunt über mich selbst, andererseits hatte ich gewusst, dass ich einen kalten Teil in mir hatte. Doch ich hatte ihn noch nie zum Vorschein gebracht.

Nathan zuckte bei meinen Worten zusammen.

„Hör auf damit", murrte er und wollte wieder nach mir greifen.

Ich rutschte von ihm weg. Beinahe wäre ich vom Pferderücken gefallen.

Mein Körper reagierte auf seine Berührung. Und zwar nicht besonders vorteilhaft. Er sehnte sich nach Nathans Wärme. Gleichzeitig war er jedoch dazu geneigt, sich in seiner Nähe zu verkrampfen.

„Ich werde runterspringen, wenn du das Pferd nicht anhälst", drohte ich ihm mit fester Stimme.

Nathan rührte keinen Finger.

„Du weißt nicht einmal, in welche Richtung du gehen musst", erwiderte er und klang wieder erstaunt gefasst.

Er hatte Recht.

„Dann sag mir den Weg", sagte ich trotzig.

Sein Satz hallte in meinem Kopf wieder.

Bereute er es wirklich? Glaubte er, es wäre besser gewesen, mich einfach umzubringen?

Es gab viele Fragen, die ich ihm gerne gestellt hätte. Doch der Schmerz, der in meiner Brust tobte, liess es nicht zu. Kein Wort verliess meinen Mund.

„Du hast kein Proviant", sagte Nathan genervt.

„Dann gib mir welchen mit."

Er schien wohl zu bemerken, dass es kein Zweck hatte, mit mir zu diskutieren. Er seufzte.

„Maureen, es tut mir leid", setzte er an.

Aber ich wollte ihm nicht zuhören. Dieses Mal hatte ich es nicht vor. Er konnte sich sooft entschuldigen, wie er wollte. Ich wollte seine Entschuldigung nicht hören.

„Halt das Pferd an", fiel ich in seine Worte.

Die Dunkelheit fühlte sich auf einmal so geborgen an. So, als würde sie mir Schutz bieten. Vielleicht tat sie das auch wirklich. Vielleicht rollten mir gerade zwei Tränen über die Wangen, die ich am liebsten zurückgedrängt hätte.

„Erst, wenn du meine Entschuldigung angenommen hast", erwiderte Nathan nach kurzem Schweigen.

War das sein Ernst? Er konnte doch nicht wirklich wollen, dass ich sie annahm. Er musste doch wissen, wie ich mich fühlte.

Hatte er nicht genau das von mir erwartet? Dass ich zwischen seinen Worten lesen konnte. Dass ich hinter die Fassade sehen konnte.

Und jetzt tat er das gleiche wie ich. Er sah bloss das, was ich tat, und hörte bloss das, was ich sagte.

Ich versteifte mich. Auf keinen Fall wollte ich weiter mit ihm diskutieren. Nicht jetzt.

„Angenommen", presste ich hervor.

Er hielt das Pferd nicht an. Stattdessen seufzte er und berührte mich an der Schulter.

Als ich zusammenzuckte, zog er verletzt die Hand zurück.

„Ich meine, ernst annehmen", erwiderte er.

Ich biss mir auf die Lippen.

Warum erwartete er diese Dinge von mir? Dass ich seine Entschuldigung ernst nahm? Dass ich ihn durchschaute?

„Warum", sagte ich leise, „willst du mich küssen, wenn dir dein Gefühl sagt, du hättest mich umbringen sollen?"

Damit hatte ich wohl einen wunden Punkt getroffen.

Nathan schwieg. Er versteifte sich und rutschte etwas zurück. Dann zog er an den Zügel und das Pferd blieb stehen.

Vorsichtig rutschte ich vom Rücken und landete unsanft im Gras. Hastig stand ich auf und blickte zu ihm hoch.

Er musterte mich von oben bis unten.

„Denk an die Kreaturen", sagte er schliesslich. „Sie werden dich vernichten."

Ich schluckte meinen Schmerz hinunter. „Danke."

Nathan nickte langsam.

„Pass auf dich auf", murmelte er.

Ich reckte den Kopf und nickte. „Auf Wiedersehen, Nathan."

„Auf Wiedersehen, Maureen."

Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, schnalzte er mit der Zunge und die Pferde kehrten. Er drehte sich kein einziges Mal um, als er in die Dunkelheit zurückritt und mich alleine liess.

Ich starrte ihm hinterher, bis ich ihn nicht mehr sehen konnte. Mein Herz wurde schwer, als er mit der Nacht verschmolz und mir bewusst wurde, dass ich alleine war.

Auf einmal war die Dunkelheit kein Schutz mehr. Auf einmal bemerkte ich, wie alleine ich war. Dass ich niemanden hatte. Ich fühlte mich wieder wie das Staubkorn, das ich einst war.

Wieder schwebte ich einsam in der Dunkelheit. Wieder war weit und breit niemand. Wieder gab es bloss mich.

Doch dieses Mal empfand ich diese Einsamkeit. Dieses Mal hatte ich ein Bewusstsein für meine Lage. Zum ersten Mal fühlte ich mich verloren.

Die Tränen brachen die innere Mauer. Sie rollten über meine Wange und tropften ins Gras. Ich gab keinen Laut von mir.

Stillschweigend litt ich das erste Mal während meiner Existenz.

Hatte ich das nicht herausprovoziert? Hatte ich es nicht genau auf das hinauslaufen lassen? Ich hatte gewollt, dass er mich aussetzt.

Vielleicht, damit ich endlich einen Grund hatte zu weinen. Vielleicht, weil er mich überfordert hatte. Vielleicht, weil ich mit allen Gefühlen nicht klar gekommen war.

Er hatte Dinge in mir ausgelöst, mit denen ich mich nicht messen konnte. Sie waren grösser als ich. Sie waren mächtiger als ich. Sie waren nichtüberschaubar. Ich konnte sie nicht kontrollieren. Sie waren überwältigend. Und ich war wieder klein. Zu klein, um sie aufzuhalten.

Nathan.

Ein Name, der mir etwas bedeutete. Ein Name, der mir wichtig war. Ein Name, der Sehnsucht in mir weckte. Und Schmerz.

So viel süsser Schmerz.

Ich wollte kein Mensch mehr sein. Das wurde mir in diesem Moment bewusst. Ich wollte wieder ein Staubkorn sein. Ich wollte die ganze Verantwortung abgeben. Diese Gefühle wollte ich dorthin zurückdrängen, wo sie hergekommen waren. Sie hinter einer Mauer einschliessen. Mein Herz sollte gefüllt von Leere sein. Ich sollte aus Leere sein.

Menschsein war anstrengend. Und ich war dieser Herausforderung nicht gewachsen.

Mit dem Handballen wischte ich mir über die Augen. Langsam zog ich die Schultern an und drehte mich um.

Ich brauchte nur Camilla zu finden. Dann wäre ich nicht mehr alleine. Sie würde mich nach Halen bringen und dort würde ich den treffen, der mich erschaffen hatte.

Getrieben von meiner Einsamkeit lief ich orientierungslos in die Dunkelheit. Der Mond drückte durch die schwarzen Wolken und spendete sein kaltes Licht. Der Wind wehte durch mein Haar und drang durch mein Kleid auf meine Haut.

„Camilla."

Meine Stimme brach.

Mir war kalt.

„Camilla", flüsterte ich mit zitternder Stimme. „Wo bist du?"

Mit jedem Schritt entfernte ich mich mehr von Nathan. Ich stapfte weiter und schlang meine Hände um meinen Körper.

Ich brauchte sie.

Ich brauchte Camilla.

Ich brauchte meine Schwester.

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