VII. Praetium victoriae

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Jetzt ist das letzte Update hier doch schon wieder länger her als geplant... Tut mir echt leid. Und was ich natürlich bei der Gelegenheit damals vergessen habe, war mich endlich Mal zu bedanken. Erst 7 Kapitel und schon haben wir die 200 votes geknackt, so viele Views und richtig viele Kommentare (die ich ja am meisten liebe ;))! Vielen lieben Dank!

VII. Praetium victoriae
Der Preis eines Sieges

» Agunt opus suum fata «
- Seneca

Die Schicksalsgöttinnen sind am Werke

Mit schwachen Beinen folgte Runa dem Mädchen durch das Gebäude, vorbei an den unzähligen Statuen, die immer wieder dieselben oder verdächtig ähnliche Gesichtszüge trugen - die des Calpurnius. Nur hier und da fand man einige, die deutlich aus diesem Muster fielen, wenn man von den Büsten seiner Vorfahren, die sich mit stolzen Mienen aneinanderreihten, absah. An ihrem ersten Tag war es ihr gar nicht aufgefallen. Viel zu sehr hatten sich die Blicke der vielen Abbilder ihres neuen Herren in ihren Körper gebrannt wie die lebloser, dunkler Wächter dieses Hauses. 

Nun aber, da sie sich langsam begann an ihren befremdlichen Anblick zu gewöhnen, bemerkte sie unter jenen auch weitere Gesichter - oder viel eher ein ganz bestimmtes. Jung, mit zarten ätherischen Zügen und einer Wärme, die darin lag, die selbst durch den kalten Stein noch zu spüren war als wäre der Mann selbst anwesend. Dass es sich bei dieser Person um Calpurnius in jüngeren Jahren handelte, schloss Runa sofort aus.
Dieses Gesicht besaß eine solche Symmetrie und Schönheit, dass es unmöglich zu der Härte und den kleineren und größeren Makeln in dem des Senators passen hätte können. Nein, das war jemand anderes. Aber wer? Sein Sohn? Wenn, dann sah er seinem Vater kein bisschen ähnlich. Jedenfalls musste es jemand sein, der Calpurnius Parvus am Herzen lag, denn je mehr Runa danach Ausschau hielt, desto öfter fand sie das hübsche Gesicht unter den vielen Bildnissen des Senators. 

Allerdings blieb ihr nicht lange Zeit, sich Gedanken über diesen fremden jungen Mann zu machen, denn Hadassah hielt in ihrem schnellen Schritt keinen Augenblick inne oder verlangsamte ihn auch nur, um auf sie zu warten, bis sie schließlich an ihrem Ziel angekommen war. So hatte Runa keine andere Wahl als ihr hastig zu folgen.
Gewissenhaft wie bereits das vorherige Mal kümmerte sich Hadassah um ihr Erscheinungsbild, vielmehr so als wäre sie ihre Herrin und nicht eine beliebige andere Sklavin und nachwievor so liebevoll wie eine Mutter, obwohl sie sich kaum kannten.

„Du hast nicht geschlafen?‟, unterbrach die Judäerin irgendwann die drückende Stille, wobei es sich wohl eher um eine Feststellung als eine tatsächliche Frage handelte. Schließlich waren die Spuren dieser Nacht kaum zu übersehen; unverkennbar durchzogen sie ihr zartes Gesicht. Täuschte sie sich oder war es wirklich das erste Mal, dass das Mädchen sprach, ohne dazu aufgefordert worden zu sein?
„Der Wutausbruch deines Herren war kein schönes Schlaflied‟, erwiderte Runa kopfschüttelnd.
„Ist man lange genug hier, gewöhnt man sich daran. Außerdem hätte er dich seinen Zorn nicht spüren lassen‟, erklärte die andere sanft, während sie einen Kamm behutsam durch ihr blondes Haar gleiten ließ.

„Vielleicht möchte ich mich gar nicht daran gewöhnen‟, erwiderte Runa leise, doch ohne das tiefe Widerstreben in sich verstecken zu können, woraufhin Hadassah nur milde lächelnd den Kopf schüttelte. Zumindest glaubte Runa, dass sie es tat, denn selbst wenn sie ihre Lippen hinter dem Schleier nicht sehen konnte, schien es sich in ihren dunklen Augen widerzuspiegeln.
Sie wollte Calpurnius' Toben, Olympias' Verachtung und die ständige Gefahr, die sie hier verfolgte, niemals als alltäglich empfinden und hoffte, dass sie es auch nie würde müssen. Wenn der Centurio heute nur die Wette gewann, würde es auch so sein. 

Doch wollte sie das denn wirklich? Konnte sie sich tatsächlich noch sicher sein, dass er die besser Wahl war oder lauerte hinter diesen ruhigen bernsteinfarbenen Augen, der dunklen Stimme und der anmutigen Gelassenheit eine Bedrohung, die sich nicht einmal erahnen ließ? Weshalb hatte er ausgerechnet sie zum Preis gewählt? Um dem Senator eine Niederlage zu verschaffen, die er so schnell nicht vergaß, keine Frage. Aber steckte alleine das dahinter oder verfolgte er noch andere Ziele? Es blieb nur zu hoffen, dass sie denen ihres jetzigen Herren in keiner Weise glichen...

Doch darauf vertrauen konnte Runa nicht. Genauso wenig wie sie irgendjemandem sonst noch traute. Niemandem, außer möglicherweise Hadassah, die sie als einzige in diesem Haus nicht ohne einen bedauernden Blick zurückzuwerfen verlassen hätte.
„Wäre Olympias nicht gewesen, hättest du zumindest ein bisschen weniger Arbeit‟, setzte Runa schließlich noch seufzend nach.
„Olympias?‟ Überrascht hielt Hadassah in ihrer Bewegung inne.
„Ihretwegen musste ich mich alleine um das Chaos der letzten Nacht kümmern. Offensichtlich habe ich mir schon in meinen ersten Tagen hier Feinde gemacht.‟
„Das würde ich so nicht sagen‟, erwiderte sie kopfschüttelnd, „ihr seid euch in einigem ähnlich.‟
„Ähnlich? Das bezweifle ich‟, zischte Runa.

„Oh doch. Auch sie war einmal widerspenstig und aufsässig. Eine wahre Herausforderung für jeden, der sie besitzen möchte. Vielleicht fürchtet sie, du könntest eine größere sein.‟
„Das verstehe ich nicht‟, gab sie mit gerunzelter Stirn zu. War eine demütige, folgsame Sklavin nicht eben das, was sich jeder Römer wünschte? Wer wollte denn schon ein ungehorsames Biest, das sich jedem Befehl widersetzte?

„Ich erinnere mich, wie mir der Herr vor einiger Zeit - er hatte an diesem Abend sehr viel Wein getrunken - erzählt hat, er würde sich immer ganz bestimmte Sklaven aussuchen. Die, in deren Augen er ein Feuer sieht, das noch nicht erloschen ist. Gehorsame Diener, meinte er, fände man auf jedem Markt in einer Vielzahl. Sie folgen dem, der sie kauft, und die meisten Männern und Frauen würden sich mit diesen begnügen. Aber nicht er. Er suche keine gezähmten Kätzchen, sondern Tiger. Die wildesten von ihnen. Nichts wäre eine spannendere und lohnendere Aufgabe, sie zu bändigen, auch wenn er damit das Risiko einginge, einige an Resignation und Tod wieder zu verlieren. Denn kein Sklave könnte treuer und wertvoller für seinen Herren sein als der, der sich den Ketten nicht einfach ergab - sondern ihm selbst half, sie anzulegen.‟

Der kolossale Circus Maximus schmiegte sich in das Tal zwischen Palatin und Aventin, füllte es beinahe aus als wäre jenes einzig für diesen Zweck geschaffen. Das größte Bauwerk Roms, das immer wieder in Staunen versetzte und so viele Zuschauer in den Rängen versammeln konnte, wie es keiner Arena möglich gewesen wäre oder überhaupt irgendeinem anderen Ort. Wie viele Gebäude und Kunstwerke ragte es als stetiges Monument, dass die Götter dieses Volkes mächtig waren und es wieder und wieder begünstigten, in den Himmel. 

Was allerdings überwältigender schien als der Circus selbst waren die Menschenmassen, die sich davor und ins Innere drängten, bereits jetzt untereinander heftig diskutierten und ihre Aufregung über das bevorstehende Wagenrennen lautstark zum Ausdruck brachten. Alle Schichten und Arten von Menschen trafen hier aufeinander - Senatoren und Ritter wie einfache Bürger und ehemalige Sklaven, Patrizier wie Plebejer, Freie wie Unfreie. Runa glaubte von der Menge brutal mitgerissen und erstickt werden zu müssen.
Das und die Strahlen der langsam den wolkenlosen Himmel empor kletternden Sonne, die innerhalb kürzester Zeit mit erbarmungsloser Intensität auf die Dächer der Stadt und seine Bewohner brennen würde, lösten ein unbehagliches Gefühl des Schwindels und der Übelkeit in ihr aus, die sich mit ihrer Müdigkeit, der Erschöpfung und der aufsteigenden Spannung zu einem erdrückenden Chaos vermischten.

Obwohl sie in Rom aufgewachsen war, hatte sie noch nie so viele Menschen an einem Ort gesehen und das in einem solchen unruhigen, tosenden Gedränge. Wagenrennen und Gladiatorenkämpfe trugen sie von überall her hier zusammen. Dass es sich bei der heutigen nicht um irgendeine Veranstaltung handelte, sondern die der jedes Frühjahr stattfindenden Megalensia, zu Ehren der Magna Mater, die mit Theateraufführungen und Wagenrennen acht Tage lang gefeiert wurden, spielte dabei keine unbedeutende Rolle.  

Hatte Runa den Circus bereits von außen beeindruckend gefunden, staunte sie umso mehr als sie die Ränge für die Zuschauer erreicht hatten, wo Atius selbstverständlich bereits in der vordersten Reihe wartete. Bis sie ihn in der Menschenansammlung entdeckt und schließlich auch erreicht hatten, war jedoch eine Weile vergangen.
Die Begrüßung der Männer nahm Runa nur dunkel wahr, denn der Ausblick, den sie von hier aus, ganz vorne am Rand der Tribüne genießen konnte, riss all ihre Aufmerksamkeit an sich. In beide Richtungen erstreckten sich die Mauern in Weiten, die ihr den Atem verschlugen. Der Circus Maximus war riesig!

Dazu kam der Prunk. Auf der Spina, der Mittellinie, die sich durch den Sand zog, reihten sich Altäre, Statuen, die drei verschiedenen Rundenzähler und allerlei weiterer Monumente aneinander, darunter auch eine Abbildung der auf einem Löwen reitenden Magna Mater. Von den zarten Sonnenstrahlen getroffen erstrahlten einige davon golden, beinahe so, als wären es nicht ganz gewöhnliche Männer, die mit ihren Pferden hier ihre Runden drehen würden, sondern als wäre dieser Ort für den Sonnenwagen des Apollo selbst bestimmt.  

„Ein schöner Anblick, nicht wahr?‟, durchbrach eine zarte Stimme ihre Gedanken.
Überrascht riss Runa ihren Blick von der Pracht des Circus' los und sah direkt in das Gesicht einer jungen Frau, die mit Abstand die schönste war, die sie jemals gesehen hatte. Dort, wo sie das Licht der Sonne traf, leuchteten ihre braunen Augen in einem warmen, satten Grün, umrahmt von dichten Wimpern, die ebenso Schwarz schienen, wie das Haar, das unter dem Stoff der Palla hervor lugte. Aus ihren feinen Gesichtszügen war die Kindlichkeit noch nicht ganz verschwunden, womit sie wohl kaum älter war als die Sklavin selbst. Ihre Lippen waren zu einem sanften Lächeln geformt, das vermutlich jedes noch so harte Herz hätte erweichen können, und von einem zarten Rot.
Wie es dem Ideal entsprach war sie recht blass, der Ton ihrer Haut allerdings besaß eine unverkennbare Wärme, fast wie Pergament, wodurch sie doch ein kleinwenig gebräunter schien als es so mancher eitlen Römerin lieb gewesen wäre. 

Schüchtern nickte Runa und senkte sofort den Blick. Ob in Calpurnius' Haus oder hier, letztendlich war sie doch bloß eine Sklavin und sie wollte nicht unnötig weitere negative Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
„Ich habe auch so gestaunt, als mich mein Onkel das erste Mal zu einem Wagenrennen mitgenommen hat‟, fuhr das Mädchen aber unbefangen fort.
„Annaea, du bist nicht hier, um dich mit Sklaven zu unterhalten‟, unterband eine strenge Stimme jedes weitere Wort. „Komm, begrüße unseren geschätzten Freund Senator Parvus.‟
Runa erkannte die Frau sofort wieder, die gesprochen hatte. Die Frau des Centurios. Dieses Mädchen gehörte zu ihnen? War Atius etwa der Onkel, von dem sie gesprochen hatte, oder war er gar ihr Vater?

„Ach, deine reizende junge Nichte beehrt uns heute auch mit ihrer Anwesenheit?‟, stellte der Senator mit einem überaus charmanten Lächeln fest, das seine Wirkung allerdings verfehlte. Runa glaubte sogar einen kaum merkbaren Hauch von Ablehnung wahrzunehmen, während Annaea ihn höflich und in aller Form begrüßte. Vermutlich aber bildete sich das bloß ein.
Währenddessen hatte sich die Aufmerksamkeit des Centurios auf Runa gerichtet, die nun unsanft von Calpurnius in dessen Richtung gestoßen wurde, wo sie knapp vor ihm stolpernd zum Stehen kam. Beinahe wäre sie gegen ihn geprallt.

„Wie du siehst, ist dein Gewinn unbeschadet‟, erklärte er. „Wenn du mir nicht glaubst, kannst du dich davon gerne noch selbst überzeugen. Nur zu.‟
Mit gerunzelter Stirn taxierte Atius jeden einzelnen Millimeter ihres Körpers, verharrte mit seinen Blicken nirgendwo länger als nötig. Schließlich aber blieben sie an ihren Händen hängen. Die Falte zwischen seinen Augenbrauen vertiefte sich, während er sie mit seinen umfasste. Die Schürfwunden und Kratzer, die sie sich bei ihrem Sturz zugezogen hatte, waren noch deutlich zu sehen.

„Woher stammt das?‟, fragte er mit leiser, dunkler Stimme.
„Von meiner Flucht. Ich bin gestolpert und hingefallen‟, antwortete sie kaum hörbar.
„Und das ist die Wahrheit? Du solltest deinen neuen Herren nicht belügen.‟ Mit einer Hand hob er ihr Kinn und seine Augen bohrten sich in ihre als könnten sie aus ihnen jeden ihrer Gedanken unverfälscht lesen. Runa zwang sich dem Wunsch, ihm auszuweichen, nicht nachzugeben. Selbst, wenn er ihre geheimsten Gefühle hätte er erkennen können, wäre er doch hier nur auf Bestätigung gestoßen. Letztendlich wollte sie zudem keine Schwäche zeigen.
„Ja, ist es‟, antwortete sie also bestimmt und erwiderte seinen Blick unbeirrt.
Mit einem nachdenklichen Nicken ließ Atius von ihr ab.

„Wie ich fürchte, ehrenwerter Centurio, hast du dich allerdings in der Reihe geirrt‟, fuhr Calpurnius mit einem süffisanten Lächeln an den Mann gewandt fort. Kurz zuckte sein Blick zu der marmornen Sitzbank. „Die erste Reihe ist doch für wichtigere Persönlichkeiten vorbehalten. Zudem die Plätze so nahe an denen Caesars. Dein Vater mag zwar ein-‟
Doch weiter kam er gar nicht, denn Atius unterbrach ihn völlig unbeeindruckt: „Keine Sorge, ehrenwerter Senator. Caesar Augustus selbst war so überaus freundlich mir und meiner Familie diese Plätze anzubieten.‟
„Natürlich‟, erwiderte Calpurnius mit einem verkniffenem Lächeln. Sein Unmut entging auch Runa nicht. Dass der Mann, der ihn eben erst vor seinen einflussreichen Freunden, inklusive Augustus selbst, lächerlich gemacht hatte, von diesem nun auch so bevorzugt behandelt wurde, gefiel ihm kein bisschen.

Genau im rechten Moment hinderte das Erscheinen eines weiteren Mannes, dass der Senator weitersprechen und damit womöglich die aufkommende Spannung verstärken hätte können. Runa glaubte, ihn als Atius' Freund wiederzuerkennen. Sicher sein konnte sie sich jedoch nicht, denn gestern hatte sie ihn bloß im flackernden Schein der Lampen genauer betrachtet.
„Verzeiht meine Verspätung. Ich fürchte, ich habe mich gestern doch zu etwas zu viel Wein verleiten lassen‟, entschuldigte er sich mit einem verlegenen Lächeln. „Besonders, wenn der beste Roms serviert wird, ist es schwer zu widerstehen‟, fügte er noch mit einem höflichen Nicken in Calpurnius Richtung hinzu. Das kleine Kompliment verfehlte seine Wirkung nicht.

„Appius! Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr‟, tadelte Atius scherzhaft.
„Und lasse mir das entgehen? Bestimmt nicht‟, erwiderte dieser schmunzelnd.
Sie fanden sich auf ihren Plätzen ein, wobei Appius freundlich anbot, sich neben Annaea zu setzen, was von Atius mit einem dankbaren Nicken quittiert wurde. Der Grund war offensichtlich. 

Trotz der Massen, die der Circus Maximus ohnehin schon hätte aufnehmen können, waren die vorgesehenen Sitzplätze recht schmal. Dadurch bot sich eine ideale Gelegenheit als Mann einer hübschen Frau näher zu kommen - sehr viel näher. Dass der Centurio nicht angetan davon gewesen wäre, hätte ein Fremder - oder vielleicht auch Calpurnius - so sein Glück bei seiner Nichte versucht, war nicht schwer auszudenken. Zu ihrer anderen Seite saß Atius' Frau, neben ihr der Centurio selbst.
Der Senator ließ sich direkt neben diesem, seinem Rivalen nieder, Runa selbst an seiner Seite. Vermutlich verdankte sie diese Ehre aber auch nur der Befürchtung, sie hätte anderswo wieder einen Fluchtversuch wagen können, oder dass er hoffte, damit Atius seine Niederlage deutlicher spüren lassen konnte. Wenn es denn dazu kam. 

So saß sie dicht an den Senator gedrückt, was ihr schon im ersten Augenblick Unbehagen verschaffte. Der massige Mann zu ihrer anderen Seite ließ ihr allerdings auch keine Möglichkeit von ihm abzurücken.
„Gewöhn' dich lieber daran‟, zischte Calpurnius, ohne sie auch nur anzusehen, was sie daran zweifeln ließ, dass sie richtig gehört hatte. Spielte ihr müder Verstand nun auch noch dumme Streiche? Und doch jagten ihr die Worte einen eisigen Schauer über den Rücken, der sie trotz der Hitze erzittern ließ.

„Mein Blumenkranz scheint dir nicht geholfen zu haben‟, stellte Annaea an Appius Sempronius Durio gewandt fest. Wie beiläufig, doch in ihren Augen lag ein schelmisches Funkeln.
Die plötzliche Nähe zu ihm war ungewohnt, obwohl er sich Mühe zu geben schien, ihr so viel Freiraum wie möglich zu lassen, was hier allerdings nur von geringem Erfolg gekrönt sein konnte. Sachte berührten sich ihre Seiten und sie glaubte sogar, die Wärme seines Körpers durch den Stoff der Kleidung spüren zu können, den angenehmen Duft, der von ihm ausging, zu riechen.
Wie vielen Menschen war sie bisher so nahe gewesen? Nicht vielen, schon gar keinem beinahe Fremden. Es war ein merkwürdiges Gefühl, das eine leise Nervosität in ihr auslöste. 

„Oh doch, das hat er. Ohne ihn hätte ich noch mehr Wein gebraucht, um den ein oder anderen der Gäste und diese grässlichen Poeten zu überstehen. Freundlicherweise hat mich dein Onkel nämlich damit völlig alleine gelassen‟, antwortete er schmunzelnd.
„Ach‟, eine ihrer Augenbrauen wanderte in die Höhe, „ich dachte, Schlimmeres als meine kleine Vorstellung auf der Lyra könntest du gestern gar nicht zu hören bekommen haben.‟ Ihr gefiel es, wie ungezwungen sie mit ihm sprechen konnte. Ihre Tante wies sie regelmäßig darauf hin, wie sehr Marcus sie doch verzogen hätte, ihr zu viel hatte durchgehen lassen, und dass sie lernen musste, ihre Zunge zu hüten, wenn sie keine möglichen Heiratskandidaten schon mit ihren ersten Worten in die Flucht schlagen wollte.

Du sprichst wie ein Mann, aber das steht dir nicht zu. Du bist eine Frau. Wir alle müssen uns an unsere Rolle in dieser Welt gewöhnen. Es ist sinnlos, sie zu leugnen, hatte sie Livia vor einiger Zeit gerügt. Annaea war klar, dass sie recht hatte, auch wenn sie nicht begriff, wieso Marcus selbst sie nie dafür kritisiert, sie nie zurechtgewiesen hatte.
Appius schien sich jedenfalls nicht daran zu stören, dass sie ihre Gedanken frei aussprach. Oder zeigte er es ihr bloß nicht? Die Vorstellung er könnte sie heimlich belächeln, sie wie Livia als vorlautes dummes Mädchen abtun und es alleine seiner engen Freundschaft mit Marcus wegen nicht aussprechen, löste ein Gefühl nagender Unbehaglichkeit in ihr aus.

„Du unterschätzt dich‟, erwiderte er mit einem warmen Lächeln, das sie ihre Sorgen zumindest kurzzeitig beiseiteschieben ließ.
„Aber hätte deine Frau den Abend für dich nicht besser erträglicher machen können als Wein? Oder hat sie dich nicht begleitet?‟, fragte Annaea neckisch weiter, hoffend, dass sie sich nicht falsch erinnerte. Doch sie war sich sicher, dass Marcus mehrmals seine Frau erwähnt hatte, auch wenn sie sich nicht daran erinnern konnte, sie getroffen zu haben. Andererseits war ihre Erinnerung an Appius selbst auch verschwommen.

Ein düsterer Schatten huschte über sein Gesicht und wie schon einen Tag zuvor wurde der Ausdruck darin unglaublich ernst, was gar nicht zu dem sonst so fröhlichen Mann zu passen schien. Mit einem Mal glaubte sie, einen ganz anderen Menschen vor sich zu haben.
„Ich bin nicht verheiratet. Nicht mehr.‟

Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen. In diesem Moment hätte Annaea viel dafür gegeben, auf Livias Rat gehört zu haben. Manchmal, nein, meistens wäre es besser, wenn sie einfach still wäre, anstatt so unbedacht vor sich hinzuplappern. Wie konnte sie nur so dumm sein?
„Vergib mir, ich hätte nicht-‟, setzte sie an, war allerdings unfähig, den Satz zu beenden.
„Du wusstest es nicht‟, tat er ihre Entschuldigung ab, ehe er als wäre nichts geschehen das Thema wechselte. „Sieh mal, es fängt an.‟

Eröffnet wurde die Darbietung mit einem Festzug, der sich durch die porta pompae ihren Weg in den Circus bahnte. Wie gefolgt von seinem Heer durchquerte der prächtig als Triumphator gekleidete Veranstalter als erstes das Tor bei den Startboxen, bevor ihm jenes - das allerdings unter anderem aus den Teilnehmern des Rennens bestand - nachfolgte.
„Viel lieber würde der Praetor vermutlich als tatsächlicher Triumphator durch die Straßen ziehen‟, bemerkte Appius neben ihr kopfschüttelnd.
„Du kennst ihn?‟, fragte Annaea neugierig, obwohl sie das nicht hätte überraschen sollen. Jeder, der sich einen Namen gemacht hatte oder sogar schon mit einem geboren worden war, war ihm ein Begriff, ebenso wie man ihn selbst überall kannte.

„Natürlich. Ein aufgeblasener Mensch. Er wirbt recht offensichtlich um die Gunst Senator Parvus' - und natürlich um die Caesars‟, erläuterte Sempronius, während sie gespannt lauschte. Die Welt der Politik war ihr völlig fremd, wie auch die Kreise, in der sich Männer wie Calpurnius, Appius und teilweise ihr Onkel bewegten und sie würden es für sie als Frau auch immer ein wenig bleiben. Fremd und damit geheimnisvoll und interessant.

Schließlich folgten die auf Wagen transportierten elfenbeinernen Götterbilder, allen voran Victoria, für die besonders Calpurnius heftig applaudierte. Den Beistand der Göttin des Sieges konnte er heute auch dringend brauchen, wie Annaea erfahren hatte. Nicht zuletzt, weil sich ihr Onkel vermutlich mehr auf Wagenrennen verstand als der Senator. Pferde waren immerhin eine seiner vielen Leidenschaften. Zu gerne hätte sie gewusst, was am vergangenen Abend vorgefallen war, und alleine deswegen bedauerte sie ihre Entscheidung beinahe, ihn und Livia nicht zu begleiten. Allerdings nur beinahe.  

Nachdem die pompa circensis ihre Runde vollendet hatte, wurden die Startboxen mit der drehbaren Urne ausgelost. Langsam begann Annaea die drückende und ungewöhnliche Hitze des Tages deutlicher zu spüren, die sich über die Stadt legte und die Luft selbst trocken erscheinen ließ. Die Nähe zu Appius, der durch eine heftige Bewegung, die aus irgendeinem Grund durch die Reihe ging, noch enger an sie gedrückt wurde, tat das Übrige. Seine Seite presste sich an ihre und schob Annaea dichter an Livia.
„Verzeihung‟, entschuldigte sich Durio sofort. „Geht es dir gut?‟

Sie nickte, obwohl es nicht stimmte. Die Zuschauertribüne schien plötzlich nicht mehr fester Grund, sondern wie ein schwankendes Schiff im Sturm unter ihr. Die Wagen mit den davor gespannten Pferden, die in die Startboxen bugsiert wurden, drehten sich ein wenig, die im pulvinar aufgestellten Götterbildnisse tanzten. Das Atmen fiel ihr mit einem Mal viel schwerer und ihr Herz begann hektisch gegen ihren Brustkorb zu schlagen, beinahe so als fühle es sich darin gefangen. Das wilde Pochen hallte dumpf in ihrem gesamten Körper wider. Es war ein seltsames Gefühl. Was war denn nur los mit ihr? Schon seit dem Morgen war ihr nicht ganz wohl, vielleicht lag es daran. Wurde sie etwa krank?

„Fühlst du dich nicht gut?‟, fragte Livia mit gerunzelter Stirn.
„Es ist nur ein wenig heiß‟, antwortete Annaea abwehrend mit schwacher Stimme.
„Die Hitze in den letzten Tagen ist wirklich schrecklich‟, bestätigte Appius und zog seine Schreibtafel hervor, mit der er ihr ein wenig Luft zufächelte, die zumindest ein klein wenig Kühlung versprach. Sie schenkte ihm noch ein dankendes Lächeln, ehe das weiße Tuch fiel - und das Rennen begann.

Mit pochendem Herzen beobachtete Runa wie das hell gefärbte Stück Stoff aus den Händen des Praetors zu Boden segelte. Es war so weit! Wiehernd bäumten sich die Pferde auf, warfen ihren Kopf nach hinten und schlugen mit den Hufen gegen das noch geschlossene Gittertor so als könnten sie es kaum erwarten, endlich laufen zu dürfen.
Die Startboxen sprangen auf und heraus schossen die sechs Gespanne, wovon genau in dem Kampf zwischen zwei von ihnen Runas Schicksal entschieden werden sollte. Ein Rennen zwischen dem Wagenlenker Davus, der Atius' Favorit war, und dem Mann, auf den Calpurnius setzte, Terpnus. Bis sie die weiße Linie erreicht hatten, ab der sich die Wagen von ihrer vorgeschriebenen Bahn lösen konnten, schienen bloß Sekunden zu vergehen. 

Unzählige Hufe trommelten über den Sand und ließen ihn wild aufstieben. Starke Muskeln, die unter dem in der Sonne glänzenden Fell spielten. Fliegende Mähnen. Das Knallen einer Peitsche. Mit Geschick nahm Terpnus, der nun ganz vorne lag, die erste Kurve, dicht hinter ihm die anderen.
Auf Calpurnius Lippen zeichnete sich ein siegessicheres Grinsen ab, während der Centurio mit steinerner Miene auf das Rennen hinabblickte. Gerade ging die erste Runde zu Ende und einer der in der Sonne glänzenden bronzenen Delphine, die mitunter als Zähler dienten, wurde gekippt. Erst eine Runde. Zu viel konnte noch in den folgenden sechs passieren, um jetzt schon sagen zu können, welches Ende die Wette nehmen würde.  

Wild trieb Terpnus sein Gespann aus vier kastanienbraunen und gescheckten Hengsten an - bis er einen groben Fehler beging. Runas Herz machte einen kleinen Satz. Die nächste Kurve nahm er deutlich zu weit und ermöglichte es den Rappen des Davus aufzuholen.
„Verflucht, was machst du denn?‟, zischte Calpurnius wütend und beobachtete fassungslos wie sein Favorit immer weiter zurück fiel. „Das darf doch nicht wahr sein, dieser Idiot!‟ In seinen Augen loderte ein Feuer, das vermuten ließ, dass er, wenn er gekonnt hätte, den Wagenlenker auf der Stelle eigenhändig erwürgt hätte.

Ihre schwarzen Mähnen flogen wild um Köpfe der Tiere, die einen immer größeren Vorsprung gewannen und die anderen Stück für Stück weiter hinter sich zurückfallen ließen. Er würde gewinnen! Wenn er die nächsten Runden heil überstand würde er gewinnen! In der Menge brandeten nun lautere Rufe der Begeisterung, des Erstaunens, des Unmuts, des Anspornes auf - je nachdem, welchen Favoriten man sich erwählt hatte.  

Irgendwann, kurz nachdem sich der dritte Delphin neigte, geschah allerdings etwas, das die Karten wieder ganz neu mischen sollte. Aus den Augenwinkeln erkannte Runa wie sich ein Mann erhoben und begonnen hatte, mit dem Stoff seiner Toga zu winken. Sofort erhob sich Calpurnius und tat es ihm gleich - es war seine Chance. Man forderte einen Abbruch des Rennens.
Runa verstand sich zu wenig auf die Regeln der Wagenrennen, um verstehen zu können, wieso ein Teil der Menge einen Neubeginn verlangte. Doch es geschah. Davus' Sieg wäre zum Greifen nahe gewesen und nun standen sie plötzlich wieder am Anfang, wieder an einem Punkt, an dem alles offen stand, und noch völlig unklar war, wer den Gewinn davon tragen würde. Das Schicksal spielte auf sehr grausame Weise mit ihr.

Wieder schnellten die sechs Quadrigen vor und überquerten die erste Linie in einer atemberaubenden Geschwindigkeit und erneut war es Terpnus, der sich einen Vorsprung sicherte.
Der erste Delphin. Die Hengste preschten noch weiter vor.
Der zweite Delphin. Davus holte auf. Knapp hinter ihm stießen die Räder zweier Wagen heftig zusammen, woraufhin der eine kippte und dem anderen die Achse brach. Unsanft wurden die Lenker in den Sand geschleudert. Einer kämpfte sich selbst humpelnd aber augenscheinlich nicht zu schwer verletzt an den Rand, den anderen lud man hastig auf eine Bare und trug ihn weg.
„Und du meintest, der würde gewinnen‟, erklärte der Mann neben Runa einem anderen kopfschüttelnd.

Der dritte Delphin. Terpnus blieb dicht gefolgt von Davus und dem anderen, Alexandros, doch ungeschlagen an der Spitze, während der dritte Lenker extrem zurückfiel. Aufregung ging durch die Menge.
Der vierte Delphin. Runa spürte, wie sie zu zittern begann. Als sie heute bei Hadassah gewesen war, hätte sie noch schwören können, nicht zu wissen, wessen Sieg sie sich denn wünschen sollte.
Nun ertappte sie sich dabei, zu allen möglichen Göttern für Davus' zu beten. Jeder Herr musste besser sein als Calpurnius, der mit einem immer breiteren Grinsen und einem glühenden Blick, der sich durch ihre Haut fraß, zu ihr blickte. Dies wurde ihr nun wieder bewusst und ob sie wollte oder nicht, sie konnte nicht anders, als darauf zu hoffen, dass Atius die Wette für sich entschied. 
Davus muss gewinnen. Er muss gewinnen. Er muss...

Der fünfte Delphin. Alexandros holte auf, hinter ihm Davus. Nachwievor war Terpnus ganz vorne. Ersterer zwang seine Pferde in eine enge Kurve, um ihn zu überholen und ihm seine Position streitig zu machen. Das Manöver schien nicht bloß waghalsig, sondern völlig wahnsinnig.
„Das schafft er nie‟, stellte Calpurnius nüchtern und mit einiger Genugtuung fest.
„Ich muss deinem Urteil widersprechen, Senator. Er wird es schaffen‟, wandte Atius kühl ein.
Runa glaubte zu sehen wie der Wagen an der Mittelbarriere schrammte, ein heftiges Wanken durch ihn hindurch gejagt wurde und er - gerade noch das Gleichgewicht wiederfand, bevor er hätte kippen können. Der Centurio hatte Recht behalten. Der Platz des Ersten gehörte einem anderen. Vorerst.  

Neben ihr zischte Calpurnius, doch letztendlich war es egal. Wenn sein Favorit vor Atius' lag, hatte er immer noch gewonnen und das tat Terpnus. Er war der Zweite. Davus nur, wenn auch mit großen Abstand zum Letzten, der Dritte.
Der sechste Delphin. Runas Herz schlug fast schmerzhaft gegen ihren Brustkorb, während sie ihre Hände zu Fäusten ballte. Ihre Nägel gruben sich fest in ihre zarte Haut, doch sie spürte es kaum. Das durfte doch nicht sein! Nicht jetzt, wo sie es beinahe aus den Fängen des Senators geschafft hatte. Nun konnte sie doch nicht so einfach wieder brutal in sie zurückgestoßen werden!

Atius... In diesem Moment verfluchte sie ihn für seinen dummen Einfall, Calpurnius eine weitere Wette vorzuschlagen. Für ihn mochte es ein Spiel sein, doch für sie bestimmte es die Zukunft, ihr weiteres Leben. Seinetwegen würde sie büßen müssen. Warum hatte er sich nicht einfach mit seinem Gewinn abfinden können? Nun würde er vor dem Senator eine bittere Niederlage erfahren und sie selbst konnte nie wieder darauf hoffen, dass sie Calpurnius' Haus je wieder verlassen würde. Zumindest nicht ohne wie Hadassah eine grausame Strafe zu erfahren und vielleicht sogar ebenso wie jene unter seiner Macht langsam zu zerbrechen.

Die drei Viergespanne näherten sich dem nun bereits eine ganze Runde zurückgefallenen Wagen, was in allen, die ihn favorisiert hatten, ein wütendes Toben auslöste, das dumpf, wie weit entfernt zu Runa drang. Schnell wollte sich Terpnus an ihm vorbeischlängeln. Der Mann trieb seine Pferde, die Hoffnungslosigkeit dieses Unterfangens völlig missachtend, aber zu immer höherem Tempo an und schnitt ihm den Weg ab. Die Tiere schnaubten widerwillig unter dem Knallen der Peitsche. Plötzlich durchfuhr ein Beben den Streitwagen. Ein Rad brach.

Ein heftiges Rucken ging durch den Wagen, der plötzlich scheinbar leicht wie ein Blatt im Wind hin und her gerüttelt und donnernd gegen die Mittelbarriere geschlagen wurde. Sein Lenker duckte sich schnell und wich zurück - Sekunden bevor er selbst mit aller Wucht dagegen geschmettert worden wäre. Und doch war es für ihn zu spät. Zwei der Pferde rissen sich los, die Quadriga kam rumpelnd und durch ein endgültiges Kippen jäh zum Stehen. Hektisch schnitt sich der Lenker von den Zügeln los und stürzte in den Sand.  

All das war in wenigen Sekunden geschehen, zu wenige als dass Terpnus hätte ausweichen oder bremsen können. Seine Hengste setzten zu einem Sprung über das plötzliche Hindernis an. Wagen traf auf Wagen. Terpnus wurde von den Beinen gehoben und hätte er die Zügel nicht wie die meisten der Rennfahrer fest um seinen Körper geschlungen, wäre er wohl sofort auf den Sand geschleudert worden. So landete er kurz nach dem Wagen unter den schockierten Blicken Runas und der anderen Zuschauer hart auf dessen Holz, während die Hufe der Pferde erbarmungslos auf seinen am Boden liegenden Rivalen niederschlugen, ihn mit trommelnden Tritt unter sich begruben und schließlich über ihn hinweg jagten. Der goldene Sand verfärbte sich rot.

Calpurnius' Gesicht schien mit einem Mal jegliche Farbe verloren zu haben und nicht einmal ein Fluch verließ seine Lippen, während seine geweiteten Augen geradezu an seinen Favoriten gefesselt waren. Runa presste die Lippen aufeinander und wandte den Blick hab. Sie hoffte, dass der medicus dem Mann noch würde helfen können, auch, wenn sie nicht wirklich daran glaubte.
Davus Rappen preschten vor und holten Alexandros, der das Rennen noch führte, beinahe ein. Terpnus rappelte sich zwar schwerfällig und trotz der wilden Turbulenzen, denen das Gespann nachwievor ausgesetzt war, auf, doch für ihn war das Rennen verloren. Der Wagen war stark beschädigt und brach ihm geradezu unter den Füßen weg. 

Brutal wurde er zu Boden geworfen, während die Hengste keine Anstalten machten, anzuhalten. Den zwei anderen weiterhin hinterher hetzend schleiften sie Terpnus durch den Sand, der verzweifelt versuchte, sein Messer zu ziehen. In der Kurve wurde sein Körper hochgehoben. Der Dolch rutschte ihm aus der Hand. 

Nein! In diesem Moment achtete Runa weder auf die zwei anderen Rennfahrer, die sich mit den führerlosen Rössern des Terpnus ein wildes Kopf an Kopf Rennen leisteten, noch dachte sie an die Wette. Ihre Blicke hingen alleine an dem Mann zu ihren Füßen, der grausam mitgezogen wurde und dessen Leben im Gegensatz zu seinem gefangenen Körper nur noch ein einem dünnen Faden hing, welcher im Begriff stand zu reißen. 
Er musste es schaffen! Seine Hände fischten verzweifelt nach dem Messer, das sie bald hinter sich gelassen hätten - und ergriffen es. Schnell und unter großen Anstrengungen durchtrennte die Klinge die Zügel und der Wagenlenker blieb im Sand zurück.

Direkt neben Davus erreichten die vier stattlichen weißen Tiere des Alexandros das Ziel. Der siebte Delphin war gekippt. Der verletzte Terpnus wurde von der Rennbahn getragen. Die Menge erhob sich und jubelte. Es war vorbei. Nur langsam sickerte in Runas Bewusstsein, was eben geschehen war, während zuweilen ratlos, zuweilen hitzig darüber diskutiert wurde, wer nun der eigentliche Sieger war.
„Nein, nein, nein! Es ist Alexandros! Er hat gewonnen! Ich hab mein halbes Vermögen auf ihn gewettet!‟, rief irgendwo jemand.
„Dann hast du das jetzt wohl verloren. Davus ist der Erste‟, antwortete ein anderer. Unruhe brach in Teilen der Menge aus. 

Doch für sie spielte es keine Rolle mehr. Der Favorit des Centurios hatte seinen Rivalen geschlagen, selbst, wenn ihm nur der zweite Platz beschieden wäre. Atius hatte die Wette gewonnen. Calpurnius' Ketten waren endgültig zerschlagen.
Plötzlich ging ein Rucken durch die Menge, empörte Ausrufe. Überrascht wandte sich Runa um, doch bevor sie erkennen konnte, was vor sich ging, spürte sie das Gewicht eines Körpers, der mit solchen Wucht gegen sie prallte, dass sie gegen die Brüstung gestoßen wurde, die mit einem Mal viel niedriger schien. 

Ihre Hände suchten fieberhaft nach Halt, ehe sie jemand grob gegen den harten Stein drückte. Die Luft wurde aus ihrem Körper gepresst. Panisch rang sie nach Atem, doch ihre Lungen füllten sich mit erstickendem Nichts.
Ich kann nicht atmen!
Kleine, hell tanzende Pünktchen schoben sich vor ihr Sichtfeld. Eine überwältigende, hilflose Angst überkam sie. Noch ein Stoß. Sie verlor jeden Halt. Mit einem Mal wurde Runa erschreckend nüchtern bewusst, was das bedeutete. Sie würde über die Brüstung fallen und sterben. Jetzt, in dem Moment, in dem sie Calpurnius' eiserne Fesseln hätte ablegen können, würde alles enden.

Nachdem ich mich zwischen zwei Bannern nicht entscheiden konnte, hab ich den einen einfach elegant hier runter geklatscht. Vermutlich wird Wattpad mir bei der Qualität wieder einen Strich durch die Rechnung machen, aber na ja...

Bei dem Wagenrennen hab ich mir übrigens größte Mühe gegeben, alles historisch korrekt zu beschreiben, und hoffe mal, dass mir das auch gelungen ist. Wenn nicht, korrigiert mich gern! Ich hoffe, dass es zumindest ein bisschen spannend war und es auf einer Skala von 1 bis Ben Hur zumindest auf eine 4 schafft ^^ Gebt mir doch gern wieder Feedback.

Weil ich aktuell auch grade an dem vermutlich lange ersehnten Charakterverzeichnis arbeite, damit sich niemand mehr komplett mit den ganzen Namen quälen und daran verzweifeln muss, wollte ich wissen, ob so etwas wie ein Wörterbuch/Glossar für die vorkommenden lateinischen/altgriechischen/etc. Begriffe erwünscht wäre. Was sagt ihr dazu?

In dem Sinne: Valete!

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