23. Der Typ, der mir Hausverbot erteilt hat

Màu nền
Font chữ
Font size
Chiều cao dòng

„Ciao Zoe.“

„Jaja.“ Wieso müssen diese Schwestern in den Wechseljahren immer auf Cool machen? Das steht ihnen nicht. Macht sie noch menstruationsloser. Ich mag sie nicht. Keine von ihnen. Draußen ist es mal wieder ziemlich warm und ich frage mich, wie lange dieser Sommer eigentlich werden wird. Wenigstens muss ich mir keinen Zopf machen, damit die Strähnen nicht im Nacken kleben. Meine vielleicht drei Zentimeter würden mich auslachen. Ich habe keine Lust ein Taxi zu rufen, aber ehrlich gesagt weiß ich nicht mehr, wie ich nach Hause komme. Ich mag Taxis nicht. Die stinken immer unglaublich nach Salami und Zigaretten. Selbst Toby stinkt, wenn er geraucht hat und das will schon was heißen. Und selbst wenn sie die vorgeschriebenen Trennwände zuschieben, macht es das nicht besser. Ich hatte einmal Zuhause im „Urlaub“ einen Fieberkrampf und Toby hat die Nummer vom Notarzt vergessen. Im Ernst, ich frage mich bis heute, wie der Junge in einer Notsituation überleben will. Das einzige, was ihm eingefallen ist, war nun mal die Nummer der Taxizentrale und daher durfte ich ihn dann auf dieser ledrigen Rückbank auch noch vollkotzen. Selbst Schuld. Mit vierzehn Jahren weiß man doch wohl die Notwahl. Ich schaue auf mein Handy und beschließe meinen liebsten Bruder anzurufen. Vielleicht kann der mich nach Hause lotsen. Es tutet mehrmals, bis er mich wegdrückt. Hat wahrscheinlich Unterricht. Na toll, wie soll ich jetzt Heim kommen? Da ich noch immer vor dem Krankenhaus stehe beschließe ich mich auf irgendeine Bank im Park zu setzen und Toby so oft anzurufen, bis ich seine Pause erwische. Das dauert eine Weile und irgendwann scheint er sein Handy auszustellen. Na super, vielen Dank. Und wie soll ich jetzt nach Hause kommen? Eine Frau setzt sich neben mich mit ihrem Rolli. Sie holt ein Taschentuch aus der verbeulten Jacke und schnäuzt sich.

„Frieren Sie nicht, junge Dame?“, fragt sie mich und zieht den Schal enger. Ist das ihr Ernst?

„Schwitzen Sie nicht im Schritt?“, antworte ich und sie verengt die Augenbrauen. Empört faltet sie die behandschuhten Finger und öffnet den Mund.

„Ist das die heutige Jugend? Also zu meiner Zeit...“, fängt sie an und ich winke ab.

„Jaja, zu Ihrer Zeit wurden rothaarige Frauen noch verbrannt, schon klar.“ Das bringt sie zum Schweigen. Anscheinend wartet sie auch auf einen Angehörigen oder auf ein Taxi oder was weiß ich. Sie steht jedenfalls nicht auf.

„Wissen Sie, ob hier ein Bus oder ein Krankentransport fährt?“, fragt sie nach einer Weile, als ich mein Handy in die Hosentasche gleiten lasse.

„Meinen Sie diese schwarzen Transporter? Die immer in die Pathologie hin und zurück fahren?“, frage ich genervt und sie reißt die Augen auf.

„Das ist ja wirklich unerhört“, faucht sie und ich stehe auf, weil sie dafür anscheinend zu alt ist. Sie blickt zu mir auf.

„Schönen Tag noch“, knickse ich sogar und drehe mich dann um. Den Mittelfinger in die Luft gestreckt verlasse ich das Krankenhausgelände und laufe.

„Jap, eindeutig eine Tankstelle“, spreche ich in den Hörer und muss von der Zapfsäule weg, weil mich ein schlecht gelaunter Autofahrer versucht mit seinen Blicken zu töten. Es rauscht am anderen Ende.

„Welche Tankstelle denn?“, fragt Toby dann und ich sehe nach oben auf das Logo.

„Shell.“ Toby stöhnt leise auf, ich scheine mich besonders dämlich angestellt zu haben. Ein Blick auf die Uhr über dem Eingang sagt mir, dass es schon eins durch ist. Wie lange bin ich denn bitte gelaufen?

„Ich hab noch Unterricht, Z.“

„Ist mir ziemlich egal, T.“ Ich höre förmlich, wie er sich entnervt durch die Haare fährt. Bestimmt überlegt er einfach aufzulegen.

„Wenn es gleich tutet, solltest du weg sein, wenn ich irgendwann Zuhause ankomme. Europa oder so wäre ganz gut. Oder Asien, sagen wir Asien“, versuche ich beiläufig zu klingen. Aber es ist scheiße nochmal heiß, ich habe seit Stunden nichts gegessen, der Typ an der Kasse hat mich rausgeworfen, weil ich nichts gekauft habe und mein gesamter Rücken fühlt sich an, als wäre ich im tropischen Regenwald. Daher muss ich wahrscheinlich eher ziemlich flennend klingen. Super-Zoe, im Moment eher nicht.

„Jaja, reg dich ab Zoe-Schatz. Frag mal den Kassierer nach der Adresse.“

„Ich glaube der hat mir Hausverbot gegeben“, gebe ich zu und werfe einen Blick durch die Glasschiebetüren.

„Dann sag, dass du was kaufst. Ein Wasser oder so. Was weiß ich?“

„Ich hab kein Geld mit.“ Er schweigt. Wahrscheinlich aus Verzweiflung.

„Ist es 'ne Frau?“ Ich schüttele den Kopf. Andere hätten jetzt vielleicht gefragt, ob ich noch am Telefon bin, aber Toby kennt mich. Wenn er mal nicht ins Krankenhaus konnte, habenm wir telefoniert und außerdem sind wir Zwillinge. Er kennt mich einfach.

„Na super.“ Jap, richtig super.

„Gib ihn mir mal.“ Ich ziehe die Augenbrauen hoch, aber ich glaube Toby duldet jetzt keinen Widerspruch und deswegen betrete ich den kühlen kleinen Shop und laufe zum Thresen. Der junge, dürre Typ mustert mich missbilligend und will mich wohl sofort wieder rauswerfen, aber ich reiche ihm wortlos mein Handy. Erst schaut er ziemlich verdattert auf das Display und ich überlege, ob er vielleicht nicht weiß, was er da in der Hand hält. Aber er ist jung. Da sind Aknenarben im Gesicht, ein kleiner Bartansatz am Kinn. Als wäre er gerade erst aus der Pubertät raus.

„Hallo?“, fragt er ziemlich vorsichtig. Dann sagt er kurz nichts und dann sieht er mich an. Sein Blick sagt irgendwie alles. Er murmelt irgendeine Adresse und dann gibt er mir wieder das Telefon.

„Zoe, du bist ein verdammter Idiot“, seufzt Toby mir entgegen. Wow, ich muss wirklich sehr, sehr weit gelatscht sein.

Der Asphalt ist verdammt heiß und mein Hintern brennt allmählich ab. Ich habe keine Ahnung, wie Toby herkommen will, er meinte nur, dass er es tut. Seitdem ist eine halbe Stunde vergangen und immer mal wieder fährt ein Auto neben mir über die Einfahrt zu den Säulen. Eins überrollt fast meinen Fuß und ich rutsche im letzten Moment zurück.

„Wichser!“, fluche ich. Die Beifahrertür öffnet sich und mein Bruder grinst mich schadenfroh an.

„Toby, Gott sei Dank“, keuche ich dann und springe auf. Ich sehe an ihm vorbei, Liam sitzt am Steuer. Hinter uns hupt ein Wagen, der rein will und Toby nickt nach hinten.

„Steig ein!“ Wir fahren nicht lange, vielleicht fünfzehn Minuten. Aber das Auto mussten sie ja auch erst von Liam Zuhause abholen. Das ist schon eine annehmbare Entschuldigung, lasse ich durchgehen.

„Was bekomme ich eigentlich für' s Retten?“, fragt Toby, als Liam uns raus lässt und sich verabschiedet. Ich runzele die Stirn und fange den Blick meines Bruders ein.

„Du bekommst 'n Arschtritt weniger.“ Er lacht und ehe ich ausweichen kann, greift er nach meiner Wade und reißt sie hoch. Schreiend greife ich nach ihm und will mich an seinen Schultern festhalten. Er dreht sich zu schnell um und läuft auf die Veranda zu. Ich hüpfe hinter ihm her.

„Dein Humor lässt stark zu Wünschen übrige, Z“, tadelt er mich und an den Stufen greift er meine Hüfte und hebt mich über seine Schulter. Wo nimmt der Typ seine Kraft her? Ist Anabolika gerade rezeptfrei? Im Flur lässt er mich runter und wir sehen beide, dass die Handtasche unserer Erzeugerin nicht da ist. Dad ist sowieso arbeiten. Und sie, sie macht was auch immer sie halt machen muss.

„Ich hab Hunger“, sage ich und Toby lässt seine Schulsachen auf die Treppe segeln.

„Dann koch was.“ Witzbold.

„Ich kann nicht kochen“, maule ich und schleppe mich in die Küche.

„Du wirst ja wohl ein paar Eier in die Pfanne hauen können“, meint Toby belustigt und gießt sich ein Glas Cola aus dem Kühlschrank ein.

„Ich glaube ich esse Toast.“

„Ist alle.“ Er legt seine Beine auf den Tisch und faltet die Hände im Nacken.

„Dann Cornflakes.“ Er lacht auf und fällt fast vom Stuhl.

„Kein Wunder, dass du krank bist. Gesunde Ernährung ist anders.“ Er erbarmt sich meiner, steht auf und fängt an. Beweist mal wieder seine fabelhaften Qualitäten mein zukünftiger Ehemann zu sein. Wenn Innzucht nicht illegal wäre. Schade, schade.

Bạn đang đọc truyện trên: Truyen2U.Pro