25. Olga, die Hure meines Bruders

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Ich hätte erwartet, dass er mir hinterher läuft. Dass er sich entschuldigt, dass es ihm leid tut und dass ich seine Hand nicht gebrochen habe. Dass es dann anfängt zu regnen und er mich zu sich ranzieht. Dass er mich küsst und dann auf offener Straße entjunpfert oder was weiß ich? Aber aus genau zwei Gründen tritt das nicht ein. Erstens – ich habe ihm seine Hand gebrochen und zweitens – diese ganze Romantikscheiße mit Rumlecken ist doch eh realitätsfern. Also mal ernsthaft, als ob ich das tun würde. Regnen tut es trotzdem, auch wenn ich mich frage wo auf einmal diese scheiß Wolken herkommen. Das macht alles nur total schwül und ich will am liebsten tot umfallen. Und mal wieder latsche ich sinnlos durch die Gegend. Das Kino ist immerhin näher dran als das Krankenhaus und so brauche ich nicht allzu lange. Der Asphalt wird dunkel durch den Regen und trotzdem blitzt schon wieder knapp noch am Horizont die Sonne durch die Schwaden. Toby sitzt auf der Veranda und telefoniert. Als er mich sieht, wie ich durch den Vorgarten rein komme, legt er auf und verschränkt die Arme vor der Brust. Er sitzt auf der Hollywoodschaukel im Schneidersitz und mustert mich. Ich will gleich reingehen, aber er steht auf und nimmt mein Handgelenk.

„Lass mich los, Toby“, murmele ich genervt und will ihn von mir lösen, aber er verstärkt seinen Griff dadurch nur. Ich hebe mein Knie und will ihn damit weg schieben, aber das klappt nicht so ganz.

„Anthony ist im Krankenhaus.“ Ich weiche seinem Blick aus.

„Tja, hättest ja da bleiben können. Dann wäre es nicht so weit gekommen“, antworte ich dann schnippisch und er schüttelt den Kopf. Er will mich in eine Umarmung ziehen, aber ich drücke meine Ellbogen gegen seine Brust.

„Ich will das jetzt nicht.“ Bin drauf und dran ihm zu erzählen, was wirklich los ist. Da fehlt nur noch eine Kleinigkeit. Dann heule ich los, weiß ich jetzt schon. Ich kenne mich, zumindest manchmal. Vielleicht ist das Einbildung, vielleicht bin ich mir fremd. Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb ich das Gefühl habe am Rande einer Klippe zu stehen und nur noch springen zu können. Und wenn ich es nicht tue wird es jemanden geben, der mir einen Stoß von hinten gibt.

„Hat Tony schon ge...“, setzt hinter uns eine mir verdammt bekannte Stimme ein und ich will mich umdrehen, aber Toby packt meine Schultern und hält mich fest.

„Toby, sag mir, dass das nicht Emily ist“, knurre ich und er lässt los, als ich mich ruckartig abwende. Da steht sie. Nur in Slip und Shirt und mit „Frisch-durchgevögelt“-Haaren. Die Augen leicht aufgerissen und in Falten gelegte Stirn. Erwischt.

„Seid ihr eigentlich alle völlig bekloppt?“ Denn ich bin vielleicht ein Arschloch, ein Außenseiter, unliebbar, aber nicht blöd. Zoe Morell ist nicht blöd. Ich starre sie an und ihre Haare wirken auf einmal gar nicht mehr so ähnlich und ihre Augen scheinen irgendwie weniger Grau als vorhin. Tobys Hand legt sich auf meine Schulter und ich schüttele immer wieder den Kopf. Blitzschnell fahre ich wieder herum und funkele meinen Bruder an.

„Sag mir, dass ich mich irre!“, fauche ich und er scheint ein schlechtes Gewissen zu haben. Er rauft sich nervös das Haar, er hat Angst vor mir. Kann ich verstehen, hätte ich auch.

„Hau raus, Morell!“ Ich verschränke die Arme vor der Brust und lehne mich gegen das Geländer, um beide im Blick zu haben. Sie zupft am Rand des Stoffes rum.

„Ach komm schon, man sieht doch eh schon fast deine Fotze. Als ob das noch jemanden interessiert!“, schnauze ich sie an und sie reißt schon fast die Hände hoch. Toby setzt sich wieder und stützt die Ellbogen auf die Oberschenkel.

„Emily ist meine Freundin.“ Ach.

„Und in Wahrheit heißt sie Olga, kommt aus Moskau und ist eine Prostituierte, oder was?“ Olga hält ihre Klappe.

„Sie ist nicht Anthonys Schwester“, gibt Toby zu und ich ziehe die Augenbrauen hoch. Er steht auf und geht zu ihr, legt seine Hand um ihre Hüfte.

„Soll ich jetzt jubeln?“ Er zieht sie leicht zu sich ran und ihre Mundwinkel gehen nach oben.

„Wir wollten, dass du was mit Anthony machst und weil du niemals alleine mit ihm ausgegangen wärst, haben wir halt so getan, als wäre Emily seine Schwester und du nur zufällig mit dabei.“

„Also wart ihr wirklich nicht auf dem Klo und habt gevögelt?“, frage ich.

„Ähm, das eine schließt das andere ja nicht aus“, nuschelt er und ich will ihm eine reinhauen.

„Also stehst du doch auf Ficken auf dem Klodeckel“, knurre ich sie an.

„Also naja, zwingend notwendig musste ich da jetzt nicht drauf sitzen. Toby ist stark.“ Ist sie dumm?

„Ach, halt doch die Schnauze“, verdrehe ich die Augen. Habe das bestätigt bekommen, was ich vermutet habe und gehe an ihnen vorbei ins Haus. Im Flur kommt Dad mir entgegen, der anscheinend gerade auf dem Weg zur Spätschicht ist.

„Was macht ihr denn für einen Krach?“, murmelt er, hat anscheinend gerade noch geschlafen.

„Frag doch deinen Sohn und seine Hure“, meckere ich und schieße meine Schuhe durch den Flur. Die Jacke schleudere ich in die Garderobe und stampfe die Treppe hoch in mein Zimmer. Eigentlich habe ich ja Hunger, aber das käme jetzt verdammt uncool nochmal runter zu gehen. Und außerdem ist es spät. Nach Null Uhr. Ich rede mir ein müde zu sein und gehe ins Bett.

Der nächste Morgen ist alles andere als angenehm. Ich wache in meinen immer noch nassen Klamotten auf und fühle mich mehr als beschissen. Als hätte man mich vollgesabbert. Sehr unangenehm. Außerdem scheint es spät zu sein. Es ist schon sehr hell und auf dem Weg zum Bad begegne ich weder Olga, noch Toby. Erst überlege ich kalt zu duschen, aber verwerfe den Gedanken nach so ziemlich genau drei Sekunden. Bin wohl nicht hart genug dafür. Doch als ich rauskomme, will ich gleich wieder rein. Ist mal wieder viel zu warm draußen. Vielleicht ist eine Wassertemperatur um den Gefrierpunkt doch nicht so schlecht. Das sollte ich überdenken. Ansonsten fühlt man sich ja wie in den Wechseljahren. Oder in einer Schwangerschaft. Doch, das kommt schon hin. Nachdem ich mir so wenig Stoff wie möglich angezogen habe, gehe ich in die Küche und stelle fest, dass ich absolut keine Lust mehr auf Cornflakes mit Red Bull habe. Pizza so früh am Morgen ist dann selbst für mich ein bisschen zu Hardcore und daher greife ich ein paar Scheine aus dem „Haushaltsglas“, ziehe meine Schuhe an und mache mich auf den Weg dahin, wo es Essen gibt. Meine Güte, noch nicht mal Mittag und schon wieder so heiß wie in einem Eierkocher. Da ich bisher nur zum Supermarkt und zum Fußballplatz gelaufen bin und beides in die selbe Richtung ging, folge ich auch diesmal dieser Straßenseite. Vielleicht finde ich ja irgendwo einen Bäcker oder sowas, wo ich mir einen Bagel holen kann. Oder zwei. Mehr als zwei. Die Sonne steht hoch, scheint doch schon später Vormittag zu sein. Wenn ich gar nichts sehen sollte, reicht auch ein Mecces. Subway wäre cool. Toby hat mir mal Keckse von da mit gebracht. Der war auch immer nur da, um mir was zu Essen zu bringen. Ich würde ihn ja anrufen und fragen, wo er das immer gekauft hat, aber ich bin gerade sauer auf ihn. Auf ihn und Olga. Als ich am Supermarkt angekommen bin, habe ich absolut keine Lust mehr weiter zu latschen und gehe rein. Vielleicht finde ich da ja Bagels. Die mir bekannte und extrem farbige Obsttheke lenkt einen Großteil der Aufmerksamkeit auf sich. Aber mal ernsthaft, als ob mir so ein blöder Apfel reichen würde. Es ist noch relativ leer, die Leute müssen arbeiten und außer ein paar älteren Leuten und scheinbar obdachlosen Pennern bin ich relativ für mich. Daher ist es auch nicht allzu peinlich orientierungslos rum zu rennen und nach diesen beschissenen Donuts ohne Zucker zu suchen. Ansonsten gestaltet sich das hier als ziemlich entspannt. Diesmal muss ich schließlich auch nicht Alibifreundin spielen und habe sogar Schuhe an. Die gelangweilte Kassiererin lässt mich bezahlen und der Morgen wäre fast reibungslos verlaufen. Schon fast ruhig. Doch das ändert sich schlagartig, als ich wieder raus gehe und ich fast in Anthony reinrenne. Normalerweise hätte ich jetzt meine Tüte fallen lassen müssen. Wir hätten uns zeitgleich gebückt und uns dabei den Kopf gestoßen. Wir hätten gelacht und uns in die Augen geschaut. Wir hätten uns geküsst und Anthony hätte mich hier und jetzt flachgelegt. Ist ja eh nur der Rentner- und Obdachlosenverein hier. Interessiert doch keinen. Die Realität gestaltet sich allerdings anders. Beim Ausweichen stolpere ich und nein, Anthony schlingt nicht seine ach so muskulösen Arme um meine Hüfte, um mich aufzufangen und dann im Stehen zu Knallen. Stattdessen packe ich mich volle Breitseite auf die Fresse. Zischend schließe ich kurz die Augen und verdränge das andauernde Brennen in den Handflächen und an den Knien. Scheint nicht zu bluten und ich bin froh eine kurze Hose und kein Kleid zu tragen. Muss ja nicht gleich jeder meine Unterwäsche sehen, in einer Haltung, die eindeutig nicht „Ich bin klein und süß“ schreit. Vielmehr „Fünfzig mit Gummi“. Fluchend drehe ich mich so, dass ich sitze und versuche seinem Blick auszuweichen.

„Ich würde dir ja aufhelfen, aber darf die Hand 'ne Woche nicht belasten“, feixt er trocken, reicht mir letztendlich aber doch die gesunde Hand.

„Heul doch“, murmele ich beim Aufstehen. Er lässt mich los und ich sehe an meinen Beinen herab. Schürfungen, nichts ernstes. Fast so lächerlich wie Anthonys „Verletzung“.

„Hast du nichts zu tun?“, murmele ich und versuche ihn nicht anzusehen. Meine Fresse, selbst seine Schuhe sehen gut aus. Das ist so deprimierend.

„Ich hab 'ne Freistunde“, sagt er und ich schüttele den Kopf, darauf bedacht mich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren.

„Ja dann, herzlichen Glückwunsch“, schenke ich ihm noch ein falsches Lächeln und komme dabei nicht drumrum in seine Augen zu sehen.

„Dankeschön, übertreib bitte nicht mit deiner Liebe, Zoe.“ Ich hebe meine Bagels auf, die zwischen uns gelegen haben und wende mich zum Gehen. Sein Pflasterchen scheint ihn nicht wirklich einzuschränken, denn er hält mich am Arm fest.

„Bist mir was schuldig, Morell“, grinst er säuerlich.

„Soll ich dir jetzt einen Blasen?“

„Ein Kuss hätte mir gereicht.“ Er lässt mich immer noch nicht los und es wird unangenehm.

„Vergiss es...“ Mir fällt sein Nachname nicht ein, um zu kontern.

„Edwards. Anthony Edwards“, zwinkert er seine Masche runter.

„Gesundheit.“ Ich winde mich aus seinem Griff und als er mir hinter her ruft, hebe ich meinen Mittelfinger in die Luft.

„Fick dich doch, Morell“, brüllt er noch und mein Tag beginnt schon mal goldig.

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