Montag

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Eine Straße. Lang, schmal, ganz hinten verschwommen. Ich sehe ihr Ende nicht. Ich sehe nichts. Da ist nur diese Straße. Oder ist es ein Weg? Ein Pfad? Rechts und links Kiefern, die den Himmel zu berühren scheinen. Sie wachsen und wachsen und ich werde kleiner. Ihr Dach verengt sich. Ich laufe. Renne. Kein Ende. Kein Ende. Kein Ende. Nirgendwo. Im Nirgendwo. Meine Wange drückt sich in den Dreck, kleine Nadeln biegen sich an meiner Haut entlang. Schmerz. Der Dreck geht, der Himmel kommt. Grauer, grauer Himmel. Schmerz wie Feuer, Feuer wie Blut – überall. Grauer, grauer Himmel. Es verschwimmt. Zähne im Magen, Klingen im Herz, schneiden Muster in mich rein. Schwarze Vögel über mir. Wie Regen. Sie vermischen sich. Eine verschwommene Masse aus kreischenden Vögeln und Nieselregen. Mein Blut macht alles noch schwärzer.

Ich schreie laut auf, finde mich in meinem Bett wieder. Aufrecht sitzend, seine Hand auf meiner Schulter. Dann an meiner Wange. Der Mond scheint auf uns herab, er ist immer da. Man sagt, er löst die Sonne ab, damit sie Kräfte sammeln kann. Mondlicht ist kalt, tot und beängstigend. Ich stütze mein Gesicht in beide Hände, seine Finger legen sich auf meinen Rücken.

„Wieder der Traum?“ Ich nicke. Seine Arme legen sich um mich, stützen mich, halten mich.

„Willst du was trinken?“ Ich schüttele den Kopf, richte mich wieder auf und atme tief durch.

„Ich verstehe das alles nicht. Jede Nacht, jede verdammte Nacht, Luke. Wann hört das endlich auf?“, murmele ich müde, bin der Nacht müde geworden und dem Szenario, das mein Kopf immer wieder konstruiert. Wie eine Choreografie, die sich immer wiederholt. Ein Lied auf Endlosschleife.

„Ich weiß es nicht, Baby“, antwortet er und küsst meine Schläfe. Ich lehne mich gegen seine Brust, atmet seinen Duft ein. Ich sinke in seinen Schoß, meine Wange liegt an seiner nackten Haut. Er streicht mir über den Schopf, über die Stirn, streift meine Lippen. Der Traum wird nicht wiederkommen. Nicht diese Nacht. Er geschieht einmal, dann wache ich auf und wenn ich wieder einschlafe, bleibt er fort. So ist es immer. Ich kann nur noch das gespiegelte Mondlicht in seinen Augen sehen, bevor ich einschlafe.

Es riecht nach Kaffee und Orangen und ihm, als ich aufwache. Es ist zehn Uhr, wie immer. Das weiß ich, bevor ich auf mein Handy gesehen habe. Luke liegt nicht mehr in meinem Bett. Er wird mit meiner Mutter in der Küche sitzen. Sie unterhalten sich über French Toast, die neue Mikrowelle und das Trampolin, das Dad kaufen möchte. Dabei wird Mom ihre erste von zwei Tassen Kaffee trinken. Eine trinkt sie immer mit Luke, bevor das Frühstück fertig ist, die andere trinkt sie währenddessen. Luke trinkt nichts, er mag keinen Kaffee. Er schneidet Orangenspalten und lässt den Zucker aus der kleinen Schale immer wieder vom Teelöffel zurück rieseln. Es interessiert ihn nicht, dass unsere Mikrowelle jetzt sogar tausend Watt hat, aber er wird meine Mutter dazu beglückwünschen. Sie wird ihm das glauben, er spielt gut. Morgen werden sie über Tennis, John F. Kennedy und Blaubeermarmelade reden oder irgendwas anderes, was niemanden interessiert. Ich kämpfe mich aus meinem riesigen Bett, stoße mir fast den Kopf an der Dachschräge und betrachte mich im Spiegel. Der Zopf sieht wie gerupft aus, meine dunklen Haare werden fettig. Schatten unter den Augen erinnern an den Traum und ich schüttele den Kopf. Ich muss nicht auch noch tagsüber daran denken. Barfuß hört man meine Schritte auf dem Teppich kaum. Nur, wenn ich hohe Schuhe trage, macht es ein dumpfes Geräusch. Das Bad ist frei, Dad schläft noch ein paar Minuten. Ich habe also noch Zeit zu duschen und mir die Haare zu waschen. Wenn ich mich beeile, kann ich mir sogar noch die Haare föhnen. Doch ehrlich gesagt habe ich darauf keine Lust. Montag habe iich frei. Mein Chef hat mal gesagt, dass wir die Woche überlisten müssen, weil jeder am Montag schlechte Laune hat. Deswegen beginnt unsere Woche dienstags. Luke arbeitet bei einem Store für Sportmode und seine Schicht beginnt erst nachmittags. Ich stelle mich in die Dusche und drehe das Wasser auf. Mom ist Erzieherin und Dad hat seine eigene Firma. Sie verkaufen noch umweltfreundlichere und erschwinglichere Automotoren, wie er sagt. Die Leute wollen lieber in Urlaub, Klamotten und Essen investieren, anstatt in ihr Auto. Schließlich hat eh jeder einen Wagen, der ohne Kraftstoff fährt. Das einzige, was sie untereinander noch besonders macht, ist die Farbe und die Größe. Und obwohl Dads Motoren daher nicht allzu sehr gefragt sind, verdient er gut und Mom besser als je zuvor. Jeder ist reich, das ist der Punkt. Selbst Luke hat einen unglaublich hohen Stundenlohn, weswegen er es sich leisten kann, nur halbtags zu arbeiten. Dabei verkauft er nur Turnschuhe, die gerade der Fußballer XY trägt und Tennisröcke, die der Figur schmeicheln. Ich habe ihn mal dabei beobachtet, wie er einer Frau so einen verkauft hat, die bestimmt schon über fünfzig war. Sie wollte eigentlich nur ein Trickot für ihren Enkel kaufen und spielt nicht mal Tennis. Aber Luke hat so etwas an sich, dem man einfach nicht widerstehen kann. Vielleicht sind wir deswegen vor einem Jahr zusammengekommen. Ich habe ihn auf seinem siebzehnten Geburtstag kennengelernt, er war nur ein paar Wochen älter als ich. Und als ich siebzehn geworden bin, am siebzehnten Juni, waren wir bereits ein Paar. Ich stelle das Wasser wieder ab, wickele mich in ein Handtuch und steige aus der Dusche. Als ich mir die Zähne putze, klopft Dad an die Tür. Er ist wie immer etwas später dran, als er es am Tag davor geplant hat und muss los.

„Bin gleif fertif“, nuschele ich, mit Zahnbürste und -pasta im Mund. Ich spucke aus, platziere noch ein Handtuch auf meinem Kopf und lasse Dad ins Bad.

„Danke, Liebes“, sagt er nur und hastet an mir vorbei. Ich ziehe mich an, öffne meine Fenster und gehe nach unten.

„Nee, haben wir leider noch nicht, Miss Sullivan. Aber meine Mutter wollte sich genau die selbe auch noch kaufen“, höre ich Luke sagen, als ich in die Küche komme. Mom stellt ihre erste Kaffeetasse ins Waschbecken und nimmt sich für die zweite eine neue. Dad meckert dann immer, aber sie kann es nicht leiden, zwei Mal die gleiche Tasse zu benutzen. Das ist ziemlich bescheuert und wahrscheinlich weiß sie selbst nicht mal, warum das so ist.

„Das ist Wasserverschwendung, Mom“, meckere ich prinzipiell, als sie sich eine neue Tasse füllt und nach der Milch greift. Luke legt seinen Teelöffel weg und öffnet die Arme leicht. Ich setze mich auf seinen Schoß und er legt seine Hände auf meine Oberschenkel.

„Ich mag das nicht. Das ist wie ein kalter Teller im Restaurant. Da wird das Essen auch immer gleich kalt.“

„Deine Tasse ist doch noch warm“, stelle ich fest und ziehe die Augenbrauen zusammen. Luke legt sein Kinn auf meine Schulter.

„Trotzdem.“

„Perfekte Argumentation, Mom. Wenn alle Erzieherinnen so mit den Kids reden, ist mir klar, warum die zu allem „Nein“ sagen und stur bleiben.“ Jetzt sieht sie beleidigt aus und verschränkt die Arme vor der Brust. Luke muss kichern und dadurch wippe ich leicht mit.

„Sei nett zu deiner Mutter, Ivy“, mahnt Dad, der in die Küche kommt und sich sein Hemd zuknöpft.

„Ich bin nett“, schnurre ich und jetzt sehen mich alle an, als hätte ich was total abwegiges gesagt. Was natürlich überhaupt gar nicht so ist.

„Zumindest meistens“, füge ich hinzu. Mom reicht Dad seinen Bagel und die Tasse Kaffee. Zweiteres trinkt er aus, ohne sich hingesetzt zu haben. Dann küsst er Mom kurz, mich auch auf die Wange und schlägt mit Luke ein.

„Bis heute Abend“, verabschiedet er sich und ist weg. Mom seufzt kurz auf, setzt sich und beginnt zu essen. Ich fülle mir nur eine Schüssel Cornflakes, die Luke mir im Endeffekt fast vollständig wegisst. Mom lacht mich mit ihm halbherzig aus und räumt dann den Tisch ab. Luke und ich helfen ihr und als sie auf die Uhr sieht und feststellt, dass sie in einer Stunde in der Kita sein muss, machen wir den Rest. Sie rennt nach oben und lässt uns alleine.

„Wann musst du los?“, frage ich und schließe die Kühlschranktür. Er sieht auf die Uhr und zuckt mit den Schultern.

„Habe noch etwas Zeit“, antwortet er nur und ich drehe ihm den Rücken zu, als ich das Küchenfenster öffne. Es ist schon jetzt angenehm warm draußen und der Himmel ist wolkenfrei. Das Licht bricht sich im Wasser unseres Pools und es duftet nach gemähtem Gras. Seine Hände legen sich auf meine Hüfte und er dreht mich zu sich um. Seine Finger berühren immer noch meine Mitte und ich muss lächeln. Er ist so schön. Seine Grübchen, die hellen Augen, die geraden Zähne. Jetzt lächelt er auch und ich stelle mich auf die Zehenspitzen, da er um einiges größer ist als ich. Er kommt mir entgegen, indem er meine Oberschenkel umgreift und mich hochhebt. Er setzt mich auf dem Fensterbrett nach innen ab und ich schlinge meine Beine um ihn.

„Ich bin dann weg“, ruft meine Mutter aus dem Flur und ich höre die Tür ins Schloss fallen.

„Na dann“, grinst Luke und überbrückt den kleinen Abstand zwischen uns.

Wir liegen auf dem Boden und atmen beide schwer. Als ich darüber nachdenke, was wir gerade getan haben, muss ich lachen und halte mir beide Hände vor den Mund. Er zieht mich zu sich ran und ich lege meinen Kopf auf seine Brust.

„Sex in der Küche, Check“, lache ich dann und Luke streicht mir mit seiner Hand unterhalb des Bauchnabels über die weiche Haut. Er macht kreisende Bewegungen und doch spüre ich, wie er grinsen muss.

„Du musst gleich los“, meine ich dann und er lacht.

„Baby, ich bin zwar gut, aber so lange war das jetzt auch nicht. Wir können uns Zeit lassen“, sagt er und berührt meinen nackten Oberschenkel. Sofort erschaudere ich und das, obwohl er mich schon so oft im Prinzip überall angefasst hat. Und doch bin ich immer noch sensibel was das angeht. Eine Weile liegen wir einfach umschlungen da, genießen die Anwesenheit des anderen und hören einander beim Atmen zu.

„Ivy?“ Ich muss eingeschlafen sein. Luke hebt meinen Oberkörper sanft an und ich werde richtig wach. Er lächelt mich an, legt seine Hand auf meinen Hinterkopf und küsst mich sehr lange auf die Lippen, ohne sich zu regen.

„Ich muss jetzt los“, sagt er dann in den Kuss und ich nicke. Wir stehen auf, lesen die Klamotten auf und er zieht sich an.

„Wenn' s nach mir geht, kannst du ja gerne immer so rumlaufen, aber willst du dich nicht auch wieder anziehen?“, fragt er dann und grinst mich an. Ich schlüpfe in meine Klamotten und warte an den Küchentisch gelehnt auf ihn, als er seinen Rucksack von oben holt.

„Ich melde mich“, murmelt er, zieht mich an der Taille zu sich und küsst mich noch einmal. Dann löst er sich und ist weg. Und ich? Ich weiß nichts mit mir anzufangen. Ich könnte schwimmen gehen. Das Wasser hat sich in den letzten Tagen aufgewärmt. Zumindest müsste es das, schließlich war es sehr warm und immer gleichbleibend. Bis auf den kleinen Regen, der öfters gegen Abend kam. Obwohl, wenn ich so Recht überlege, hat es jeden Abend kurz genieselt. Ist ja auch egal. Ich gehe nach oben, hole mir Badesachen und ein Handtuch und gehe wieder runter. Meine nackten Füße berühren das weiche Gras und ich werfe meine Sachen auf die Liege unter dem Pavillion. Skeptisch trete ich an die Leiter heran und teste mit einem Fuß, wie kalt das Wasser ist Augenblicklich zucke ich zusammen. Es fühlt sich überhaupt nicht wärmer an, als in den letzten Tagen. Darauf habe ich echt keine Lust. Wozu scheint denn die ganze Zeit die Sonne? So ein Scheiß. Ich beschließe, es bei einem Glas Eistee und Musik hören zu belassen und muss dafür wieder rein, um meine Kopfhörer zu holen. Mom hat den Kalendar vergessen umzudrehen. Das Datum meines Geburtstags strahlt mir förmlich entgegen. Der war doch schon vor Wochen. Manchmal ist sie bei sowas sehr nachlässig. Ich zucke mit den Schultern und gehe nach oben.

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