271-Schluckauf

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"Honor, verdammte Scheiße komm da sofort raus und leg diese fucking Flasche weg!"

"Lass mich in Ruhe!", brülle ich, ebenso aggressiv, laut und geladen, dem Mann zurück, der immer und immer wieder mit seiner Faust gegen das dunkle Holz der Tür schlägt, immer und immer wieder meinen Namen ruft, mich bittet, endlich hier raus zu kommen, da ich bestimmt schon fünf Minuten hier drin verbringe.

Doch ich denke nicht daran raus zu kommen und Harry diesen Gefallen zu tun, ihn so leicht gewinnen zu lassen.

"Geh weg, Harry!"

"Honor!", ertönt es sofort wieder von ihm. Seine Stimme klingt schon leicht gereizt, rau. "Ich meinte es doch nicht so. Ich- Fuck, komm da raus, damit wir das endlich klären können!"

"Ich denke nicht dran!"

Die Alkoholflasche liegt auf dem Bett, vor dem ich hocke, meine Beine an meine Brust gezogen und weine. Tränen rinnen meine Wange herunter, Schluchzen verlässt meine roten, angeschwollenen Lippen. Meine Finger zittern unkontrolliert und ich zucke vor Schreck zusammen, als der schwere Körper des Lockenkopfs erneut Bekanntschaft mit der Tür macht.

In mir herrscht dieser ganze Frust den ich rauslassen will. Dieser bockige Teil in mir, will Harry eins auswischen, ihn wütend machen, genau die Dinge tun, die ich laut ihm nicht tun soll. Und irgendwie gewinnt dieser Teil die Oberhand in mir, weswegen ich mich nun mühselig aufrichte und auf dem Bett Platz nehme.

Unsicher greife ich mit beiden Händen nach der kalten Flasche, an der ein paar Tropfen herunter laufen. Die leicht gelblich-braune Flüssigkeit schwappt an dem Glas hin und her, sieht komisch aus. Nachdenklich, überlegend lasse ich mir den Gedanken durch den Kopf gehen, ob ich wenigstens mal die Flasche öffnen sollte, oder zulassen.

So viele Menschen ertrinken ihre Probleme tagtäglich in Alkohol, vergessen alles und werden lockerer, glücklicher. Warum also kann ich es nicht auch?

"Honor, bitte!"

Kopfschüttelnd lege ich die Flasche wieder zurück auf die Matratze, Schlucke den Schmerz in meinem Hals runter und hole tief Luft.

"Du wolltest doch immer, dass ich endlich lebe, Harry", rufe ich in Richtung der Tür, hinter der er weiterhin steht. Ich weiß es. "Es genieße. Die Menschen dort unten genießen ihr Leben gerade, Harry, gefüllt von Alkohol und dem Rhythmus der Musik. Wieso darf ich das also plötzlich nicht?"

"Das da unten ist kein Leben. Und das bist auf keinen Fall du!", spricht die raue Stimme, nun etwas ruhiger, da er sich erhofft, so zu mir durchdringen zu dürfen. "Honor, du bist niemand, der sich voll säuft, um glücklich zu werden, oder Probleme zu vergessen. Du lernst fleißig, gehst lieber in den Park oder regst dich über schlechte Fernsehsendungen auf."

"Sie finden mich alle komisch. Für sie bin ich nur der Freak, genau wegen diesen Dingen. Vielleicht wird mich ja endlich irgendjemand mögen, wenn ich zu einem von ihnen werde", entgegne ich, wobei mein Schluchzen mich bei fast jedem zweiten Wort unterbricht. "Vielleicht hören sie dann auf, mich Freak zu nennen. Denn ich kann das nicht mehr lange ertragen, Harry!"

Laut klopft er gegen die Tür, will meine Aufmerksamkeit gewinnen, indem er immer und immer wieder meinen Namen verzweifelt ruft und dann meint: "Hey, Honor. Erinnerst du dich noch daran, als wir beide begriffen, dass ein Freak etwas Gutes ist?"

"Niemand sieht einen Freak als etwas Gutes, Harry. Die gehören in die Psychiatrie. Wir beide haben uns damals etwas ausgedacht."

"Aber es war doch schön. Honor. Du bedeutest mir etwas, okay? Weil du nicht so, wie die anderen bist. Komm raus", dringt seine Stimme sofort, kaum dass ich gesprochen habe, durch die Tür. "Bitte."

Seufzend, weinend, schluchzend, am Boden zerstört ergreife ich mir erneut die Flasche. Kurz überlege ich ein Stück, bevor ich den Deckel abdrehe und von oben auf die Flüssigkeit starre, deren beißender Geruch in meine Nase steigt.

Ich schweige, mustere die schwankenden, sanften Bewegungen des Trinkens in meiner Hand, das sich durch meine bibbernden Hände bewegt.

"Honor. Dir wurde so oft schon wehgetan -am meisten durch mich. Aber bitte, gib jetzt nicht, nach all den Jahren auf. Du, hasst Alkohol, findest das Verhalten der betrunkenen Menschen abartig. Also bitte, werfe die Flasche weg und komm da raus!"

"Lass mich, Harry! Geh weg und tanz mit Charlotte", meine ich mürrisch, eingeschnappt. Etwas hebe ich die Flasche an, doch nicht sehr hoch, da ich den Geruch grauenhaft finde. Alle Betrunkenen riechen immer so.

"Wenn du eifersüchtig auf sie bist, dann Tanz ich mit dir. Versprochen", kontert er. "Aber du musst rauskommen."

"Eifersüchtig?", schnaube ich spöttisch auf, schüttele meinen Kopf. "Spinnst du? Ich bin nicht eifersüchtig. Ich bin enttäuscht, dass du sie erst als Hexe bezeichnest und plötzlich mit ihr tanzt."

"Gut. Dann kann ich dir ja sagen, dass ich auch von dir enttäuscht bin, da du ehrlich daran denkst, dich zu betrinken, obwohl du immer gegen Alkohol warst."

Erneut klopft er gegen die Tür, was sich mit der lauten Musik von unten und dem Gegröle einiger Menschen mischt. Sie sind schon längst alle betrunken, doch trotzdem bin ich für sie weiterhin der Freak.

Niemand mochte mich im Kindergarten, in der Schule oder gar an der Uni. Überall gab man mir den Namen Freak.

"Das ist was völlig anderes."

"Wirklich, in welchem Punkt denn?", fragt Harry mich, klingt gereizt erneut. "Mensch, komm da raus, Honor. Lass uns hier weg und ich erklär dir endlich, wieso alles so scheiße verlief."

Mein Herz tut immer mehr weh und ist schon lange in Scherben zerbrochen. Immer mehr wird mir die Luft zum Atmen abgeschnürt und mein Körper fühlt sich an, als würde ein Feuer in der kleinen Ecke unter den Vorhängen beginnen zu lodern, was für eine brennende Hitze in diesem Zimmer sorgt.

"Ich will es nicht hören!"

"Doch, du willst es hören. Jedoch bist du zu stur, um mir ohne Entschuldigung zu zuhören", brüllt er laut. Und dieses Mal sehr wütend. "Ich leide auch, okay? Drei Jahre lang konnte ich dich nicht sehen, nicht berühren, nicht küssen, nichts. Ich musste jeden Tag mit der Angst leben, dass dir etwas geschieht und jetzt kann ich dich wiedersehen, aber du verhältst dich so, überlegst, dich zu betrinken. Was wenn meine Entschuldigung in meiner Erklärung steckt?", fragt er zuletzt, worauf ich -glaube ich zumindest- ein Schluchzen höre.

"Dann ist es nur eine Ausrede."

"Fein", seufzt er dann, schlägt frustriert gegen die Tür. "Dann besauf dich, werde einer dieser erbärmlichen Personen, die mehr an Alkohol, anstatt an sich selbst glauben. Aber ich werde mir das nicht mit ansehen und jetzt gehen."

Erschrocken schaue ich auf, direkt auf das Holz der Tür, warte auf seine nächsten Worte gespannt ab, da er mich plötzlich überrascht.

"Doch halt mir das bei unserem nächsten Treffen kein Stückchen vor und behaupte, ich müsste mich bei dir entschuldigen. Du selber trägst hier -für diesen Mist- die Schuld!"

Und dann herrscht Stille.

Ich warte darauf, dass ich die Töne seiner Schuhe auf dem Flur höre, doch höre nichts, außer der Musik von unten. "Harry?" Ungeduldig warte ich auf seine Antwort.

Er geht nicht einfach. Er würde mich nicht in dieser Situation alleine lassen und erlauben, dass ich mich betrinke. "Ich weiß, dass du noch da bist, Harry!"

Keine Antwort, kein Ton, kein Klopfen gegen die Tür.

Nun beginne ich richtig zu weinen, weil er mich alleine zurücklässt. Obwohl ich es die ganze Zeit sagte, ihm laut entgegen brüllte, will ich ihm nun all meine Probleme vorwerfen, ihn anbrüllen, wieso er einfach geht, sagen, dass man sich nicht auf ihn verlassen kann. Aber...

Erneut hebe ich die Flasche hoch, versuche nicht den Geruch in meine Nase zu lassen, sondern führe das kalte Glas an meine Lippen.

Unentschlossen will ich sie anheben, den ersten von vielen Schlucken nehmen. Jedoch bewegt sich mein Arm kein Stück, als sei er eingefroren oder als habe jemand eine Schraube zu fest gezogen. Vielleicht war es Harry, der so viele Dinge sagte, die doch stimmen.

Ich hasse Alkohol, bin vollkommen dagegen und doch befindet sich der Flaschenkopf weiterhin an meinen Lippen, die sich mehr nach Harrys sehnen. Warum musste er gehen?

"Warum?", kreische ich laut, bevor es einfach passiert, ich mit Ruck die Flasche anhebe und die ersten Tropfen auf meine Zunge gelangen, die ich dann mit einem vor Ekel verzogenen Gesicht herunter schlucke.

Es brennt in meinem Rachen, schmeckt scheußlich doch irgendwie... Es lähmt mein Hirn, lässt mich immer mehr, weniger klar denken, nur noch die Wut spüren. Mein Magen zieht sich zwar zusammen, würde gerne seinen Inhalt irgendwo hin kippen, doch nehme ich einen weiteren, großen Schluck.

"Gott", stöhne ich, weil es so sehr brennt und schmerzt, meine Hände mehr zu zittern beginnen.

Der Frust in mir treibt mich weiter, bis ich schon eine Hälfte der Flasche getrunken habe. Ich bin wütend.

Wütend auf Harry, weil er immer so viel Mist sagt, mir nichts erklärt und mich verletzt. Warum muss er denn in Rätseln sprechen, wenn er alles normal erklären könnte? Er hätte doch seine wahren Gründe damals in den Brief schreiben können, womit ich beruhigt gewesen wäre. Die Wahrheit tut zwar weh, jedoch würde sie mich mehr beruhigen, als eine schlechte Lüge.

Denke ich zumindest.

Hin und her gerissen überlege ich, einen weiteren Schluck zu nehmen, die Flasche ganz zu leeren oder einfach zu gehen.

Meine Lippen nippen an der Flüssigkeit, die brennt, grauenhaft schmeckt. Langsam kann ich mich nicht mehr richtig koordinieren, schwanke leicht hin und her, lasse die Flasche fast fallen.

"Ich sollte gehen", lalle ich, sehe Wolken, während ich den Versuch starte aufzustehen. Alles dreht sich, erscheint verschwommen vor meinen schwachen Augen.

Mit großer Mühe drücke ich mich auf meine schwankenden Beine, stolpere auf die Tür zu, von der ich aber irgendwie wieder weglaufe. Etwas in mir will noch nicht gehen, weswegen ich zurück zum Bett taumele und dort rauf falle, hoch an die sich im Kreis drehende Decke starre.

Mir wird schlecht, was ich mit Mühe zurückhalten kann, und ich möchte bitterlich weinen, was ich tue.

In großen Flüssen rinnen die Tränen über meine Wange, werden ständig von mir weggewischt, während laute Schluchzer ertönen. Solange, bis meine Brust schmerzt, da ich von dem Alkohol und meinem Weinen Schluckauf bekomme, nun grauenhaft hickse.

Meine Lungen atmen unter großem Druck, genauso wie mein Herz und mein Hirn, das meinen Körper leiten will, nicht dem Ethanol die Überhand geben will. Unter eigenem Zwingen richte ich mich wieder auf die Beine auf, taumele zu der Tür, in der ich verzweifelt versuche den Schlüssel um zu drehen, der mir dann aber leider runterfällt.

Mühselig beuge ich mich runter, hebe ihn auf, ohne einen Purzelbaum zu machen und konzentriere mich vollkommen auf das Schlüsselloch. "Einlochen, wie ein Mescher in diesen dummen Schlitsch im Mescherblock", lalle ich, bemerke selber, dass ich keine vernünftigen Worte mehr heraus bekomme.

"Umdrehen!", fordere ich selber meine Hand auf, die dann den Schlüssel im Loch dreht, worauf ich die Tür mit zu viel Schwung öffne. Laut knallt sie gegen die lilane Wand, dass ich denke, ein Loch könnte sich dort nun befinden, was ich aber nicht checke.

Torkelnd setze ich einen ersten Schritt nach draußen, erstarre dann aber, als ich an der Wand mir gegenüber, verschwommen eine Kugel mit grünen Kullern und braunen Dingern erkenne, die nun hastig aufsteht und auf mich zugelaufen kommt.

Zwei Hände legen sich auf meine Schultern, wodurch ich aus dem Gleichgewicht gebracht werde. Unklar höre ich: "Honor. Hey. Scheiße!"

"Du fluchst immer", meine ich zu Harry, den ich nun erkenne. "Weißt du. Das kann manchmal echt nerven oder ganz schön seschy sein."

"Du bist betrunken."

"Schnellschäker", entgegne ich, schnipse mit meinem Zeigefinger gegen seinen Kopf, bevor ich laut loslache.

"Wie viel hast du getrunken Honor?", fragt er mich besorgt aus, schaut von unten prüfend in meine Augen, die bestimmt ganz glasig sind. Doch das stört mich nicht.

"Entweder ischt das Fläschchen noch halbleer oder halbschvoll."

Ich kichere belustigt. So viele Menschen streiten sich immer darüber, ob eine Flasche halbleer oder halbvoll ist, was ich so unnötig finde. Man weiß doch, bei welchem Pegel sich der Inhalt befindet.

Kopfschüttelnd bewegt sich die Kugel wieder vor meinem Kopf, bevor sich ein Arm unter meine Achseln hackt und ich mehr getragen werde, anstatt selber zu laufen.

"Lass mich", murre ich. "Ich bin wütend auf dich", doch habe keinen Erfolg und schubse den Mann nur halbherzig von mir weg. Irgendwie mag ich seine Nähe dann doch.

"Ich bring dich nach Hause", meint Harry ernst, seufzend mit mir die Treppen nach unten torkelnd. Er kämpft angestrengt mit mir.

"Du willst bis nach Corby laufen?", frage ich verwundert, bevor ich erneut amüsiert und doof, sowie hoch kichere, mir meine Hand mädchenhaft vor den Mund halte. "Das ist doof von dir."

"Ich bring dich zu mir. Deine Wohnung liegt zu weit weg!"

"Ups", hickse ich. "Und was machen wir bei dir?"

"Schlafen!", knurrt Harry.

"Du willst mit mir schlafen?"

"Nein! Du -Gott, du bist gerade echt unausstehlich und am liebsten würde ich dir so richtig meine Meinung erzählen! Du wirst deinen Rausch bei mir ausschlafen!"

Am Ende der Treppen stoppe ich, hebe meine Arme hoch und verziehe mein Gesicht, weswegen der Mann mich wütend fragt: "Was?"

"Trag mich!", befehle ich ihm, mit meinen Fingern vor seinem Gesicht wedelnd.

"Und dafür werde ich morgen wieder angeschnauzt", murmelt er meckernd, auch wenn er mich schon auf seine Arme hebt und durch die Haustür, weg von den Menschen, trägt.

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