306-Wir

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Die kleinen Finger von Olivia schlingen sich kaum merklich um meine Hand. Wie ein aufgescheuchtes Huhn hüpft sie jedoch, sehr auffällig, neben mir auf und ab, wobei das Mädchen immer wieder an meinen Arm zieht.

Offensichtlich freut sie sich sehr, hier zu sein und darüber, dass ich ihr nun eine Geschichte vorlesen werde. Wenigstens einer von uns beiden ist glücklich über die Situation.

Das soll nicht heißen, dass ich mich nicht über sie freue, ich liebe sie. Olivia bringt mich immer zum Lachen und heitert mich auf. Sie ist ein Sonnenschein, in der finstersten Dunkelheit. Doch mich stört der Grund, die Absicht, weswegen sie sich hierbefindet.

Und die Tatsache, dass Harry nie auch nur ein Wort mit mir darüber sprach, mich am Samstag nicht dabei haben zu wollen. Ohne große Ankündigung holte er Olivia -als Mittel zum Zweck- aus Corby. Er fuhr ernsthaft vier ganze Stunden, während ich schlief.

Nur für diese Sache!

Aber Olivia trägt keine Schuld, woran ich mich nun wieder erinnere und dann ergeben seufze.

"Na, komm", meine ich zu ihr, ein kleines Lächeln über meine Lippen bringend. "Wir bringen dich ins Bett, ich les dir eine Geschichte vor und dann schläfst du. Einverstanden?"

Ein 'J'' fiepend und hektisch den Kopf schütteln, wodurch das blonde Haare wie ein Mopp um sie herum fliegt, antwortet sie mir, bevor das Gehüpfe schon wieder von vorne startet, bis sie, endlich im Schlafzimmer angekommen, dort auf die auf geblasene Luftmatratze springt und unter die Decke kriecht.

"Hast du ein Buch mit?", erkundige ich mich bei ihr, als mir auffällt, dass Harry und ich kein einziges Kinderbuch besitzen. Aber wieso sollten wir auch eins haben?

"Ja." Erneut wackelt der kleine Kopf rauf und runter. Man müsste sich langsam mal Sorgen um sie machen, damit sie keine Gehirnerschütterung bekommt. "In meinem Rucksack. Da" -ihre Hand deutet auf den Rucksack, welcher neben dem Bett steht, und auf dem mich breit und winkend Olaf und Elsa angrinsen. Sie wird dieses Zeug wahrscheinlich nie vergessen.

Nickend gehe ich auf das Gepäckstück zu, in dem ich nach einer kurzen Suche, zwischen Wäsche und Haarbürste ein Buch finde, das ich hervorhole. Skeptisch mustere ich das Cover.

Ein wenig überrascht, da ich mit Frozen gerechnet hatte, bewege ich mich zurück zu dem provisorischen Schlafplatz, vor dem ich auf dem Boden Platz nehme, das alte Buch in meinen Händen, über dessen Einband ich nun vorsichtig streiche.

In schnörkeliger Schrift steht 'Die Geschichte von Dornröschen' in weißer Farbe vor einer hohen Hecke an Rosen, unter denen eine schöne Prinzessin schlafend liegt. Ein wenig sind die Ecken des Buches schon geknickt, ebenso löst sich der Einband leicht vom Buch, welches schon ein paar schlimme Zeiten erlebt haben muss.

Die erste Seite aufschlagend entdecke ich eine Widmung, auf leicht vergilbtem Papier und in ausgeblichener Schrift. "Für meine liebe Enkelin, Olivia. In Liebe, dein Opa", lese ich hauchen vor, erhalte ein Nicken von dem Kind, das mir dann erklärt: "Als ich noch ganz klein war, da hat er mir immer diese Geschichte zum Schlafen vorgelesen, wenn ich zu Besuch war. Aber jetzt bin ich ja nicht mehr klein."

"Nein", entgegne ich, zustimmend nickend. "Jetzt bist du schon fast sieben."

Und trotzdem hüpft sie manchmal noch wie eine Dreijährige vor mir auf und ab. Aber mir gefällt es, wenn sie sich nicht zu großartig ändert. Sie soll immer dieses kleine, leicht tollpatschige Mädchen bleiben, das damals im Kindergarten einen geheimen Freund besaß, mit dem ich sie spät abends im Gebäude erwischte. Nur, weil ich meine Jacke vergessen hatte.

Irgendwie war es vielleicht Schicksal, oder?

Wenn ich meine Jacke nicht vergessen hätte, und dadurch nicht nochmal zurück gemusst hätte, dann wäre ich Harry damals nie auf die Schliche gekommen. Ich hätte von dieser Sache nichts gewusst und diese Sache spielte irgendwie eine große Rolle in unserer Entwicklung damals.

Wir beide besaßen nach diesem Abend ein gemeinsames Geheimnis. Eins, das uns näher führte.

"Und ich komme in die Schule", fügt sie freudestrahlend hinzu, wobei sie zusätzlich große Augen macht. "Da dürfen nur große Kinder hin."

"Ja."

Schmunzelnd blättere ich nun auf die nächste Seite von dem Buch. Die ersten Sätze lese ich vor, was dazu führt, dass Olivia sich hinlegt, die Decke bis zur Brust gezogen und müde ihre Augen schließt. "Es war einmal, ein großes Königreich. Und in diesem Königreich lebte ein Königspaar, das eine liebenswerte, aufgeschlossene und von allen Menschen geliebte Tochter besaß."

"Eine Prinzessin", höre ich Olivia leise nuscheln, worauf ich ihr einen Blick zu werfe.

Sie schläft jetzt schon seelenruhig, wobei ich sie nicht stören möchte. Leise das Buch zuklappend und auf den Nachttisch legend, bevor ich ihr noch über die Stirn streiche, begebe ich mich langsam aus dem Zimmer, die Tür achtsam hinter mir schließen.

Ein wenig zittert meine Hand, auch wenn ich keinen ersichtlichen Grund dafür kenne. Sie zittert einfach, was ich nicht unterbinden kann und weswegen ich sie in meine Hosentasche stecke, ehe ich zurück ins Wohnzimmer gehe.

Nur Harry hockt auf der Couch, während ich keine Spur von Anne sehe.

Sofort blickt der Lockenkopf zu mir auf, als er meine Anwesenheit bemerkt, sieht mich mit diesem entschuldigenden Blick an. Nervös weiche ich seinen Blicken aus, frage ihn, nun zu dem Ort gehend, an dem vorher seine Mutter stand: "Wo ist deine Mom?"

Genau kann ich es mir vorstellen, wie Harry sich durch die Haare wuschelt, danach unwohl seine Hände knetete, bevor er antwortet: "Sie wollte nach Hause." Knarren des Polsters ertönt. „Damit wir unsere Ruhe haben."

Meine Arme vor der Brust verschränkt drehe ich mich nun zu ihm um, verzweifelt in seinem Gesicht nach einer Antwort oder Entschuldigung suchen, die mich besänftigt. Ich will nicht mit ihm streiten, aber gleichzeitig fühle ich mich verletzt, da ich so hintergangen wurde.

Keiner von uns beiden sagt eine ganze Weile ein Wort. Niemand spricht. Nur mein nervöses Tippen mit meinem linken Fuß auf den Boden und die schwere Atmung des Lockenkopfs erfüllt den in Stille getränkten Raum. Das Licht von der Decke strahlt grell, jedoch unschön. So hässlich gelblich.

Auch der Kaffee muss mittlerweile kalt sein, da kein Dampf mehr aus der Tasse tritt. Eine Tasse, aus der ich in den letzten drei Jahren jeden Morgen alleine meine Milch trank, während ich verzweifelt, häufig den Tränen nahe an Harry dachte. Einsam hockte ich in der Küche, auf einem der unbequemen Stühle, meine Beine dicht an meine Brust gezogen, ein üppiges Frühstück vor mir auf dem Tisch stehen habend. Manchmal sah ich diese Tasse als meinen letzten Halt an, worauf ich mich nur noch fester an den Henkel klammerte.

Wahrscheinlich geht auch nur an dieser Stelle die Farbe, durch mein ständiges Kratzen mit meinen Nägeln ab.

"Was wenn sie erfährt, dass du sie nicht aus Sehnsucht, sondern aus einem völlig anderen, feigen und egoistischen Grund, hergeholt hast?", breche ich dann die Stille, einen Schritt auf Harry zugehend.

Scharf die Luft einziehend, hebt er den Blick von dem gemusterten Teppich. Direkt in meine Augen blickt das Grün, doch eine Antwort erhalte ich nicht.

Nur still schweigend starrt er mich an, seine Hände in die Hosentaschen der schwarzen Jogginghose steckend. Er traut sich nicht einen Schritt auf mich zu zukommen, was ich jedoch gut finde. Ich würde nicht wissen, wie ich mich verhalten soll, wenn er versucht mich in seine Arme zu nehmen, mich zu beruhigen.

Wahrscheinlich würde ich ihm sofort wieder verfallen, und damit schwach werden.

"Du wusstest, dass ich dich am Samstag begleiten will", beginne ich. Meine angespannten Arme löse ich wieder voneinander, um mich erneut dem Fenster zu zudrehend, auf dessen kalten Fensterbrett ich meine Hände ablege.

Wenige Sterne strahlen am dunklen Himmelszelt, und der Mond befindet sich hinter Wolken. Leicht prasseln Regentropfen gegen das Glas des Fensters, durch das ich raus in die Nacht blicke, meinen Wagen direkt vor der Haustür parken sehe.

"Du hast nie gesagt, dass du mitkommen willst", entgegnet mir Harry nun, sich neben mich stellend, jedoch bedacht darüber, dass sich unsere Arme nicht berühren. "Da..."

"Weil es für mich selbstverständlich war -von Anfang an, Harry- dass ich dich begleiten werde", kontere ich, mit einem energischen Ton. In meinen Augen redet er sich gerade um Kopf und Kragen. Warum kann er nicht einfach sagen, wenn er mich nicht dabei haben will? Warum kann er es nicht sagen, mir den Grund nennen und es dabei belassen, anstatt solch eine Sache abzuziehen. "Wir wollten da gemeinsam durch. Du und ich, weshalb ich mich so was von verletzt fühle, dass du plötzlich ohne mich dahin willst, dass du heimlich Olivia holst, damit mir keine andere Wahl bleibt! So etwas tut man nicht. Nicht mit der Person, die man liebt oder mag!" Schwerfällig hole ich Luft, bevor ich noch hinzufüge: "Das tut man mit keiner Person, die einem etwas bedeutet, Harry!"

"Honor, du..." Er stammelt verzweifelt, mich von der Seite nun musternd. Nachdenklich sucht er nach den richtigen Worten, rauft sich seine Haare gestresst. "Du bedeutest mir so viel, genau deswegen kannst du nicht mitkommen."

Leicht schnaubend fordere ich ihn auf, mir dies jetzt mal genauer zu erklären, da ich das gar nicht verstehe.

"Ich kann mich nicht auf diesen Kampf konzentrieren, während die wichtigste Person in meinem Leben am Rand steht, zwischen irgendwelchen zwielichtigen Kerlen, vor denen ich dich beschützen könnte", meint Harry dann, nun vorsichtig, ganz langsam meine rechte Hand ergreifend. "Es würde mich ablenken."

"Du sollst das schaffen, Harry", hauche ich, mit kleinen Tränen in den Augen auf seine Hand starren, die meine weiterhin umklammert.

Irgendwie klingt seine Erklärung logisch, gleichzeitig berühren mich seine Worte, da er sie ruhig und so liebevoll aussprach. Er macht mir keine Vorwürfe, dass ich ihn ablenke.

"Mit Olivia bist du an dem Tag abgelenkt", spricht er dann. "Du kannst mit ihr Filme gucken, und glaub mir, ehe du es bemerkst, bin ich schon wieder dar. Wenn endlich alles in Ordnung ist."

Bei diesen Worten bin ich nicht so glücklich. Er kann doch nicht wirklich denken, dass es so leicht sein wird, hier zu bleiben, während er dort alleine hingeht. Ich werde eher noch zusätzlich mit Frozen gequält, als das es hilft. Wie kann er das so leicht und einfach sehen.

"Hast du deine Wäsche nur als Vorwand genommen, um sie zu holen?", frage ich deswegen harsch. Meine Hand entziehe ich seiner mit Schwung, drehe ihm den Rücken zu und blicke stur aus dem Fenster. Draußen tut sich nichts. Kein Auto fährt vorbei, niemand rennt hektisch durch den Regen, um so schnell wie möglich ins Warme zu kommen.

"Ich- Nein... Als ich bei mir war, habe ich über vieles nachgedacht."

"Über was zum Beispiel?"

"Darüber wie der Morgen zwischen uns verlief, nachdem du am Abend zuvor betrunken warst. An die Tage hier und an früher", antwortet er ehrlich. Zumindest klingt es so. "Ich will, dass alles wieder normal wird, wir beide endlich unsere Ruhe vor allem haben."

"Und du denkst, dass du mir das nur versichern kannst, wenn ich am Samstag nicht mitkomme, oder was?"

Immer noch klinge ich nicht begeistert, kehre ihm weiterhin meinen Rücken zu.

Harry schweigt eine ganze Weile, in der mir auch nichts weiter einfällt. Doch irgendwann bringt er ganz leise hervor: "Es tut mir leid, dass ich dich nicht gefragt habe, was du möchtest. Ich hätte Olivia nicht einfach herholen dürfen." Kurz macht er eine Pause. "Und wenn du willst, dann bringe ich sie morgen früh wieder nach Hause und erzähle ihr die Wahrheit. Dann kannst du mich am Samstag begleiten."

Sofort drehe ich mich zu ihm um, schüttele energisch meinen Kopf.

"Du weißt, wie viel sie mir bedeutet." Er nickt. "Außerdem habe ich sie so lange nicht mehr gesehen und bin wirklich darüber überrascht, wie groß sie geworden ist. Wir können ihr das nicht antun und sie jetzt zurück schicken."

Das Wir betone ich mit Absicht, sodass Harry versteht, wie stark unsere beiden Leben miteinander verbunden sind. Es gibt kein Harry und Honor mehr. Es gibt nur noch uns.

"Wir schaffen das -irgendwie. Und wenn ich dafür hierbleiben muss, dann tue ich das. Aber nur unter ein paar bestimmten Regeln", meine ich streng, erhalte ein Nicken von ihm.

Dankbar umarmt er mich, zieht mich fest an sich, seine Hand an meinen Hinterkopf legend und die andere liebevoll über meinen Rücken streichen lassen. "Ich liebe dich."

"Du wirst mich sofort anrufen, wenn der Kampf vorbei ist!", beginne ich einfach ihm die Regeln aufzuzählen. "Und wir machen eine Zeit aus, zu der du spätestens wieder hier sein musst."

"Einverstanden."

"Gut", seufze ich freudig. "Und nun küss mich."

Sofort legt er seine Lippen zärtlich auf meine, presst seine Hüfte dichter zu mir und führt uns langsam zu der Couch, wo ich mich kurz setze, dann aber auch schon nach hinten gedrückt werde, direkt an die Lehne, Harry über mir.

"Weißt du, dass du mir vorhin ganz schon Angst gemacht hast. Mit dieser kleinen, dominanten Art", nuschelt er schmunzelnd in den Kuss, kleine Kreise mit seinen Fingern über meinen entblößten Bauch ziehen, da er den Stoff meines Shirts nach oben geschoben hat.

"Ich war wütend auf dich. Außerdem, würde mir sofort einiges klar, als ich Olivia gesehen habe, nachdem ich das Gespräch von dir und deiner Mom mit angehört hatte."

"Du hast gelauscht?", stellt er fest, wenn auch als Frage, eine Braue amüsiert hebend. "Langsam wirst du doch noch zur Rebellin."

"Ja, Niall muss sich schon Sorgen um seinen Friedensnobelpreis als bester Rebell machen", gebe ich scherzen zurück, wovon Harry nur die Hälfte versteht. Er ist sowieso mit etwas ganz anderem beschäftigt.


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