318-die Scheidung

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Anne bemerkt augenblicklich, dass Harry mich anrufen muss, versucht sich jedoch normal zu verhalten. Liebevoll greift sie nach Olivias Hand, um diese abzulenken, reicht ihr einen Teller und geht mit dem Mädchen zum Buffet, wo sie sich alles erst einmal anschauen, ehe sie sich entscheiden.

Ich hingegen warte ungeduldig auf eine Antwort, atme unregelmäßig und stockend, während mein Kopf sich die schlimmsten Szenarien ausmalt. Mit wackligen Beinen, entscheide ich mich schnell dazu, auf die Toilette zu verschwinden, damit niemand mein Gespräch mithören kann.

Und auf dem ganzen Weg über, erhalte ich immer noch keine Antwort, weswegen ich erneut ein 'Hallo' in das Smartphone spreche, die Tür der Toilette hinter mir zuschließe.

Warum spricht er nicht? Warum ruft er überhaupt an?

Mit steigender Nervosität nehme ich zitternd auf dem Toilettendeckel Platz, fahre mir einmal mit meiner freien Hand verzweifelt durch meine Haare. Er muss doch endlich mal antworten!

"Harry, jetzt sag etwas!", bettele ich schon total genervt und fertig, höre meine eigenen Worte von den Fliesen der Badezimmerwände schallen. "Sofort!"

Plötzlich wird einfach aufgelegt, was mich vollkommen verrückt macht. Hysterisch tippe ich seine Nummer ein, bevor ich auf den grünen Hörer drücke und ungeduldig dem Piepen lausche, bis es am anderen Ende raschelt und ich zur Befreiung seine Stimme höre.

"Honor?", fragt der Mann ins Telefon, etwas erschöpft klingend.

"Ja, wer denn sonst? Harry, wieso rufst du an?", entgegne ich ihm sofort, leicht gereizt, da dieser Anruf schon jetzt mit meinen Nerven spielt.

Es macht mich fertig nicht in seiner Nähe sein zu können, ihn zu unterstützen und anzufeuern. Ich würde mich sicherer fühlen, wenn ich genau wüsste was er macht, wie es ihm geht und was ihn noch erwartet.

"Ich wollte einfach nur deine Stimme hören", gibt er leise zu, darauf scharf die Luft einziehend. "Hier ist nichts los und Niall hätte fast schon für Ärger gesorgt", erzählt er dann weiter.

Erneut ertönt Rascheln, ehe ich den Iren höre, der mir ernst und selbstverteidigend erklärt: "Sein beschissener Vater hat sich wie eine Pussy aufgeführt, nur weil er mich nicht kennt. Wichser!"

Er regt sich ganz schön auf, was ich einfach mal so lasse, nur meine: "Gibst du mir wieder Harry?", bevor dieser auch schon wieder spricht. "Er meinte, dass er mich nach heute Abend nicht mehr benötigen wird."

Dies ist doch ein gutes Zeichen, oder?

Wenn sein Vater selber der Meinung ist, dass er Harry nie wieder braucht, ihn zu nichts mehr zwingt, dann heißt dies doch, dass wir ihn los sind, nie wieder etwas von ihm hören werden. Oder?

Weiterhin verspüre ich einfach dieses unwohle Gefühl in meinem Magen, wegen dem ich nun meine Beine anziehe, meine Füße auf den Klodeckel stelle. "Und warum klingst du so außer Atem?", frage ich nach, weil mir diese Tatsache schon bei seinem ersten Wort auffiel.

Er klingt, als sei er einen Marathon gelaufen.

"Weil sein verfickter Vater unbedingt wollte, dass er nochmal gegen so ein Muskelpaket zum Training kämpft, obwohl das heute Abend alles sowieso nur eine große Show wird", erklingt es von der anderen Seite, wieder von Niall, der sich offensichtlich das Telefon geschnappt hat.

"Jetzt gib mir meine Freundin verdammt nochmal wieder!", meckert Harry aus dem Hintergrund mit ihm, bis ich ihn wieder höre. "Wo befindet ihr euch gerade?"

"Bei einem Chinesen in der Stadt", antworte ich ihm. "Du hast mich beim Einkaufen in eine echt peinliche Situation gebracht, du Blödmann." Mir ist die Sache mit seiner Mom wieder eingefallen.

"Wieso?", kommt es verwirrt von ihm.

"Weil du Kondome auf die Liste geschrieben hast, die ich ihr gezeigt habe, da sie sich für die App interessierte! Warum musstest du das raufschreiben?", frage ich ihn total vorwurfsvoll. Wahrscheinlich grinst er belustigt.

"Beim Sex verhütet man, Honor. Außer man möchte irgendwelche Krankheiten oder Kinder", erklingt es aus dem Hintergrund. Ein weiterer Kommentar von Naill, der einen schon auf die Nerven gehen kann.

Und dies ist keine gute Mischung, mit meinem schlechten Gemüt.

"Tut mir leid, Baby", entschuldigt Harry sich dann, worauf ich müde seufze.

"Schon gut. Du konntest ja auch nicht wissen, dass deine Mom das lesen wird."

Nun stehe ich wieder auf, da ich schätze, dass Anne und Olivia mich langsam vermissen werden. Deshalb spreche ich missmutig in den Hörer: "Noch irgendetwas?"

"Du musst wieder zu meiner Mom. Stimmt's?", harkt Harry nach.

Ich nicke nur schweigend, doch er scheint mich zu verstehen, da er stöhnt, bevor er meint: "Ich liebe dich! Versuch dir nicht so viele Gedanken zu machen. Es wird alles gut."

"Ich liebe dich auch! Sei bitte vorsichtig."

"Ich pass auf ihn auf!", brüllt der Ire ganz laut von hinten, sodass ich das Handy kurz von meinem Ohr nehme.

"Und hau Niall nicht, auch wenn er dich nervt", füge ich dann noch hinzu, bevor ich auflege.

Er fehlt mir.

Kopfschüttelnd schließe ich die Tür der Toilette wieder auf, stecke mein Handy seufzend zurück in meine Hosentasche, während meine Gedanken sich voll und ganz bei Harry befinden, der sich bei dem Boxen scheinbar sehr ins Zeug legte.

Den kleinen Gang entlang laufen, überlege ich mir, was wir am Abend machen könnten, da ich es nach diesem anstrengenden Tag nicht einfach so enden lassen will. Wir sollten es feiern, dass wir endlich frei sind und nie wieder diesem grauenhaften Mann begegnen müssen.

Aber ich weiß nicht einmal genau, wann Harry wieder Zuhause sein wird, was ein weiterer Punkt ist, der mich vollkommen verrückt und ängstlich macht.

Diese ganze Ungewissheit sorgt für Unruhe in meinem Bauch, ein wildes Pochen meines Herzens. Ich sorge mich um ihn und kann ihm gleichzeitig nicht helfen.

"Alles in Ordnung?", erkundigt Anne sich bei mir, als ich zurück an den Tisch komme, wo Olivia schon ihr Hühnchen isst und dazu Reis mit roter Soße auf dem Teller liegen hat.

Beruhigend nicke ich der besorgten Mutter zu, meine kurz: "Er wollte sich nur erkundigen, was wir so machen."

"Du musst das Hühnchen und den Reis essen, Honor", teilt Olivia mir freudig mit, wobei sie breit strahlt, was mit dem Aufgang der Sonne verglichen werden kann. Sie bereitet einem immer solch eine große Freude und gestaltet jede Situation um einiges schöner.

Deshalb nicke ich mit einem Lächeln, frage sie: "Würdest du mir zeigen, wo ich das Essen finde?", worauf sie schon aufspringt und meine Hand ergreift, an der sie mich hinter sich herzieht.

Bei dem Buffet, von dem ich wusste, wo es steht, reicht sie mir einen Teller, der nur kurz in ihren Händen wackelt, deutet dann auf eine erhitzte Schüssel, in der der Reis liegt, von dem ich mir etwas auffülle. Ebenso nehme ich mir das Hühnchen und fülle mir die Soße auf, in der auch etwas Ananas schwimmt.

"Das schmeckt richtig toll", teilt Olivia mir mit, einen Blick auf die Nachspeisen werfend. Ich sehe richtig in ihren blauen Augen, wie sie am liebsten schon jetzt etwas davon haben würde und halb auf den Weg ist, um sich eine Schüssel zu nehmen.

Schnell greife ich deshalb mit meiner freien Hand nach ihr, halte sie an ihrem Handgelenk sanft zurück. "Nachdem du aufgegessen hast, kannst du dir was Neues holen. Einverstanden?"

Sie nickt mir brav zu und geht mit mir zusammen zurück zu unserer Ecke, auf deren Bank sie rauf klettert, da ihre Beine ein Stück zu kurz sind, um sich einfach zu setzen. Anne ist mittlerweile schon mit Essen beschäftigt, dreht die Nudeln auf ihre Gabel auf.

Keiner von uns traut sich mit Stäbchen zu essen, da es wahrscheinlich sehr komisch ablaufen würde.

Ich erinnere mich noch daran, wie Ethan und Nathan einmal mit mir bei einem Chinesen Essen waren und dieser uns nur Stäbchen anbot. Es endete so, dass ich Ente fast in die aufwendig gestylten Haare einer alten Frau geschnipst hätte und der Reis auf dem ganzen Boden verteilt. Wir aßen alle drei dann nur so, dass wir unser Essen aufstachen, als müssten wir es selber erlegen.

"Er musste zum Training gegen irgendjemanden schon kämpfen", erzähle ich der schwarzhaarigen Frau dann nach einer Weile auch mehr von dem Gespräch, in dem ich einiges erfuhr. "Und Niall versteht sich kein bisschen mit ihrem... also..."

Nicht ganz weiß ich, wie ich Harrys Vater gegenüber Anne bezeichnen soll.

"Mein Mann", spricht sie dann aber selber und erfüllt diese beklemmende Aufgabe für mich. "Ich bin leider immer noch mit ihm verheiratet."

Auf ihr wunderschönes Gesicht schleicht sich ein trauriger Ausdruck, bei dem mein Herz schmerzt. Nicht nur ihr Sohn musste durch vieles durchgehen, sondern auch sie.

Harry wurde damals nur von ihr geschlagen, weil ihr gewalttätiger Mann sie dazu zwang. Sie selber wurde häufig verletzt und eingeschüchtert, musste ihren Sohn als den Mörder ihrer Tochter darstellen, die an Krebs starb.

Dieser psychisch kranke Mann zerstörte so viel in der Familie, welche ich mir eigentlich häufig als schön und belebt vorstellte. Abgesehen von Harry.

In der Schule sah ich ihn immer als das Problem in der Familie an, da Anne mich, wenn ich sie mal traf, freundlich anlächelte. Niemand würde ahnen, dass die Ursache bei dem Vaters des Lockenkopfs liegt.

Die Frau erkannte ich damals im Dinner nicht, weil sie sich so sehr veränderte, man ein wenig die Spuren der Quallen in ihrem Gesicht sieht. Sie veränderte sich, ebenfalls wie Harry.

"Hast du vor, nach heute Abend die Scheidung einzureichen?", frage ich vorsichtig nach, erhalte ein Nicken von ihr.

"Ich werde mir eine eigene Wohnung suchen und was dann kommt, weiß ich noch nicht", erzählt sie mir von ihren Plänen, von denen sie ganz entschlossen berichtet. Und ich bezweifle nicht, dass etwas sie daran hindern kann.

"Hier in London?"

"Du und Harry wollt wieder zurück nach Corby, hab ich Recht?"

"Ja", antworte ich ehrlich, nicke. "In London hält uns nichts mehr und unsere Freunde sind auch nicht so weit weg."

"Ich würde -um ehrlich zu sein- gerne in eurer Nähe bleiben. Schließlich seid ihr ein Teil meiner Familie und es wäre einfach gut für meine Bindung zu Harry. Wir haben noch einiges der vergangenen Jahre nachzuholen", spricht sie ehrlich, wobei ich sie verstehen kann.

Wenn ich einen Sohn hätte und zwischen uns noch so viel aus der Vergangenheit steht, da einfach einiges schief lief, dann würde ich auch bei ihm bleiben und mich darum kümmern, dass wir uns wieder verstehen. Jede Mutter würde dies tun, weil sie ihr Kind einfach liebt.

"Wenn ihr nichts dagegen habt", fügt sie dann noch hinzu. Sofort antworte ich: "Nein, ganz und gar nicht. Wir wissen nur selber noch nicht genau, wie wir das alles in Corby gestalten. Harrys Wohnung gibt es nicht mehr und bei meinen Eltern oder Jace wollen wir auch nicht unbedingt bleiben."

"Jace", wiederholt Anne dann den Namen des Mannes, der sich sehr lange um ihren Sohn kümmerte. Offensichtlich weiß sie, was er alles für ihn tat. "Mit diesem Herr, muss ich auch noch unbedingt sprechen und mich bei ihm bedanken."

"Auch wenn Harry es nicht oft zu gibt und sich wie ein kleines Arschloch verhalten kann, ist er ihm dankbar und mag ihn", gebe ich kichernd als Antwort, da ich das Verhalten des Lockenkopfes gegenüber des Mannes so oft einfach nur unverständlich finde und seine Mutter deshalb warnen sollte.

"Arschloch sagt man nicht", meckert Olivia mit mir, sich viel Reis in den Mund steckend. "Vor allem nicht zu Hazza."

"Entschuldigung", gebe ich zurück, beiße mir verlegen auf die Unterlippe. "Ich hab ihn lieb, das weißt du."

"Ja. Ich auch."

Etwas Reis fällt ihr beim Sprechen aus dem Mund, da sie sich einfach zu viel auffüllte.

"Naja, wir werden nach heute Abend sehen und können morgen früh mit der Planung von etwas Neuem beginnen", entscheidet die Frau dann, steht auf, ihren Teller in der Hand. "Begleitet ihr beide mich für eine köstliche Nachspeise?"

Olivia springt auf, gerade den Rest des Essens von ihrem Teller kauend, was ich schmunzelnd beobachte, dann aber ebenfalls mich erhebe und den beiden zurück an das Buffet folge. Anne entscheidet sich für eine kleine Mischung aus verschiedenen Obstsorten, während das Kind und ich uns jeweils ein paar Litschis nehmen, auf die sie vorhin schon ein Auge warf.

Noch eine halbe Stunde bleiben wir in dem Restaurant, essen auf, unterhalten uns über alles Mögliche und planen, das Olivia Zuhause kurz mit ihrer Mutter skypen darf, bevor wir dann endlich -aus ihrer Sicht- Frozen schauen.

Deshalb bezahle ich nun für uns drei, helfe der Kleinen in ihre Jacke und dann raus, indem ich die große, schwere Tür aufhalte, durch die sie durch hüpft, freudig auf mein Auto zu läuft.

Wie gerne wäre ich jetzt auch so unbeschwert und ohne Sorgen, doch muss immer wieder an Harry denken und daran, was er gerade durchmacht.

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