08 - Telefonitis

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Ich bin gestern nur noch unter die Dusche gehüpft, habe mit So-Ra gegessen und ganz viel durcheinander erzählt. Sie hat einfach zugehört, sich nicht anmerken lassen, was sie von dem ganzen hält, und mich dann bald ins Bett gescheucht. Nach ihrem Abgang habe ich noch eine Weile geschrieben, ToDo-Listen ergänzt und sehr schnell geschlafen.

Heute Morgen hatte ich etwas Mühe, aus dem Bett zu finden. Ich habe das Gefühl, vor mir liegt die Besteigung des Mount Everest, allein und ohne Sauerstoffmaske. Aber nach der heißen Dusche und dem guten Frühstück sehe ich nun zuversichtlich in den Tag und mache mich auf zur Arbeit. So-Ra begrüßt mich mit einem Lächeln.
"So gefällst du mir schon besser. Gestern Abend hast du echt fertig ausgesehen."
Wir machen uns an unsere Arbeit, und meine Freundin schaut ein bisschen neidisch hinter mir her, als ich bereits um 14.00 Uhr Feierabend mache.
"Ciao, bis morgen, Süße."
"Viel Spaß bei deiner Telefonitis!"
Zu Hause nehme ich die erste Liste in Angriff. Ich telefoniere mit den Stadtwerken, meinem Stromanbieter, meiner Telefongesellschaft und mache Termine aus. Überall wird mir schnelle Bearbeitung versprochen, damit ich bald anfangen kann.
Mal sehen, wieviel davon in der Realität übrig bleibt ...

Bei den Baufirmen werde ich von den Bürokräften immer sofort an die Chefs verwiesen, die sich zum Teil auf der Baustelle neben meiner Villa befinden. Mit mehreren davon verabrede ich mich für nachher gleich vor Ort. Da jetzt Berufsverkehr ist, mache ich mich selbst sofort auf den Weg, damit ich rechtzeitig da bin. Die Bauarbeiter stellen gerade die großen Maschinen ab und räumen auf, als ich am Bauzaun ankomme. Die Arbeiter verlassen das Gelände. Kim Koll Taehyung grinst mir breit entgegen, aber Hoseok Bauarbeiter ignoriert mich komplett, als die beiden an mir vorbeilaufen.

Dann stehen mir nur noch fünf kräftig gebaute Männer mit Bauhelmen gegenüber. Gestandene Chefs, die einen guten Job machen. Und die muss ich nun überzeugen, dass sie gleich im Anschluss an dieses Projekt nebenan bei mir weiter machen wollen. Ich straffe meine Schultern, stelle mich vor und führe sie auf mein Grundstück.
Von den Jungs ist nichts zu sehen. Ich führe die Herren zuerst zum Pförtnerhaus, das sie kritisch unter die Lupe nehmen. Sie halten es für möglich, das relativ schnell wieder bewohnbar zu machen. Eine ordentliche Sanierung kann ja dann nach der Villa folgen.
Wir gehen weiter zum großen Haus, und schon unterwegs tauchen bei einem nach dem anderen Stirnrunzeln und Kopfschütteln auf. Um die Wurzel allen Übels gleich aufzuzeigen, gehen wir als erstes in den Keller. Im ganzen Haus ist es totenstill, kein Wort, kein Knarzen ist zu hören. Nur Jin dümpelt wie gewöhnlich durch den Keller, als wir dort unten ankommen.

Einzeln verschaffen sich die Männer unten einen Überblick und entfliehen so schnell wie möglich wieder dem Gestank. Dann teilen sie mir ihre Eindrücke mit.
"Wie lange, sagen Sie, steht das Haus schon leer?"
"Das sieht nach einem Wasserrohrbruch aus. Das geht schnell, wenn wir das Leck gefunden haben."
"Das wird aber eine ganze Weile dauern, bis wir hier alles trocken und schimmelfrei haben."
"Könnten Sie mir den Dachstuhl gleich zeigen? Ich habe noch einen Termin. Und mit dem Keller ja nichts zu tun."
"Schimmelt der Kerl da unten schon, oder kann der noch selbst rauslaufen? Manche Leute haben echt seltsame Hobbys ..."
Ich beantworte geduldig alle Fragen, soweit ich das kann, breite alle alten Baupläne und Grundrisse auf dem Schreibtisch im Wohnzimmer aus, fordere vier der Herren auf, sich im Erdgeschoss selbst ein Bild der Lage zu verschaffen, und steige dann zusammen mit dem Dachdecker die breite Treppe hinauf. Der schon ältere, erfahrene Handwerker ist zurückhaltend und schweigsam, aber sehr höflich.

Ich weiß selbst nicht, was mich oben erwartet. Da Hoseok gesagt hat, dass man nicht in den zweiten Stock kommt, wird es auch schwierig werden, ans Dach und die Brandstelle ranzukommen. Gleichzeitig drängen sich mir schon wieder Erinnerungen auf, meine Schritte werden langsamer, die Luft wird mir knapp.
Ich kann die guten Zeiten nicht wieder herbeizaubern. Warum quäle ich mich eigentlich so? Ich könnte mich doch einfach umdrehen und gehen, das Haus und die Bewohner sich selbst überlassen. Aber ich muss doch - das Testament. Wer weiß, wozu es gut ist.
Ich muss mich sehr innerlich zur Ordnung rufen, damit ich nicht einfach davonlaufe.
Bleib doch mal sachlich, Nelli. Zeit für Gefühle ist hinterher.

Im ersten Stock sind alle Zimmertüren geschlossen, so gut es geht. Nur die Tür zu Onkel Harrys ehemaligem Schlafzimmer, über der Bibliothek, steht weit und einladend offen, wie mit Absicht so arrangiert. Wir befinden uns am Westflügel, wo das Dach gebrannt hatte. Ich bin gespannt, was uns hier erwartet. Also betreten wir vorsichtig den Raum. Direkt vor dem zerstörten Erkerzimmer klafft ein großes Loch im Boden. Also bleiben wir vorsichtshalber in der Nähe der Tür stehen. Wir sehen allerdings auch so genug, denn die Zimmerdecke ist vollständig vergammelt und verbrannt und gibt einen guten Blick auf den angekokelten Dachstuhl frei.
Hobi Bauarbeiter, du bist ein gewiefter Fuchs! Diese eine Tür stand doch mit Absicht offen. Du weißt genau, was du tust.

Der Dachdecker lässt sich Zeit und macht viele Fotos. Und scheint sich an etwas zu freuen. Schließlich verrät er mir auch den Grund.
"Wissen Sie, ich war damals Lehrling im ersten Jahr, als wir dieses Dach gebaut haben. Die Konstruktion ist ungewöhnlich, aber leichter und stabiler als andere. Ohne den Brand wäre noch alles tadellos. Es wird mir eine Ehre sein, dieses Dach zu erneuern. Es gibt nicht mehr viele Kollegen, die mit dieser Konstruktion noch vertraut sind."
"Sie haben hier mitgearbeitet? Das freut mich zu hören. Wissen Sie noch einen anderen Architekten, der sich mit Altbau und Statik gut auskennt? Der Kollege von der Nachbarbaustelle hat nämlich abgewunken. Er sei völlig überlaufen."
"Warten Sie."
Er zückt sein Handy, scrollt durch seine Kontakte und schickt mir zwei davon rüber.
"Mit beiden Männern habe ich schon mehrfach zusammengearbeitet und gute Erfahrungen gemacht. Der hier wäre mir der Liebste. Seine Frau ist Kunsthistorikerin und wird auch öfter zu Rate gezogen, wenn etwas besonders authentisch werden soll."
Er zeigt auf einen der beiden Namen.
"Aber jetzt muss ich wirklich los, und Sie haben unten sicher noch viel mehr zu besprechen."
Er verabschiedet sich und geht zügig die Treppe runter.

Ich bleibe allein zurück und gebe nun auch den mühsam unterdrückten Gefühlen Raum. Dieses klaffende Loch in der Zimmerdecke mit Blick bis zum leicht bewölkten Himmel fühlt sich an wie ein Loch in meinem Herzen.
Das ist alles meine Schuld. Ich habe damals zwar eine Entscheidung für ein Studium gefällt. Aber alles andere habe ich einfach weiter schleifen lassen. Dieses Haus, meine unentdeckten Träume, Onkel Harry - das alles ist unwichtig geworden neben meiner Bequemlichkeit, meiner Jugend, meiner Unentschlossenheit und meinem leichtsinnigen Ego. Ob sich daran jemals etwas ändern wird?

Ich fühle mich unglaublich mutlos, schuldig, unfähig. Die Tränen strömen mir übers Gesicht, bis die verkohlten Balken und geborstenen Dielen vor meinen Augen verschwimmen.
Dieses Testament kehrt wirklich das Unterste zu oberst in mir. ... Kann ich überhaupt noch das Ruder rumreißen? Für dieses Haus? Für mein Leben? Oder ist es zu spät? Ich habe so viel Geld geerbt. Aber mit nichts auf der Welt kann man Träume, Ziele, Durchhaltevermögen oder Charakterstärke kaufen! Wird mir das hier gelingen?

Eine leise Stimme holt mich vorsichtig zurück ins Hier und Jetzt.
"Sie haben viel verloren. Lassen Sie sich Zeit, etwas Neues zu finden. Träumen Sie, weinen Sie. Ich verstehe Sie noch überhaupt nicht - ich weiß nur, dass Sie jemand besonderes sind. Sie haben mir gestern die Chance gegeben, mich zu bewähren. Ich bin hier gerne dabei. Sie sind nicht allein. ... Kommen Sie."
Eine lange schmale Hand legt sich auf meine Schulter. Die schwebende Berührung von außen berührt mich auch innendrin. Sanft begleitet Kim Taehyung mich aus dem Raum zur Treppe. Ich krame ein Taschentuch aus meinem Rucksack und versuche, mein Gesicht wieder in einen vorzeigbaren Zustand zu bringen. Er lächelt mich an.
"Das wird schon. Sie werden unten erwartet."
So leise, wie er gekommen ist, verschwindet er in einem der Zimmer. Alles ist wieder ganz still.

"Frau Cho?"
Die Handwerker. Ja, richtig!
Ich eile die Treppe hinunter, beuge mich über die Pläne, höre Vorschlägen, möglichen Hindernissen und Rückschlägen zu, kalkuliere böse Überraschungen mit ein und lasse mir sehr vage Kostenrahmen nennen. Alles in allem eine Mammutaktion, die mich für eine ganze Weile in Atem halten, aber nicht arm machen wird.
Wir tauschen Kontaktdaten aus, stecken einen ungefähren Zeitrahmen ab, besprechen sofort konkreter die Arbeiten am Pförtnerhaus. Ich bekomme Vorschläge, welche weiteren Fachleute ich hinzuziehen sollte, und bereits einige Kontaktdaten dazu. Dann verschwinden die Männer in ihren wohl verdienten Feierabend.

Erschöpft vom vielen Denken, Planen und Fühlen sinke ich auf den nächsten Stuhl. Ich fühle mich ausgeschüttelt und durch die Mangel gedreht. Leer und allein. Ich schließe die Augen, konzentriere mich auf meine Atmung.
Ich hatte mir doch vorgenommen, meine Kräfte besser einzuteilen. Ich sollte hier und jetzt damit anfangen.

Jeongguk Poltergeist kommt herein und erschreckt mich damit richtig.
"Alle wieder weg?"
"Um Himmels Willen! Warum müssen hier eigentlich alle immer so schleichen?! Ja, sie sind weg. Und Sie könnten nochmal alle hier zusammenkommen."
"Wird gemacht!"
Statt zu den einzelnen Zimmern zu gehen, stellt er sich einfach ins Foyer und brüllt los.
"Alle Mann antreten zur Lagebesprechung!"
Na - das hätte ich auch selbst gekonnt.
Sein Ruf verhallt wirkungslos auf der Kellertreppe, aber von oben laufen, schleichen, rutschen die drei anderen herunter und setzen sich zu mir an den Tisch. Erwartungsvolle Stille tritt ein.

"Viel schneller, als ich es erwartet und erhofft hatte, kann die ganze Aktion anlaufen. Ich brauche noch einen gescheiten Architekten, mir sind aber mehrere Geeignete genannt worden, da klemme ich mich morgen dran.
Das Pförtnerhaus soll als erstes in Angriff genommen und bewohnbar hergerichtet werden. Es sollen zwei Zimmer, Gemeinschaftsraum, Küche und Bad entstehen, so dass Sie dort unterkommen können. Je mehr Sie mithelfen, desto schneller geht es. Die eigentliche Sanierung folgt dann nach Fertigstellung der Villa."
Die Männer nicken stumm.
"Damit die Villa vor dem Winter gesichert werden kann, müssen wir Gas geben. Ich habe jetzt Firmen für die groben Außenarbeiten und die Trockenlegung des Fundaments, Elektrik, Klempner und Maurer. Der Dachdeckermeister hat sogar als Lehrling selbst dieses Dach mit aufgerichtet. Es kann also losgehen."

Hoseok Bauarbeiter meldet sich zu Wort.
"Ich könnte mir vorstellen, dass es sinnvoll wäre, sich einen anderen Betrieb für die Klempnerarbeiten zu suchen. Die Leute arbeiten gut, aber dieser Chef geht nicht ordentlich mit seinen Leuten um, ist ungeduldig und ständig genervt, wenn er sich mit den anderen Firmen koordinieren muss. Es gibt bestimmt Firmenchefs, die besser ins Team passen."
"Danke für den Tipp, werde ich machen. Fällt Ihnen noch was ein?"
Alle schütteln den Kopf.
"Gut. Dann müssen wir ... müssten Sie nur noch in die Wege leiten, dass sie sich beim Einwohnermeldeamt im Pförtnerhaus registrieren lassen, damit ich die Jobs leg..."
Jeongguk Poltergeist ist die Treppe hochgepoltert, bevor ich den Satz zu Ende gesprochen habe. Yoongi Löwengähnen steht zwar langsamer auf, sagt nur die zwei Worte "ohne mich", schleicht dann aber auch zielstrebig davon. Überrumpelt und verblüfft schaue ich den beiden hinterher.
Sind die so empfindlich, oder bin ich so begriffstutzig? Bei denen kriege ich doch nie einen Fuß auf den Boden.
Allmählich verlässt mich der Mut.

"Das wird bei den beiden nichts. Und Jin braucht keinen festen Wohnsitz sondern einen festen Arschtritt und einen richtig guten Therapeuten. Aber wir beiden ..."
Kurz sieht Hobi zu Tae rüber.
"Wir sind gerne dabei."
Sehr leise und mit einem traurigen Kopfschütteln widerspricht Taehyung.
"Ich würde gerne, aber es geht noch nicht."
"Na gut. Dann müssen wir fürs Erste so verbleiben. Ich komme erst übermorgen wieder. Ich brauche morgen nochmal Zeit zum Telefonieren und ein bisschen Abstand für den Blick von außen. Am Mittwoch bringe ich dann erstes Gerät mit, damit sie die alten Wege freilegen und sich durch den Dschungel arbeiten können. Einverstanden? Je eher, desto besser."
Wir verabschieden uns, und ich habe schon wieder viel zum Nachdenken mitgenommen.

Zu Hause setze ich mich mit meinem Notizbuch auf den Balkon und schreibe, schreibe, schreibe.

Jung Hoseok Hobi Bauarbeiter:
Pragmatisch, zielstrebig, verschwiegen, auf der Hut, klug, geschickt, selbstbewusst, auf seine Freiheit bedacht

Jeongguk Poltergeist Guckie:
minderjährig, laut, frech, versteckt seine nette Seite meistens, hat allerdings vor vielem Angst, läuft dauernd weg, hört auf Yoongi?

Yoongi Löwengähnen:
etwas älter, sehr leise, sehr schweigsam, grenzt sich ab, sagt zu vielem nein, zeigte mehrfach unterdrückte Verärgerung, hat wohl Jeongguk gut im Griff, ist mir aber ein Rätsel

Kim Seokjin "LeicheimKeller":
schwer depressiv, lethargisch, im Keller, hält sich raus, braucht was anderes?

Kim Koll Taehyung Tae:
Alter zwischen Guk und Hobi, frech-fröhlich, offener, fliegt oft raus, wird von Büchern und Kaminen ferngehalten (Brandstiftung?), motiviert, dankbar, trägt unbekannte Last, schlechtes Gewissen? - zeigt plötzlich seine weiche, sensible Seite

Pförtnerhaus:
# freischnibbeln
# Küche
# Bad
# Türen
# Dach
# 2 Zimmer von Garage abteilen

Villa:
# Wasser abstellen, Leck finden
# Brühe rauspumpen
# Wände + Boden trocknen
# Graben ums Haus ziehen
# Wände von außen isolieren
# Wände von innen trocknen und isolieren
# Kanalisation modernisieren
# Elektrik modernisieren
# ...
# ...

Garten:
# schwere Maschinen
# Gartenbaubetrieb
# Straßenbaubetrieb
# Spielplatz?
# Pavillon?
# Teich?

Architekt: ?

Statiker: ?

Fundament + Außenarbeiten:
Hoseoks Firma

Maurer:

Klempner: ?

Elektriker:

Dachdecker:

Maler: ?

Stuckateure: ?

Das wird der Architekt hoffentlich wissen.
Hoffentlich-hoffentlich beißt der Architekt an, den der Dachdecker mir empfohlen hat. Hobi Bauarbeiter hat nämlich recht - bei einem Projekt, das in so kurzer Zeit so gut koordiniert werden muss, sind Teamwork und Kompromissbereitschaft nicht zu unterschätzen.

Während ich über die einzelnen Sanierungsschritte nachgrübele, fällt mir noch etwas auf. Wir werden monatelang unterschiedlichste Berge von Müll produzieren. Holz, Stein, Elektrik, Sanitär, Naturmaterial, anderes. Wenn wir das einfach immer vor die Tür schmeißen, kommen wir bald nicht mehr ans Haus ran. Und manches davon ist vielleicht Sondermüll, das muss dann speziell entsorgt werden. ... Ach ja! Papier, Plastikverpackungen.
Ich glaube, ich lasse die Jungs sofort die Wege freilegen - und auf dem Gelände, gleich an der Einfahrt einen Platz für 8 verschiedene Container mit Deckeln anlegen. Wir sollten das alles von Anfang an sortieren, dann macht der Müll am wenigsten Arbeit.

Am Dienstag Morgen bestelle ich noch vor der Arbeit acht unterschiedlich große Container und schreibe Hoseok Bauarbeiter, wo er die abstellen lassen soll, wenn sie Mittwoch Vormittag gebracht werden.

"ich???"
"Wer sonst? Sie sind im Moment mein erster Ansprechpartner. Wie Sie das unter sich regeln, überlasse ich Ihnen. Vielleicht kriegen wir damit Kim Seokjin aus dem Keller?"
H

oseok antwortet nicht mehr. Aber ich denke, die Botschaft ist angekommen. Jetzt wird es ernst.
Der arme Jin! Hobi Bauarbeiter wird nicht zimperlich mit ihm sein ...

Nach der Arbeit fahre ich in den Baumarkt, lasse mich in der Gartenbau-Abteilung über diverse Maschinen aufklären und kaufe dann mehrere, die ich gleich zur Villa schicken lassen werde. Beim Verbrauchsmaterial wie Klebebänder, Kabeltrommeln, Leitern, Hammer, Zange, Scheren, Zollstöcke, Absperrband, Schutzplanen und Co. lege ich gleich einen ganzen Vorrat an - sowas kriegt immer Beine auf einer Baustelle. Dann fülle ich fünf große, tragbare Werkzeugkästen mit der üblichen Heimwerkerausrüstung und je einem Akkuschrauber.
Keine Ahnung, ob das jetzt schon sinnvoll ist. Aber wenn wir die Sachen personalisieren, passen die Jungs bestimmt besser drauf auf, kommen sich beim Arbeiten weniger in die Quere. Was am Ende noch lebt, gehört dann ihnen.

Am Dienstag Abend mache ich einfach mal gar nichts und entspanne mich - außer Kopfarbeit. Ich telefoniere, um den Architekten zu überzeugen. Teile der Bank mit, welche Gelder sie mir auf einem neuen "BAUKONTO" bereitstellen sollen. Googele nach Jugendschutzprojekten. Denn Jeongguk Poltergeist muss irgendetwas lernen, muss zurück in die Zivilisation und zurück in die Legalität.
Gleich am Mittwoch Morgen in der S-Bahn, auf dem Weg zur Arbeit, rattert mein Hirn weiter.

Wie kriegen wir die Wege frei? Die waren mal gepflastert mit kleinen, dunklen, gut gefügten Steinen. Das Muster hat Bögen gebildet, die ich als Kind sehr lustig fand. Wenn ich da den Bagger drüberschicke, sind die Steine alle weg. Also vielleicht ... Leider habe ich von sowas keine Ahnung.

Ich muss unbedingt sofort alle Bäume, die ich erhalten will, markieren. Dann wird auch klar, wo wir Maschinen abstellen und größere Mengen Baumaterial lagern können. Solche "Parkplätze'' sollte ich vielleicht mit Schotter aufschütten lassen. Dann ist uns auch Regen egal.

"Nelli-Schatz, könntest Du bitte aufhören, Materiallisten auf die Versicherungspolicen unserer Kunden zu kritzeln?"
"Was?"
"Das heißt 'wie bitte', Schätzchen. Und du warst grade gaaaaanz weit weg."
Mit großem Erstaunen blicke ich mich um. Ich befinde mich in unserem Viererbüro, die Uhr zeigt 14.00 Uhr, So-Ra steht neben mir und zerrt an einem Aktendeckel, auf den ich wohl grade was geschrieben habe.

Hilfe, ist DAS peinlich! Das mit der Work-Bau-Life-Balance muss ich aber noch üben. Und den Mittelpunkt etwas mehr in Richtung "life" verschieben. Das machen so weder mein Arbeitgeber noch meine Gesundheit lange mit.

"Komm, du hast jetzt eh Schluss. Ich mach Pause. Lass uns ein bisschen reden. Du machst grade zu viel mit dir alleine ab, das geht auf Dauer nicht gut. Ich will dir auch nichts ausreden oder mies machen. Du brauchst jetzt einfach einen Spiegel, damit du dich nicht selbst verlierst."
Eine Weile sitzen wir auf der Mitarbeiterterrasse in der Sonne, jede einen Latte Macchiato in der Hand, und schweigen. Ich merke, wie meine Gedanken schon wieder zum Bau abdriften wollen. Energisch schüttele ich den Kopf.
"Sind deine Gedanken so schwer, dass du schon mit dem Kopf wackelst?"
"Nö. Aber ich habe versucht, hier zu bleiben und nicht innerlich sofort wieder abzudriften. Und das klappt einfach nicht."
"Warum nicht?"
"Weil mir ständig was neues einfällt und ich Angst habe, das wieder zu vergessen. Vermute ich."

"Dann denken wir uns jetzt ein System aus, wie du jeden Ablenker sofort aufschreiben kannst und auch wiederfindest. Dann hast du den Kopf vielleicht freier."
"Hm. Ich hab schon überlegt, ob ich mit dem Architekten zusammen einen ungefähren zeitlichen Ablauf stricken sollte, aus dem ich ablesen kann, ob das, was mir grade durch den Kopf saust, jetzt überhaupt dran ist. Nicht als Fahrplan für ihn sondern als Selbstkontrolle für mich."
"Das ist doch eine super Idee. Mit den beiden Sachen fängst du an, damit hast du erstmal zu tun. Du, ich muss wieder an den Schreibtisch, meine Brötchen verdienen."
Sie steht auf und schneidet eine Grimasse. Aber der letzte Satz fühlt sich total falsch an. Zwischen uns beiden darf nichts stehen, was unsere Freundschaft belasten könnte!

"So-Ra?"
"Ja?"
"Danke. Dass du immer für mich da bist. Du bist mehr wert als jeder einzelne Won, den ich geerbt habe."
"Ist doch klar!"
"Trotzdem danke. Und eine Bitte: könntest du sofort wieder damit aufhören, mich über mein Erbe zu definieren? Ich habe nicht darum gebeten."
"Autsch!"
Sie kommt zu mir zurück und nimmt mich fest in die Arme.
"Entschuldige, Nelli. Ich werde besser aufpassen, ich find das ja selbst doof."
So-Ra verschwindet zurück in ihr Büro.

Ich bleibe noch einen Moment sitzen und spüre dem Gespräch nach.
Ja, ich muss dringend in eine machbare Routine kommen. Und die Zeiten mit So-Ra müssen wieder überwiegend uns und unserer Freundschaft gehören. Gut, dass wir das so schnell merken. So geraten wir gar nicht erst ins falsche Fahrwasser.
Sortiert und erleichtert mache ich mich auf den Weg zur Villa, um mich dort ein erstes Mal mit dem Architekten zu treffen.

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27.12.2022    -    17.3.2024

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