80 - die Pressekonferenz - II.

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Nach anfänglicher Nervosität finde ich in meine Rolle und schwimme mich frei.
Wozu habe ich gelernt, auf meine Intuition zu hören, wenn nicht für solche Situationen? Also los!

"Der 'Engel' für diese Männer bin ich deshalb, weil ich in meinem Leben mehrfach gravierende Umbrüche erlebt habe, die mich letzten Endes zu der Person von heute haben werden lassen. Ich weiß von klein auf, was es heißt, sich verloren oder geborgen, verraten oder in Sicherheit zu wissen. Ich bin vom Leben immer wieder herausgefordert worden und musste meine Frau stehen. Ich war aber in den entscheidenden Momenten meines Lebens nie allein, und das ist es, was ich jedem Menschen in dieser Stadt wünsche.

Meine Mutter war Deutsche und folgte ihrem Bruder nach Korea. Mein Vater war Koreaner und arbeitete in der selben Firma wie mein Onkel. Als meine Eltern  verunglückten, war ich keine vier Jahre alt. Ich wurde aufgefangen von der besten Freundin meiner Mutter und dem besten Onkel der Welt. So habe ich fast meine ganze Kindheit und Jugend in dem Haus verbracht, das jetzt zur Heimat der Stiftung wird."
Kurz nehme ich wahr, dass man im Saal eine Stecknadel fallen hören könnte. Aber es schreckt mich nicht.

"Mein Onkel war Dr. Harald Schuchardt, deutscher Jurist und Wirtschaftsexperte, CEO in einer international operierenden Firma mit Sitz in Seoul. Er war ein stiller, aufmerksamer, hoch gebildeter Mann, dem es sicher nicht immer leicht fiel, das lebhafte Mädchen, das ich war, bis ins Erwachsenenleben zu lotsen. Aber er war auch ein kreativer, künstlerisch begabter Mensch, der immer wusste, wie er mich wahlweise aus der Reserve locken oder zur Vernunft bringen konnte. Ich habe ihn jeden Tag meines Lebens dafür unendlich geliebt.
Nach seiner Verrentung ging er zurück nach Deutschland, ich wohnte weiterhin in Seoul, absolvierte mein Studium, fing an zu arbeiten, der Kontakt wurde lockerer. Die Villa stand all die Jahre leer. Dachte ich.
Denn im März diesen Jahres bekam ich einen Brief von einem Anwalt für Familien- und Erbschaftsrecht, der mich für Wochen und Monate brutal von den Beinen riss. Mein Onkel war in Berlin gestorben, ohne dass ich gewusst hatte, wie krank er jahrelang war."

Plötzlich verschwimmt meine Sicht vor lauter unterdrückter Tränen. Einen Moment lang schließe ich die Augen, um mich zu fassen. Von rechts und links legen sich zwei warme Hände an meinen Rücken und erden mich wieder.

"Harald Schuchardt war ein weiser Mensch. Vorausahnend und sehr gezielt hat er mich mit seinem Testament ein letztes Mal herausgefordert. Er hat mir nicht nur einen unmenschlich großen Berg Geld vermacht und mir den bewusst bis jetzt zurückgehaltenen Zugang zum Erbe meiner Eltern verschafft. Ich habe auch die Villa am Bukhansan geerbt. Das Haus meiner geborgenen Kindheit. Die Ruine, zu der das Haus durch einen Blitzeinschlag und Dachstuhlbrand vor zwölf Jahren geworden war. Ich war seitdem nicht mehr am Berg gewesen, weil der Anblick für mich unerträglich war."

Einen Moment lang sehe ich die fünf anwesenden 'Jungs' direkt an. Sie nicken. Alle.

"Das Testament meines Onkels gab mir die Freiheit, über mein Erbe uneingeschränkt zu verfügen - und den Auftrag, die Villa und das Gelände zu sanieren und das ganze für einen 'wohltätigen Zweck meiner Wahl' zu nutzen. Ich KONNTE also nicht länger einen Bogen darum machen. Ich musste zur Ruine, ich musste in die Ruine, ich musste hunderte von kleinen und großen Erinnerungsfetzen ertragen. Ich musste einen Architekten beauftragen, Handwerker finden - und diesen ominösen 'wohltätigen Zweck meiner Wahl' definieren.
Ich habe Wochen gebraucht, bis ich die Kraft hatte, das erste Mal dort hinzufahren. Was ich vorfand, sah noch trauriger aus als zwölf Jahre zuvor. Und es barg eine Überraschung."
Ein Lächeln schleicht sich in meine Mundwinkel.
DAS war ein Tag!
"Nein, falsch. Zunächst vier Überraschungen. Kurz darauf fünf. Schließlich sechs und sieben."

In den Gesichtern meiner Zuhörer dämmert allmählich Verstehen herauf. Tae und Jin verständigen sich kurz per Handzeichen, stehen auf und stellen sich zusammen mit Hobi zu Yoongi und Namjoon hinter mich. Diese Gemeinschaft hinter mir zu wissen, erfüllt mich mit Glücksgefühlen und beflügelt meine Worte.

"Wie gesagt - ich DACHTE, die Ruine sei leer. Ich beschloss, einmal durchs ganze Haus zu gehen und im Keller anzufangen. Der Keller war vollkommen überschwemmt - und brachte die erste Überraschung. Auf einem selbst gebastelten Floß dümpelte ein junger Mann an mir vorbei. Er hatte offensichtlich alles im Leben aufgegeben und sich in diesem Keller verkrochen.
Panik fühle ich nur sehr selten, da muss schon mehr kommen. Ich dachte in dem Moment nur, wie ich diesen traurigen Fremden da wohl rausbekommen könnte. Erst als 'schon mehr' in Form von Hoseok am oberen Ende der morschen Treppe auftauchte, wurde mir mulmig zumute, denn nun war ich eingekreist."
Unterdrücktes Gekicher geht hinter mir in Husten und Räuspern über.
Na, wartet!

"Die dritte Überraschung stand meckernd auf der großen Treppe in der Eingangshalle, als ich nach oben geklettert und auf dem Weg in die Küche war. Direkt gefolgt von Überraschung Nummer vier, Yoongi, der für Ruhe sorgen wollte, weil sein 'Mittagsschläfchen' gestört worden war."
Unser Poltergeist Jeongguk.
Das Kichern geht in Gelächter über, während Yoongi verzweifelt die Hände vors Gesicht schlägt.
Ätsch!

"Angesichts dieser Übermacht habe ich intuitiv den Rückzug angetreten und nur die Bemerkung fallen lassen, dass ich die Besitzerin sei und das Haus sanieren würde. Ich habe keine Ahnung, welche Kämpfe anschließend dort ausgefochten wurden. Aber es muss heiß hergegangen sein.
Meine Freundin hat mir fast den Kopf abgerissen, dass ich nicht SOFORT die Polizei, die Feuerwehr, den Kampfmittelräumdienst, den Katastrophenschutz und das Militär gerufen hatte."
Jetzt lacht der ganze Saal.

"Fragen Sie mich bitte nicht, warum ich das im Mai nicht tat. Ich wusste instinktiv, dass diese vier Männer mir nichts tun würden. Einen Tag später tauchte ich mit Bergen von Pizza wieder in der Ruine auf, die inzwischen mit viel gutem Willen und dem traurigsten Besen aller Zeiten gesäubert, aufgeräumt und von ein paar Spinnweben befreit war. Es war offensichtlich: sie wollten bleiben, und ich wollte das auch."

Kurz halte ich inne.
"Ach, Hobi, gibts den Besen eigentlich noch, oder habt ihr den weggeworfen?"
"Wie könnten wir! Der ist längst in seiner Vitrine im Harald Schuchardt-Gedächtnisraum."
Ich reiße die Augen auf.
"Eeeecht?"
"Ganz echt!"
Spinner!

"Sie sehen, meine Damen und Herren, sie sind alle noch da, und ich bin nicht hinterrücks ermordet worden. Wir konnten uns also einigen. Am selben Tag stieß noch die fünfte Überraschung in Gestalt von Taehyung dazu, und ich dachte, nun seien wir komplett."
Der Widerstand schien jedoch unüberwindlich.

"Warum ich mich für diese jungen Männer und ihr Bleiben entschieden hatte, wurde mir noch am selben Abend klar: ich hatte zwar keine Ahnung, welcher 'wohltätige Zweck meiner Wahl' am Ende das Rennen machen würde. Aber in mir wehrte sich alles dagegen, diese fünf Menschen in die Obdachlosigkeit zu schicken, damit ich danach für irgendjemand anderen wohltätig werden konnte. Das ist es, was Herr Kim vorhin meinte mit 'sie ist Herz und Seele der Stiftung'. Ich konnte gar n..."
Jin fällt mir ins Wort.
"Und unser Engel. So."
"Shhhhht!"
Ich gebe ihm einen Klaps auf den Hinterkopf. Er grinst.

Faden verloren ...
"Ich konnte gar nicht anders, als aus dem Urwald, der um die Ruine gewuchert war, das alte Pförtnerhaus auszugraben und zu renovieren. Die 'Jungs' packten mit an und zogen kurz darauf in das gemütliche Häuschen. Aus einem zufälligen Haufen Gestrandeter wurde eine eingeschworene, treu füreinander sorgende Gemeinschaft. Ich fand hervorragende Architekten und Handwerker, und die Sanierung konnte beginnen."
Frau Dr. Lee zwinkert mir zu, und Dankbarkeit durchflutet mich.

"Zahllose Erinnerungen, Momente und Gegenstände haben mich seitdem durchgeschüttelt. Mein Brotjob bei der Versicherung, das anfänglich tief sitzende Misstrauen meiner Untermieter mir gegenüber, die Sanierung, tausend kleine und große Entscheidungen, die Trauerarbeit, die notwendigen Reisen nach Berlin, das Suchen nach dem 'wohltätigen Zweck meiner Wahl', dann der Taifun mit den beruflichen Folgen, verschiedene Sorgen um meine Schützlinge - das alles hat unglaublich an meinen Kräften gezehrt."

Hoffentlich bring ich das jetzt richtig rüber!
"Ende Juli hat es dann furchtbar geknallt, ..."
Namjoon macht intuitiv einen Schritt rückwärts. Ich bemühe mich um einen wohlwollend ironischen Unterton.
"... weil die sechste Überraschung, stinkend vor Arroganz und Zigarettenqualm, zur Tür hereinspazierte. Yoongi hatte uns einen wohnungslosen Ex-Broker und Ex-Knacki angeschleppt, der als erstes fragte, wo 'sein Zimmer' sei. Im Gegensatz zu allen anderen, deutlich jüngeren Männern ist Kim Namjoon älter als ich, war im Berufsleben angekommen, hatte sein Leben mal im Griff gehabt - und ging mir entsetzlich auf die Nerven. Ich musste mich gewaltig zusammenreißen, um ihm die selbe Toleranz entgegen zu bringen wie den anderen. Aber ich wollte mir treu bleiben."
Kurz schaue ich hinter mich und meinem Joonie in die Augen, damit er sich trotz meiner Ehrlichkeit sicher fühlen kann.

"Allen düsteren Vorahnungen zum Trotz: Zaghaft, aber stetig ließ die Gemeinschaft seine Schutzmauern, seine Überheblichkeit und seine dahinter verborgenen Ängste bröckeln. Es hat lange gedauert, bis sein Misstrauen überwunden war und sein ehrliches Wesen zum Vorschein kam. Aber dann wurde er zu einem wertvollen, einem unersetzlichen Teil der Gemeinschaft."

Einen Moment lang denke ich an den Abend im Park und fühle mich geliebt. Da schaltet sich plötzlich Hobi ein und nutzt die Lücke.
"Am Anfang hätte ich Namjoon fast täglich am liebsten rausgeschmissen. Aber -  das sage ich in aller Deutlichkeit: Hier vor uns steht weder ein betrügerischer Broker noch ein heimtückischer Knacki. Das ist endgültig Geschichte. Für den Namjoon, der sich da grade vergeblich versucht zu verstecken, würde ich jederzeit durchs Feuer gehen. - Und jetzt komm raus da aus der Ecke, Joon. Die Zeiten sind längst vorbei."
Mit den letzten, ganz warm klingenden Worten zieht er Namjoon wieder nach vorne an meine Seite und tritt dann selbst zufrieden zurück.

Erstaunlich. Ehrlicher, echter und wirkungsvoller hätte niemand für Joon eintreten können. Und die Zuhörer können sich dem hoffentlich nicht entziehen ... Joon sieht nicht grade glücklich aus über unsere seltsame Vorstellung. Naja - das macht uns eben aus. Ich werde mit ihm nachher darüber reden.

"Während die Sanierung der Villa und die Rückkehr der 'Jungs' ins Leben zügig Fortschritte machten, versank meine Seele in Schmerz, Zweifel und Dunkelheit, übermannt von Erinnerungen. In dieser Zeit war die Gemeinschaft treu für mich da. Sie waren inzwischen meine Freunde und wurden zu meinen Engeln. Alle sieben, denn im September schlich sich leise und vorsichtig die siebte Überraschung in unsere Herzen."
Jimin, unser scheuer, tapferer Jimin.

"Bei meinen Versuchen, meinen Freunden Ausbildungs- oder Arbeitsstellen zu ermöglichen, stieß ich immer wieder auf rechtliche Hindernisse, diskriminierende Vorurteile, Desinformation und Desinteresse. Wie verschafft man einem Minderjährigen einen Ausbildungsplatz, wenn die Erziehungsberechtigten keine Option auf Hilfe sind? Wie verschafft man einem Menschen einen Therapieplatz, der zu viel Angst hat, um überhaupt das Haus zu verlassen? Wie rettet man einem jungen Mann, der wegen einer Vorbestrafung zu Unrecht verhaftet und dabei wirklich demütigend behandelt wurde, seine Würde und seine Freiheit? Wie bringt man einen Menschen aus offensichtlicher Bedrohungssituation in Sicherheit, wenn er auf Grund seiner persönlichen Geschichte nicht in der Lage ist, seinen Rettern zu trauen?"

Ich bekomme eine Gänsehaut. Wieder stehe ich in Gedanken vor der Tür von Taes Familie. Wieder spüre ich die Wut, die ich in der Brandnacht auf dem Revier empfunden hatte. Wieder schüttelt mich die Sorge um Jimin, dann um Yoongi und Jeongguk. Nur mühsam nehme ich meinen roten Faden wieder auf.
"Immer wieder schienen die Hindernisse unüberwindbar. Jeder von uns hat irgendwann mal frustriert gesagt:'Ach, gäbe es doch EINE Stelle, ein Netzwerk, eine Webside, irgendwas, wo ALLE Informationen gebündelt sind!' 

Je weiter die Sanierung voranschritt, desto dringlicher wurde die Frage des zukünftigen Zwecks der Villa. Und schließlich fiel bei mir der Groschen. Ich brauche  nicht ein Netzwerk irgendwo in dieser großen Stadt - ich MACHE selbst im Rahmen einer Stiftung DAS Netzwerk, das all diese organisatorischen und Wissenslücken füllen kann. Und damit war - aus unserer eigenen mühsamen Praxis heraus - unser Anliegen und Ziel geboren."
Ein zaghaftes, einzelnes Klatschen verstummt sofort wieder. Aber es reicht, um mich glücklich zu machen.

"Zu dem Zeitpunkt war Kim Namjoon noch Nachttankstellenwart, hat den halben Tag geschlafen und den ganzen Tag an sich gezweifelt. Er war mir jedoch längst zur Stütze, zur Stärkung und zum erwachsenen Vertrauten geworden. Getreu dem Motto 'höre auf deine Intuition!' gehorchte ich also einem Traum und bat ihn, die Geschäftsführung der Stiftung zu übernehmen. Er lehnte kategorisch ab, weil er mir und der Stiftung nicht schaden wollte.
Wir schmiedeten Pläne, suchten kompetente Verbündete, rührten die Werbetrommel und konnten wertvolle treue Partner und Unterstützer für unser Projekt gewinnen. Namjoon lehnte weiter kategorisch ab."
Und das tat richtig weh. Ich konnte so viel mehr in ihm sehen als er selbst!

"Schließlich war die Zeit gekommen, alle angeworbenen Partner zusammen an einen Tisch zu bringen. Noch am Tag vor dieser Sitzung lehnte Namjoon mein Angebot kategorisch ab. Aber während dieser Sitzung, bei der er mich unterstützte, und bei der ihn durchaus manche erkannten, änderte sich die Stimmung, weil einige begriffen, dass es ein Fehler sein könnte, diesen kompetenten, inzwischen sehr ehrlichen Mann gehen zu lassen. Ich bin noch heute jedem einzelnen unendlich dankbar für diese offene Aussprache, für diese fair vorgebrachten Bedenken, für diese klare Entscheidung."

Ich wende mich zu Namjoon und ziehe ihn an der Hand näher zu mir.
"Dann endlich hat er ja gesagt. Jeder weitere potentielle Partner wurde nun damit konfrontiert, mit Herrn Kim zusammenarbeiten zu müssen. Für mich war es gleichzeitig ein Zeichen, ob der Sinn der Stiftung verstanden worden war. Ich wollte und will der Welt zeigen, dass jeder Mensch das Recht auf eine zweite Chance hat. Herr Kim nutzt sie täglich neu und ist schon jetzt nicht mehr aus der Organisation wegzudenken."
Kurz drückt Namjoon meine Hand, bevor er mich loslässt.

"Allen Widrigkeiten, angestachelten Fernsehmoderatorinnen, sensationshungrigen Medien und hemmungslosen Schnüfflern zum Trotz sind bereits jetzt der Bekanntheitsgrad, die Unterstützung und die ersten positiven Auswirkungen spürbar gewachsen.
Das traurige Beispiel vorhin hat gezeigt, dass man derlei Übel am besten mit Humor begegnet. Ihnen allen danke ich, dass Sie offensichtlich nicht zu dieser Sorte Journalismus gehören."

Reicht. Komm zum Schluss!
"Ich danke Ihnen für Ihre Geduld und Aufmerksamkeit - im Namen der alleinerziehenden Mutter, die verzweifelt nach einer Betreuungsmöglichkeit sucht, damit sie arbeiten kann. Im Namen des Alten, der sich das Leben nehmen will, um nicht seinen Kindern zur Last zu fallen. Im Namen des Kindes, das trotz seines Rollstuhls ein normales Kind sein und am gesellschaftlichen Leben teilhaben möchte. Im Namen der obdachlosen Jugendlichen, die vor Missbrauch geflohen ist und nun vor dem Nichts steht.
Wenn wir am 24. Dezember diese Stiftung und dieses 'Netzwerk der Hoffnung' offiziell aus der Taufe heben werden, ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung getan."

Ich verbeuge mich, während der Applaus einsetzt, lasse meinen Blick durch den Saal über die wohlwollenden Gesichter gleiten, halte inne - und kapiere, dass ich jetzt ein neues Problem habe. Ich halte mit verzweifeltem Grinsen mein unbenutztes Script hoch.
"Ich merke gerade, dass ich jetzt ein neues Problem habe. Auf diesen Seiten steht etwas völlig anderes. All das, was ich Ihnen heute erzählt habe, wollte ich eigentlich bei der Gründungsversammlung vortragen. Dafür muss ich mir jetzt etwas neues einfallen lassen. Hat einer von Ihnen eine hilfreiche Idee, was das sein könnte?"
Amüsiertes Kopfschütteln und Gelächter mischen sich unter den Applaus.

Bis eine junge Journalistin aufsteht.
"Ich danke Ihnen, dass Sie sich selbst vorgegriffen haben, denn bei der Gründungsversammlung wird ein Kollege unseren Sender vertreten. Ohne Ihren Ausrutscher heute hätte ich dieser inspirierenden, Mut machenden Erzählung nicht lauschen dürfen.
Ich schlage vor, dass Sie in zehn Tagen mehr von ihrem Onkel erzählen, der ja wohl den Grundstein zu Ihrer Haltung gelegt hat. Geben Sie ihm die Ehre, die ihm gebührt.
Lassen Sie Ihre fünf bis sieben Freunde selbst erzählen, was Ihnen das alles bedeutet.
Und dann träumen Sie laut von einer gerechteren, toleranteren, wohlwollenderen, freieren und glücklicheren Zukunft für diese Gesellschaft. Machen Sie Ihre Herzensangelegenheit zu unser aller Vision. Mein Kollege wird das dann aufnehmen, damit auch ich mir das anhören darf."

Ich bin verblüfft. Ich hatte nicht wirklich mit einer brauchbaren Antwort gerechnet, aber diese Frau hat den Nagel auf den Kopf getroffen.
"Wunderbar. Sie haben mich gerade gerettet."
Wir strahlen uns an, während wir uns beide hinsetzen.

Namjoon übernimmt noch einmal das Wort und gibt die Gelegenheit, Fragen zu stellen, die er und Yoongi kompetent beantworten. Unser Gastgeber, der Leiter der Marketingabteilung dieser Bank, spricht ein paar abschließende Worte, bedankt sich bei allen Anwesenden und beendet die Pressekonferenz.

Zügig leert sich der Saal. Wir alle atmen erleichtert auf und verabschieden uns mit persönlichen Worten von unseren Verbündeten auf und vor dem Podium. Hoseok geht gleich mit seinem Partner mit. Taehyung wird von Dr. Lee mitgenommen.

"Das ist wirklich gut gelaufen. Danke, Jungs, dass ihr mir so viel Offenheit erlaubt habt. Ich hoffe, das war in Ordnung so. Das war nicht leicht für euch."
Die Jungs nicken dazu, und Yoongi ergänzt meine Worte.
"Aber es war richtig und in dem Moment wichtig. Du hast eine gute Balance zwischen Offenheit und Selbstschutz gefunden. Und Hoseok hat den richtigen Ton getroffen, um unsere beiden anderen zu schützen."

"Wollen wir dann zusammen auf den Berg fahren und den anderen berichten?"
Namjoon reagiert sofort.
"Yoongi und ich ja. Du fährst bitte wieder nach Hause. Vergiss nicht - ..."
Jin schüttelt den Kopf und fällt ihm ins Wort.
"Wie oft in den letzten Tagen hast du ihr das schon gesagt?"
Namjoon schaut ihn durchdringend an, und ich verstehe gar nichts mehr.

"Lass gut sein, Joon. Nelli, wir haben eine Überraschung für dich. Die ist aber noch nicht fertig, und darum bitten wir dich, erst zur Gründung wieder zu uns zu kommen. Schaffst du das?"
Hä? Was wird das denn? Da bin ich ja mal gespannt! Das erklärt natürlich die vielen komischen Begründungen der letzten Tage.

"Ja, klar. Namjoon, kuck nicht so zerknittert. Jin hat recht. Mir ist viel wohler, wenn ich mich nicht mit komischen Ausreden rumschlagen muss. Ich werde brav bis Heilig Abend zu Hause bleiben und mich still vorfreuen."
"Okay, ihr habt ja recht. Du kennst mich inzwischen einfach zu gut und spürst sowas. Komm her, lass dich umarmen, Liebes. Du warst phantastisch und sehr authentisch eben. Die Stimmung im Saal war einmalig."

Taehyung kommt noch einmal zurück mit einem komisch-verzweifelten Gesicht.
"Hat einer von euch eine grobe Vorstellung davon, wie wir unversehrt aus diesem Gebäude kommen können? Da draußen tobt eine Schlacht um die besten Plätze am Eingang."
Ich stöhne genervt auf.
"Na wunderbar. Wo steht jetzt eigentlich mein Auto? Immer noch vor der Tür?"

Ein still im Hintergrund abwartender Angestellter der Bank schaltet sich ein.
"Ihr Auto und drei unserer Dienstwagen warten, bisher unentdeckt, in unserer Tiefgarage auf Sie. Die Ausfahrt befindet sich eine Straße entfernt. Wenn Sie es wünschen, bringe ich Sie jetzt zu ihren Fahrzeugen."
Er verbeugt sich höflich und wartet dann ab.

Ich atme erleichtert durch.
"Dann lasst uns aufbrechen."
Namjoon schüttelt frustriert den Kopf.
"Fehlen nur noch die schwarzen Sonnenbrillen, die Mafiahüte und das Pistolenhalfter unterm Jacket. Mann, wie bescheuert."
Doch sofort wird er wieder Gentleman und geleitet mich persönlich durch die Seitentür aus dem Saal.
"Ich hole Dr. Lee."
Tae geht zum Haupteingang und winkt jemand im Foyer zu.
Zügig und unsichtbar werden wir in die Tiefgarage zu unseren 'Fluchtwagen' gebracht und können unentdeckt zu den verschiedenen Zielen aufbrechen.

Ich steige in mein Auto, und ein bisschen mulmig ist mir schon zu Mute. Ich werde den Rest des Tages allein zu Hause sein, muss mich und meine Gedanken allein beschäftigen.
Zu meinem Glück und meiner Freude erwarten mich bei einer Nachbarin die schon heute per Express gelieferten Glassterne, die ich gleich zum Entspannen und Runterkommen an die Plätzchentüten binde. Das hilft mir sehr und bringt mich auf andere Gedanken.
Eine Überraschung, hat Jin gesagt. Die noch nicht fertig und offensichtlich nicht zu übersehen ist. Ei, Jungs. Das ist Folter!

........................
22.8.2023    -    28.3.2024

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