85 - vierter Advent

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Am nächsten Morgen ist die seltsame Erkenntnis nur noch entfernt in So-Ras Gedächtnis vorhanden. Sie hat einen Kater, schlechte Laune und überhaupt keinen Kopf dafür, an das Drama der vergangenen Nacht zu denken. Wir frühstücken spät, bevor ich mich mit Öffentlichen auf den Weg nach Hause mache. Namjoon hat in der Pförtnerei übernachtet, nachdem klar war, dass er in der Wohnung allein sein würde.
Das heißt aber auch, dass er noch nach Mitternacht dort gearbeitet hat. Sonst hätte er meine Nachricht nicht mehr gesehen. Von wegen 'Nur ein bisschen. Ich werde mich bestimmt genug erholen!' Egal, für mittags sind wir in meiner Wohnung verabredet. Dann hat er Zwangspause. Nach der letzten, höchst komplizierten Nacht freue ich mich richtig auf meinen Freund und einen völlig un-komplizierten Nachmittag.

Kaum bin ich in der Wohnung, atme ich tief durch. Ich finde es gar nicht schlecht, dass ich noch für einen Moment allein sein darf. Also gehe ich grade so, wie ich noch warm angezogen bin, durch zum Balkon, lehne mich draußen an die Wand und halte inne.
Was für ein Jahr! Seit Harrys Tod steht alles wirklich ununterbrochen auf dem Kopf. So viel hat sich geklärt, so viel hat sich verändert, so sehr habe ich mich verändert.
Und jetzt das. So-Ra hat mich durch dieses Jahr getragen, mir immer wieder den Rücken freigehalten. Eins ums andere Mal sich selbst zurückgestellt und all ihre Kraft und Liebe in mich investiert. Meine Treue! Habe ich ihr das oft genug gesagt? Habe ich, glaube ich. Habe ich immer verstanden, was sie dabei bewegt hat? Offensichtlich nicht. Ich habe einfach das große Geschenk angenommen, danke gesagt - und nichts hinterfragt.

Dabei gab es genug Anzeichen. Ihre Tränen in Berlin, dass sie auch 'so einen Namjoon haben' möchte - das war ein allgemeiner, aber aus tiefstem Herzen kommender Stoßseufzer, der gezeigt hat, dass sie nicht nur Freundin und Kollegin ist. Sondern auch Frau. Dass ihre Seele ein Eigenleben und Bedürfnisse hat, nach denen ich all die Monate nicht gefragt habe, weil ich zu beschäftigt mit mir selbst war. Die vielen kleinen Kontakte zu Hoseok habe ich völlig ignoriert. Genau wie sie habe ich eine tiefere Bindung überhaupt nicht in Betracht gezogen wegen des Alters und des Unterschieds der Lebensumstände.

Nur auf einer Nebenspur nehme ich wahr, dass sich leise die Balkontür öffnet. Eine warme Decke wird mir umgelegt, dann geht die Tür wieder zu. Erst ein paar Momente später kapiere ich, dass Namjoon gekommen sein muss. Ich lächele.
Mein aufmerksamer, rücksichtsvoller Freund. Ja, jetzt habe ich Zeit für dich.

Ich schlüpfe an der Balkontür aus meinen Stiefeln, damit ich den Schnee nicht in der Wohnung verteile, und begrüße Namjoon mit einem spielerischen Kuss. Wieder bin ich froh, dass er sich damals im Park so selbst überholt hat. Mit reiflicher Überlegung hätte er sich definitiv nicht getraut, und ich wäre wohl einfach blind gewesen. Schnell bringe ich Stiefel und Jacke in den Flur, während ich ihn neugierig ausfrage.

"Hallo, mein Schatz! Wie lange hast DU denn gestern gearbeitet, dass du meine Nachricht so schnell gesehen hast?"
"Mea Culpa. Zu lange. Aber es war notwendig. Erst flatterte eine Mail von Hyundai-Genesis rein, dass sie uns für die Tombola ein neues Auto hinstellen, unter der Bedingung, dass das unser Hauptpreis sein wird. Das hat mich ziemlich ins Schwimmen gebracht, denn auf genau dem Podest steht schon ein Hyundai-Kia. Keine Ahnung, was die firmenintern für Querelen laufen haben, aber wir sollten da nicht unter die jeweiligen Räder geraten. Also hab ich eine Besprechung vorgetäuscht, die Flucht nach vorn angetreten, in der Hyundai-Zentrale angerufen und mich zum obersten Chef durchgesäuselt - und das alles an einem Samstag. Fazit: der Chef ist sauer, wir haben zwei erste Preise und die Interna wird er persönlich in die Hand nehmen."

"Ach, du ... Gut, dass du so mutig warst. Und was war noch? Nach 'erstens' folgt doch meistens 'zweitens'."
Ich zwinkere ihm zu, aber sein eben noch fröhliches Gesicht wird schlagartig ernst.
"Hobis Tante hat angerufen und ihn zu Weihnachten eingeladen. Allerdings in eine Ferienwohnung. Sein Vater hat ihn auf einem der Fotos von der Pressekonferenz erkannt, sich bei ihr gemeldet und will 'an Weihnachten mal reinschauen'. Die beiden werden also ins kurzzeitige Exil gehen, wenn die Tante nicht noch eine Bremse einbauen kann. Entsprechend durch den Wind ist Hobi. Er war davon ausgegangen, dass er nach wie vor für seine Eltern nicht mehr existiert und selbst steuern kann, ob und wann es eine Wiederbegegnung geben wird."

Ooooooojeojeoje. Und das direkt nach der Beichte von So-Ra. Kaum bin ich wieder einigermaßen in der Reihe, werden die beiden durchgeschüttelt.
Ich seufze.
Es hört wohl nie auf.

"Der Ärmste! Was meinst du, was dahinter steckt?"
"Ihm sind sofort die wildesten Theorien durch den Kopf geschossen. Von 'der will doch nur, dass ich brav nach Hause komme' bis zu 'wenn er glaubt, er kann sich reinwaschen, indem er Kapital in die Tanzwerkstatt steckt, hat er sich geschnitten!' war echt alles dabei.
Wir haben verabredet, dass wir seine Tante für den Nachmittag zu uns in die Pförtnerei einladen. Dann können die beiden von dort aus starten und laufen dem Vater nicht in die Arme."

Ich weiß grade nicht, ob ich lachen oder weinen soll.
"Sonst noch irgendwelche Hiobsbotschaften?"
"Nö. Es sei denn, du bezeichnest die Tatsache, dass ich jetzt für den Rest des Tages kein Wort mehr von Arbeit hören will, als schlechte Nachricht."
Sein Gesicht wird wieder weich, und er lächelt mich an.
So gefällst du mir viel besser! Und natürlich hast du recht. Heute Nachmittag bleiben die beiden mal außen vor.
"Ich wäre schön blöd."
"Stimmt. Ach - und deine Arbeit übrigens auch."
"Auch das."
Auch, wenn ich daran gar nicht gedacht hatte.

Wir ziehen uns bequeme Klamotten an, kochen uns eine große Kanne Tee und machen es uns auf dem Sofa gemütlich. Mein Blick fällt auf den noch kahlen Strauß, vom Schreibtisch her konkurrieren das Portfolio über die Häuser und die Bildermappe von Harry um meine Aufmerksamkeit - und mein Magen knurrt.
"Hast du vielleicht noch ein ganz paar klitzekleine Kekse für uns übrig, oder sind die alle verpackt?"
"So höflich?"
"Ich bin vorsichtig geworden. Du verteidigst die ja mit deinem Leben."
"Quatschkopf. Klar hab ich genug gebacken. Das ist eine gute Idee."
Ich hole Nüsse, einen Nussknacker, Mandarinen und einen Keksteller aus der Küche, stelle den kreativen Adventskranz daneben und geselle mich wieder zu Joon aufs Sofa.

Der hat inzwischen das Portfolio in der Hand und nimmt mir damit die Entscheidung ab, wie es weitergeht. Jetzt bin ich neugierig auf sein Resumee.
"Und? Wie fühlt es sich für dich an, nachdem du eine Nacht drüber geschlafen hast?"
"Durchwachsen. Ich hab nämlich geträumt, dass das dritte Haus über unseren Köpfen zusammengefallen ist. Es ist schön - so ursprünglich gelassen. Aber ich suche die ganze Zeit nach dem Haken."
"Zusammengekracht? Also, darauf können wir verzichten!"
"Das sehe ich ganz genau so. Ich hab Taehyung beim Frühstück davon erzählt. Er ist morgen sowieso am alten Theater und wird dann mit seinen Fachleuten reden. Es scheint wichtig zu sein, dass einer von denen das Haus mal unter die Lupe nimmt."
"Ja, das ist mir auch lieber."

Nachdenklich zünde ich alle vier Kerzen am Kranz an und schenke uns Tee ein.
Vielleicht ist das der Grund, warum drei Makler in grade mal einem Jahr dieses wunderschöne Anwesen nicht an den Mann gebracht haben. Am Preis liegt es jedenfalls nicht. Eher, weil immer wieder ein Experte genauer hingeschaut und dann davor gewarnt hat.
Ich seufze.
"Hoffentlich bewegt sich das alles in einem vernünftigen Rahmen. Es wäre doch zu schade, wenn unser Traum an einem durchgemoderten Dach scheitern würde."
"Ich durchschaue noch überhaupt nicht, wer von so einem Kuhhandel profitieren würde. Mir ist bei der Führung kein eklatanter Mangel am Bau aufgefallen. Aber heißt das, dass da etwas verschleiert wird, oder dass ich mir was einbilde? Ich möchte meinen seltsamen Traum jedenfalls ernst nehmen."
"Unbedingt, Schatz."

Namjoon legt das Portfolio beiseite, denn im Augenblick können wir sowieso nichts tun. Stattdessen schwebt seine Hand über dem Keksteller, und seine Augen scannen den Inhalt ab.
"Och, menno! Ich kann mich nicht entscheiden."
"Dann musst du wohl fasten."
"Nichts da! Jetzt darf ich endlich ..."
Hastig greift er sich den ganzen Teller und hält ihn von mir weg, als wollte ich ihn sonst verhungern lassen. Ganz genüsslich probiert er sich durch alle Sorten und schwärmt ein ums andere Mal.

"Danke für die Komplimente. Jetzt, wo du alle durchprobiert hast - darf ich dann auch mal wieder?"
"Wiieeee? Du willst auch was abkriegen? Das hatte ich ja ..."
"Wenn du so weiter machst, schläfst du heute Nacht auf dem Balkon!"
Seine Augen weiten sich vor Schreck. Schwupps steht der Teller direkt vor mir.
"Willst du mich umbringen?!?"
Ich grinse ihn an.
"Geht doch."

In trauter Zweisamkeit kuscheln wir auf dem Sofa, knacken Nüsse, schälen Mandarinen und füttern uns damit, sehen den Kerzen beim Flackern zu, knabbern Kekse. Es ist die Ruhe vor dem Sturm, denn bis zur Gala in der Mitte nächster Woche werden wir nicht mehr viele solcher entspannten Momente haben. Also heißt es 'kein Fass mehr aufmachen', 'nicht in der Vergangenheit wühlen', nur wahrnehmen und genießen. Aber eine Frage brennt mir doch zunehmend auf der Seele. Spontan beschließe ich, sie zu stellen. Ich höre einfach auf meinen Bauch.
"Joonie?"
"Jaaaa?"
"Ich hab ein Problem. Ich ..."
"Schieß los!"
"Peng! Also ..."

Okay ... hihi.
Wir lachen über uns selbst, und ich genieße es, sein Gesicht so unbeschwert fröhlich zu sehen.
"Ich würde dir sooo gerne was zu Weihnachten schenken. Nur hat dieses Ansinnen tausend 'abers'. Ist es was Billiges, könntest du enttäuscht sein. Ist es was Wertvolles, könntest du dich unter Zugzwang gesetzt fühlen. Falls du selbst nichts für mich hast, könnte dir das furchtbar peinlich sein. Kommt gar nichts, du hast aber was für mich, könntest du dich blöd fühlen. Könnte ..."
"Gott sei Dank!"
Zu meinem Erstaunen atmet Namjoon tief durch und strahlt mich an. Ich bin überrumpelt von dieser scheinbar unpassenden Reaktion.
Irgendwas muss ich verpasst haben. Aber was?!?
"Entschuldige. Ich erklärs dir sofort. Exakt die Fragen - nur mit umgekehrten Vorzeichen - habe ich mir auch gestellt. Die Reihenfolge war anders. Aber sonst? Wir können jetzt seeehr empört beide behaupten, dass wir gar nichts wollen. Aber das ist alles Mist. Ich würde dir zu gerne mit irgendwas meine Liebe zeigen. Wir sollten also ein bisschen um die Ecke denken - dann wird uns schon eine Lösung einfallen. Oder?"

Um die Ecke denken. Du hast gut reden. Wobei ... Liebe zeigen. Klingt richtig. Was ist für unsere Zweisamkeit am schönsten? Zeit! Und was zusammen erleben. Also auch Zeit.
"Gibt es etwas, was du schon immer mal machen, erleben, ausprobieren wolltest? Ich denke, um den Wert geht es uns beiden nicht. Sondern um gemeinsame Zeit. Oder?"
"Nochmal Gott sei Dank. Bei der Frage nach dem Wert hätte ich sonst sofort verloren. Ich denke, wir sind auf der richtigen Spur. Hm. ... Wie ist es bei dir mit Kultur? Also - wenn du grade mal nicht Häuser sanierst, Stiftungen gründest oder Menschen rettest."
"Du meinst sowas wie Theater, Museum, Konzert und so?"
"Genau. Oder etwas Kreatives."
"Gerne. Aber du hast meine Frage nicht beantwortet. In welche Richtung tendierst du?"

Namjoon überlegt einen Moment. Dann lächelt er.
"So, wie ich aufgewachsen bin ... Ich war ja relativ isoliert, als ich im typischen Alter für Hobbys war. Ich bin am Wochenende allein gewandert. Kultur gabs nur gezielt, wenn es der Schule zugearbeitet hat. Kreativ gabs eigentlich gar nicht. Das habe ich glaube ich nicht mal in Betracht gezogen. Ich bin jetzt nicht grade der Feinmotoriker. Ich denke aber, dass ich Stil und Geschmack habe - darum wäre was Gestalterisches schon eine interessante Möglichkeit. ..."
"Stop. Idee! Ich bin gespannt, ob es sowas gibt. Also: wir einigen uns auf Kultur oder Kreativ? Ich bin gespannt, was dabei rauskommt!"

Genial, wie selbstverständlich wir miteinander diesen Weg einschlagen. Wir sind sooo weit entfernt von Krawatten und Socken, Schmuck, Pralinen und Parfum - das wird eine spannende Reise miteinander! Wir denken beide outside of the box und scheuen nicht vor Experimenten zurück. Was ein Vertrauen!
Glück füllt mich aus bis in den letzten Winkel. Ich habe keine Angst vor einer zu verrückten Aktion von Joon, und ich habe keine Angst, ich selbst könnte völlig daneben greifen. Es fühlt sich absolut richtig an.
Wir werden sicher zwei Ideen finden, an denen wir Freude haben, denn letzten Endes wird es nicht um die Sache gehen sondern um uns. Darum, was wir aus den Ideen machen werden. Und eine Möglichkeit hab ich schon. Wir könnten traditionelle Schnitzkunst lernen und damit gemeinsam die drei Häuschen zu UNSEREN Häuschen machen.

Eine Weile sitzen wir schweigend beieinander, aneinandergekuschelt. Ich genieße Namjoons Nähe und Vertrautheit und überlege, wie ich an einen traditionellen Schnitzkurs kommen kann. Innerhalb von sechs Tagen ...
Joon ist anscheinend tief in Gedanken abgetaucht, überlegt also wohl auch noch weiter. Er rührt sich nicht, ist ganz nah an mir dran und gleichzeitig Gedankengalaxien weit weg. Ich bewege mich auch nicht, damit ich diese ganz besondere Atmosphäre mit jeder Faser meines Körpers in mich aufnehmen kann.

Plötzlich kommt wieder Leben in meinen wunderbaren Freund.
"Du? Würde es dir was ausmachen, wenn ich jetzt mal dich vernachlässige und stattdessen ganz unromantisch nach einer Möglichkeit googele?"
Genau das hab ich mich auch grade gefragt.
"Genau das hab ich mich auch grade gefragt. Überhaupt nicht. Wir haben ja nicht mehr viel Zeit. Viel Erfolg bei der Suche!"
Wir besiegeln unser beiderseitiges Einverständnis mit einem sehr romantischen Küsschen, zücken beide unsere Handys, rücken ein bisschen voneinander weg und fangen an zu suchen.

Hm. Welche Stichpunkte könnte ich nutzen?
Schnitzen - Traditionelle koreanische Motive - Schnitzereien am Hanok - Symbole in der koreanischen Schnitzkunst - ...
Das sieht ja alles toll aus. Aber auch zu schwer für Anfänger.
Workshop - Seoul - Seminar
Aha. Hier gibt es Kurse. ... Aber da ist vorgegeben, was gemacht wird.
...

Ui! Siegel schnitzen.
"Sie setzen sich mit ihrer eigenen Familien- oder Lebensgeschichte auseinander, entwerfen Ihr Siegel und schnitzen dies in einen Holzstempel. Sie lernen, die Farbe selbst herzustellen, bestimmen den Zweck für Ihren Druck und üben, Ihr Siegel zu drucken. Es gibt viele Anwendungsmöglichkeiten: auf Briefen als Absender, auf Holz am Bau, in Bücher zur Eigentumskennzeichnung, auf Stoff für Kleidung oder Raumdekoration, auf Fensterpapier als schmückendes Element. Melden Sie sich noch heute an!"

Das ist zwar kein Schnitzkurs - aber das klingt total spannend und hat auch ganz viel mit uns und den Häusern zu tun. Ich glaub, das probier ich mal.

Neben mir tipselt Namjoon auf seiner Tastatur, murmelt Unverständliches, mal runzelt er die Stirn, mal grinst er, mal ist sein Gesicht ein einziges Fragezeichen. Ich muss lächeln, denn vermutlich habe ich eben nicht viel anders gewirkt. Ich klicke auf Kontakte, konzentriere mich und schreibe per Mail eine Anfrage zu diesem Siegelkurs an den Veranstalter. Wer, wie, wann, wie viele Teilnehmer, ... Der Preis ist absolut okay, aber ich möchte nicht, dass wir beide da in einer anonymen Massenveranstaltung landen.
Dann lieber mehr Geld ausgeben und uns das zu zweit gönnen.
Die Mail ist raus, jetzt heißt es abwarten.

Ich lehne mich zurück und beobachte meinen Freund. Er scheint noch auf der Suche zu sein, aber bald hellt sich sein Gesicht auf, er murmelt "Super" und fängt seinerseits an, etwas zu schreiben.
Ich kann gar nicht sagen, WIE sehr ich dich liebe, Namjoon. Du bist das Puzzlestück, das exakt zu mir passt. Wo hast du dich all die Jahre versteckt? Du würdest jetzt bestimmt sagen, dass ich dich zu dem gemacht habe, der du heute bist. Aber das glaube ich nicht! Ich habe nur dein Versteck entdeckt und dich ermutigt. In diesem Versteck bist du schon immer so da gewesen. Vielleicht hast du auf mich gewartet - oder auf irgendeine andere Art von Befreiung. Rausgekommen bist du aber von ganz allein. Mit dem Kuss im Park.

Namjoon macht sein Handy aus, legt es weg und schielt zu mir rüber. Ich sehe Unsicherheit in seiner Haltung.
"Alles in Ordnung?"
Schnell neutralisiert er seine Gesichtszüge.
"Jaja. Ich bin jetzt nur neugierig, ob dir das Spaß machen wird, was ich da ausgesucht habe."
"Wer's glaubt ..."
Ich rutsche auf seinen Schoß, nehme in ihn die Arme und küsse ihn sanft.
"Du hast schon wieder Angst, dass du was falsch machst. Ich habe nicht das Gefühl, dass hier einer von uns was falsch machen kann. Es geht hier um 'etwas neues entdecken', vielleicht um 'ein gemeinsames Hobby starten', aber vor allem um fröhliche, inspirierende Zeit zu zweit. Was soll da schief gehen, Schatz?"
Namjoon entspannt sich und lächelt.
"Hast du mich schon wieder ertappt!"

Er steht einfach auf. Schnell klammere ich meine Arme um seinen Hals und meine Beine um seine Hüfte. So verknotet läuft er mit mir in die Küche und setzt mich auf die Arbeitsplatte.
"Hunger? Oder noch irgendwelche Vorbereitungen für morgen früh? Du solltest heute früh ins Bett gehen."
Ich verwuschele ihm die Haare.
"Pöh - bist du unromantisch. Ich mag noch nicht an morgen früh denken."
Seine Augen glitzern. Er steht direkt vor mir.
"Okay. Die Reihenfolge ist mir egal."

Mit einer schnellen Bewegung hebt er hinten meinen Pullover an und fährt dann quälend langsam mit der anderen Hand meinen Rücken rauf. Haut auf Haut. Ich erstarre, spüre seine Wärme. Immer mehr Blitze scheinen durch meinen Körper zu jagen, je höher er kommt. Ich verliere fast den Verstand und beiße die Zähne zusammen, damit ich nicht lauf aufstöhne.
Joon flüstert, zärtlich und leise.
"Hei, nicht runterschlucken. Wenn dir das gefällt, dann mag ich das gern hören."

Küsse bedecken meinen Hals, mein Gesicht, beschleunigen meine Atmung. Ein letzter, vernünftiger Gedanke schwimmt durch mein Bewusstsein und ist ausgesprochen, bevor ich ihn unterdrücken kann.
"Wir sind im falschen Raum."
Joon kichert leise, hebt mich wieder hoch und trägt mich über den Flur, durchs Wohnzimmer, bremst ab - wieder zurück? Ins Bad?!? Dort stellt er mich ab, nimmt mich in die Arme und schaut mich intensiv an.
"Hast du Lust, dass wir zusammen duschen?"
Ich stehe auf dem Schlauch. Ich habe keine Vorstellung, was das heißt, wie das geht, wie sich das anfühlen wird, was danach folgt. Ich spüre nur, dass ich grade seine Nähe sehr genieße und nicht möchte, dass die so schnell wieder endet. Also nicke ich.
"Was auch immer du willst."

Joon haucht mir "danke für dein Vertrauen" ins Ohr und fängt ganz langsam an, abwechselnd sich und mich auszuziehen. Ich ertrinke in der Intensität des Augenblicks und lasse alles geschehen. Stoff streift über Haut. Ein kalter Lufthauch. Gänsehaut. Warme Hände, heiße Haut. Joon löst meinen Zopf. Tausende von Haaren rieseln kitzelnd meinen Rücken runter. Die Berührungen seiner Hände sind so sanft wie Seide. Ich rieche, schmecke, fühle seine Liebe und lasse mich fallen.

Ich werde vorsichtig in die Dusche gehoben. Joon stellt die Wassertemperatur ein, spült die kalte Luft von mir ab, ist mir ganz nah. Er wäscht mir die Haare, seift meinen ganzen Körper ab. Bis in jede Pore dringt all seine Zärtlichkeit und Liebe für mich.
Ich tue es ihm gleich, spüle seine Aufregung fort, spüre jeden Muskel arbeiten unter seiner Haut, folge seinen Blicken, sehe mich selbst vollkommen neu.

Das heiße Wasser entspannt und erfrischt mich. Wir spülen Shampoo und Seife ab, küssen uns.
"Warte einen klitzekleinen Moment!"
Nass und, wie der Herrgott ihn geschaffen hat, tapst Namjoon aus dem Bad. Seine Schritte entfernen sich über den Flur. Ich vermisse ihn schon jetzt. Also trockne ich mich ab, ziehe meinen Bademantel über und beschäftige mich mit meinen Haaren. Schon ist Joon wieder da, mit einem Handtuch um die Hüfte geschlungen und unseren Schlafklamotten in der Hand.

Wir machen uns bettfertig. Noch immer läuft das lustvolle Zittern von eben durch meinen Körper und wärmt mich von innen. Ich bin gleichzeitig erregt und entspannt, aufgekratzt und wohlig müde. Als meine Haare einigermaßen trocken geföhnt sind, nimmt Joon mich in die Arme.
"Komm, Liebes. Eine Kleinigkeit essen und dann schlafen."

In der kurzen Zeit, die er weg war, hat Namjoon den Wasserkocher angestellt, die Kerzen am Adventskranz ausgemacht, sich abgetrocknet, unsere Schlafsachen aus dem Bett geklaubt und zwei Ramendosen aufgegossen. Entsprechend müssen wir die jetzt nur im Vorbeigehen schnappen und können auf direktem Weg ins Bett verschwinden. Dort schlürfen wir unsere Suppen, schaufeln die Nudeln in uns rein und lehnen uns genussvoll zurück.
"Danke, mein geliebter Schatz, dass du mich so wundervoll verwöhnst."
"Nichts zu danken, Liebes. Für mich bist du der Anfang von allem Guten in meinem Leben."
Hab ichs doch gewusst!
Ich schüttele mal wieder den Kopf und wiederhole laut, was ich vorhin nur gedacht hatte.
"Ich habe nur dein Versteck entdeckt und dich ermutigt. In diesem Versteck bist du schon immer so da gewesen. Vielleicht hast du auf mich gewartet - oder auf irgendeine andere Art von Befreiung. Rausgekommen bist du aber von ganz allein."

Namjoon dreht die Augen zur Decke, schaut mich liebevoll an und beendet meinen Redeschwall mit einem Kuss. Kaum kriege ich wieder Luft, setze ich noch einen drauf.
"Und ich hab doch recht!"
Wir löschen das Licht und kuscheln uns in die Kissen.
"Gute Nacht, mein Schatz."
"Schlaf gut, Liebes. Noch fünf Tage, dann ist es soweit."

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2.10.2023 - 28.3.2024

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