∞43 Ein Engel stirbt

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Mara, schoss es mir durch den Kopf und ich zuckte zusammen.
Schnell drehte ich mich in ihre Richtung. Sie stand etwas weiter von dem Kampfgetümmel weg, vor ihr Angel, die gerade ruckartig ein Messer aus ihrem Bauch zog. Ihre schwarze Mähne flog dabei um sie herum.
Maras Augen waren geweitet und ich konnte sehen, wie kleine Zuckungen ihren Körper übernahmen.
"Nein!" Brüllte ich und eine ungekannte Wut machte sich in mir breit. Ich rannte los, während Angel mich lächelnd ansah, bevor sie wieder unter den Kämpfenden untertauchte und einfach verschwand. Mara liess sie einfach zurück.
Meine Mauer brach und ich stiess mühevoll die Leute zur Seite, bevor ich Mara erreichte.
Ich fiel neben ihr auf die Knie und achtete nicht darauf dass ich sie mir aufschürfte und die Hose aufriss.
"Nein! nein, nein, nein." Wimmerte ich.
Ich hob ihren Kopf auf meine Schoss, hielt die Pistole aber neben mir, falls einer auf uns zu
kommen sollte. Sie schnappte nach Luft und mir stiegen die heissen Tränen in die Augen.
„Du musst durch halten, verstanden? Bitte, bitte."
Flehte ich leise und drückte meine Hände auf die stark blutende Wunde an ihrem Bauch.
Ich wusste, dass in diesem Moment auch andere Black Angels starben. Und es war schrecklich. Ich fühlte für jeden Einzelnen mit. Aber für Mara ganz besonders. Für sie fühlte ich mich verantwortlich, seid Markus gestorben war. Ich hatte es ihm geschuldet, dass wenigstens Mara ihr Leben weiterführen konnte. Und ich hatte versagt.
Sie sah mich schweigend und unter Qualen an und ich konnte Schmerzen in ihren Augen sehen.
"Du kämpfst weiter, hast du mich verstanden? Du überstehst das."
Tränen traten in meine Augen und sie lächelte schwach.
"Danke Jessy. Danke dass du für Markus da warst und auch für mich."
Sie drückte meine Hand und schon sie weg von ihrem Blutgetränkten Shirt.
Ich nickte und meine Unterlippe zitterte unkontrolliert. Ich war nicht imstande, etwas zu sagen.
„Aber du musst mich jetzt gehen lassen."
„Nein, niemals."
Presste ich hervor und hinterliess einen blutigen Handabdruck auf dem Boden der Brücke.
„Bitte, Jessy. Lass mich zu Markus gehen. Ich möchte ihn so gerne wieder sehen."
Hauchte sie.
„Noch nicht jetzt!"
Ich schüttelte heftig den Kopf und rüttelte an ihr, doch sie umfasste sanft meine Hand mit ihren Bleichen Fingern. Es klebte Blut daran. So viel Blut.
Ihr Blick war an mir vorbei in die Ferne gerichtet.
"Ich kann ihn sehen Jessy. Er ist hier, und kommt mich abholen. Ich habe ihn so sehr vermisst. Und jetzt kann ich bei ihm sein."
Ich krümmte mich und hielt ein Schluchzen zurück. Gerne würde ich ihn auch sehen. Mich bei ihm entschuldigen und ein letztes mal umarmen.
Doch ich sah nur Menschen, die sich gegenseitig niederrangen.
„Ich kann jetzt los lassen."
Ihre Augen richteten sich auf einen Punkt hinter mir, während ich laut aufschluchzte.
Sie lächelte. Sie sah glücklich aus und streckte eine Hand aus, bevor sie schlaff nach unten fiel.
Ich schrie auf und krallte die Hände in ihre Arme. Schon wieder starb jemand in meinen Armen.
Dann stand ich wankend auf. Mein Körper bebte und ich hätte am liebsten den ganzen Schmerz aus mir heraus geschrien. Meine Augen wanderten über das Geschehen.
Ein Engel war gerade gestorben.
Nun war es Zeit, dass ein weiterer Starb.
Mein Blick flog umher und alles krampfte sich zusammen. Ich suchte sie. Angel.
Sie hatte es getan weil sie mir Schmerzen zufügen wollte, ich hatte es in ihrem Blick gesehen.
Angel hatte nicht getötet weil sie so überlebte, sondern zum Vergnügen. Zum Zweck.
Sie war schuld an alldem. Sie war schuld.
Und jetzt hatte sie ihr Spiel zu weit getrieben.
Jetzt hatte sie ein Spiel mit mir begonnen, in der Erwartung zu gewinnen, so wie sonst immer.
Doch dieses Mal würde sie zurück bekommen was sie getan hatte.
Ich fühlte die Verantwortung für alle die hinter mir standen, tot oder gepeinigt durch das Mädchen deren Name eine reine Ironie war.
Angel, der Teufel.
Jetzt würde ich sie dort hin stossen, wohin sie gehörte. In die Hölle.
Doch als ich, der Wind durch meine Haare blasend und mir den Geruch nach totem Fleisch in die Nase treibend umher sah, erstarrte ich kurz.
Vorher hatte ich es nicht gesehen, ich war so damit beschäftigt gewesen zu kämpfen und zu überleben. Doch jetzt übermannte mich die Realität.
Der Boden war gespickt mit Körpern und alles war rot.
Die Leute kämpften in vereinzelten Gruppen, viele hatte ich bereits aus den Augen verloren.
Viele der Autos waren übersät mit Leichen und von überall erklangen Schreie und Befehle, Hilferufe.
Unsere Formation, die die Survivors eigentlich hätte umzingeln sollen, hatte sich aufgelöst. Sie waren durchgebrochen. Wir waren daran, zu verlieren.
Wir verloren gerade.
Immer wieder sah ich einen Black Angel unter drei von ihnen verbissen ums Überleben kämpfen. Unsere Gemeinschaft brach auseinander und niemand konnte mehr die Grenzen halten.
Man musste nur noch für sich selbst überleben, und viele taten das nicht.
Mara hatte sich für uns geopfert, und noch für etwas anderes.
Dafür, dass ich das sehen konnte.
Niemand achtete darauf, jeder kämpfte so weit seine Arme reichten, mehr interessierte ihn im Moment nicht. Das war Instinkt.
Aber von hier aus sah ich es.
Und ich wusste, dass wir verlieren würden wenn ich sie so weiter kämpfen liess.
Ich hoffte so sehr, dass es jemand anderes tun würde, doch ich konnte nicht einfach abwarten.
Meine rot gefärbte Hand tastete nach dem Gerät in meiner Tasche und ich zog es mit zitternden Fingern hinaus.
Mein Finger strich über den Roten Knopf und ich knallte einen Survivor einen Schuss direkt in die Brust, der auf mich zustürmte.
Ich starrte den Knopf an und dachte daran, was mit all den Personen passierte, die dieses Gift einatmen würden, wenn es erstmals wirksam wurde. Nicht alle würden mit dem Leben davon kommen. Und zwar wegen mir. Aber würde ich es nicht tun, würden die Survivors uns überrollen und zerstören. So wie Angel es vorausgesagt hatte.
Es war ein Notfall, und ich musste Handeln.
Drücken oder nicht drücken?
Töten oder nicht töten.
Leben oder sterben.
Ich entschied mich fürs Leben. Für das Leben meiner Freunde, meiner Mitkämpfer.
Ich stiess ein Stossgebet aus, dass jeder der Angels ein Tuch dabei hatte.
Dann zog ich mir meines über den Mund und die Nase.
Ich befestigte es. Den Kämpfenden würde wenig Zeit bleiben, ihre eigenen Tücher hervorzuholen, wenn das Gift in der Luft war. Aber sie mussten reagieren. Sie mussten einfach schnell genug sein.
Dann hob ich den Daumen, den Blick richtete ich auf das einzige heil gebliebene Auto, welches hartnäckig von Simon und Sam geschützt wurde, die in einiger Entfernung die Stellung hielten.
Und dann sah ich Angel. Sie näherte sich dem Auto und Sam sowie Simon von hinten. Ungesehen. Sie wollte meine Freunde zu.
Ich lächelte. Ein kaltes Lächeln. Rache.
Für Mara, für Markus, für den verkrüppelten Mann im Bunker, für Aiden und Jake.
"Stirb, du Teufel."
Murmelte ich.
Dann drückte ich auf den Knopf.
Es dauerte eine Sekunde.
Eine Sekunde in der Angel gerade den Wagen erreichte und somit hinter Simon und Sam stand.
Dann flog er durch eine enorme Druckwelle einige Zentimeter in die Luft, und eine Welle aus blauem Feuer umhüllte ihn.
Der Kampf hielt inne und man verharrte in der Position, die man gerade hatte. Die Black Angels zogen sich die Tücher um den Mund und machten einige Schritte zurück.
Es knallte laut und der Tank explodierte, während das Feuer loderte und Scherben in alle Richtungen stoben. Ich wusste nicht, wo sich Aiden oder Jake, geschweige denn Leonie befanden, aber ich hoffte, dass sie sicher waren.
Angel wurde zurück geschleudert und überschlug sich, dann knallte sie auf den Boden. Icv folgte ihr mit dem Blick. Was für eine Ironie. Sie blieb direkt vor Jakes Füssen liegen.
Er hatte sich das Tuch über gezogen und sah kalt auf die sterbende, junge Frau hinunter.
Ich sah, dass Angel irgendetwas sagte und sich krümmte, doch ich wusste nicht was. Ich wandte den Blick ab. Das war ihr Moment, an mir und allen anderen lag es nun, den Joker zu nutzen, bevor das Gas im Wind verblasste.
Ich sah nochmals zu Mara zurück und schluckte den fetten Kloss in meinem Hals hinunter, dann lief ich auf das Getümmel zu.
Die Survivor begannen langsam zu verstehen, was hier lief, als sie uns mit unseren Schutzmasken sahen und die ersten begannen, nach Luft zu schnappen oder zu würgen.
"Jetzt kommen wir euch holen."
Zischte ich und ich fühlte mich dumpf und leer.
Die Survivor brachen in Panik aus. Sie stoben nach Atem ringend auseinander.
Einige flehten um Hilfe, einige griffen nach den Tüchern der Black Angels, andere rollten sich auf dem Boden zusammen oder sackten reglos zusammen.
Ein Mann schnappte stumm schreiend nach meinem Bein und ich stiess ihn weg, sah ihn nicht an.
Wir hatten nun die Oberhand. Wir beherrschten diesen Kampf. Jetzt waren sie es, die drum
Und dran waren, zu verlieren. Ein Grossteil von ihnen krümmte sich unter dem Gift.
Ich wusste dass die Gase zur nur einige wenige Minuten in der Luft ein zu Atmen waren. Viele der Survivors würden danach wieder aus ihrer Ohnmacht aufwachen. Aber nicht alle.
Langsam liessen die Kämpfe nach. Die Black Angels bliebb stehen, bekamen einige Sekunden Zeit um durchzuatmen oder sich verwundet etwas zurück zu ziehen.
Jake nutzte die Gelegenheit, um es zu beenden.
„Was ihr fühlt, was euch gerade die Luftröhre zuschnürt, das ist Gift!"
Schrie er und seine Worte erfüllten den Raum der gesamten Brücke.
„Wir geben euch die Möglichkeit, euch uns anzuschliessen! Tut ihr es nicht, dann sterbt so wie eure Anführerin. Entscheidet euch für sie oder euer Leben!"
Die Männer und Frauen wussten ja nicht, dass die Wirkung des Giftes nicht für immer anhalten würde.
Und sie wussten auch nicht, dass für einige von ihnen ohnehin jede Rettung zu spät kam.
Ich konnte Panik und Todesangst in ihren Augen sehen. Ich zitterte am ganzen Körper. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich noch immer krampfhaft den Knopf gedrückt hielt. Ich warf das kleine Gerät weg. Weit weg von mir.
Die Mordlust und die Feindlichkeit uns gegenüber war verschwunden, in dem Moment würden sie alles tun um zu überleben.
Und das nutzte mein Bruder.
"Jeder der zu den Black Angels wechselt hebt nun die Hand und er wird das Gift bald nicht mehr spüren!"
Die Lüge kam ihm unbemerkt über die Lippen, alles an ihm, seine Stimme und seine Körperhaltung deuteten an dass er sich seiner Worte sicher war.
Die ersten Hände schossen zitternd in die Höhe, mittlerweile lagen sie alle gequält auf dem Boden.
Als die ersten Mitglieder sich uns angeschlossen hatten folgten die Übrigen immer schneller und schliesslich hatten alle, die noch in der Verfassung dazu waren, die Hände in die Höhe gerissen.
Und das keine Sekunde zu früh.
Schnell bewegte Jake seine Hände. Die Black Angels pressten ihnen mit dem Gegengift getränkte Tücher an die Lippen und die ersten der Survivors begannen, sich zu entspannen und wieder aufzustehen. Aber sie griffen uns nicht an.
Ich sah umher, nun wo es zu Ende war musste ich wissen wie es den anderen ging.
Viele Mitglieder waren tot, aber viele lebten noch, und die Überlebenden der Survivor füllten uns weiter auf.
Dennoch würde es schlimm für die sein, die zuhause warteten, wenn die Vermissten nicht mehr kommen würden. Ich fühlte mich schuldig für jeden Einzelnen von ihnen. Dennoch hatte es jeder aus freien Stücken getan. Um Teil von etwas grösseres zu sein, um sich zu rächen, für Geld oder um zu denen zu gehören, die bald das Sagen haben würden. Wir würden jeden Einzelnen, der gefallen war ehren. Das nahm ich mir fest vor. Meine Gefühle waren wie betäubt, vielleicht ein Schutzmechanismus.
Denn nun musste ich mich in aller erster Linie auf die Überlebenden konzentrieren.
Ich sah mich hektisch um, während sich schon die ersten Gruppen zusammen schlossen und sich umarmten, ob Trauer oder Glück sah man nicht. Schlaffe Körper oder verwundete Mitglieder wurden hochgehoben.
Ich spürte keine Wunde an meinem Körper, trotzdem war ich voller Blut. Blut von anderen. Ich schritt zwischen den Menschen hindurch, suchte meine Familie, meine Freunde zwischen all den mehr oder weniger bekannten Gesichtern.
Ich sah Aiden neben Jake ausmachen. Ein unglaublich grosser Stein rutschte mir vom Herzen.
Ich konnte Leonie ausmachen,Fabio, Knut und Kenan ebenfalls.
Nur Simon stand schluchzend vor einem Körper, auch Lucas stand etwas weiter weg und starrte auf Sam. Er war tot.
Ich war unglaublich erleichtert das sie noch lebten, und dennoch erfüllte es mich mit Trauer, denn Sam würden wir nie wieder sehen.
Unsere Familie war um ein Mitglied kleiner geworden.
Jeder verabschiedete sich von unserem Freund. Auch ich kniete neben ihm nieder und bedankte mich für alles, was er für uns getan hatte.
Ich bildete es mir nur ein, aber ich dachte dass seine Gesichtszüge friedlicher wurden.
Dann stand ich auf und wir, meine Familie, der innerste Kreis, umarmten uns. Wir mussten einander fühlen. Dass wir noch da waren.
Es tat gut nach all dem Durchgemachten da zu stehen, sich fest zu halten und die anderen neben sich zu spüren.
Wir alle brauchten es um unsere Trauer, unsere Freude und unsere Fassungslosigkeit miteinander zu teilen.
Dann flüsterte Knut.
"Wir haben es geschafft. Die Krone des Untergrunds gehört uns! Leute, wir sind die Black Angels!"
Er hatte recht. Wir waren da wo wir immer sein wollten. An der Spitze.
Es hatte Opfer gefordert. Krasse Opfer, die nicht nötig gewesen wären, gäbe es keine Gangs.
Es würde eine neue Ära für uns beginnen, und wir alle wollten sie mit erleben.
Es war geschafft, das dachte ich mir, und es erfüllte mich mit Erleichterung.
Und dann hörte ich genau dass, was wir von Anfang an hatten vermeiden wollen.
Sirenen.

Es war noch nicht zu Ende. Noch immer nicht. Garrison hatte uns alle übertrumpft.
Er hatte abgewartet, bis die eine Seite besiegt und die andere erschöpft war, bevor er zuschlug.
Und nun kreuzte er mit seinen ausgeruhten Schosshündchen hier auf um uns gemütlich mit zu nehmen und als ganz grosser Sieger aus der Sache rauszugehen.
Aber wir hatten gerade das Unmögliche geschafft, wir hatten so viel verloren und trotzdem gewonnen, ich wollte nicht zulassen dass das umsonst gewesen war. Wir waren endlich an der Spitze. Und wir würden das nicht kampflos aufgeben.
Ich wollte dass die, die jetzt noch lebten, wieder zurück nach Hause konnten, zu ihren Familien und nicht jetzt, wo alles vorbei sein sollte, noch fest gehalten wurden.
"Okay hört alle zu!"
Aiden erhob die Stimme und es wurde ruhig um
Uns herum.
„Wir werden nicht von euch verlangen, auch noch gegen diese Bullenschweine zu kämpfen. Jeder von euch hat alles gegeben, um für unsere Gemeinschaft zu kämpfen. Und dank euch haben wir es geschafft! Wir sind die Könige."
Es wurde schwach genickt. Viele konnten sich kaum noch auf den Beinen halten. Ich kaute unruhig auf meiner Lippe. Die Sirenen kamen immer näher.
„Jetzt ist es nicht mehr eure Sache, ihr könnt als Helden zu euren Familien zurück kehren. Ich bitte euch, helft euch gegenseitig und fahrt so zerstreut wie möglich zurück zu euren Häusern. Verarztet eure Wunden, wir erledigen den Rest."
Aiden hatte gut gesprochen und Erleichterung machte sich in unseren Reihen breit.
Trauern würden wir, und auch feiern würden wir.
Aber jetzt wollte ich das sie alle gingen und sich in Sicherheit brachten, sie hatten es alle verdient.Es wurden bereits die ersten Blaulichter in der Dunkelheit sichtbar und das Licht der Brücke warf einen schwachen Schimmer auf das dunkelrot schimmernde Wasser.
Ich sah mit Freuden wie die Gemeinschaft stärker zusammen hielt als je zuvor.
Alle rannten zu den Autos, man stützte die Verletzten und bot den Leuten die zu Fuss da waren einen Platz im Wagen an.
Bald verschwand auch der letzte Black Angel in einem Wagen und die Motoren sprangen an.
Die Scheinwerfer flammten auf und die Autos rasten mit quietschenden Reifen los.
Teils wendeten sie die Autos und teils fuhren sie geradewegs über die Brücke.
Die riesige Ansammlung von Menschen brach in Sekunden auseinander und die Autos fuhren mit wilden Manövern weg von der Brücke.
Die Memorial Bridge wurde sie genannt. Und ich hatte recht gehabt, jeder würde sich an sie erinnern.
Nachdem die Wagen alle verschwunden waren, standen da nur noch unsere zwei am Anfang der Brücke.
„Und was sollen wir jetzt tun? Wie sollen wir ihnen entkommen? Ohne Unterstützung."
Meldete sich Leon zu Wort.
Jake trat vor, sein Hemd war gerissen und eine tiefe Schnittwunde prangte an seinem Arm, die er notdürftig abgebunden hatte.
Auch die anderen sahen nicht anders aus.
Schmutz und Blut, ob es das eigene war war nicht sicher, vermischten sich zu einer Kruste und die Kleidungsstücke waren zerrissen oder Blutgetränkt.
"Also, ich denke keiner hier will jetzt nach all dem ins Gefängnis gesteckt werden, oder von einem Bullen getötet werden."
Zustimmendes Kopfschütteln und abfällige Bemerkungen.
"Also schlage ich vor dass wir in unsere Autos steigen, denn dann sind sie uns unterlegen.
Und wenn wir das gemacht haben, dann fahren wir, und wenn wir fahren, dann werden wir sie abhängen."
"Oder töten."
Zustimmendes Nicken, wir waren gerade Mal zu elft.
Sich jetzt gegen die ausgeruhten Polizisten zu stellen würde nicht helfen, dafür waren wir zu ausgelaugt.
Aber in unseren Autos, auf der Strasse, waren wir unschlagbar. Denn das hier waren unsere Viertel. Wir kannten sie besser als sonst jemand.
Und das würden wir ausnützen.
Aber ich hatte das Töten hinzugefügt, weil ich an Garrison gedacht hatte.
Als ich heute auf meinem Bett mit all dem Abgeschlossen hatte, und versucht hatte alles hin zu nehmen, hatte es nicht geklappt.
Ich hatte mir vorgenommen nicht zu sterben. Ein kleiner Teil war auch gewesen weil ich Garrison den Tod geschworen hatte. Und jetzt war meine Chance gekommen. Auch wenn es schwer war, die Toten vorerst zurück zu lassen, wusste ich doch, dass sie vom Rettungsdienst aufgesammelt, verzeichnet und dann in ein Bestattungsinstitut gebracht wurden. So lief es ab. Und es war richtig so.
„Jess, bitte tu nicht das, was ich denke. Wir müssen uns zuerst mal erholen, bevor wir uns mit Garrison anlegen können. Wir wollen hier nur weg, verstanden?"
Jake sah mich vielsagend an.
Ich nickte knapp, es klang logisch und es wäre dumm gewesen, jetzt mit dem Kopf durch die Wand gehen zu wollen.
Aber ich würde ihn töten, irgendwann würde ich das Kranke Spiel, welches er bereits bei meinem Vater gespielt hatte,gewinnen.
"Verstanden."
Dann liefen wir los. Vier Polizeiwagen rasten auf uns zu. Hatte er gedacht, das würde reichen? Dass er uns nur noch aufzusammeln brauchte? Er hatte uns unterschätzt.
Als ich neben Jake auf den Beifahrersitz plumpste fühlte ich noch keineswegs etwas anderes als volle Aufmerksamkeit. Ich war auch nicht müde. Ich war hellwach.
Ich kam mir vor eine Stunde zuvor, als wir los gefahren waren.
Damals war noch alles offen gewesen, Sam war noch unter uns gewesen und noch nichts hatte geendet.
Jetzt schon.
Ich fuhr mit den Fingern über das Kalte Leder, als müsste ich mich vergewissern das alles echt war.
der Motor heulte auf und Jake wendete den Wagen schlitternd, bevor er immer wieder aufs Gas drückte, bis neben uns der andere, genau gleich schwarze Wagen auftauchte.
Durch das Fenster konnte ich Kenan sehen, er war schon immer ein grandioser Fluchtwagen Fahrer gewesen.
Dann wendete ich den Kopf wieder nach vorne, die vier Autos hatten sich quer gestellt, sodass sie den Weg versperrten.
Immer wieder liessen die beiden Fahrer den Motor auf heulen, ich wusste dass sie dennoch los fahren würden.
Es ging nur um die Nerven.
Eigentlich hätte man denken müssen dass wir die Schwächeren hatten, doch genau das Umgekehrte schien der Fall zu sein.
Es hatte abgehärtet und ich war mir sicher dass wir los fahren würden.
Die Wagen bewegten sich nicht, Garrison musste eine grossen Einfluss auf diese Männer haben und so standen wir da.
Bis Jake aufs Gas drückte und Kenan sofort reagierte und es ihm gleich tat.
Ich schloss die Augen nicht, und hatte den Blick auf den Autos vor uns haften.
Wir fuhren in voller Geschwindigkeit auf sie zu, immer näher kamen wir ihnen, die hellen Streifen leuchteten im Scheinwerferlicht.
Keiner der Streifenwagen bewegte sich. Und keiner von unseren Beiden Fahrern wurde langsamer.
Wir schossen auf sie zu, keiner würde anhalten, nicht einmal wenn es zum Zusammenstoss kommen sollte.
Ich sass ruhig da, während uns nur noch einige Sekunden trennten und hatte die Nägel in den Sitz geschlagen.
Ich wendete meine Blick keine Sekunde ab, ich wollte alles sehen, wenn sie blieben wollte ich Garrisons Gesicht sehen wenn wir in sie hinein knallten.
Und wenn sie auswichen wollte ich es mir ganz genau ansehen, um heraus zu finden in welchem er sass.
Wir fuhren und ich sah hin.
Gerade als ich dachte dass sie bleiben würden, dass all das was wir heute erreicht und durchgemacht hatten, für  Nichts gewesen wäre, rutschen die Autos schlitternd zur Seite und ich konnte Flüche hören, ich wusste dass Garrison hier war.
Wir flogen über den Asphalt und an den vier Autos vorbei, die uns direkt mit lauten Sirenen folgten.
Das Viertel war noch immer ausgestorben, aber ich konnte viele Leute an den Fenstern ausmachen, die Nase an der Scheibe platt gedrückt.
Die dunkeln Umrisse der Häuser erhellte sich als wir langsam wieder in das Stadtzentrum und weiter nach Links fuhren.
Wir fuhren wieder auf die Kreuzung zu die wir vor wenigen Tagen bereits einmal passiert waren, und wieder waren beinahe keine Menschen unterwegs, obwohl sie von der Hautstrasse abzweigte.
Kurz davor wollte Kenan nach Rechts abbiegen um den Plan wie immer aus zu führen.
Aber ich schaffte das nicht länger.
Zu wissen dass Garrison wieder entkam.
Ungestraft.
Vielleicht sogar als Held.
Ich wollte es beenden, heute war so vieles beendet worden, und ich wollte nicht das genau das, was mich seit der Ankunft hier in New York geplagt und verfolgt hatte.
Ich wollte auch das zu Ende bringen.
Vielleicht war ich müde und vielleicht war ich auch erschöpft, aber ich spürte dass ich nicht nach Hause gehen konnte, ohne es versucht zu haben.
Ich gab ihm das Zeichen zum langsamer Werden und er runzelte die Stirn, tat es aber.
"Was soll das Jessy? Jetzt holen sie uns ein."
Jake war nicht wütend und ich sah ihm an, dass er Verständnis dafür hatte, auch er hasste Garrison.
Vielleicht sogar noch mehr als ich. Aber er war vernünftiger als ich.
"Ich will ihn auch tot sehen Jess, aber vielleicht ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt."
Ich schüttelte den Kopf und drückte auf den Knopf am Armaturenbrett der uns mit Kenan im anderen Wagen verband.
So konnte er auch mit hören.
Hinter uns kamen schlitternd die Bullen zum stehen und die Sirenen schalteten sich ab, den blauen Schimmer an den Hauswänden konnte ich aber noch immer sehen.
„Ich kann ihn nicht wieder entwischen Jake. Ich muss ihm gegenüber stehen und das beenden. Ihr müsst nur den Rest von uns fernhalten."
Jake mahlte mit dem Kiefer.
„Jessica, das ist jetzt nicht die richtige Zeit, er ist zu stark für dich. Und du weisst nicht einmal, ob er kommt."
Ich blickte auf die Wagen hinter uns.
„Oh doch. Er wird kommen.Weil er das Spiel gewinnen will."
Mit diese Worten stiess ich einfach die Tür auf.
Jake Fluchte und trat auf die Bremse. Aus dem langsam ausrollenden Auto sprang ich hinaus und knallte die Türe zu.
Ich stellte mich mitten auf die leere Strasse.
Noch nie war ich freiwillig in die Richtung der Bullen gelaufen, aber das hier hatte einen tieferen Grund.
Die anderen schienen eingesehen zu haben, dass es zu spät war, mich jetzt noch davon ab zu bringen und wendeten die Wagen.
Ich hob die Arme, die Augen fest auf die Windschutzscheibe des ersten Wagens gerichtet. Er hielt an.
Es dauerte nur Sekunden, bis sich die Tür öffnete und er hinaus trat.
Meine Augenlieder zuckten. Er war sofort darauf angesprungen.
Mein Körper wurde erneut mit Adrenalin versorgt als ich das sah und jegliche Schwäche verschwand.
Er sah wie immer aus.
Eine Weste, das graue Haar streng nach hinten gekämmt, seine Züge wirkten schon fast wie die Eines Adlers.
Seine Augen waren auf mich gerichtet, doch genau wie meine waren sie verschlossen, gaben nichts über sich selbst preis.
Kaum hatte er die wenigen Schritte bis zu einem Meter vor mir gemacht, brausten die beiden Wagen hinter mir los.
Von Kenan wusste ich, dass er es einmal ganze zwanzig Minuten durchgehalten hatte, im Kreis zu driften fahren und Jake würde auch nicht so schnell aufgeben.
Sie zogen einen weiten Kreis um mich und den General, fuhren in die Gleiche Richtung und schnitten den langsam umher rollenden Autos den Weg ab. Sie würden uns nicht erreichen.
Es waren nur noch er und ich.
Garrison und ich.
Ich sah ihn an und er mich.
"Jessica Black. Ich hätte nie gedacht dir unter solchen Umständen gegenüber zu treten."
Er neigte leicht den Kopf und musterte mich. Ich stand gerade da, die Hände zu Fäusten geballt.
„Es war schlau gewesen, mir das Handy da zu lassen. Ich dachte mir schon, dass du was damit erreichen wolltest. Aber du musst zugeben mein Timing war auch nicht schlimm."
Seine Stimme war kratzig und ruhig, während in mir die grösste Wut brodelte, die ich jemals gespürt hatte.
Aber wenn ich das hier gewinnen, geschweige denn überleben wollte, musste ich mich zusammen reissen.
„Hier geht es nicht um Sie oder mich. Es geht um ihn."
Garrison seufzte.
„Du hast ihn mir weg genommen. Und dafür werde ich Sie töten."
Ich spuckte die Worte mit einer solchen Überzeugung aus, dass seine Hand langsam zu seinem Waffengürtel wanderte.
„Du bist ein intelligentes Mädchen. Aber dass du mich herausforderst, ist ein dummer Fehler. Dein Vater machte denselben."
Als er das Wort Vater aussprach, war es um mich geschehen. Dieses Wort aus seinem Mund zu hören gab mir den Rest.
Mein Leben lang hatte ich diesen Moment herbei gehofft. Ich hatte mir die Rache an Garrison an diesem Tag geschworen, an dem ich von Bullen aus dem Haus gezerrt worden war.
Nun war er da, und ich war bereit dafür. Mehr als jemals zuvor.
Ich zog die Waffe, er tat es mir gleich.
„Du wirst bald auf der Strasse liegen und dem Beispiel deines Vaters folgen."
Er richtete sich gerade auf und ein Lächeln zierte sein Gesicht, ein verrücktes, ehrliches Lächeln.
"Ich sehe meinen alten Freund in dir."
"Er war nicht ihr Freund. Und ich werde ihr Todesengel sein. Ich werde das letzte sein was sie sehen!"
Ich fauchte und zog ein Messer, während ich auf ihn schoss.
Er wich knapp aus und erwiderte mit mehreren Kugeln, denen ich allen knapp auswich, aber ich glaube ich wurde doch einmal gestreift.
Dann war er in einigen Sätzen bei mir, ich erwartete ihn und wir bewegten uns.
Ich hieb mit dem Messer, wirbelte herum, duckte mich und wechselte die Seite, er ebenso.
Es war wie ein tödlicher Tanz, jeder Schritt bestimmte dein Leben.
Wir atmeten schnell, die Autos um uns herum quietschten und qualm machte sich um uns herum breit.
Doch wir waren vertieft in unsere Bewegungen.
Ich konzentrierte mich nur auf ihn und spürte nichts mehr, hörte nichts mehr.
Ich erwischte ihn am Bein, er mich an meiner Hüfte.
Die Zeit blieb stehen und ich nahm erst jetzt wahr dass ich das wirklich tat.
Ich kämpfte mit dem Mörder meines Vaters, und ich hatte die Möglichkeit ihn aus zu löschen. Die Möglichkeit, meinem Vater Gerechtigkeit zu ermöglichen.
Ich hatte diese Möglichkeit, bis ich einen Fehler beging.
Ich sah kurz zu den Wagen die etwas näher gekommen waren und Qualm zwischen ihren Reifen hervor stiessen.
Garrison spielte das Spiel der Strasse schon lange und er wusste um jeden Joker und jeden Fehler bescheid, den man überhaupt machen konnte.
Ich wusste, dass die anderen mir nicht zu Hilfe kommen konnten, da die Polizisten sonst durch brechen würden. Ich war auf mich alleine gestellt.
Er warf sich auf mich und schlug mir das Messer aus der Hand, während er mich zu Boden rang.
Ich Spürte den kalten Asphalt unter meinem Körper und Garrisons schweren Körper auf meinem.
Ich sah ihm in die Augen. Verrückte, kalte Augen.
Dann legte er seine grossen, rauen Hände um meinen Hals und drückte zu.
Der nächste Atemzug, den ich für so verständlich gehalten hatte wurde mir abgedrückt und ich verkrampfte mich augenblicklich als ich die Schmerzen des Drucks spürte.
Mein Körper schrie nach Luft und es wurde heiss, während ich versuchte die Hände von meinem Hals zu bekommen. Der graue Himmel über mir färbte sich schwarz, düster wurde meine Welt, als ich realisierte dass die Finger des Mörders meines Vaters auch meinen Tod herbeiführen würden.
Und weder Aiden noch Jake konnten mir helfen, ich lag einfach auf dem Asphalt, der Rauch um mich herum schlich sich wie die Schatten des Todes an mich heran, während ich die Sirenen in meinen Ohren dröhnen hörte, und die Hochhäuser langsam verschwanden.
Dann verdeckte etwas den Himmel auf den ich zufliegen würde.
Ich sah sein Gesicht über mir, mit ganzem Gewicht drückte er mir die Kehle zu und ich öffnete Stumm den Mund. Schreien hätte mir nichts genützt.
Aber wenn man nahe am Tod stand, wenn man gewissermassen auf dem Grat dazwischen balancierte, fielen einem viele Dinge ein, die man gerne noch gesagt hätte.
Ich hatte Angst vor dem Sterben, ja. Ich meine was würde mich erwarten? Ich wat einfach weg für immer und nie wieder könnte ich Jemanden sehen den ich liebte.
Aber was schlimmer war, war nicht das Wissen dass es bald vorbei sein würde, sondern dass ich all den Menschen die ich liebte nicht mehr danke sagen konnte, für alles.
Deshalb durfte ich nicht sterben, auch wenn meine Kehle schmerzte und mit aller kraft angedrückt wurde.
Garrisons Augen zeigten einen verrückten Schimmer, beinahe keine Menschlichkeit mehr.
Ich japste nach Luft in mir brannte es und schwarze Punkte begannen vor meinen Augen zu tanzen.
Ich spürte die Kraft aus meinen Armen gleiten, ich spürte wie mein Körper langsam aufgab.
Ich versuchte nicht ein zu schlafen, während alles in mir zu explodieren drohte und meine Gedanken rasten.
Er durfte nicht aufgeben, mein Körper, ich musste weiter kämpfen! Ich versuchte mit aller Kraft mich aus seinem Griff zu winden.
Doch bald wurden meine Glieder so schwer dass nicht einmal das noch gelang.
Langsam schwanden jegliche Gefühle, es wurde leer in mir, als würde mit der Luft auch alles Empfinden raus gepresst werden, dass mich zu einer menschlichen Seele machte.
Dann höre ich die Geräusche um mich herum nicht mehr.
Alles wurde langsamer, die Autos, die Lippen des Generals die sich höhnisch bewegten. Das Piepen in meinen Ohren liess mich blinzeln, langsame schwere Augenaufschläge, mit dem einzigen Ziel nicht zu gehen.
Nicht von dieser Welt abzuheben und zu verblassen.
Nur eine Stimme klang in meinem Kopf und widerhallte in meinem ganzen Körper.
Es war mein Dad, wie er mit mir redete als ich ein kleines Mädchen war, als ich kurz davor gewesen war auf zu geben, nach Moms tot.
Die Sätze hatten keinen Zusammenhang, doch ich erinnerte mich an jede einzelne Situation.
Sag mir wofür du lebst...
Auf was wartest du...
Hab keine Angst zu fallen, steh wieder auf Jessy...
Jeder hat eine Wahl, wann triffst du deine?
Zeig mir wofür du lebst, was du retten willst, worauf du wirklich wartest!
Hab keine Angst zu fallen, kämpfe!
Ich öffnete die Augen, ich spürte ihn überall, den klang seiner Stimme, die Liebe darin, und den Mut.
Ich kämpfte, ich wollte kämpfen.
Für so vieles.
Seine Stimme hatte mich zurück gerissen, hatte mir geholfen mich aus dem Loch zu ziehen in dem ich zu verschwinden gedroht hatte.
Ich wusste, dass er mir gerade zusah.
Ich wusste dass er mich liebte, dass er nicht wollte dass ich schon zu ihm kam.
Er wollte das ich kämpfte, sein Duft umhüllte mich, trotz dem eisigen Wind schien er überall zu sein.
Ich spannte mich an, und kämpfte gegen den Sog an, der mich in die Unendlichkeit reissen wollte.
Meine Finger glitten über den Boden, hinter meinen Augen explodierten Funken.
Ich würde es nicht schaffen, dieser Satz hämmerte in meinem Kopf.
Doch daneben war die Erinnerung an Dad, wie er es immer geschafft hatte. Egal welche Situation.
Langsam wurden meine Finger taub.
Doch mein Kopf war von unendlicher Klarheit, noch nie hatte ich mich so rein gefühlt.
Es zählte nicht was ich alles getan hatte, meine Fehler waren unwichtig, es war nur Liebe die mir geschenkt wurde.
Und dann fand ich das Messer.
Ich zwang mich die Hand zu heben und es zu ziehen, dafür wand ich all meine Kraft auf.
Kurz dachte ich ich schaffte es nicht, aber dann schien eine weiche unsichtbare Hand es gemeinsam mit mir anzuheben.
Ich wusste dass ich fantasierte, doch ich war überzeugt dass es mein Vater war, der mir half die Klinge zu heben.
Sie zitterte zwar, aber sie stand.
Dann sah ich ihm in die Augen und stach zu, direkt in die bereits vorhandene Wunde an seinem Bein.
Nicht in seinen Bauch.
Das würde zu schnell gehen.
Ich wollte ihn leiden sehen, ich wollte nicht, dass er durch ein Messer starb.
Er sollte so sterben wie er meinen Vater getötet hatte.
Ich wollte ihm dasselbe Gefühl vermitteln, ich wollte dass er in seiner Angst litt.
Der Gedanke hämmerte in meinem Kopf und das rauschen in meinen Ohren liess nach, als ich den Schrei des Generals hörte und er seine Hände von meinem Hals nahm.
Ich schnappte nach Luft, sog sie tief in meine brennenden Lungenflügel ein und ignorierte wie sich alles drehte.
Jeder Atemzug tat weh, meine Kehle schien zerquetscht und es pochte höllisch, doch nach einigen liess der Sauerstoffmangel nach und Adrenalin breitete sich in meinem Körper aus.
Ich stand schwankend auf, die Pistole gehoben.
Langsam erhob ich mich, ich hatte das Gefühl als rage ich weit in den Himmel hinein.
Und da stand ich, die Pistole gehoben, zwischen den Autos die Schlitterten, den Sirenen und den Schüssen, die vereinzelt fielen.
Es war alles unwichtig.
Nur der Mann, der sein verletztes Bein hielt und sich wand, zählte.
Er lag am Boden wie ein Wurm und ich liess ihn leiden.
Keine Ahnung wie lange, aber ich sah zu. Alles um mich drehte sich. Dennoch hielt es mich nicht davon ab zuzusehen, wie er weg kriechen wollte.
Er kroch, doch er würde nicht fliehen können.
Nicht vor mir.
Ich hatte ihm Rache geschworen, mit sieben Jahren.
Und ich hatte es bis heute nie vergessen. Jetzt war es so weit, er bezahlte den Preis dafür, einer Familie den Vater genommen zu haben.
Kurz wurde mir bewusst das ich diesen Preis auch bezahlen würde, irgendwann.
Meine Stimme war nicht mehr als ein heiseres Flüstern, das unheimlich schmerzte. Doch zu töten forderte Schmerz. Es war der Preis dafür.
"Steh auf."
Garrison sah mich mit geweiteten Augen an, ich sah die Erkenntnis in ihnen eintreten nach der ich schon so lange gesucht hatte, auf die ich gehofft hatte sie irgendwann zu sehen.
Er wusste, dass ich das Spiel gewonnen hatte, und das war der Moment, in dem er aufgab.
Das Spiel in dem er mir immer einen Schritt voraus gewesen war, das mich gelehrt hatte zu überleben, es war wirklich zu ende.
Der Finale Zug stand bevor und ich würde ihn ausführen.
Ich hatte davon geträumt, ihn aus der Welt zu reissen, damit mein Vater sah wie ich Vergeltung für ihn übte.
Das würde er nicht wollen, Tod für Tod war nichts was Engel wollten, er würde wollen dass ich ihm verzieh.
Aber so war ich nicht, egal wie schön es gewesen wäre.
Aus Garrison' s Bein floss Blut und ich konnte die Schmerzen sehen, als er sein Gesicht verzog.
Doch er litt noch nicht genug.
Er stand auf und knickte mir dem Linken Bein Weg, hielt sich aber mühsam oben, wenn auch leicht gebeugt.
Kaum stand er so vor mir, kam mir wieder der Marmor Boden in den Sinn.
Wie ich da gesessen hatte, und die beiden Männer darauf standen.
Ich drückte ihn auf die Knie, er zitterte, ich spürte es an der Hand als ich seinen Hals berührt hatte.
Und das sollte er auch, zu gerne hätte ich ihn langsam sterben lassen, und selbst dass hätte meine innere Wunde nicht geheilt, die er mir mit dem Töten meines Vaters verpasst hatte.
Ich hielt ihm den langen Lauf an den Kopf, und das Metall spiegelte mein Gesicht wieder.
Es war nicht mehr kalt, sondern Tränen rannen mir über die Wangen. Tränen der Erleichterung und der Wut.
Er befand sich in derselben Position in der mein Vater gestorben war. Und das wusste er.
Weinen war befreiend, die Tränen fielen auf den Boden wie der Regen. Der Himmel weinte mit mir.
Doch nicht um Garrison, sondern um das, was ich verloren hatte und nie mehr zurück holen konnte.
Ich wusste dass der General zu meinem Vater gesprochen hatte. Das würde ich auch tun.
Ich beugte mich zu dem schlotternden Mann hinunter und sprach dicht neben seinem Gesicht, während ich mich vor ihn stellte.
"Weisst du ich hatte mir geschworen dich zu töten.
Für all das was du uns angetan hast."
Er sagte nichts, selbst jetzt war er ein schlechter Verlierer. Er starrte nur geradeaus, in seinen Augen tobte der Kampf eines Verlierers der wusste, dass es zu ende war. Dass das Spiel keinen Ausweg mehr bot.
Doch ich wollte auch keine Antwort. Ich wollte nur dass er es hörte.
"Du hast dieses kranke Spiel mit meiner Familie gespielt, von Anfang an. Du warst es, der es mir beigebracht hat. Und nun wirst du für alles büssen."
Ich wollte dass er lange da kniete, meine Worte anhörte mit dem Wissen zu sterben.
Ich atmete tief ein und ignorierte den stechenden Schmerz in meinem Hals.
Rache. Ich roch das Metall, das Blut und die Angst des Generals.
Es war so weit, er hatte ihn getötet, er hatte so viel Leid verbreitet und nun war er hier, vor mir.
Ich entsicherte die Waffe mit einem Klicken und er fuhr zusammen, seine Unterlippe zitterte und seine Augen starrten geradeaus.
Er bettelte nicht, er schwieg einfach, aber ich konnte es in seinem Blick sehen, dass er über meine Worte nachdachte. Selbst im Wissen zu sterben sah ich keine Reue darin. Langsam hob ich den Kopf, es war keine Freude darin, meine Haare wehten um meinen Hals als wollen sie ihn streicheln und meine Schultern strafften sich.
Der Mantel an meinem Körper, gefüllt mit Blut und Angst, wehte um meine Knöchel, bewegte sich leicht um meinen Körper.
Es wurde alles langsamer, als ich wusste was ich ihm sagen wollte.
Ich wollte dass er mit demselben Satz im Kopf starb wie mein Vater.
"Wissen sie noch, was sie meinem Vater gesagt haben?"
Ich sah ihm das letzte mal in die verhassten Augen.
Sie weiteten sich und die Angst löste sich in Luft auf, während er den Kopf senkte.
Ich flüsterte es, und spürte wie sich die Gänsehaut über meinen Armen breit machte. Meine Unterlippe zitterte.
„Das ist für meinen Vater."
Er schloss die Augen.
"Fight or Die", flüsterte ich.
Dann drückte ich ab.
Der Schuss hallte laut. Gefühlt durch die ganze Stadt. Und zumindest durch meinen Körper.
Und in dem Moment als der Körper des Generals nach vorne kippte und reglos auf die Strasse fiel, wurde mir eine Last von den Schultern genommen.
Es war als würden sich die Zentner von meinen Schultern heben und etwas verschwand, was mich bis jetzt nach unten gezogen hatte.
Diese riesige Lücke in meinem Herzen, wurde etwas kleiner und ich wusste dass ich das, was ich mir seit Kind an vorgenommen hatte, war erledigt worden.
Ich hatte es Dad geschuldet, und auch mir selbst.
Ich spürte die Müdigkeit und das Blut überall, die Schnittwunden begannen zu schmerzen und mein Hals pochte.
Die Kraft wich aus meinen Gliedern als mein Körper realisierte dass es nun vorbei war. Endgültig.
Seine leeren Augen, das Blut dass sich rot über dem Asphalt ausbreitete und das Gefühl in meinem Herzen taub zu sein.
Nun durfte ich aufhören zu kämpfen, es war nicht mehr wichtig was jetzt passierte.
Dafür, für was ich all die Jahre gelebt hatte, für was ich jeden Tat aufgestanden war, war vollbracht.
Meine Beine knickten weg und ich sah nur noch verschwommen wie sich Aiden aus dem Wagen warf, sich abrollte und mich in letzter Sekunde auffing, bevor ich auf den Boden knallen konnte. Weil er einfach immer da war.
Ich atmete aus, mein Körper war am Ende und auch geistig konnte ich nicht mehr, doch jetzt hielt er mich in seinen wärmenden Armen und hob mich hoch. Sein Duft umhüllte mich, vermischte sich mit der Luft die ich tief inhalierte.
"Alles wird gut Kätzchen. Es ist vorbei. Alles ist vorbei."
Seine Stimme klang sanft zu meinen Ohren durch und ich atmete erneut aus, es dauerte eine Weile bis ich es annehmen konnte.
Bis ich verstand dass es wirklich geendet hatte. Dass es zu Ende war.
Mit seinem Tod hatte ich abgeschlossen.

Es gibt noch ein letztes Kapitel! Also euren inneren Fernseher noch nicht abschalten ;)
Was haltet ihr von Garrisons Tod? Hat er das bekommen, was er verdient hat?
Ich freue mich auf das finale Kapitel und wünsche euch viel Spass beim Lesen!
Eure Angora77

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