Kapitel 1 - Nur ein Zeitvertreib

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Levi

,,Kannst du nicht noch ein bisschen bleiben?'', wisperte Amelie mit einem hoffnungsvollen Funkeln in ihren nussbraunen Augen und klammerte sich besitzergreifend an meinem Arm fest. Sie war splitterfasernackt, ihre Wangen waren gerötet und ein verliebtes Lächeln zierte ihr junges Gesicht.

,,Meine Mittagspause ist bald vorbei und ich habe noch einiges vorzubereiten, bevor der Service losgeht'', erklärte ich und knöpfte mir meine Kochjacke zu.

,,Magst du dann heute Abend wieder kommen?'', ließ die Blondine nicht locker.

Am liebsten hätte ich die Augen verdreht - zwar war Amelie wirklich eine Süße, mit ihrem zierlichen Körper und dem goldenen Haar, doch gleichzeitig war sie so schrecklich anhänglich ...

,,Du weißt, dass mein Arbeitstag erst in der Nacht endet ... Geh lieber aus, anstatt den ganzen Abend damit zu verbringen, auf mich zu warten ...''

,,Es stört mich aber nicht, auf dich zu warten ...''

Ich schnaubte, denn ich hatte schon oft genug klargestellt, dass ich an einer ernsthaften Beziehung kein Interesse hegte und jedes Mal versicherte mir die junge Schuhverkäuferin, dass sie mit unserem Arrangement zurechtkäme. Doch dann war da dieser nach Aufmerksamkeit lechzende Ausdruck in ihren schmalen Zügen - der Wunsch nach mehr.

,,Hör zu'', sagte ich also vorsichtig, ''Ich glaube, ich hätte nicht wieder herkommen dürfen ... Ich mag dich, Amelie, wirklich, und das mit uns beiden macht Spaß, aber ich kann dir nicht mehr geben ... Ich habe kaum Freizeit und fühle mich deshalb nicht in der Lage eine Beziehung zu führen ...''

Die Blondine schluckte, während ihre Augen zu glitzern begannen.

,,Aber es ist in Ordnung für mich, dass du kaum Zeit hast. Es macht mir nichts aus'', flüsterte sie und schmiegte sich eng an meine Seite.

Ich biss die Zähne zusammen und bereute es mal wieder, auf ihre Nachrichten reagiert, ja sie überhaupt im Schuhgeschäft angequatscht zu haben ...

,,Es tut mir leid'', sagte ich ernst, kehrte ihr den Rücken, lief zur Haustür und schlüpfte in meine Arbeitsschuhe.

,,Levi warte'', rief die Blondine aufgewühlt und folgte mir in den Eingangsbereich ihrer Dreizimmerwohnung, in der sie mit ihrer Schwester lebte. ,,Ich ...'' Unruhig tappte sie von einem Fuß auf den anderen, ''Ich kann nichts dafür, aber ich habe mich in ...''

,,Ich weiß'', unterbrach ich sie seufzend, ''Aber ich kann deine Gefühle nicht erwidern. Irgendwann wird schon der Richtige kommen, aber ich, bin es nicht.''

Und mit diesen Worten beendete ich meine Affäre mit der jungen Schuhverkäuferin und machte mich auf den Weg zur Arbeit.

- - -

Das Kochen war nicht nur ein Job - es war eine Berufung. Der Stress im Service, die vielen verschiedenen Gerüche nach gebratenem Fleisch, diversen Gewürzen und frisch gebackenen Süßspeisen, sowie die Geräusche brutzelnden Fettes, schneidenden Messern, klirrenden Geschirrs, entzückten mich jeden Tag aufs neue. Es war immer mein Traum gewesen, Koch zu werden. Dennoch versuchte ich mich nach meinem Abitur erst einmal an einem Kunststudium und arbeitete nebenbei als Verkäufer in einem wandernden Imbisswagen. Doch egal wie gerne ich auch zeichnete, oder mit meinem besten Freund und Vorbild Diego Graffitis sprayte, nichts machte mir so viel Spaß, wie das Kochen. Also brach ich das Kunststudium nach nur zwei Semestern ab und machte eine Kochausbildung in einem angesehenen Michelin-Restaurant. Ich verkürzte die Ausbildung, machte meinen Abschluss als Jahrgangsbester und wechselte in ein anderes Michelin-Restaurant, in dem ich rasch zum Sous-Chef aufstieg.

Der Küchenchef, Herr Ritter, war ein derbes Arschloch, aber ich mochte ihn. Ab und zu flog ein Kochlöffel durch die Küche, wenn der Service holprig lief, doch war Herr Ritter ein fähiger Kerl, von dem man viel lernen konnte, wenn man sich Mühe gab.

Ich schnitt gerade einen Lammrücken ein und salzte ihn ausgiebig, während Öl in einer gusseisernen Pfanne heiß wurde, als der Küchenchef zu mir an den Posten trat.

,,Achte darauf, dass das Fleisch später nicht länger als drei Minuten im Ofen ist, Levi!''

,,Klar Chef'', erwiderte ich gut gelaunt und begann kurz darauf die Unterseite des Fleisches anzubraten, als ich unseren jungen Kellner Jonathan mit der seiner Kollegin Cynthia diskutieren hörte.

,,Komm schon, lass mich Tisch Sieben übernehmen!''

,,Nein'', amüsierte sich Cynthia, ''Die spielt sowieso in einer ganz anderen Liga als du und sie sehen aus, als würden sie ordentlich Trinkgeld da lassen. Sie bleiben meine Gäste!''

,,Du blöde ...''

,,Schnauze'', brüllte da Herr Ritter, ''Wenn ihr diskutieren wollt, dann verpisst euch aus meiner Küche! Hier wird gearbeitet!''

Erschrocken zuckten die beiden Servicekräfte zusammen. Zwar war Herr Ritter nicht ihr Chef, doch sie hatten Respekt vor ihm, sodass sie sich ihre Teller schnappten und wieder ihrer Tätigkeit nachgingen.

,,Da muss ja ne' ganz schöne Schnitte an Tisch Nummer Sieben sitzen, wenn Jonathan unbedingt die Teller übernehmen möchte'', meinte unser Entremetier Pierre belustigt, sah mich an und wackelte vielsagend mit seinen Augenbrauen. Doch ich zuckte nur mit den Schultern.

,,Hab heute erst meinen Zeitvertreib der letzten Wochen in den Wind geschossen, ich brauche eine Pause von anstrengenden Bräuten.''

,,Meinst du die kleine Blonde die du im Schuhgeschäft angesprochen hattest?'', hakte der Beilagenchef nach.

,,Genau die'', entgegnete ich und spürte wieder, wie froh ich war, die Sache beendet zu haben.

,,Na dann kannst du dich ja auf was Neues stürzen'', rief Pierre und grinste dreckig.

,,Nein Mann, ich brauch' ne' kurze Zeit Ruhe'', sagte ich und meinte es auch so. Ich konnte schließlich nicht wissen, dass gerade in diesem Moment mein Schicksal hinter der Küchenwand im Restaurant saß. Ein Schicksal, das sich schon drei Jahre zuvor in Form veilchenblauer Augen angekündigt hatte.

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